Mille Miglia vs. Reboot 9 im Vergleich bei Flickr
Wir sind bei der letzten Debatte in etwa überein gekommen, dass für Besucher der Mille Miglia die bekannte Photoplattform Flickr praktisch keinerlei Bedeutung hat. Selbst unter freundlichster Bewertung liegt der Anteil der Photographen, die den Dienst für die Dokumantation des berühmten Oldtimerrennens nutzen, bei einem hundertstel Prozent.
Nun vergleichen wir diese Gruppe eher durchschnittlicher Menschen mit 500 Web2.0-Jüngern, die sich unter Einschluss von Startuppern, PRoleten und anderer Staffage aus den Niederungen des aktuellen Internetgeschäfts in Kopenhagen zur Reboot 9 trafen. Aktuell spuckt Flickr sage und schreibe über 3600 Bilder zur Reboot 9 aus. Auf jeden Besucher kommen innerhalb von zwei Tagen rund 7 Bilder bei Flickr. Die Hochladerei ist momentan noch am Laufen, es wird sicher nicht dabei bleiben. Bislang habe ich über 250 individuelle Knipser gezählt – möglicherweise auch manche doppelt gezählt, denn während die einen vollverblödeten Bildspammer Knipser schlichtweg ihre ganze Amateurknipserkarte ohne Rücksicht auf das Leiden der Betrachter und möglicherweise zum Schaden der so verhunzt Abgebildeten hochladen, ersaufen andere mit sporadischen Bildern in der Datenflut. Und Flickr hat nach meinem Wissen bis heute keine vernünftige Suchfunktion, die die Zählung erleichtern könnte
Lässt man mal ausser Betracht, dass die meisten anwesenden angeblichen Digitaltechnikkönner bis an ihr Lebensende wegen erwiesener Unfähigkeit am Auslöser Kameraverbot erhalten sollten, liegt der Anteil der Flickrnutzer bei der Reboot bei 50% oder höher. Was nun zwei hochinteressante Fragen aufwirft:
1. Wer ist generell die spannendere Zielgruppe für jede Art von Geschäft? Man vergleiche mal die flickrweb2.0süchtigen Leute von der Reboot mit den benzinundweinwollenden Zuschauern der Mille Miglia.
Ich mein, da ist doch klar, wo das Geld zu holen ist, und wo die Ratenzahlung mit unsicherem Ausgang, wer sich ein Hotel leisten kann und wer einen Schlafsack, wer den Wein trinkt und wer das Wasser aus der Leitung, wer der real existierenden Wirtschaft Liebling ist und wer nicht.
2. Nichtdestotrotz: Diese zweite Gruppe sieht sich als gesellschaftlicher Vorreiter und plant über weite Strecken, die grosse erste Gruppe irgendwann in das Web2.0 zu ziehen, um sie dort mit Werbung, ProfiLügen, Schleichwerbung und sonstigen Formen des nicht überall geschätzten Lebensunterhaltes zu kapitalisieren. Wenn man 2 Tage mit Leuten zusammen ist, für die es die normalste Sache der Welt ist, über 7 Bilder pro Teilnehmer in das Internet zu blasen – ist man danach überhaupt noch in der Lage, eine Welt zu begreifen, in der nur 0,01% der Photographen diesen Dienst nutzen? Ist das noch eine Kluft, oder sind das nicht doch Welten? Kann man sich überhaupt noch in die anderen reindenken, oder ist man schon vollkommen assimiliert an die Peergroup der Borgs2.0?
Was wir mit diesem vollkommenen Gegensatz der Mediennutzung erleben, ist meines Erachtens ein klassischer Ausgangspunkt für eine Katastrophe einer Ideologie, die mit den Worten begraben wird, sie sei ihrer Zeit voraus gewesen. Ja, ich weiss, das ist böse formuliert.Wenn ich mit den “practical visionaries” im Sinne der Reboot rede, gelte ich als reaktionärer Old Economist, der alles schlecht macht. Und wenn ich mit denen rede, die mit dem Internet jenseits von Mail und Pornodownload nichts anfangen können, gelte ich als der Web2.0Freak mit total seltsamen Ansichten. Die Synthese daraus lautet für mich: Solange es die anderen in derartiger Marktnichtdurchdringung gibt, solange bei 3 Millionen Anwesenden nur 300 Photos im Web2.0 landen, ist jede Theorie zur Marktentwicklung im Web2.0 Makulatur. Denn das Geld geht dahin, wo die Leute sind. Auf die Mille Miglia, und nicht zur Reboot, und all den anderen schicken werbefinanzierten Internetideen.
Sorry, the comment form is closed at this time.
vielen dank, du sprichst mir aus der seele. vielleicht wird der hype ums web 2.0 um so größer bei den leuten, die sich nicht mehr in der realen bevölkerungsmischung bewegen, sondern nur noch unter gleichgesinnten. da geht dann die bodenhaftung schnell verloren.
Vielleicht mal aus der Sicht eines “jüngeren”: Ein Großteil meines Freundeskreises ist unter 30, hat studiert und ist gutverdienend. (bzgl. der Gruppen die Du oben bildest). Fast alle von Ihnen “nehmen am Web 2.0 teil” (haben ein Profil auf Studivz, benutzen Wikis, manche lesen auch Blogs etc. oder nutzen Mashups).
Von denen (mich eingeschlossen) würde keiner auf die Idee kommen flickr zu benutzen. Es gibt ungefähr 1000 Bilderdienste. Jede Plattform (von gmx bis Lokalisten) bietet einen an. Und jede Plattform wird von dem ein oder anderen genutzt. Warum soll man erst wieder einen neuen account bei flickr anmelden. Bei den Reboot-Teilnehmern ist das was anderes. Das ist eine Community und die treiben sich ja alle da rum und dann stellt man seine Fotos auch da rein wo es erwartet wird / die meisten Leute es sehen. Wenn ich in den Urlaub fahre warten meine Freunde aber bei Studivz auf die Fotos…
Und zu den Teilnehmern der Mille Miglia: Ich glaube die sind schon ein wenig älter und lassen sowieso alle Fotos entwickeln und zeigen diese dann ihren Freunden. Warum sollten die Flickr benutzen? Ich bin mir sicher in 5 Jahren werde ich auch wieder mit Fotoalbum da sitzen. Warum auch nicht. Nicht alles muss digital sein. ;-)
Falls es nicht rausgekommen ist: Ich glaube das ist schon eine (Medien-)Welt und ein Reboot-Besucher ist nicht soweit entfernt von einem Mille Miglia-Besucher.
Jain ;-)
Ich weiss ja immer noch nicht so ganz genau was denn Web 2.0 nun ist, mit dem Begriff wird ja so ziemlich alles totgeschlagen.
Bei vielem was sich Web 2.0 nennt, die ueblichen Pastellfarben und ein xxxr Namen hat stimme ich Dir im grossen und ganzen zu. Da spielen die ganzen Geeks rum und hypen den Kram untereinander. Ein paar der Sachen werden vielleicht im Laufe der Zeit auch von der weiteren Bevoelkerung angenommen, auch denen die das Geld haben von dem Du oben sprichst. Ich koennte mir das sogar von Flickr vorstellen, da ich erste Zeichen sehe dass dies passiert, auch wenn dies noch einige Zeit dauern wird.
Allerdings sind die aelteren durchaus im Web unterwegs und auch teilweise sehr aktiv, nur halt nicht in den typischen Web 2.0 Anwendungen die von den Geeks gehyped werden.
Ich weiss nicht wie das in Deutschland aussieht, vermute aber dass dort aehnliches auch passiert: Aus meiner eigenen Erfahrung weiss ich dass es hier so einige aeltere Leute gibt die sich z.B an Mailinglisten zur Ahnen- und Geschichtsforschung sehr aktiv beteiligen. Ich kenne Foren zum Birdwatching wo das Durchschnittsalter vermutlich 45+ ist. Ich weiss von 80jaehrigen die sich ueber das Web ueber die Gaelische Sprache austauschen um ihr Wissen weiterzugeben.
Das ist nicht bunt, da gibt’s nicht viel AJAX und all den Quatsch, das sind etablierte und erprobte Technologien die sich ueber die Jahre entwickelt haben. Wird halt nur von recht wenigen der jungen und hippen Geeks ueberhaupt wahrgenommen, auch wenn der “Markt” durchaus da ist.
Vielen Dank für das interessante Diskussionsthema Don.
Ich glaube, Netzmedien können erst dann zu erfolgreichen Unternehmen werden, wenn der Zugang zum Netz wesentlich vereinfacht und verbilligt wird. Das Internet muss vom Büro ins Wohnzimmer, auf den Fernseher, aufs Handy unterwegs. Das gibt es alles schon, ich weiß, ist aber nicht sehr weit verbreitet und viel zu teuer und kompliziert in der Bedienung.
Und Alex hat ja sooo recht. Es gibt bei den Netzmedien nun mal keine Unternehmen mehr, die einen Markt beherrschen, sondern nur noch ganz viele kleine – the long tail, wie es so schön heißt. Wie wäre es also mit einer eigenen Fotocommunity für die Mille Miglia? Sorry Don, hoffentlich habe ich da nicht irgendeinen Webidioten auf eine Unternehmensidee gebracht.
… und noch Internet aufs Klo. Spätestens dann sollte doch die web2.0-Rakete abgehen.
Das ist genau der Trugschluss, der web2.0 zum Rohrkrepierer macht.
… denn es ist der “logische” Trugschluss der Leute, die glauben, man müsse den Alltag nur so mit Internet zuknallen, um so irgendwie alle Menschen zu erreichen. Weil sie selber kein Ahnung und auch kein Interesse daran haben, sich ERNSTHAFT mit kaufstarken Zielgruppen jenseits ihrer eigenen EarlyAdopter-Szene zu beschäftigen.
Ich habe selber genügend Produktpräsentationen und schöngeredete Luftblasen erlebt, die man mit einem Wort zusammenfassen kann: Wer braucht das? Wie soll da jemals Geld fliessen? Sind aber alle durchgewunken worden, weil sie bunt und “cool” waren.
Andere Ideen, sorgsam recherchiert und einer älteren Zielgruppe mit einem Haufen Geld auf dem Konto angepasst, ausgedacht von Leuten, die das schon in der Old Economy gemacht haben … nee, lassma, langweilig, kapier ich net, schwachsinn!
Letztere Produktmanager sind wieder zurück in die Old Economy gegangen und machen dort RICHTIGES Geld, während der Rest frisch, fröhlich weiterhin viel Geld mit Diensten verbrät, die zwar hübsch und bunt und cool sind, die aber fast nur junge Leute mit hoher Konsumbereitschaft aber geringer Kaufkraft ansprechen.
Vieles an Web 2.0 ist wie seinerzeit nur ein künstlich am Leben gehaltener Komapatient am Tropf der Investoren …
Upsalla, alles ziemlich düstere Prognosen. Hat auch jemand einen Rettungsvorschlag?
Nach meiner Erfahrung ist ein nennenswerter Prozentsatz der über Vierzigjährigen (um irgendwo eine Grenze zu ziehen…) im Internet unterwegs. Aber der große Unterschied zwischen dieser Gruppe und jüngeren Internetnutzern liegt darin, dass sie zwar im Internet unterwegs ist, dort aber keine Spuren hinterlässt: nicht kommentiert, keine Bilder hochlädt, sich seltener an Diskussionsforen beteiligt.
Diese Generation nutzt das Internet nicht interaktiv, sondern wie ein ganz gewöhnliches Medium, nämlich als Leser. Im Zweifel kriegt man von denen eher eine “altmodische” E-Mail als einen Kommentar. Fotos im Internet zeigen? Auf die Idee kämen die nie. Sie haben noch eine Vorstellung von Privatheit.
Mir persönlich ist die Idee, jeden in mein Fotoalbum gucken zu lassen, übrigens sowieso ziemlich suspekt, und eine der größten Seuchen der Gegenwart sind Kameras in Mobiltelefonen.
@7:
Hat auch jemand einen Rettungsvorschlag?
Mit ein wenig Nachdenken wirst Du bestimmt selber daraufkommen ;)
Ist vielleicht jetzt ein bißchen übertrieben den moralischen Untergang des Abendlandes von der Benutzung von Flickr abhängig zu machen. Wirklich repräsentativ wäre die Studie wenn von den bereits gesprochenen, anderen 999 Bilderdiensten auch eine Statistik diesbezüglich vorliegen würde.
Dass das nicht machbar ist, und selbst wenn, immer noch nichts aussagen würde, weiß ich selber. Es ist klar dass auf der Reboot 9 lauter foto- und publicitygeile Geeks rumlaufen, die sich selber auf so vielen Fotos wie möglich im Internet sehen möchten. Gerne auch mit bescheuerten Gesichtsausdrücken wegen unsortierter Bilderreihen.
Im Gegensatz dazu: die Leue die in Italien dabei waren betrachten das erlebte und die dabei gemachten Fotos sicherlich mehr als eine persönliche Erfahrung, und das soll sie auch bleiben. Ich halte das in etwa genau so. Warum sollte ich meine Fotos auf Flickr hochladen, wenn ich genausogut alle Leute die das was angeht zum Essen einladen und ihnen die Bilder hier zeigen kann? Dabei quatscht es sich viel besser, und satt wird man auch noch. Das ist dann aber auch keine neudeutsche Community, sondern die Steigerung davon in Form des altbewährten Vorhängers. Wir nennen es schlicht “Freundeskreis”.
Knapp in einem Satz zusammengefasst: Man muss nicht jeden Scheiß (Web 2.0!) mitmachen, selbst wenn man unter 30 ist.
HG,
mit dem “Spuren hinterlassen” habe ich einen etwas anderen Eindruck, wie weiter oben beschrieben sehe ich durchaus dass sie dies tun. Nur halt nicht in den Web 2.0 Anwendungen sondern in “altmodischen” Foren und Mailinglisten.
Was ich aber interessant finde ist die e-mail Beobachtung: Die Erfahrung habe ich in gewissem Sinne auch gemacht. Die Leute wollen durchaus kommunizieren, aber haben da nicht unbedingt Eile und wollen dies nicht unbedingt “oeffentlich”. Wenn man sie aber darauf anspricht sind sie durchaus bereit Informationen zu teilen. Beispiel:
Vor ein paar Monaten schrieb mich jemand an ob ich ein Haus auf einem alten Foto erkennen wuerde. Er hatte auf einer meiner Websites eine Seite mit “Then and Now” Bildern gesehen. Ich habe mich dann mal umgeschaut, das Haus gefunden und ihm ein Bild geschickt wie es jetzt aussieht. Als ich ihn darauf ansprach ob ich das Bild veroeffentlichen duerfe (seins, meins darf ich ja sowieso ;-)) hat er zugestimmt und mir sogar weitere Informationen geschickt.
Aehnliches habe ich inzwischen vielfach erlebt. Mit einigen Leuten bin ich jetzt seit mehreren Jahren in Kontakt und wir tauschen Informationen aus.
Die Sache ist halt, dass sich so etwas meines Erachtens kaum kommerzialisieren und skalieren laesst. Das sind persoenliche Beziehungen die hauptsaechlich privat ablaufen mit ein paar Sachen die dann halt eventuell oeffentlich gemacht werden. Mehr koennen und wollen sehr viele Leute da gar nicht.
Ich mache mal zwei Anmerkungen aus dem (nicht ältesten) Gewerbe:
1. Regel: Kümmere Dich nicht um Studenten. Die haben kein Geld und kaufen nichts.
2. OHNE online-Aktivitäten in den bekannten Portalen verzichtet man der Kundenkontakte. Das ist allerdings eine Entwicklung der letzten 2 Jahre – seitdem kann ich sagen, daß zwischen 20 und 30% der Anfragen aus den Suchportalen stammen.
Insofern ist *beides* richtig: man ziele auf DIE, die Geld haben und man gehe mit der zeit… was Internet-Aktitivtäten einschließt.
Das ist fraglos richtig, und nochmal: Alle Oldtimerzeitschriften haben massive Probleme, weil eben das Anzeigengeschäft längst im Internet ist, mit allen Nutzern. Es ist völlig klar, dass auch für die Älteren das Netz seine Rolle spielt, wenn sie den Nutzwert sehen. Aber das ist nicht Web2.0, social Commerce oder all diese Bewertungssachen oder Bild- und sonstige Communities, die als zukunft gehandelt und von den Gurus auch so genutzt werden.
Update: Das Rebootangebot wächst: 3900 Bilder. Ich muss beim Kirchentag übermorgen dafür sorgen, dass keiner auf die Idee kommt, mich zu flickrn.
Rettungsvorschlag?
Statt auf der reboot, DLD, republica, und anderen web2.0-Messen (im kirchlichen Sinne), sollten die Internet-Unternehmer mal lieber Kardiologenkongresse, Golfreisen oder den Concours d’Elegance besuchen und mit den Leuten reden, um zu sehen, wo die Nachfrage sein kann.
Beide Beiträge (Mille Miglia + Reboot) kranken daran, dass Flickr nur als Indikator genommen wird, ähnlich wie das beliebte x-Millionen-Treffer-bei-Google Geschreibsel von Journalisten.
Interessant wird die Benutzung von Diensten wie Flickr erst dann, wenn man diese benutzt, verrührt und damit neue Querverstrebungen und eine erweiterte Präsenz im Internet schafft. Man hat z.B. bei Flickr ja nicht nur eine Fotoablage und einen hosting service, sondern auch wieder ein Blog, Stichworte, Interessengruppen und nicht zuletzt die Möglichkeit der Verlinkung.
Sagen wir mal das GTBlog strebt an, das deutschsprachige Zentralmedium für die Mille Miglia zu werden. Was liegt näher als (selber) von allen für wichtig erachteten social services Querverstrebungen zu schaffen?
Dann würde man lediglich feststellen, dass Flickr nicht die passende Zielgruppe hat. Ich glaube, dass es auch ohne diese Mehrschienenstrategie geht.
PS: Mitspielen, nicht kontrollieren…
> Alle Oldtimerzeitschriften haben massive Probleme, weil eben das Anzeigengeschäft längst im Internet ist, mit allen Nutzern.
Gerade im extrem fragmentierten internationalen Oldtimer-Sektor verlieren diese Zeitungen als Zugangsportale/Gatekeeper zwangsweise ihre Bedeutung, weil jeder aus der Gruppe der z.B. Barchetta-Fahrer wahrscheinlich ein größerer Spezialist ist, als diese Redaktionen, die ab und zu mal etwas zum Thema bringen.
Im Vespamarkt gab es z.B. noch nie nennenswerte (Publikums-) Fachzeitschriften, weil die Vespafahrer/-szene/-clubs traditionell einen viel zu guten eigen internationalen Informationsaustausch betreiben. Das Internet (Flickr, Ebay, Blogs, etc) ist jetzt nur noch ein technischer Turbo, der die Informationen nachhaltig verfügbar macht und schnellstens um die Welt publiziert.
> Dann würde man lediglich feststellen, dass Flickr nicht die passende Zielgruppe hat.
Flickr? Zielgruppe?
Das Bild änderte sich massiv, hättest Du auf dem GTBlog z.B. die Gründung einer Mille Miglia Flickr Gruppe bekanntgeben und darum gebeten die Bilder dort einzustellen. Die drei Gruppen, die ich bis jetzt bei Flickr gestartet habe, haben alle ihr gesundes Eigenleben, also ihre Zielgruppe, gefunden.
Auch der indirekte traffic von Flickr Bildern zum GTBlog (Link vorausgesetzt) dürfte nicht wenig sein.
Im Endeffekt geht es darum derartige side-kicks wie Flickr, del.icio.us und/oder Andere dazu zu benutzen, relevanten traffic – hier haben wir die Zielgruppe – auf das Zentralmedium zu lenken. Dieses side-kick Netz pusht das Zentralmedium in den Suchergebnissen nach oben, erreicht damit mehr relevanten Besucherverkehr und würde auch eine entsprechend hübsche und passende kommerzielle Auswertung zulassen (verglichen mit der reinen stand alone Existenz).
Um einem Irrtum vorzubeugen: Es gibt keine “Zielgruppen” mehr. Das Internet ist ein Pull-Medium. Das haben viele Internetentrepreneure nicht kapiert, und die old school draußen im Print-Sektor kapiert es sowieso dreimal nicht mehr.
Pull-Marketing zielt darauf ab, dass die Menschen freiwillig etwas suchen, es finden, es auswählen können und attraktiv finden. Und von sich aus gut darüber reden wollen, ohne Zwang.
Push-Marketing hingegen ist das alte Jäger-Zielgruppendenken (wer sind sie, in welche Schublade stecke ich sie am besten, und wo, wie erwisch ich sie am besten, wer von denen hat am meisten Geld) und genau das bringt die sowohl Werbewirtschaft, Start-Ups UND die Althasen-Entrepreneuere im Netz (und auch draußen langsam) nicht mehr recht weiter.
Diesem Irrtum im Internet (vor allem die Ãœberlegung: “Mann, ich wende mich doch gleich an die, die am meisten Geld haben”) sitzt auch der Don mit seiner – betuchteren? älteren? wir wissen es nicht – Mille Miglia “Zielgruppe” auf. Warum ist das ein Irrtum? Erstens gehen im Internet die Leute dahin, wo es ihnen passt.
Nicht nur das: Bereits, zweitens, das old school Denken hier (Zielgruppen, bla) ist bereits fehlerhaft:
Es wird hier verbreitet, z. B. Studenten wären als Zielgruppe doch sowas von uninteressant, da kein Geld. Das stimmt schon mal im Präsens nicht, denn es gibt dank der Studiengeldpolitik und der gesellschaftlichen Veränderungen imemr weniger BaFÖG- und arme Schlucker-Studenten. Studenten haben heutzutage im Durchschnitt einen wohlhabenderen Background. Zweitens werden sie – nach dem Studium, und trotz der Prakiktantenmisere oder ihrer zeitweise prekären Lebensstile – im Durchschnitt mehr Geld haben als ein Dreher, ein Krankenpfleger oder eine kleine Buchhändlerin (Lehrberuf)je haben wird. Fazit: Man übersieht hier in dem Blog einfach – wenn man sich schon unbedingt an die old school “Zielgruppe” wie Leim hinkleben will – dass gerade Studenten in ihrer Biografie viel beweglicher sind als ihre Zielgruppenjäger.
Banken haben generell die biografische Beweglichkeit der Leute begriffen – auf bauernschlaue old school Basis wohlgemerkt – und schon vor Jahren kapiert, sie antizipierten, dachten immerhin weiter in iher Bauernschlau-Blödigkeit. Sie verschenk(t)en beispielsweise scheinheilig an Neugeborene Sparbücher mit kleinem Guthaben. Das werden oft die Kunden von morgen. Oder warum wird auch um Teenager mit einem Taschengeld von 20-200 so ein Werbezirkus gemacht.
Die vom Zeitfenster her sehr kurzfenstrige Ãœberlegung (in weitgehenden Käufermärkten wohlgemerkt, in deren Ãœberangebot der Käufer weiß, dass er wählen kann): Ich such mir JETZT ne “Zielgruppe”, die jetzt zahlungsbereit und wohlhabend ist, und die kommt dann und ich mach damit Mords-Geschäft, haut daher im real life immer weniger, und im Internet überhaupt nicht so hin. Sie wird nie hinhauen.
Das ist das Dilemma der ganzen Geschäftsneuentwürfe im Netz. Die Adressaten (gibt’s auch eigentich nimmer, so wenig wie “Zielgruppe”) sind unberechenbarer: sie kommen – oder sie kommen nicht. Sie laden Bilder hoch oder sie lassen es. Sie haben einen bezahlten Account oder mogeln sich mit free account durch oder sie sind Karteileiche. Oder sie haben “altmodische” Alben. Oder sie fahren auf mehreren Schienen. Warum, weiß kein Mensch genau. Und es wird dank ihres Ekklektizismus leider und Gottseidank immer schwerer herauszufinden, warum sie das tun und welchen Hintergrund das hat.
Statt aber gründlicher Studien und halbwegs guter Befragungen gibt es über Verhalten im Netz immer mehr oberflächliche oder einseitige schlechte “Studien” von Netz-Marketingfirmen, die ihre grottenschlechten, hausgemachten “Studien” im Netz nur zu ihrer eigenen PR und Desinformation nutzen – oder es gibt Kaffeesatzlesen, wie hier.
Das Internet mit seinem pull wird einfach immer noch nicht verstanden. Man will wie gewohnt push draus machen (“…man muss doch besser bezahlte “Zielgruppen” anvisieren, das wird doch sonst nichts…”, daher wird man scheitern. Daher betrachtet man das “real life” als besser, nur daher. Da geht push – noch.
Und dann kommt als Web 2.0 bezeichnetes Community-Marketing, welches im Grunde auch nur vom Push-Gedanken lebt (Push: Wie krieg ich viele Adressen/Daten, um das dann zu verkaufen, wie drück ich denen schlau Werbekontent rein, adical, wie krieg ich möglichst viele Konsumbereite, etc.)
Meine Analyse, woran das Web 2.0 krankt: Das nenne ich Segeln unter falscher Flagge. Web 2.0 kommt als Pseudo-Pull daher, ist im Grunde seines verlogenen Wesens aber altmodisches push. Daher wird es im Netz damit nichts.
Grüße eines Ex-WErbefuzzies,
aber immer noch Kommunikations-Designers.
Mit dem Schwerpunkt auf Kommunikation, nicht auf sinnentleerte, hübsche Rüschen.
Liest Du den Pfeffer eigentlich noch durch den Du schreibst? Das riecht hier alles stark nach billigem aufreissen eines neuen Themas, nachdem StudiVZ langsam vollständig ausgeweidet ist.
Egal ob Flickr, Picasa oder sonstwas für Services. Da sind tolle Sachen in der Entwicklung, die sich natürlich noch stark weiterentwickeln können und das auch konstant tun. Auch in der Bekanntheit ist da natürlich nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Aber mir ist auch noch nicht zu Ohren gekommen, dass die die schnelle Vermarktung ihrer Services unter Web2.0-Gedanken anstreben.
Und auch konservativere Internetbenutzer (die Deiner Meinung nach natürlich auch die reichsten Leute der Welt sind) werden diese Sachen noch für sich entdecken. Spätestens dann, wenn derartige Services noch integrativer in Betriebssystem und Bedieneroberfläche integriert sind. In paar Jahren, wird man sich gar nicht mehr drum kümmern, an welcher Stelle das nun eigentlich grad gespeichert wird (und das wird auch keine Probleme erzeugen). Du denkst nur leider etwas kurz Don. Aber da fehlt Dir vermutlich auch die Vorstellungskraft. ;-)
Doch René, genau diese Sorglosigkeit im Umgang mit privaten und halbprivaten Daten, oder schlimmer, mit denen Dritter, wird noch sehr sehr unschöne Folgen für den ein oder anderen haben.
Ansonsten kann man wohl jedem, der sich per Blog an ein aktuelles Thema hängt – oder Web2.0-Bashing betreibt – Linknutterei vorwerfen. Aber das wäre schlechter Stil, wenn auch mitunter angebracht.
Ach bör, jetzt verrat doch nicht alles ;)
Also mich haben die letzten Erweiterungen bei Flickr nicht vom Hocker gerissen und ja, ich habe einen Bezahlaccount. Ein Problem ist doch genau dieser Konjunktiv “das könnte ja noch was werden”. Im Konjunktiv zu sprechen ist sehr einfach, diesen Konjunktiv zur Realität zu machen und damit Geld zu verdienen ist etwas ganz anderes.
Und was bitte heißt dass sie nicht die schnelle Vermarktung anstreben. Flickr gehört jetzt schon eine ganze Weile zu Yahoo. Die Gründer haben natürlich versucht Geld zu verdienen und das immer noch einfachste Geschäftsmodell ist es, aufgekauft zu werden.
@bör
Vielen Dank für Deine profunde Analyse. Ich könnte sie so direkt unterschreiben, sie lässt echt Kronleuchter aufgehen.
Nur eine Anmerkung: Vor dem Hintergrund, dass – wie Du meiner Meinung nach richtig analysiert hast – push-Strategien nicht laufen, weil das Publikum im Internet – Gott sei dank – sowieso macht, was es will:
Macht es vor dem Hintergrund nicht gerade wieder Sinn, gewissermaßen mit Don zu sagen: Wenn ich sowieso keine Ahnung hab, ob und warum die user auf mein Angebot reagieren oder nicht, dann versuch ich es wenigstens mit einer Zielgruppe die Kohle hat. Wenn ich aus irgendwelchen Gründen Erfolg haben sollte, kann ich den wenigstens gleich in Geld umsetzen.
Was nützt mir ein StudiVZ, wenn die Zielgruppe einfach Scheisse ist, keine Werbung anklickt und auch nicht bereit ist, bezahlte accounts für irgenwas zu kaufen? Denn genau das scheint mir der Pferdefuß dieser ganzen “hippen” Communities à la flickr, StudiVZ, myspace etc. zu sein. Die haben so schnell einen rasanten Erfolg, weil sie sich in einer enorm flexiblen Altersgruppe bewegen.
Das führt, wenn man mit so einem Portal Erfolg hat, erstmal zu enormen User-Zahlen, aber zu der immer gleichen Frage: Wie will ich denn diesen Erfolg nun in Geld ummünzen? Geld zahlen Menschen, wenn ein größeres Bedürfnis zu befriedigen ist, als das bloße hippe “Dabei-Sein”, das ihnen im Netz an jeder Ecke geboten wird. Die Frage, wo diese Communities diesbezüglich ansetzen sollten, ist dabei bis heute offen.
Die enormen Userzahlen sind bereits das Ziel, Urs.
Und Leute die Kohle haben, was heißt denn das heutzutage genau.
Ich sag jetzt absichtlich nicht “Zielgruppe”, denn diese Begrifflichkeit führt zu falschem Denken) haben aus vollkommen unerfindlichen Gründen Kohle. Plötzlich, emotional, für was ganz Bestimmtes. Ekklektizismus, den auch “ganz Arme” haben können.
Böses Beispiel für E.: Sie wohnen noch mit 40 zuhause bei Mami oder bei bei den Eltern angebaute Reihenhausteil, oder fressen vielleicht nur Billigfutter und leisten sich – gerade deswegen – mal schnell einen fetten SUV. Solche Dinge. Gutes Beispiel für E.: Einer schenkt es sich, in 10 der eh immergleichen Kino-Blogbuster zu gehen und kauft sich statt dessen lieber einen sauteueren Kunstband oder ein altes Sammler-Vinyl-Album für 200 , oder einen Vintage-Boschkühlschrank, den er sich schon immer gewünscht hat. Ist er deswegen ein “Reicher”, der “reich” angesprochen zu werden wünscht? Vergiss es. Nein, er ist Geizhals und Liebhaber gleichzeitig, er kauft nach Sehnsucht, er kauft emotional.
Wir sind alle so: in einem bestimmten Bereich sind wir plötzlich Luxustiere. Nur nicht die gleichen, ich gehe jedenfalls nicht dauernd nur zu Aldi, damit ich mir mehr Dumm-DVDs leisten kann, brrr. De Ekklektiszismus ist derart vielgefächert, da kommen Marketer nicht mehr mit. In diesen inneren Schuhen schaffen sie nicht mehr zu gehen, und ihre Studien verfälschen zusätzlich.
Wenn du wie manche begehrliche Marketer das feste innere Bild hast von Leuten wie des reichen Stinkers mit Zigarre und Rolls, den es anzugraben gilt (ich sage das mal überspitzt mit dem reichen Stinker): Von denen gibt es gerade mal ca. 1000 in D. Lohnt sich kaum, da gehe ich doch eher persönlich hin und klingle :-))) Der Werbeaufwand verglichen mit dem möglichen Erfolg (ich werde nicht rausgeworfen hach) ist fantastisch verglichen mit manchen absurden klassischen Werbebemühungen um solche.
Und die sind im Internet oder mit “superinnovativen” auf “Geldsäcke” gemünzten Geschäftsmodellen im echten Leben ansprechbar? Kannst eh vergessen. Das Umfeld dieser sehr zurückgezogenen Exemplare und wo sie sich informieren, wo sie einkaufen, tickt ganz anders. Die “Reichen”-Werbung, die du dennoch siehst (Vogue, Rolex, Vuittton), wendet sich meist an die Möchte-Gerns, nicht an diese verhältnismäßig raren echten Vögel. Feiner Unterschied.
Wir sollten unsere alte Imaginaionen, unsere inneren Bilder überprüfen, sie stimmen längst nicht mehr.
Kommentator Bör trifft es meiner Meinung nach sehr gut. Werbung im Internet ist einfach MIST, weil keiner das Prinzip verstanden hat.
DIe “normale” Werbung nervt doch den Großteil der User nur. Die dezenten Google Ad words übersieht man noch wohlwollend, aber sobald irgendwas sich bewegt, den Seitenaufbau grob verzögert oder im schlimmsten Fall noch lärmt, kriegt die werbende Firma nur noch Minuspunkte. Das ich überhaupt noch was kaufe liegt am Adblocker… Für jemanden mit Volumentarif oder ISDN geht’s im Internet auch gar nicht mehr ohne. Wer “zahlt” schon doppelt (Internetzugang und Downloadzeiten) wenn es nur einen Nutzen (kostenlose Webseiten) gibt?
Wenn man dagegen etwas kaufen möchte, ist die Situation katastrophal. Selbst mit Google und Amazon und Ebay findet man außer iPods und Büchern nichts sofort. Neulich habe ich versucht, ein Paar Schuhe zu kaufen. Anzeigen in einer Zeitschrift(!) hatten mich mit 2 ausgesuchten Paaren ins Internet gehen lassen. Leider verkauften beide Firmen nicht direkt, also habe ich auf deren Webseiten nach Vertriebspartern geschaut. Also entweder Geschäfte, die aber allesamt nicht in meiner Umgebung lagen oder Online-Versandhändler. Bei denen war es aber jedes verdammte Mal ein Graus auf der Webseite die Suchfunktion zu finden und dann darüber trotzdem nie die verdammten Dinger, geschweige denn einmal den Preis zu finden.
Bitte Firmen, schaltet wieder Anzeigen in Zeitschriften. Wenn mich das interessiert, blätter ich auch nochmal zurück und les mir die ganze Anzeige durch. Im Internet ist der Tab zu und ich lade ne Seite bestimmt nicht 5x neu, nur um noch mal euren super-flashy Clip zu sehen. Dann googel ich das höchstens und schau mir die ersten 5 Ergebnisse an. Pullmedium… Wenns denn was zu ziehen gäbe ^^
Komischerweise kann ich nicht posten.
Ok, I am all good now.
Verstehe zwar immer noch nicht, warum es vorher 2x hieß, ich hätte schon den Beitrag abgeschickt…
Danke, danke Bör! Endlich hats hier jemand verstanden und gibt sich nicht pseudo-philosophisch..
Danke!
Wär das nicht schön? “Jede Theorie zur Marktentwicklung im Web2.0 [wird] Makulatur”, und wir kriegen das kommerzfreie Web der 90er zurück. Keine Abmahnungen, kein Spam, und keine Startups. Blogs werden wieder zu AOL-Homepages, das Animated Gif kehrt zurück…
OK, bör, Du triffst es wie häufig ziemlich genau. Deckt sich im Großen und Ganzen mit meiner Auffassung.
Nur eben: Dass allein die hohen User-Zahlen es bringen, das ist meiner Meinung nach ein Trugschluss. Dem die allseits bekannten “Investoren” (hüstel) im Moment aber genauso aufsitzen. Irgendwie ist das so eine Sonderform von Rausch. Da denken welche, nur weil Millionen Leute auf einer bestimmten Plattform sind, müsste die auch Millionen Wert sein. Quatsch.
Das es aber nicht den “Reichen” und den “Habenichts” gibt, sondern dass man nach der Bereitschaft, Geld auszugeben, SITUATIV unterscheiden muss (Dein Beispiel mit dem SUV), das trifft es glaube ich ziemlich genau. Das wiederum heißt, ich muss die Leute mit einem BESONDEREN Interesse treffen. Bloß allgemein Fotos austauschen, Bekanntschaften machen à la StudiVZ reicht nicht. Das, was ich den Leuten biete, daran muss ihnen selbst etwas ganz Spezifisches liegen.
Und dieses Etwas, dass ist eben nach wie vor trotz allem in der Regel im REAL LIFE zu finden. Da ist Dons Beispiel mit der Mille Miglia eigentlich ganz gut. Ich kann den Leuten zehntausende Fotos im Internet bieten. Wofür zahlen die im Zweifel Geld? Richtig: Für einen echten Oldtimer, den man anfassen kann!
Ist so ein bißchen meine Auffassung von dem, was im Internet wirklich Erfolg haben kann: Nicht die isolierte Plattform, die keine Basis im RealLife hat (es sei denn, es ist zufällig ein StudiVZ, und Du wirst allein Millionär, weil Holtzbrinck nicht recht einschätzen kann, ob so ein Ding doch was wert ist), sondern die Verknüpfung eines RealLife-Angebots mit dem Netz in einer Form, die diesem Medium gerecht wird.
Die Bereitschaft, Spezialwissen, dass Du für eine bestimmte Klientel bereit hältst (und sei es die Oldtimer-Branche), zu verschenken. Dabei eigenen Begeisterung zu investieren. Vertrauen schenken in der Weise, dass Du bereit bist, Content auch für diejenigen zu schaffen, die “nur” mitnehmen wollen, ohne Deine Kunden zu werden. Eben dadurch genau die Stärke demonstrieren, die Dich für Kunden dann wieder attraktiv macht.
Ist im Grunde gar nicht so schwierig, nur kommt man so lange nicht da hin, wie man den usern da draußen mit Mißtrauen begegnet, à la “ihr wollt doch nur gratis im Internet Content abzocken”, und das umgekehrt mit einem “wir wollen Euch möglichst rasch mit Werbung zudallern und mit EUCH Kohle verdienen” beantwortet.
Ein Internet-Auftritt, der dieser Frontenstellung frönt, kann eigentlich gar nicht erfolgreich sein.
@ Urs
“Nur eben: Dass allein die hohen User-Zahlen es bringen, das ist meiner Meinung nach ein Trugschluss.”
Pssst, menno!! Es gibt soviel Kapitaldruck wieder, lass die Investoren doch – das Geld muss doch wieder unter die Leute kommen. [irony] Bin stark für Wirtschaftskreislauf :-)
…ihr wollt doch nur gratis im Internet Content abzocken…
Doch, das stimmt. Genau das wollen die. An meinem Blogreferrern sehe ich das ganz genau: Da schlagen z. B. Leute auf, die dezidiert wissen wollen, was eine copy strategy ist (nie werd ich alles verraten…), damit sie ihre Hausarbeiten damit füllen können – da schlagen Leute auf, die wissen wollen “was Werbung kostet”…gnrps, auf Klardeutsch, ob sie nicht zuviel für ein Logo oder den hundsmiserabligen Billich-Flyer ausgeben.
Kunden werden das nie. Kunden werden solche Leute, die begeistert sind, deren Nerv man getroffen hat. Man trifft doch den Nerv nicht mit braver Info-Zulieferung. Das nehmen die mit und dann wars das, glaub mir. Daher halte ich mich mit Ãœberinfo auf Blog oder Plattform auch zurück – im schlimmsten Fall lockt das auch noch die Konkurrenz auf den Plan, huhu.
Nein, man muss faszinieren.
Oder man macht einen knallharten e-Shop auf.
Zwei gute Möglichkeiten, im Netz zu aquirieren. Aber zu glauben, mit loser Info-Anfütterung im Netz kriegt man die Fische, vergiss es. Das behaupten nur die hirnfickenden Marketing-Tipps-und-Tricks-Redaktionen, die selber ratsuchende Kleinunternehmer an sich binden wollen, um sie dann mit Paid Content zu füttern, der in Wirklichkeit PR ist, tscha. Ich hab da so meine Erfahrungen… Wenn ich im Netz “Tipps und Tricks” sehe, nehm ich ganz schnell Reißaus.
Löbliche Ausnahme: sehr gute Blogs von CSS-Leuten und W3c-Webdesignern. Gerade die englischen. Das ist aber eine ganz andere Kultur, von ihnen und den Lesern – über Jahre gewachsen.
Ich habe @börs Beiträge gelesen und würde gerne zustimmen, weil er sich viele (wertvolle) Gedanken gemacht hat …
… aber leider liegt er in weiten, entscheidenden Punkten falsch.
1. WENN “junge Leute” (Studenten)mit finanziell gut ausgestattem background “teure” Gegenstände – von der Uhr über einen Z3 bis zur Eigentumswohnung am Studienort – erwerben, verhalten sie sich “wie Alte”. Deshalb wird Werbung für o.g. Produkte in studentenspezifischen Medien (inkl. Internet) kaum Erfolg haben.
2. Diejenigen, die glauben, wenn sie “junge Leute” an sich binden, werden diese in späteren Jahren (als Ärzte, Juristinnen, etc.)eine (finanziell) erträgliche Kundenbindung zeigen, werden sich noch wundern. Neuere verkaufspsychologische Arbeiten sagen, daß Studenten wie Studenten und Ärzte wie Ärzte kaufen …und dementsprechend ist die Werbung zu gestalten.
3. Die Zielgruppe ist (dank Internet) tot – hurra, es lebe die Zielgruppe !
Die “Ausforschung” und die Ansprache der sog. Zielgruppe war (immer), ist(immer) richtig und wird (immer) richtig bleiben.
4. Es mag ja sein, daß das Internet ein “Pull”-Medium ist, dazu können Marketing-Experten sicherlich mehr sagen, aber das spielt keine Rolle. In Wirklichkeit versuchen “communities” diese pull-Rolle zu übernehmen … eine Erklärung für mangelmde Rentabilität ist dies nicht.
Fazit: Die breite Zustimmung für @bör entspricht dem Wunsch, daß er Recht habe. Hat er aber (LEIDER) nicht.
Faszination:
Mille Miglia fasziniert. (Alte Karren und alte Flugzeuge eh… hach)
Der Don auch auf seine polariserende Art. Immer wieder zieht es die an, die sowieso geprügelt werden :-) Der gtblog lässt Fszination von Beidem erahnen. Man hört sie röhren die Motoren, man riecht die Atmosphäre. Imagination, Bilder auslösen. Oder bei Communities: ein Gemeinschaftsgefühl bieten.
Faszination auslösen ist: den Bratenduft riechen lassen. Der Gänsebraten aber (den Oldtimer anfassen, ihn in echt sehen, damit fahren…) muss bezahlt werden. Das wird auch das Internet nicht aushebeln.
Das Internet macht hungrig, aber nicht satt. Es ist ein Such(t)medium. So geht das mit dem Geschäft im Netz.
richtig, so siehts aus. die interessierte nische ansprechen, passende werbung einblenden, passende produkte anbieten.
drahtseilakt: nische muss groß genug sein, dass der traffic stimmt. andererseits nicht den fehler machen, für alle da sein zu wollen. denn wer es allen recht machen will, macht alles falsch.
was im moment abläuft: hippe startups die nur bei geeks kurzzeitig durchdringen, nicht aber in der bevölkerung. oder eben webangebote für eine jugendliche gruppe, die nur in geopferter freizeit bezahlt (dort scheinbar im überfluß vorhanden, bei älteren nur noch selten!), nicht aber in geld.
kennzeichnend für beides: jeweils ohne gewinnerzielungsmöglichkeit.
die frage, die man sich stellen muss: mach ich was obercooles, was die weltfremden early adopter und cheerleader anspricht? oder gehe ich eher richtung mainstrem und riskiere bei den hype-leuten für uncool befunden zu werden?
der weg: ich produziere lieber was sinnvolles für “die leute” (aber nische!), etwas, was wirklich gebraucht wird und nicht nach ein paar mal rumspielen von den hipstern in der ecke liegen gelassen wird, und von “den leuten” noch nicht mal registriert wird.
also: *nicht* hipster, *nicht* breite masse, sondern ausreichend große nische.
@ derherold
“2. Diejenigen, die glauben, wenn sie junge Leute an sich binden, werden diese in späteren Jahren (als Ärzte, Juristinnen, etc.)eine (finanziell) erträgliche Kundenbindung zeigen, werden sich noch wundern.”
Das war mein Beispiel mit den Banken und den Sparbüchern für Babies :-). Aer ich ahbe damit erkäutern wollen, dass das vorbei ist. Das hat mal geklappt. Klappt aber nicht mehr. Habe ich wohl zu wenig deutlich gesagt.
wir sind alle in einer gewissen Weise situative Rollentiere. Wir spielen mehrere Rollen gleichzeitg, und sind das eine Mal mal wieder Teenies, dann geben wir uns ganz erwachsen. So weit liegen wir nicht auseinander, herold. Der Student ist nie hundertprozentig immer Student oder würdevoller cand. rer. nat, er übt sich bereits im Studium teilweise als Unternehmer, ein andermal gibt er sich dümmer als ein Pennäler. Und genießt all das gleichzeitig.
Dariani ist doch das beste Vorbild :-)
@bör
Wahrscheinlich hängt es auch einfach sehr von der Branche ab.
Insgesamt glaub ich halt, dass man mit der Taktik: “Leute, ich schenk Euch keinen Content, kommt zu mir und kauft ihn” zwar schon weiterkommt, wenn man im RealLife eine starke Basis hat, wirklich etwas anzubieten hat, aber dass die Nutzung der besonderen Möglichkeiten gerade des NETZES eben anders aussieht.
Hier draußen lautet die Devise nun mal: Ich schenk Euch erstmal was, und hoffe, dass es Euch gefällt so wie es ist. Das muss einem ja nicht gefallen, aber wenn man seine Möglichkeiten über das Netz potenzieren will, führt daran glaube ich kein Weg dran vorbei. Alle großen Player im Netz sind im Kern über das Angebot von Gratis-Content/Funktionen groß geworden.
Die Einstellung: “Ihr wollt nur meinen Content – gebt mir erst Euer Geld”, führt jedenfalls im NETZ zu Blockade und Belagerungszustand. Dann ist allenfalls noch eine ordentliche Web-Visitenkarte mit Content-“Häppchen” drin. Eben Werbeauftritt im Netz à la Web 1.0. Ist nichts gegen zu sagen. Aber die lawinenartige POTENZIERUNG der Möglichkeiten, von der viele im Angesicht des Web 2.0 träumen, die erreichst Du so nicht.
Das “Schenken”, von dem ich oben sprach, macht übrigens in meinen Augen mit Recht vielen Angst. Denn letztlich und im Kern verschenkt man ja potenziell seine Arbeitskraft, die man sonst für Geld verkauft, und auf deren Verwertung man für seinen Lebensunterhalt auch angewiesen ist.
“Häppchen-Strategie” ist insoweit wahrscheinlich auch nicht das Falscheste. Nicht alles auf eine Karte setzen. Aber, wenn man mal schenkt, sehr bewusst beobachten, was zurückkommt. Nicht nur in einem materiellen Sinne.
Meine Gedanken dazu.
Gruß
Content-Häppchen sind sowas von 1.0
:-)
Man muss in echte Kommunikation treten.
Aber nu gud für heut.
@Markus: “Im Endeffekt geht es darum derartige side-kicks wie Flickr, del.icio.us und/oder Andere dazu zu benutzen, relevanten traffic ”
Da kann ich dich beruhigen. Der Traffic von Flickr bewegt sich gegen Null. Andersherum wird ein Schuh draus, Blogs schicken ihren Traffic zu Flickr, weil die Bilder auf den Blogs eingebunden werden ;-). Schau mal einzelne Abrufzahlen an von Bildern, die nur in Flickr sind und Bilder, die auch über die Blogs “beworben” werden und die User rüber zu Flickr klicken lässt.
Bei Flickr spielt sicher auch die Qualität mit rein. es gibt Ecken, da kann man stundenlang zuschauen, und andere, da wendet man sich mit Grausen ab. Aber eine echte Bildkontinuität, die einen wie ein Blog fsseln würde, sehe ich da nicht. Ich glaube auch, dass Flickr durch die dort ablegenden Blogger gross wurde, aber mehr ist da nicht.
@41.: Das ist das Problem !
Bei flickr & Co. stellt sich die Frage: Bin ich bereit dafür zu ZAHLEN. Die Gretchen-Frage auf Web2.0-ig ;)
Ich habe NICHT am Neuen Markt um die Jahrtausendwende investiert, weil ich das ganze für ein börsengestütztes Pilotenespiel hielt … aber als Info-Bais war das Intenet schon 1999 nicht schlecht, was mir eine FordCreditBankerin erklärte, da die Ford-Kunden sich vorab über das Internet INFORMIERTEN …
ME liegt das Problem aller Ich-will-mit-dem-Internet-reich-werden-startups darin, daß die sie immer noch nicht wissen, wer für was wirklich BEZAHLEN will. :)
Kaum ist man mal ein paar Stunden nicht da…
Ging es hier nicht mal um die Relevanz von so einem Zeuch wie Flickr?
Ich setze mir also mal wieder den Internetdingsmasterhut auf..
> Da kann ich dich beruhigen. Der Traffic von Flickr bewegt sich gegen Null.
Flickr und Mr. Wong machen bei mir einen wahrnehmbaren Anteil aus. Del.icio.us bringt fast Nichts.
> Bei Flickr spielt sicher auch die Qualität mit rein.
Bei all diesen Diensten geht es bei einer Nutzung als Publisher ganz klar um die Qualität, weil man sonst nicht wahrgenommen wird. Den Familienausflug abzukippen bringt natürlich gar nichts.
Wichtig ist wie immer im Internet Text, Verlinkung und Verschlagwortung. Wenn das nicht stimmt, dann kommt natürlich auch nichts zurück.
Traffic ist auch nicht so die entscheidende Währung bei Nutzung dieser Dienste. Wer in Suchmaschinen nach oben kommen will – und DAS wollen alle Internet Geldabsauger – der muss themenrelevante Vernetzung nachweisen. Und dafür sind alle diese social services gut geeignet.
@markus: Nunja, sehe ich anders ;-). Traffic kann man das wirklich nicht bezeichnen, was über Flickr kommt. Wenn viele Bilder nur um die 40 mal aufgerufen werden (wenn sie gut sind und gut eingebunden sind in Gruppen und vernetzt mit Kontakten). Nur dann schaut sich einer dein Bild überhaupt erst an und ob der dann auch noch auf den Profil weiterklickt, ist höchst spekulativ. Selbst Heiligendamm-Bilder, dich ich kürzlich hochlud, haben eine extrem geringe Abrufzahl (ca. 15 Klicks ;-).
Zur Trafficgenerierung ist Flickr IMHO unbrauchbar. Ist auch klar, in der Masse der Bilder verhält sich Flickr wie Google zu Internetseiten, die im Index sind.
Reni: Dann machst du was falsch. Selbst belanglose Bilder vom Randgeschehen einer Nazidemo hier vor Ort liegen bei 240 Klicks. Ohne Gruppe, Vernetzung und sonstige Aufmerksamkeitsbemühungen. Bei Bildern von der Fußball WM waren es auch gerne 400 Klicks und mehr.
Was oder wer anschließend mein Blog besucht, interessiert mich allerdings nicht weiter, da habe ich keine Zahlen.
@Jo: Du linkst doch deine Bilder in deinem Blog. Oder verwechsel ich das Blog? Ich sagte doch, so schaffen die Bilder die Zugriffszahlen, aber die kommen eben aus dem eigenen Blog zu Flickr und nicht innerhalb Flickr zu dir ;-). Wir koennen ja mal eien wissenschaftliche Studie drueber machen, um exakte Ergebnisse zu bekommen.
Reni: Nein, stimmt schon. Aber auch längst nicht alle (über die Blogbeiträge) bzw. nur die letzten 6 in der Sidebar. Studie? Das klingt nach Arbeit ,) Zumindest wenn man es halbwegs vernünftig angehen will.
@Reni: Öh, also einige ‘themenrelevante’ Fußball-WM Bilder kommen bei mir auf aktuell knapp 10.000 Ansichten (“Viewed 9,924 times”, Datum 25.5.2006) … wurden weiter verbreitet und bringen bis heute lustigen Traffic von komischen Seiten wie z.B. adrants.com. Gerade noch einmal nachgeschaut: Meine Flickr Top-Ten haben 9924, 7826, 2868, 2482, 2044, 2032, 1763, 1448, 1422, 1159 Ansichten. Nicht die Hölle, aber auch nicht ganz schlecht. Dafür muss ein kleiner privater Fotoblogger schon ein bisschen länger stricken. Wer sich bei Flickr richtig engagiert, der kommt schnell auf deutlich mehr.
Und ich spreche von der gesamten Vernetzung, die dann wieder über Links Traffic auf das Zentralmedium zieht bzw. die verlinkten Artikel in den Suchergebnissen steigen lässt. Das ist ein beabsichtigter und sehr nachhaltiger Effekt, den ich anhand meiner Referrer durchaus wahrnehme. Das ich per Backlink Traffic zu meinen Flickrfotos schicke ist absolut OK.