OK. Da entscheidet sich also Yahoo, nach Menschenrechtsverletzungen in China nun auch Zensur von Bildern bei ihrer Tochter Flickr in Deutschland einzuführen, abgesegnet von der Zentrale, die sehr genau darauf schaut, die Gesetze der jeweiligen Länder zu beachten. Die deutsche Tochter nun eiert furchtbar rum, erklärt zwei Tage nicht, warum sie das eigentlich tut, und kommt dann mit einer etwas dummen Begründing: Jugendschutz wegen möglicher Pornographie. Schuld seien die deutschen Gesetzesregelungen.

Das erklärt dann auch, wieso beispielsweise auch Korea und Singapur neben Deutschland betroffen waren. De facto gibt es in diesen Ländern zwar eine unübersehbare Sex- und Pornoindustrie, gegen die St. Pauli eine nette Nostalgiebar ist, aber auch eine enorme gesellschaftliche Doppelmoral und gesetzliche Regelungen zum Thema “Moral”. Dinge, die man sich hierzulande nach 68 nicht mehr vorstellen kann. Und das sagt auch sehr viel darüber aus, wieviel Yahoo von Deutschland weiss, und wie sehr hier einfach vollzogen wird. Neuestes Beispiel: Flickr entfernt Protestbilder auf der eigenen Seite, mit der Begründung, dass es die Community stören würde, die einfach nur Bilder sehen wollen, und keinen Protest.

Und China sagt, dass Protest nur ein paar Störer machen, die man entfernt, weil die Volksgemeinschaft zufrieden ist und das nicht sehen will.

Yahoo Deutschland sagt dagegen gar nichts und lässt damit auch ihren Werbepartner Spreeblick, wie man in Bayern so schön sagt, am ausgestreckten Arm verhungern. kein Statement für Spreeblick. Und Werbepartner Spreeblick, die ihre “Du bist Deutschland”-Gegenkampagne bei Flickr gemacht haben, meinten noch jüngst:

Und wie lächerlich hätten wir uns gemacht, Yahoo als Werbekunden abzulehnen, während wir konstant Yahoos flickr (die mittlerweile selbst die chinesische Zensur zu spüren bekommen) oder das ebenfalls Yahoo gehörende del.ico.us nutzen und im Fall von flickr-Premium-Accounts sogar dafür zahlen?

Und ich möchte dazu sagen: Wie kann man sich eigentlich weiterhin für solche Leute zum bezahlten Vollhorst machen, die hierzulande den gleichen vorauseilenden gehorsam an den Tag legen, wie schon in China? Yahoo/Flickr legen dieses Verhalten hierzulande an den Tag, sie wollen offensichtlich die Kritik kleinhalten. Yahoo ist ein deutsches Problem, die auf China bezogene Ausrede, dass man in Berlin nicht wisse, was man in Hongkong tue, zieht hier nicht mehr. Und ein Haufen Vertreter des Dings formerly known as kritische deutsche Blogosphäre winden sich zu all dem in den Kommentaren, werben weiterhin für Yahoo und finden das nicht mal irgendwie inkonsequent.

Es ist wirklich erstaunlich, wie die Blogs marken wie Flickr aufbauen können.
Es ist ebenso erstaunlich, wie Blogs eine Marke wie Flickr in wenigen Tagen zerstören können.
Es ist noch erstaunlicher, dass eine Firma wie Flickr, die Blogs das meiste verdankt, das nicht mehr kapiert und sich einer Firma wie Yahoo als Zensor unterordnet.

Das alles kann ich mir noch rational erklären, ich kenne Yahoo und die Blogosphäre jetzt schon etwas länger. Aber was mich immer noch am meisten erstaunt ist, was ich mir nicht erklären kann ist, wie weit Yahoo gehen kann, ohne dass bekannte Blogger allein schon als Selbstschutz für ihren eigenen Ruf Yahoo die Brocken hinschmeissen. Und damit einerseits ein Zeichen setzen. Und andererseits was für ihren angeblichen Ruf als Blogversteher tun.

Nicht bei allen. Dass Abzocker der Kategorie “Jeden Deal mitnehmen und Fernbedienungen beim Fachhändler daheim ausprobieren, dann aber umtauschen und billiger bei Ebay kaufen” von derartigen Statements und Überlegungen ausgeschlossen sind, ist klar. Solche Leute passen perfekt zu Yahoo, 9Live, Mediamarkt und “Gut dass wir verglichen haben”. Die der Üffentlichkeit präsentierte Front von Adical sah aber etwas anders aus: “Wer mit Blogs reden will, muss mit uns reden”.

Das bewahrheitet sich jetzt auf eine pervertierte Art: Denn Adical und der Werbeauftrag von Yahoo tun jetzt genau das, was die Teilnehmer gemeinhin vehement abstreiten. Es fördert keine Blogkultur, es macht sie kaputt. Es macht sie kaputt, weil die lLeute sich verbiegen müssen, nicht mehr geradlinig sind, die Schnauze halten, und Verständnis für einen Drecksladen konstruieren müssen, für den es kein Verständnis geben kann. Für 2 lumpige Cent pro Page Impression. Das ist der Wert eines denkenden Menschen, der auf ihre Seite geht.

Ich weiss, dass sich manche eine etwas gezügeltere Debatte wünschen würden. No fucking way. Wenn wir es nicht jetzt ausdiskutieren, wann sollen wir es dann tun.