User generated Todescontent: Opinio-Magazin ist am Ende
User generated Content und dessen Syndication war nach der eigentlichen New Economy, so zwischen 2002 und 2003, nochmal ein kleiner Hype. Leute, die heute wieder als Blogberater ihr Unwesen treiben, waren damals führend dabei beim “Content is King” grölen. Content vielleicht schon, aber jedenfalls nicht der Content, den sie verkaufen wollten, und so gingen Tanto, Clockfish, 4content und wie sie alle hiessen schneller pleite, als heute ein sog “Experte” einen devoten Artikel verfasst, in der Hoffnung auf ein paar Beraterstundensätze beim nächsten Medienhaus, das nicht begriffen hat, dass ein anderer Slogan von damals die Richtige war: “Nur ein toter Content Syndicator ist ein guter Content Syndicator.” Sagte damals jeder, der sich in die wirtschaftliche Seite des Nutzerentsandenen Geschmieres einarbeiten musste. Der Business Plan sagte: Wir stellen denen eine Plattform hin, die schreiben für lau und wir verticken die Inhalte. Die Praxis sagte: Die eingestellten Content Manager, die die angefallene Scheisse sortieren und redigieren mussten, waren teurer als jeder Journalist. User generated Content ist eine verfickte Kostenfalle.
Ich wüsste nicht, dass sich die schriftliche Ausdrucksfähigkeit der Deutschen seitdem verbessert hätte, vielmehr offenbahren die meisten Blogs einen dramatischen Niedergang der Sprachkultur, da muss man nur mal zu Myblog, dem Schockwellenrei oder noch schlimmer, MSN Spaces schauen. und selbst, wenn die von Usern verfassten Beiträge etwas taugen, ist noch lange nicht gesichert, dass es dafür einen Abnehmer geben wird. Das erlebt man momentan auch beim mit viel Vorschusslorbeeren bedachten (woran erinnert mich das nur?) Projekt “Opinio” der Rheinischen Post. Auf deren Website sollten die RP-Leser selbst zu Wort kommen, und das Beste ging dann in die Druckmaschine. War man Ende 2004 noch mit zwei Printmagazinen pro Monat gestartet, ging man dann auf eine Nummer pro Monat runter, und jetzt – findet man die ganze elende Geschichte bei einem vorzüglichen Artikel von Prospero. Kurzfassung: Die RP-Redaktion hat das Magazin-Projekt höchstwahrscheinlich beendet, bringt nur noch wöchentlich eine Seite in der Zeitung, die Spuren des Magazins sind von ihrer Website gelöscht, und man lässt bislang die Community im Unklaren. Kein schöner Zug.
Vor allem nicht, weil es erst vor 6 Wochen auf dem Kongress Besser Online in Berlin ganz anders geklungen hatte: Da hiess es noch, Opinio sollte ausgebaut werden – wie man sieht, wurde ein hübsches Loch gebuddelt und oben drauf ein Kreuzerl ausgebaut. Opinio wurde übrigens von Ulrich Reitz aus der Taufe gehoben, der jetzt mit “Westeins” ein nicht unähnliches Projekt bei der WAZ vorantreibt. Manche halten mich wegen meiner Meinung dazu ja für “strukturkonservativ” – da kann ich nur sagen, lieber strukturkonservativ als pleite, eingestellt oder gefeuert, während der Häuptling dem nächsten Laden den gleichen Schmuh, leicht anders verpackt, nochmal andreht.
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“Schreiben ist Knochenarbeit. Ein klarer Satz entschlüpft einem nicht mal eben so. Sehr wenige Sätze stehen gleich bei der ersten – oder dritten – Niederschrift richtig auf dem Papier. Denken Sie in verzweifelten Momenten daran. Wenn es Ihnen schwerfällt, zu schreiben, dann liegt es daran, dass es schwer ist.”
Das sage jetzt nicht ich, das sagt William Zinsser.
Das Problem beim User Generated Content: Unsere hochweisen Media-Marketing-Fuzzies, die selber nicht einen geraden Satz schreiben können, die dachten, sie kriegen Schwerstarbeit für lau. Sie kriegten aber nur Leichtmatrosen. Wenn überhaupt:
“Es zieht eine virtuelle Taube übers Meer, La Paloma ole …”
Das zu wissen, ist keine “rocket science”. Es ist doch nicht so, dass der Niedergang des “Content Bizz” ein Geheimnis war; ein paar der aktuellen Lobhudler waren damals doch mit dabei. Das Ganze kann mit extrem engagierten und gebildeten Communities funktionieren, wie etwa jetzt.de und Neon, aber da stecken Jahre Aufbau und Erfahrung drin, und ein anderes Konzept, bei dem Technik eher eine kleine Rolle spielt. Blogs und Blogtexte sind nochmal eine ganz andere Kiste, gerade was die transformation in Printinhalte angeht.
Mich stört diese Verachtung und Entwertung des Textes – und der Fähigkeiten, die dafür erforderlich sind. Es geht um alles, aber das Literarische und Stilistische – das fällt wohl einem einfach zu. Und das behaupten Leute, die “Medien machen”.
Dürfen die denn neuerdings keine Ahnung vom Metier mehr haben?
Gut, in der Sache ist die Geschichte zumindest bei Lyssa nicht in schlechten Händen, da ist durchaus viel Idealismus im Spiel und vielleicht mehr, als der Vermarktbarkeit zuträglich wäre. Ich bin mir halt sehr unsicher in der Frage, ob das, was Blogger und Podcaster machen, da draussen verstanden, rezipiert und geschätzt wird. Vieles ist schön schräg bis dadaistisch und wunderbar anders – aber wird das bei den üblichen Lesern anders wahrgenommen als, sagen wir mal Free Jazz, experimentelles Theater und Musica Viva? Das wird eine der zentralen Fragen sein. Ganz sicher aber würden Highbrow-Texte aus der bayerischen Provinz im Rheinland oder im Pott nicht gehen. Also, was nimmt man dann? Berliner Stadtgeschichten? Gleiches Problem.
Ich sehe auch kein Problem darin, Texte zu vermarkten; übel wird es, wenn Communities mit fragwürdigen Spielchen gemolken werden. Das gibt es bei den Privatradios schon länger, und aktuelle Beispiele wie des Spiegels Friseurgeschichte oder die Auslagerung der Reiseabteilung an Locals – natürlich ohne Vergütung – sind da das Internetäquivalent.
Opinio unterscheidet sich zu WestEins in der Hinsicht, als dass Reitz/Borchert die Blogger für ihren Content “fair” bezahlen wollen.
Selbst wenn es genügend Blogger, sorry Bürgerjournalisten, gibt die printgerecht schreiben können, bleibt noch die Frage wo das Geld für den Content her kommen soll. Am Anfang wahrscheinlich noch aus dem üppigen Etat über den das Projekt (angeblich) verfügen soll. Später, wenn der Etat aufgebraucht ist, wohl über Werbung. Oder Premium-Zugang mit Bezahloption.
Opinio bezahlt seine Blogger nicht, kann mit seinen 700k Klicks aber auch nicht genug Werbeeinnahmen verbuchen. Ein Premium-Zugang mit Bezahloption wird in Zeiten stetig steigender Anzahl an kostenlosen Angeboten und stetig steigenden privaten Kosten ebenso eine Sackgasse sein.
Es wird also spannend werden zu sehen wie die WAZperten von WestEins mit der Geldgier der Eigner umgehen. Da wird es wohl noch das eine oder andere strategische Treffen geben müssen.
Um die Qualität des Contents wird man sich wohl weniger Gedanken machen müssen. WestEins nimmt wahrscheinlich was es bekommen kann. Wahllos bis Qualitätslos. Frau Borchert stufte mein Blog ja bereits auf Bildzeitungsniveau ein. Gab aber fast im gleichen Atemzug zu, dass auch solcher “Content” seinen Platz bei WestEins finden kann.
Tittenbilder bei der WAZ. Das wird wirklich eine spannende Zeit die da auf die WAZperten zukommt.
Ich muss hier vielleicht disclaimend anmerken, dass ich mit Lyssa zwei Lesungen gemacht habe und aus der Vorbereitung weiss, dass sie ein Gefühl für Texte hat. Das ist das eine. Das andere ist die Machbarkeit des Projekts.
Realistisch betrachtet gibt es vergleichsweise wenige Blogger, die halbwegs Reichweite und Texte haben, die über eine Nische hinausgehen. Wie schwierig die Suche nach solchen Texten ist, kann man beim Monatsmagazin “mindestens haltbar” und seiner durchwachsenen Qualität betrachten. Dazu kommt auch, dass manche der Verbleibenden kaum für 25 Cent Zeilengeld schreiben werden, allein schon, weil es Dumping ist. Wieso sollte ich der WAZ was schenken, wenn andere x mal so viel bezahlen?
Und damit wird es dann verdammt eng, was “verlässliche Autoren” angeht. Das ist beim Bloggen völlig egal, im Print-Online-Konvergenzprojekt wird das sofort die grosse Frage. Wie bekomme ich stabile, hohe Qualität, was ist der richtige Themenmix, wo setze ich Schwerpunkte. Genau genommen ist es Redaktionsleitung. Die Leute, die beim Buch Blogs mitgemacht haben, sind wunderbare Menschen – aber sowas jeden Tag zu machen, wäre mir zu viel. Wie das erst ist, wenn man nehmen muss, was man kriegen kann, will ich mir erst gar nicht vorstellen.
Ja, dieser verfickte Niedergang der Sprachkultur ist mir auch schon aufgefallen.
Verdammte Schweine, der wo sie sind, ich schwör.
Um den Schrott von den Perlen zu trennen, braucht man erstmal Leute, die selber Ahnung haben. Die gibt es ja nicht mal bei den Journalisten in ausreichender Zahl. Daher wird dieses Problem auch nicht besonders ernst genommen: Man sieht es nicht, weil man den Schrott nicht erkennt.
Ich habe mich vor ein paar Tagen mal durch die “Readers Edition” geklickt. Die Artikel sind einfach nur schlecht. Schlecht geschrieben, viele Fakten falsch, schlecht recherchiert, sehr meinungs- und erfahrungsgetrieben. Die Kommentate drunter haben das Niveau von Leserbriefen in der Yellow-Press.
Am besten sind noch – wen wunderts – die Themen IT/Internet.
Die Selbstdartstellung des Projekts
http: // www. readers-edition.de/index.php/das-projekt/
klingt da wie Hohn: Statt “einen anderen Blick auf die Nachrichtenwelt” werden zu 90% die Themen abgehandelt, die auch in den Medien Top-Themen sind.
Das Problem ist erkannt, wie man an dem Bericht über das Moderatorentreffen sehen kann
http: //www. readers-edition.de/2006/07/08/berlin-berlin-workshop-nach-dem-ersten-monat/
Aber wenn man sich die Moderatorenliste mal reinzieht, dann sieht man, dass hier Blinde anderen Blinden den Weg weisen sollen.
Erinnert mich alles ein wenig an das, was unser Professor über die ersten Jahre nach der “68er-Revolution” in den Unis erzählt hat. Drittelparität, jeder konnte mitstimmen, Sekretärinnen haben über Lehrstuhlberufungen entschieden, die Bedingungen zur Erlangung eines Kursscheins wurden zwischen Studenten und Dozent ausgehandelt, usw.
Jeder darf mitschreiben und mitdiskutieren. Das darf nicht falsch verstanden werden: Dies gehört zu den Grundlagen unserer Demokratie, Aber man darf es dann nicht Journalismus nennen und ein Verlag, der sich Qualität auf die Fahne geheftet hat, darf dies dann nicht unter seinen Namen laufen lassen.
Beim Kommentar von strappato ist mir grade eine Frage bzgl. der “Journalistischen Qualität und Sorgfalt” gekommen:
Angenommen ich Blogge als Bürgerjournalist (ohje!) für die WAZ. Samstag Nacht schieße ich ein Foto von Bodo Hombach wie er grade aus einer berühmten Essener Homosexuellen-Kneipe kommt. Keine zehn Minuten später (Essen ist nicht so groß) bin ich zu hause am PC. Oder schlimmer noch, per UMTS und Flickr blase ich das sofort ins Internet.
Zu hause rotze ich noch schnell einen Text zusammen und stelle beides, Foto und Text, ins WAZ-Blog. Als akkreditierter Bürgerjournalist (ohje!) landet mein Beitrag dann auch noch auf der WAZ-Startseite. Erstes dickes Hmmmm.
Selbst wenn den Beiträgen ein redaktioneller Filter vorgeschaltet ist und nicht alles direkt online bei der WAZ landet, angeblich soll jeder Beitrag der WAZ kommentierbar sein.
Also hau ich Foto und Text nicht in einen Beitrag, sondern in einen Kommentar. Zweites dickes Hmmmm.
Worauf ich hinaus will: Selbst wenn sich die Frage klären sollte wo sich der qualitatiov hochwertige Content finden lässt, was macht man mit dem brisanten Content? Den, den niemand von den WAZperten online sehen will.
Bevor nun jemand meint das sei zu abwegig, siehe Heise und das Hamburger Landgericht.
Damit das System funktioniert, muss eine entsprechende Anzahl an Autoren her (siehe Rechenbeispiel von Prospero). Mit steigender Anzahl an Autoren steigt aber nicht nur der Aufwand um den ganzen Content zu verwalten, sondern auch die Gefahr das mal etwas online erscheint was da absolut nicht hin sollte.
Ob die WAZperten sich wirklich überlegt haben auf was sie sich da einlassen? Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.
Das ist natürlich ein Risiko. Anderes Beispiel ist das Urheberrecht. Focus Live zum Beispiel hat da ein paar Sachen online, die nicht von den Postern sind.
Erinnert sich noch jemand an MeOMe? Das war auch so ein User Generated Internet Portal mit vielen Channels und Channelbetreibern. Die hatten oft Probleme mit sowas und deshalb versucht, die Verantwortung auf die Autoren abzuwälzen – jetzt nicht unbedingt mit Erfolg. Gescheitert ist es dann an der Vermarktung der Nischenstruktur – lauter Geschichten,'aus denen man viel lernen könnte. Es gibt durchaus gute Beispiele für die ßffnung für Leser – etwa der Standard in ßsterreich. Aber auch ein vielfaches an Pleiten.
….”dass hier Blinde anderen Blinden den Weg weisen sollen”: – nachts um ein Uhr habe ich kräftig gelacht.Ich wusste gar nicht, dass die Blogbar so unterhaltsam ist. Was ich (u.a.) nicht verstehe: Wenn im Vergelich zur Zeit vor zwei oder drei Jahrzehnten angeblich 90% des Journalisten-Nachwuchses über ein Diplom oder einen Hochschulabschluss verfügt, k ö n n e n die Texte doch nur viel besser geworden sein..:-). P.S.: Wer sich über schlechte Texte aufregen kann, ist richtig im “Wortreich”, verlinkt auf kaperbrief.de (Achtung: Ausland: CH)
vielleicht ein etwas schräger Vergleich;
Beim Beginn der großen Heimwerkerbewegung vor ca. 25 Jahren konnte man sich kaum die aktuellen Mengen und Ausmaße der heutigen Heimwerkermärkte vorstellen.
Ob nun Ausführung und Ergebnis der kleinen und großen Projekte den Vorstellungen von ausgebildeten Tischlern, Malern oder Trockenbauer interessiert die Kunden nur in Sonderfällen.
Der Baumarkt, Geräte und Materialien werden nach Kosten und einfacher Funktion ausgewählt.
Gestaltung und Sortiment richten sich an Laien aus und nicht an Profis.
Die Profis dürfen beraten und ggf. später sanieren.
zurück zu den Nutzergenerierten Textsammlungen;
vielleicht führen die Maßstäbe von Journalisten (den Profis) bei Inhaltsauswahl, Textaufbau, Grammatik usw. bei der Suche und Beurteilung von solchen Projekten zu wenig brauchbaren Ergebnissen?
…Baumärkte, Blogs (vgl auch:blog.handelsblatt.de – die anderen machen derweil…)und die Frage nach den Maßstäben: Schlechte Texte sind ebenso ungesund wie schlechtes Essen oder schlechte Wohnungen und Möbel. Die kostenbewussten Laien wünschen von sich aus keine minderwertige Lebensqualität – sie bekommen sie aber. Warum haben die Leute früher so gute Handarbeit abgeliefert? Weil sie zu blöd waren, an Profit zu denken? – Was sind ‘brauchbare Ergebnisse’ in der Mediengesellschaft? BILD dir deine Meinung? – Das kann nicht alles gewesen sein.
Oh, ich wurde – wie hieß das Verb noch – geblogbart. Fühle mich geehrt. Irgendwie wird dadurch der Einleitungssatz ja noch ironischer als er ohnehin schon gemeint war… ;-)
Ad Astra
“Denn über eines sind wir uns alle einig: wir wollen eine Nachrichtenseite bleiben und ein Bürgerjournalismus-Projekt sein, kein Kommentar-Blog und keine PR-Seite. In der RE sollen vor allem Nachrichten erscheinen, die nicht unbedingt auf anderen Plattformen zu finden sind.”
Damit dürfte die Readers-Edition aber wohl eindeutig zur lokalen Plattform verkommen bzw. der Bereich Lokales wird enorm wachsen wenn dieser Anspruch tatsächlich durchgezogen wird. Mag sein, dass der Ein oder Andere ja wirklich tolle Kontakte zu irgendwelchen Medienmenschen hat, die ihm dann in einem netten Interview verraten was sie als nächstes machen werden. Ich hab die jetzt nicht. (Phantastische Kleinverlage, da kenne ich den Ein oder Anderen, sind jetzt nicht sooo der Quotenbringer für die RE glaube ich. ;-))
Oder man besetzt wirklich Nischenthemen. Was weiß ich – meinetwegen Rezensionen von Bollywoodfilmen. (Und Bollywood könnte in der RE tatsächlich viele tolle Kommentare ziehen, oh ja. *g*) Aber für fast jedes Nischenthema gibts ja schon ein Blog oder ein Forum. Als Zweitverwertung der eigenen Blogeinträge wäre das bestimmt schick, aber ausschließlich für die RE? Wo man dann vermutlich seine bissigen Anmerkungen glattbügeln müsste weil die Moderatoren dann sonst den Artikel eventuell nicht durchlassen? Hmm…
Ad Astra
Nun, der fehlende Lokalteil ist natürlich die offene Flanke der grossen Feinde Spiegel Online, Bild und Focus – etwas, was die auch gar nicht leisten wollen und nicht müssen, solange Regionalzeitungen das Netz nicht gebacken bekommen. Insofern ist die Idee der Regionalisiewrung nicht schlecht. Allerdings bleibt die RE nach einem guten Start – von der Idee her – jetzt weit hinter den Erwartungen zurück. In allen Bereichen. Da fehlt es am Bioss, den klasischer Bürgerjournalismus als rebellische Haltung früher hatte.
Die Verwendung des Begriffs Bürgerjournalismus ausgerechnet durch die Medienmonopole kotzt mich sowieso an. Jahrzehntelang haben sie dagegen gekämpft, und jetzt sollen die Bürger ihnen aus der Auflagenklemme helfen. Eigentlich genauso mies wie die Glotze, bei denen die Werbung nicht mehr reicht und die jetzt entweder Computerbenutzer abzockt oder Telefonspielchen macht.
Weit oben steht:
Geschichten aus dem Rheinland oder Pott. Geschichten gibt es genug. Die müssen “nur” vernünftig und spannend aufgeschrieben werden. Daran scheitern heute schon Lokalredaktionen. Ob lokale Blogger das besser können? Na ich weiss nicht.
@blue sky: Vom “Niedergang der Sprachkultur”, wie ihn die Gesellschaft für Deutsche Sprache ausschreit, wirst du von mir nichts hören. Ich weiß aber eben auch, wie schwer es ist, “die Dinge zur Sprache zu bringen”. Denn ich verdiene mir täglich meine Brötchen mit freiem Schreiben – und zwar erheblich oberhalb des Hungerstöckchens, dass die WAZ jetzt “ihren Bloggern” hinhält. Das absehbare Scheitern der Idee ist schade, weil Blogs im Grunde eine nette und auch nützliche “Schreibbewegung” sind, deren Inhalt und Sprache von Lesern ganz und gar freiwillig nachgefragt werden, während der übliche “Verlautbarungsjournalismus” nur noch notgedrungen und aus Mangel an Alternativen zu ertragen ist.
Deshalb also sollte man sich um “Lesefreundlichkeit” und damit um diese Leser bemühen – was laut allgemeiner Konvention auch als “Stilbewusstsein” bezeichnet wird. Wenn ich eine gute Kommode haben will, muss ich einen guten Tischler gut bezahlen, wenn ich einen guten Text haben will, dann muss ich einen guten Texter gut bezahlen. So einfach ist das manchmal.
Das ganze Gequake aber nutzt uns nichts: Das wird bei der WAZ jetzt so gemacht, wegen fehlenden Mitteleinsatzes bleiben absehbar nur ein paar Hungerkünstler an Bord dieses wrackgeborenen Sklavenschiffes, schon bald wird die Fregatte “Lyssa” vor Madagaskar auf Grund gesetzt – und danach wird es nicht etwa heißen “So geht das nicht!”, sie werden verkünden: “Im Blogbereich geht nichts”. Denn die logische Alternative hieße: Mit Reitz und Hombach geht das nicht.
Da oben fällt mir jetzt erst mal die
KamarilGruppe rund um Mario Sixtus ein, wenn es um Lautstärke geht – Stichwort Kruppzeuch. Es gibt da auch echte Qualität, zum Beispielhttp://www.exportweltmeister.de/
ein ganz wunderbares Photoblog, das mein Bild des Ruhrgebietes massgeblich prägt. Nicht wirklich massenkompatibel, das ist das Schöne daran. Aber ich ahne schon, wie das Thema von Medien gemacht werden würde: “WESTEINSLESER sind die Cracks für Location Based Services! Schicken Sie unserer Alkcommunity jetzt Bilder und Bewertungen ihrer favourite Trinkhalle und gewinnen Sie mit etwas Glück ein halbes Jahr eine Kiste unseres Sponsors Löwnbrau pro Woche!”
Madagaskar? Da war doch was. Ach ja:
Von “auf Grund gesetzt” steht da nichts. Ansonsten paßt es :-)
ßbrigens, dieses Photoblog sollte sich jeder genau anschauen. Die Läden sind nämlich das Backbone der WAZ, die Leute, die da verkehren, sind die Kunden. Ich glaube, da reinzugehen und zu sagen, hey Leute, wir machen jetzt Blogs und Ihr seid unsere neuen Bürgerjournalisten – das und die Reaktionen würde die Sache ganz schnell erden.
Es ist wie in der New Econmomy: Loslegen, ohne einen Markt und mit Leuten, die zwischen Meetings und Powerpoints und Business Lunch auch gar nicht mehr wissen, was der Markt ist. Das hier
http://www.exportweltmeister.de/archiv/153/frohlinderstrasse
ist der Markt.
@Don: Löwenbräu? Ich dachte immer, die schlabbern da unten Dortmunder Union? Nur, wenn’s unbedingt sein muss, passt auch mal ‘nen Herforder Pils dazwischen.
@Jupp: Man muss Assoziationen nur antippen – schon geht dat ab im Kopp. ;-)
Ich bin auch nicht überzeugt, ob das mit dem Volkskorrespondententum bei der WAZ klappt. Aber weniger aus wirtschaftlichen, denn aus inhaltlichen Gründen. Ich vermute, es wird zu einer weiteren Verflachung der Inhalte kommen. Insbesondere wenn man bedenkt, wie allergisch in unseren lokalen Eliten auf kritische ßffentlichkeit reagiert wird. Den Tort von einfachen Gegendarstellungsbegehren bis zu komplexer sozialer ßchtung von öffentlicher Kritik oder schnöder Stornierung von Anzeigenaufträgen tut sich doch keiner der für ein paar Cent schreibenden aber “fair bezahlten” Bürgerjournalisten zweimal an. Und die WAZ wahrscheinlich auch nicht. ßbrig bleiben dann die Angepassten und die Ideologen. Und Letztere sind sicher deutlich schwieriger zu kontrollieren als die eigenen Redakteure.
Zum Journalismus, wie ich ihn verstehe, sollte aber Kritik und Kontrolle gehören (mal so ganz normativ betrachtet). Und das können gut ausgebildete Journalisten mit Rückendeckung durch Chefredaktion und Verlag einfach besser. Der Wächterpreis ist ein Beispiel dafür, was auch Regionalzeitungen leisten können (wir bleiben normativ).
Das ist der Markt. Passt nur leider nicht in das Image als “Metropolenregion”, in das Beschwören des Wissenschaftsstandorts, dass man die Strukturprobleme löst, zu den guten Absichten, mit denen Millionen in das Technologiezentrum Oberhausen (HDO) vesenkt wurden, usw.
Ein Kommentator schrieb auf meinem blog: Ich garantiere, dass in 10-20 Jahren die OBs der anderen grossen Städte zu u n s kommen und fragen,wie wir die Probleme Integration und ßberalterung gelöst haben.
Zu soviel Optimismus vergisst man schnell die Realität mit 15% Arbeitslosigkeit, der geplanten Schliessung des Instituts für Arbeits und Technik in Gelsenkirchen Anfang der 90er Jahre mit viel Geld auf das Bauausstellungsgelände Emscher-Park gesetzt (was ein Insider ist, die Mitarbeiter wissen es, aber die Journalisten ignorieren es), der Tatsache, dass lediglich die Uni Bochum mit einer “Graduiertenschule” in die 2. Runde der Exzellenzinitiative gekommen ist, usw.
Das Ruhrgebiet und die Rhein/Ruhr-Region sind eigentlich recht grün. Laut Wikpipedia werden 40% des Gebietes Landwirtschaftlich genutzt, 17% sind Wald. Das weiss auch jeder, der mal längere Zeit da war. In den Aussenbereichen der grossen Städte geht es recht ländlich zu.
Ob das der richtige Fleck ist, es mal den Kölnern, Münchenern, Frankfurtern oder Hamburgern so richtig zu zeigen, wie man mit Volldamof ins digitale Medienzeitalter surft?
[…] Mutmaßt man zumindest an der Blogbar. Schöner Schlag für alle, die dachten, AAL (andere arbeiten lassen) sei das Businessmodell der Zukunft. Blogs und all das andere Zeugs werden auf unabsehbare Zeit ein Mikrokosmos für sich bleiben, der sich nicht mal so eben in der alten Welt andocken und vemarkten lässt. Dazu würden dann auch Dinge wie Credibility und vor allem konstant gute Autoren gehören, beides gibt es nicht in rauen Mengen und vor allem nicht umsonst. Ähnliches – vor allem den Mangel an guten Autoren – meine ich auch beim Readers-Edition-Projekt festzustellen. Die Idee ist schön, die Umsetzung ok, allein, für mich mangelt es an Relevanz. […]
@Don:
Also der Focus hat z.B. eine “NRW-Seite” in den NRW-Ausgaben (von Mal zu Mal). Okay, das ist kein Lokalteil aber zumindestens ein Regional- oder Landesteil. Ist aber imho nix besonderes und hätte ich nicht erwähnt, wenn Du nicht oben den Focus erwähnt hättest.
Anders ist es bei der BILD: Von der BILD gibt es ja x dutzend Regionalredaktionen. Alleine im Ruhrgebiet erscheinen meines Wissens drei verschiedene Ruhrgebietsausgaben. Insofern könnte die BILD da was machen, aber mir sagte mal ein BILD-Redakteur es wäre technisch zu aufwändig die gesamten Regionalbereiche auch im Internet anzubieten.
(was ich jetzt nicht so wirklich glaube – eher fehlt der Wille)
Jens, ich meinte natürlich: Im Internet. Da gibt es keine guten Lokalberichte.
@Chat Atkins: Stauder (www.stauder.de) in Essen. Fiege (www.moritz-fiege.de) in Bochum. In Dortmund wohl DAB und was die Brau&Brunnen sonst noch so auf den Markt wirft.
Hier hat eigentlich jede Stadt ihr eigenes Bier. Und das wird mit Händen&Füßen verteidigt. Am Bier aus dem Ruhrgebiet hat sich schon so mancher Monopolist die Zähne ausgebissen. Die eigene Scholle wird halt bis aufs Blut verteidigt.
Wie die WAZperten hier eine Medienglobalisierung durchbringen wollen, geht mir da nicht so ganz in den Kopf. Die Schließung von Lokalredaktionen ist ein Schritt genau in die verkehrte Richtung.
Vielleicht merkt die Borchert das ja noch. Ungefähr dann, wenn sie mal einen Schalker und einen Dortmunder an einen Schreibtisch erlebt hat.
@strappato: Oh, jemand der mal nachgeschaut hat. Normalerweise hört man immer das dass Ruhrgebiet doch nur ein grauer Schlund sei.
Einfach mal etwas mit der Google-Map spielen und sich den Pott von oben anschauen.
Und wenn ich Zeit habe, dann fotografiere ich mal alle Bürogebäude in Essen die seit ihrer Erbauung mindestens zur Hälfte leer stehen. Damit bekomme ich locker ein Fotoblog voll.
Klar gibt es in Essen etliche tausend DSL-Anschlüsse. Dummerweise dürfte die Hälfte davon in leer stehenden Büros enden. Denn Zahlen lügen doch.
@Don:
Es würde mich übrigens nicht wundern, wenn die BILD dahingehend mal ihre Onlinepläne überarbeitet. Das ist ja einer der Kaufgründe hierzulande. Ich kenne viele, die sich die BILD nur deswegen holen, weil die immer soviel über den BVB, S04 oder den VfL schreiben.
@Ralf bzw. Chat:
Sehr witzig übrigens wenn der “Bierpatriotismus” mit Fußball in Zusammenhang gesetzt wird: “Was Du trinkst zweitklassig?” oder “Bist Du doch heimlicher Schalke-Fan, bei dem was Du trinkst?”
@Ralf:
Grundsätzlich halte ich die Idee von Westeins ja nicht für falsch, denn so einen “Regionalteil” vermisst man schon. Nur darf dafür das Rückgrat der Berichterstattung nicht fehlen – die Lokalredaktionen. Das sehe ich insofern genau wie Du, nur hat das wohl eher andere Gründe (Aufteilung der Zeitungsmonopole) als Westeins und die Online-Offensive.
Aber Schalker/Dortmunder können in einem Büro zusammen arbeiten – ich erlebe das täglich. ;)
(ist das lästig – da lösche ich meinen Cache und muss alle Daten wieder neu eintragen…)
@Jens: Und genau hierin liegen die Chancen für Newbies oder diejenigen, die eine Marktlücke gesucht haben –> Online-Redaktionen für die Region! (Just tead my last entry in my blog)
@Martina: Aber die URL war wieder falsch. ;)
Jetzt aber! Ich habe das zuviele http rausgenommen.. *arrrrrrrrrg*
ach ja, inzwischen ist es der zweit-aktuellste Beitrag bei mir.. *gggggg*
Die Online-Redaktion ist ja die zweite Säule im WAZ-Modell, aber das meint Martina sicher nicht sondern eher unabhängige, von Privatleuten ins Leben gerufene Aktionen. Wirklicher Bürgerjournalismus von unten dann. Das kann auch als Blognetzwerk funktionieren wie ich durch Mein-Parteibuch erfahren habe – ts, da lebt man in Duisburg und bekommt das gar nicht, dass es in Homberg schon ein Netzwerk von Blogs gibt, die aktuelle News aus der Politik bringen und die gut miteinander vernetzt sind: http://www.hbn-forum.de/.
Mal abgesehen von der Farbkombination ist das doch wirklich mal eine sehr nette Navigations-Seite. Links die Blogs, rechts die Infos übers Forum plus aktuelle Themen.
Ad Astra
Es würde doch genügen, wenn Lyssa ihren WAZ-Dampfer einfach auf dies hbn-Projekt und andere ähnliche verlinkt: Fertig ist die Laube!
[…] Jetzt gibt es in der Blogosphäre ein bisschen Gegenfeuer als Antwort auf den erfolgreichen WAZ-PR-Event – aus dem Essener Blog Tom’s Diner, wo in einer heftigen (aber schwer zu nachzuverfolgende Diskussion) auf einige Haken bei der Umsetzung noch so großer Online-Pläne im behäbigen WAZ-Konzern aufmerksam gemacht wird (mehr inzwischen auch bei Thomas Knüwer und in der Diskussion in der Dezentrale. Und auch über die RP munkelt der nicht immer verlässliche Don Alphonso, dass dort im Gegensatz zum großen Lob von Opinio, wie es es Online-Chef Oliver Eckert uns (und anderen) gegenüber noch kürzlich im Munde führte zumindest die monatliche Print-Magazin-Version gestrichen würde und künftig nur noch eine wöchentliche Zeitungsseite mit Opinio-Beiträge erschiene (wie bei jetzt.de). Eine Stellungnahme der RP dazu ist angefragt. […]
@Jens:
Sieh das ganze mal in einen etwas größeren Zusammenhang. Erst wandert die Lokalpresse ins Internet ab, dann lohnt sich das mit dem Internet nicht mehr (siehe Opinio), dann ist das Internet (wieder) tot und wer macht dann den Lokalteil?
Die Frage “Was passiert wenn WestEins ein Flop wird” habe ich schon ein paar mal gestellt. Ich habe auch schon mehr als einmal gesagt das es mich nicht stört was die da im Internet machen wollen (wenn ‘se denn zuviel Geld haben…).
Was mich ernsthaft stört, ist das Tatsachen geschaffen werden die man nicht mal so eben rückgängig machen kann.
Im Günstigsten Fall ist WestEins nach 12-18 Monaten also gescheitert, der Kreis Recklinghausen hat keine Lokalredaktion(en) mehr und die WAZ ein paar Millionen Euros sinnlos ins Internet geblasen.
Im ungüstigen Fall schafft es WestEins sich mit Mühe und Not über die ersten 24 Moante zu schleppen, in einem Anfall von Euphorie werden weitere Lokalredaktionen geschlossen und deren Berichte ins Internet verschleppt. Und nach weiteren 6 bis 12 Monaten ist dann WestEins inkl. der Hälfte der Lokalredaktionen von der Bildfläche verschwunden.
Ich würde mal vorschlagen: Den bestehenden Online-Auftritt vernünftig (!) grundsanieren, entschlacken und effektiver machen. Parallel dazu ggf. ein WEB2.0-Portal (nennen wir es mal so) als “Sandkasten” aufziehen. Im Sandkasten kann die WAZ dann in aller Ruhe und ohne “Erfolgsdruck” herumprobieren was geht und was nicht.
Die WAZ sollte stärker als überregionales Blatt positioniert werden (Lokales raus aus der WAZ). Dafür könnte man die WR, WP und die NRZ stärker auf lokale Nachrichten fokussieren.
Die einzelenen Bereiche (Print-Lokal, Print-ßberregional, Online-Klassisch, Online-WEB2.0) kann man dann im Laufe der Zeit und entsprechend der Nachfrage stärker vernetzen.
Derzeit setzt die WAZ allerdings alles auf eine Karte. Wenn das Dickschiff WAZ sinkt, dann mit Mann und Maus.
Die sitzen der NE-Legende auf: Ein Internetjahr sind 7 Menschenjahre.
Bei Jungfern nennt man das Torschlusspanik. Und die Panikmacher werden zum strategischen Dialog geladen. Da sollten statt Kekse lieber Baldrian-Drops auf dem Tisch stehen.
[…] Doctor-Who-Gedöns – schon wieder? Ja, schon wieder. Podshow+-Probleme Blogbar-Erwähnung Gedanken über WestLive Homburger Blognetzwerk […]