Am morgigen Dienstag ist semi-offizieller Erscheinungstermin von WordPress 1.5. Matt Mullenweg, “Häuptling” von WordPress lädt zu einem launigen Umtrunk in San Francisco ein.

Der Schritt dürfte für einige nicht sonderlich weltbewegend sein, da geneigte Blogger sich jederzeit aktuelle Alpha- und Beta-Versionen der Software in Form der “Nightlies” runterladen konnten. Ich selber habe zwei Installationen von WP 1.5 am Laufen, blogbar.de läuft z.B. auf einer frühen WP 1.5-Version.

WordPress?

WordPress dürfte die wohl derzeit mit Abstand populärste Open-Source-Blog-Software sein. In 2004 explodierte die Nutzung von WordPress, dank gelungenem Timing. WordPress 1.2 erschien im Frühjahr 2004 just zu einem Zeitpunkt als der Blog-Software-Champion MovableType binnen kurzer Zeit in PR-Problemen durch eine veränderten Lizenzpolitik und einem nicht die Erwartungen erfüllenden Upgrade fiel. WordPress bekam Aufmerksamkeit und Blogger.

Nun sind neun Monate seit dem letzten Release vergangen, länger als gedacht, nicht zuletzt weil man immer wieder etwas fand, was noch eingebaut werden sollte und es sich mitunter zeigte, dass auch am Fundament der Software gearbeitet werden musste. Zwischenzeitlich hob man daher die angepeilte Versionsnummer von 1.3 auf 1.5 hoch.

Zielgruppe?

Trotz einiger Umstellungen die dem Laien zugute kommen (Themes!), bleibt WordPress, wie jede(?) andere Blog-Software, zu schwer um von kompletten Internet-Laien installiert zu werden.

Als Mindestvoraussetzung für die Installation würde ich veranschlagen: Wissen wie man auf seinem Server raufkommt (per FTP) und Wissen wie man Dateien auf dem Server verändern kann. Das reicht dann um zumindest mit vorgefertigten Layouts (“Themes”) ein Blog einzurichten.

Wer selbst Hand an die Layouts legen will, kommt nicht um HTML-, CSS- und PHP-Kenntnisse drumherum.

Where ist the beef?

So wie jeder um sein eigenes Blog herum Wert auf bestimmten Schnickschnack legt, wird jeder andere Features von WordPress für unverzichtbar halten.

Hier meine Favoriten.

Themes
Laienhaft ausgedrückt: bislang waren die Seitenvorlagen für ein Blog ganz nach eigenem Gusto quer durch die Website verteilt. Mit den “Themes” wird nun für Seitenvorlagen und damit für das Layout eines Blog ein zentraler Ort verwendet. Vorteil: an diesem Ort können einfach in weitere Verzeichnisse andere Layouts abgelegt werden und diese auf der Admin-Oberfläche von WordPress per Klapp-Menü aktiviert werden. Mit einem Schlag verändert sich das Aussehen des gesamten Blogs.

Laien bitte ich nun die folgenden Absätze zu ignorieren und sich etwas weiter unten gedanklich wieder einzuklinken.

Die zentralisierte Struktur der Themes unter dem User-Verzeichnis wp-content/themes bietet einen noch größeren Vorteil. Früher waren recht böse Klimmzüge nötig um je nach Inhalt unterschiedliche Templates zu servieren: für die Homepage das Template x, für einzelne Eintrag das Template y und düe die Kategorie-Ãœbersicht Template z etc…

Dies ist nun Vergangenheit. Alle Templates sind im Themes-Ordner und in der index.php des Home-Verzeichnis steht nur noch ein Aufruf von wp-blog-header.php. Hier wird der Query-String ausgewertet, WordPress erkennt was für eine Sorte Inhalt angesagt ist ? einzelner Eintrag, Archiv etc… ? und serviert nun das entsprechende Template aus dem aktuellen Theme-Ordner, das die weitere Verarbeitung übernimmt.

WordPress selber hat also jetzt die Logik übernommen, in Archiv, Eintrag- oder Index-Templates zu verzweigen, Basteleien mit PHP-Abfragen oder .htaccess entfallen. Wenn wg. akuter Blogger-Faulheit die entsprechenden Templates nicht existieren, wird das Index-Template genommen.

Folgende Templates können angesprochen werden: Error-404, Suchergebnisse, Homepage/Index, Einzelseite für einen Eintrag (“single”), “Pages”-Template (s.u.), Kategorie-Archiv, Autor-Archiv, Datums-Archiv und allg. Archiv

Kill the Spam
Matt Mullenweg erwähnte vor kurzem in seinem Blog, dass er ein WP-Feature zur Bekämpfung gegen den Kommentar-/Trackback-Spam erfolgreich testen würde. Leider hatte er das Feature nicht benannt und einige Tage später konnte ich in den Source von WP auch nichts außergewöhnliches entdecken… vielleicht habe ich was übersehen.

Trotzdem hat sich gegenüber WP 1.2 einiges getan, dass zumindest den Komfort mit dem man Spam bekämpfen kann, enorm erhöht.

Bislang konnte man eine Liste von Wörtern anlegen (z.B. “Porno”), die dazu führten dass Kommentare in die Moderationsschleife kommen, also erst nach Knopfdruck durch den Blogger veröffentlicht wurden. Neu ist nun eine zweite Liste hinzugekommen, die entsprechende Kommentare nicht in die Moderationsschleife packt, sondern gleich löscht.

Die Moderationsschleife ist in WP 1.5 übersichtlicher geworden. Sowohl auf der neuen Admin-Homepage (“Dashboard“) als auch in den Untermenüs unter “Manage” läßt sich die Zahl der Kommentare in der Warteschleife ablesen. In der Ãœbersicht der Kommentare (Manage -> Comments) sind diese potentiellen Spam-Kommentare ausgegraut und lassen sich daher gut von “normalen” Kommentaren unterscheiden.

In der Moderationsschleife kann man nun mit zwei Klicks sämtliche Kommentare löschen. Man muss also nicht mehr, wie bei WP 1.2, alle Checkboxes einzelnd anklicken oder den Umweg über den “Mass Edit”-Modus gehen.

Pages
“Pages” sind Seiten die zwar wie Weblog-Einträge von WordPress erzeugt werden, aber außerhalb der normalen Weblog-Hierachie agieren. Hört sich kompliziert an, ist aber in realiter ganz simpel: musste man bislang für Seiten wie “Impressum”, “About” u.ä. händisch Seiten und/oder Verlinkung einbauen, können diese nun in WordPress als “Pages” eingegeben werden. Entsprechend gibt es WordPress- bzw. PHP-Funktionen um sich alle Pages in einem Template ausgeben zu lassen, z.B. in einer Seitennavigation.

Leider scheinen Pages aber noch nicht von der WordPress-internen Suche (sprich: dem Query-String-Argument “s“) erfasst zu werden.

WP-/PHP-Funktionen
Es gibt darüber hinaus diverse neue oder modifizierte WordPress-Funktionen die sich in PHP einbauen lassen. So gibt es nun die lange vermisste “nächster/voriger-Eintrag”-Funktion. Zahlreiche neue “Hooks”, also Möglichkeiten für Plug-Ins in WordPress einzugreifen, wurden programmiert. PlugIns lassen sich nun mit eigenen Seiten in die Admin-Oberfläche integrieren.

Sonstiges
Ich habe keine der allerletzten Betas ausprobiert, allerdings soll zwischenzeitlich der berüchtigte nofollow-Wert für das rel-Attribut eingebaut sein, zur vermeidlichen, indirekten Spam-Abwehr. Wenn es so umgesetzt wurde, wie in der wp-hackers-Mailingliste angekündigt wurde, soll sich das “Feature” nicht ohne PlugIn (selber programmiert oder Fremd-PlugIn) ausschalten lassen (wohl nur per Checkbox auf per-Post-Basis).

Die Admin-Oberfläche wurde umgeräumt. Am Anfang steht nun das “Dashboard”, das einen Ãœberblick über die letzten Einträge, Kommentare, moderierten Kommentare und schließlich Meldungen von wordpress.org gibt.

Soll man?

Alleine die ersten beiden neuen Features (Themes, Spam-Handling) rechtfertigen m.E. ein Upgrade.

Ich hatte beim Ausprobieren der Nightlies bislang keine Probleme. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es aber bei irgend jemanden anders sein. Von daher gilt wie bei jeder neuen Software: vorher ein Backup erstellen.

Der größte Aufwand für bisherige WordPress-User wird vermutlich das Umdenken in die neue Theme-Struktur erfordern und das Umschreiben der bisherigen Templates in Theme-Templates. Wie gut WordPress die Templates beim Upgraden handlet kann ich ebenso wenig beurteilen, wie Einschätzungen bzgl. der Kompatibilität einzelner PlugIns.

Man muss nun ob des (Rest-)Risikos nicht in mittelschweren Panikschüben verfallen. Es stimmt aber einem in der Tat schon merkwürdig, wenn mitten in der Beta-Phase, nachdem offiziell die Tür für alle neuen Features geschlossen wurden und nur ein Debugging erfolgen sollte, immer noch munter neue Hooks z.B. für Themes eingebaut werden .

Ein weiteres dunkles Kapitel ist die Dokumentation. Es ist mitunter einfacher im PHP-Code rumzuwühlen, als zu hoffen im WordPress-Wiki fündig zu werden.