Intelligentes Blogintegrieren bei Intelligent Life
Zuerst die schlechte Nachricht: Deutsche Blogger, die halbwegs schreiben können, werden in den nächstenn Wochen von hirmnlosen Entwicklervollspacken deutscher Medien- und anderer Schleichwerberhäuser belabert werden, doch was für ihr geniales, neues, geplantes High End Magazin zu schreiben, das wird ganz gross und innovativ und auf dem deutschen Markt einzigartig.
Diese Leute werden erbärmliche Lügner sein, denn seit gestern überlegen sie, wie sie ein Magazin kopieren sollen, das die gute Nachricht ist: Der Economist gibt ab jetzt vierteljährlich die Zeitschrift “Intelliget Life” heraus. All die Luxusbeilagen von FTD oder Handelsblatt, Park Avenue oder Vanity Fair wirken danneben als peinliche, dreiste, geschmacklos Rannuttungen an die werbetreibende Luxusindustrie. Intelligent Life ist von der erste Seite an die Grand Dame unter den billigen Flittchen, oder auch der erfahrene Unternehmer unter einem Haufen schriller New-Economy-Versager, es ist das, was die erhoffte Zielgruppe auf Augenhöhe anspricht, und nicht auf Unterschichtenschick herabzuziehen versucht. Engagierter Journalismus, edle Aufmachung sehr nah am Buchdruck, kluge Essays und keinerlei Versuche, auf Teufel komm raus die neueste Karre, Uhr, Zigarre und Pseudoluxusreise zu verticken. Und weit vorne auch eine Blogumschau, die zeigt, wie es geht:
Ein grösseres Thema, hier der Umgang mit den natürlichen Ressourcen, anhand der Geschichten verdeutlicht, die Blogger erzählen. Ein langes, rundes, vielseitiges Stück, das den adäquaten Rahmen für die verschiedenen Aspekte bildet, das sich nicht wertend in den Vordergrund schiebt und versucht, auf Augenhöhe mit den Bloggern zu erzählen. Genau so muss es sein, könnten die Blogumschauschreiber von FR und was auch immer jetzt bitte kündigen?
Das andere, und wirklich Mutige ist aber die Website zu Intelligent Life. Sie ist ein Blog:
http://www.moreintelligentlife.co.uk/
Und zwar eines, das auch die manche langen Geschichten aus der Printausgabe online stellt. Ohne nervige Registrier- und Clickzwänge, eigenständig bebildert, und sie wird mit weiteren Beiträgen aktuell gehalten. Kommentierbar, übersichtlich, ohne Flashorgien, kurz: Da hat ein Magazin verstanden, wie man ein Blog benutzt, um über Monate bis zum nächsten Termin im Gespräch zu bleiben. Intelliget Life macht in jeder Hinsicht das, wofür deutsche Konzerne zu dumm und feig waren. Jetzt werden sie es abschreiben und nachäffen. Und auch diesmal nicht kapieren, dass man mehr dazu braucht, als Software und Pseudeprominente: Sowas wie Überzeugung, Seele und den Mut, es mal ohne billige Tricks und Anbiederung zu versuchen.
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Wenn sie daraus lernen, wie’s geht – warum nicht?
Lernen würde sowas wie ein minimales Amöbenhirn voraussetzen.
Ich bin gespannt. Danke für den Hinweis.
*schmunzel* diesen eintrag wird man – inhaltlich identisch – zurzeit sicher mehrfach in der internationalen blogosphäre finden. schließlich würde es mich wundern, wenn es ein rein deutsches merkmal wäre, dass menschen in den meisten fällen in eindimensionalen kategorien à la “ich investiere geld – ich möchte geld reinkriegen” denken.
es ist immer erfreulich und bewundernswert, wenn sich leute dazu durchringen ausgetretene und vermeintlich sichere pfade zu verlassen, um etwas wirklich neues zu schaffen. es ist aber gleichermaßen fakt, dass dies eine randerscheinung bleiben wird, die mit regelmäßig in großen mengen aufkommender und wieder verschwindener, zumeist redundanter scheiße einhergeht.
ich vertrete deshalb die meinung, dass man seine energie nicht verschwenden sollte um sich über das übermaß an scheiße aufzuregen, sondern sich stattdessen einfach über das neue freuen sollte.
nennt mich einen träumer ;)
Nope. Das wird nicht Schule machen. Nicht in Adamrieseland. Erstens, weil es den meisten Verlagen in Deutschland einfach zu teuer ist. Zweitens, weil – ja was sollten denn die Magazinmacher ihren Anzeigenkunden versprechen? Und drittens, weil vermeintliche Kunden ersteinmal verstehen müssten, was das bringen soll. Und ohne Kunden werden auch keine ambitionierten Entrepreneure losziehen, arglose Bloggerseelchen zu fischen. Nebenbei: höllisch heiße Diskussionen, auf dem Blog. Bleibt zu hoffen, es lesen mehr das Druckwerk als das Blog :/
Mir als intellektuell eingeshränktem Immobilienmakler gefallen bei *moreintelligentlife* vor allem die Bilder.
Zahlen sie denn für Ihre Qualitätsartikel auch angemessene Vergütungen an die Autoren? Das ist ja das, was die deutsche Medienindustrie so hochgradig unattraktiv macht für solche Leute, die etwas können. Denen muss man schließlich etwas bieten. Idealismus alleine reicht da IMHO nicht.
Sehr interessant. Vorgestern erst von diesem Magazin auf einem Marketingkongress als “Best Practice”-Beispiel gehört. Ja, richtig, auf einem Marketingkongress, wo Leute, die hier gerne generalverurteilt werden, über Themen wie virales Marketing und Co. referiert haben. Was durchaus interessant war.
Eine Marketing-Agenthure
[Die dennoch immer wieder gerne hier liest – man will ja schließlich was lernen]
Ahem, huestel, Intelligent Life gibt’s eigentlich schon seit Jahren. Vielleicht nicht ganz in der jetzigen Form (und ohne Blog) und auch nicht jedes Quartal, aber so ein Magazin gibt es vom Economist schon lange.
So ganz umsonst hat die Zeitschrift ihren Ruf ja auch nicht, da ist einiges an Erfahrung drin.
Marsellinho, Marketing, PR und Werbung sind zutiefst masochistische Berufe, die in Wirklichkeit nch Demütigung lechzen. Das ist das ganze Geheimnis.
Und ich nehme schon an, dass es eher so kommt. Weil die bisherigen deutschen Produkte überhaupt nicht akommen: Falsche Zielgruppe, falsche Ansprache, parvenühafte Schreibe – die haben mit Leuten zu tun, die nicht angelogen werden wollen. Wenn man schon Millionen verpulvert, warum nicht mit einem ganz anderen Ansatz?
Armin, moreintelligetlife ist meines Wissens neu, oder?
Ja, das Blog ist neu (nehme an das meinst Du mit moreintelligentlife), das habe ich vorher noch nicht gesehen.
Das Magazin ist “redesigned” und kommt jetzt regelmaessig raus. Gibt es aber an sich schon seit mehreren Jahren, soweit ich mich entsinnen kann mindestens 2004. Bis jetzt aber halt nicht jedes Quartal, ich glaube das war eher unregelmaessig. Aber auch die aelteren Ausgaben waren schon extrem gut, die habe ich immer mit viel Vergnuegen gelesen.
mir ist gerade eine ganz tiefe erkenntins gekommen, warum ich diese “unterschichtwerbung” hasse –> ich will einfach nicht angelogen werden! :)
Naja, ganz so schlimm ist es dann nun auch wieder nicht. Zumindest das Umfeld in dem ich arbeite ist wenig Masochismus-fördernd, sondern sehr “human”.
Zudem ist unser Teilbereich ein Bereich, in dem glücklicherweise nicht direkt etwas “verkauft” werden muss, sondern es mehr um Imagewerte und vor allem Informationshilfen geht. Zumindest wenn es um die Kommunikation zum sogenannten “Endkunden” geht (die in unserem Falle Reisende sind).
Dass grundsätzlich in Marketing/Werbung viel zu viel am eigentlichen Ziel vorbeigeschossen wird, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Das erkenne selbst ich in meinem jungen Alter. =)
Da ist es schon gut, dass wir eben nicht die Millionen haben, um sie so zu verpulvern, sondern kleine Budgets, die mit Bedacht einzusetzen sind, um sie hinterher auch rechtfertigen zu können.
Achja, was ich vergaß: Kunden zu belügen bringt uns im Endeffekt überhaupt nichts, denn gerade im Tourismus, wo “Erwartungen” eine ganz besondere Rolle spielen, gibt es im Grunde nichts tödlicheres, als diese zu enttäuschen, denn das führt unweigerlich zu negativer Mundpropaganda.
@ Marsellinho (14): Das ist aber doch überall so. Das was angepriesen wird, muss am Ende auch drin sein. An einen Markennamen z.B. ist
ein bestimmtest Qualitätsversprechen gebunden. Das muss auf jeden Fall gehalten werden. Ist das nicht der Fall, zerstört man die Marke. Egal wie viel Werbe-Budget vorher ausgegeben wurde, um sie aufzubauen.
Und das es sich bei Marketing und PR um “zutiefst masochistische Berufe” handelt, würde ich so auch nicht unterschreiben wollen. Es gibt immer ein paar Schmerzbefreite. Die sind es dann auch, die in letzter Zeit hier und an anderer Stelle (in der Blogosphäre) aufgeschlagen sind. Aber dass man von denen auf eine ganze Branche verallgemeinern könnte, möchte ich doch entschieden verneinen ;)
Auch wenn man es nicht glaubt; auch bei *hüstel* Immobilienmaklern bringt Lügen nichts. ;)
Vielleich ist es auch nur eine kleine (Mode-)Welle, daß man (ein paar Jahre lang ?) nichts mehr von Versprechen hören will, die nicht gehalten werden.
Ich denke, daß wir in der vielleicht heuchlerischsten Zeit leben und “es” geht einem zuweilen auf den Keks.
IL erscheint nun als Quarterly “after three years as an annual”, steht im Editorial.
“Da ist es schon gut, dass wir eben nicht die Millionen haben, um sie so zu verpulvern, sondern kleine Budgets, die mit Bedacht einzusetzen sind, um sie hinterher auch rechtfertigen zu können.”
kleinere budgets erzwingen aber erst recht, dem konsumenten unangenehm auf die pelle zu rücken, um dem werbetreibenden den geforderten direkten return darstellen zu können.
mit dieser pedantischen knausrigkeit kriegst du aber nicht die werberesistenten intellektuellen. die durchschauen sowas und reagieren genervt.
[…] Don Alphonso findet das Magazin “Intelligent Life” und dessen Umgang mit Blogs toll. […]
IL ist nicht überall zu bekommen. Meist nur im gut sortierten Bahnhofsbuchhandel. Kann man jetzt aber auch Online bestellen. Einfach mal intelligent life googlen. Eintrag auf der Ersten Seite ganz unten: morgenheit.
Die “mutige Website”, das Blog ist “Restricted Area” mit Paßwortzugang.
Die scheinen da gerade ein bisschen umzubauen, die .com funktioniert zum groessten Teil, muckt aber auch ein bisschen rum.
Kommt in den besten Familien vor.
[…] Großes Lob für die molekulare Gastronomie eines Wylie Dufresne aus der Feder von Jon Fasman in dem begleitenden Blog zur Zeitschrift “Intelligent Life” aus dem Economist-Verlag: The most memorable dish I had at the parade of wonders that is Wylie Dufresne’s WD-50 restaurant in downtown New York consisted of pickled beef tongue with cubes of fried mayonnaise, tomato molasses, and a row each of lettuce and onion diced impossibly small. It wasn’t just the wizardry of frying mayonnaise […] It was the wittiness of the dish as a whole: the deconstructed deli sandwich was Mr Dufresne’s tip of the toque to his neighborhood’s eastern European Jewish heritage. […]