Ich habe schon viele Halsabschneider-AGB gesehen, oder auch Verträge für Journalisten, die auf die totale Abzocke der Inhalte hinausliefen. Um nur mal zwei besonders krasse Beispiele in Erinnerung zu rufen: Coca-Cola bei der sog. Brause-WG in Zusammenarbeit mit der Agentur Knallgrau, oder auch die Zeitschrift MAX in Zusammenarbeit mit Flickr. Immer geht es darum, den Nutzern etwas wegzunehmen, aber während sich die Insassen bei der Killerbrause noch freiwillig verwerten liessen, wurde es bei MAX schon etwas unerfreulicher. Da machte dann schon das Wort Abzocke die Runde.

Und nun zeigt das Magazin Eltern, das bei Gruner + jahr erscheint und die Plattform Eltern.de betreibt, was so alles geht beim Thema Ausnehmen der Nutzer. Vorgestern wurden neue AGB für die mit Kinderbilder und Familiengeschichten gefüllte Website vorgestellt, die es in sich haben:

Sofern ein Nutzer einen urheberrechtrechtlich oder sonst rechtlich geschützten Beitrag (z. B. Texte, Videos und/oder Fotos, nachfolgend “das Material”) in die Plattform einstellt, räumt er dem Betreiber damit unentgeltlich das zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht ein, das Material zu bearbeiten und umzugestalten, zu vervielfältigen, zu verbreiten, auszustellen, öffentlich zugänglich zu machen und zu senden. Der Betreiber ist insbesondere berechtigt, das Material beliebig oft und weltweit in allen Ausgaben der Zeitschrift ELTERN, ELTERN family und sonstigen Zeitschriften der Verlagsgruppe ELTERN sowie entsprechenden Line Extensions (nachfolgend “die Zeitschriften”), in Sonderausgaben und Sonderdrucken der Zeitschriften, in Kalendern mit dem Label der Zeitschriften, in Büchern mit dem Label der Zeitschriften sowie in Rundfunk, Film und Fernsehen (ungeachtet der Ãœbertragungs- und Trägertechniken), in Online-Auftritten innerhalb und außerhalb der Plattform, in Datenbanken und sämtlichen elektronischen Trägermedien wie CD-ROM oder DVD sowie in Push-Diensten oder On-Demand-Diensten zu nutzen und zu verbreiten. Der Betreiber hat das Recht, das Material ganz oder teilweise in der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit weltweit für die Plattform oder die Zeitschriften in allen Medien zu nutzen.

So. Das allein ist schon heftig. Aber dann kommen zwei Sätze, bei denen man sich fragt, was bei Eltern.de eigentlich so abgeht, wenn sie AGB formulieren:

Der Betreiber darf ferner sämtliche nach dieser Klausel eingeräumten Rechte nach seinem Ermessen an Dritte im In- und Ausland weiter übertragen. Diese Rechte verbleiben auch nach einer Kündigung des Nutzungsvertrags auf Dauer beim Betreiber.

Sprich, Eltern.de nimmt, was sie kriegen können, kann es wirklich an jeden weltweit nach belieben verkaufen, und das in einer Art, die mehr als problematisch ist. Super unschön: Was wird etwa mit Bildern von Kindern und Jugendlichen, die ihre Eltern hochladen? Nach diesen AGB kann G+J auch die Bilder von Unmündigen nach belieben verticken und verbreiten, durchaus auch an Werbefirmen. Ersetzt wurde damit diese alte Passage der AGB, die zwar auch schon etwas grenzwertig war, aber noch so lala vertretbar ist:

3. Das Urheberrecht für unverlangt eingestellte, urheberrechtsfähige Beiträge von Teilnehmern, zum Beispiel in Foren, verbleibt beim jeweiligen Verfasser, mit der Einschränkung, dass der Teilnehmer Eltern.de mit dem Einstellen seines Beitrags das Recht gibt, den Beitrag dauerhaft auf den Seiten von Eltern.de zu präsentieren, zu verbreiten, zum Abruf durch Dritte bereitzuhalten oder bei Werbung aller Art für Eltern.de auf jede Weise in allen Medien zu nutzen.

So oder so, damit lässt sich natürlich prima Content für die eigene Publikation gewinnen, ohne zu zahlen. Gruner + Jahr hat damit das Maximum dessen, was unter dem Label “Andere Arbeiten Lassen” möglich schien, erreicht oder übertroffen. Daraufhin gab es bei Eltern.de einen mittleren Aufstand. Mit der Folge, dass man bei Eltern.de die Foren mit dieser Erklärung dicht machte:

Liebe eltern.de-User/innen, wir können Ihre Aufregung gut verstehen. Wir können Ihnen jedoch versichern, dass wir wie bisher sorgsam mit den Daten umgehen werden. Abgesehen davon werden wir noch einmal, was die Rechte der Bilder angeht, unsere Rechtsabteilung kontaktieren.
Die Nutzung unserer Foren wird weiterhin kostenlos sein.
Sollten in Zukunft neue, kostenpflichtige Features hinzukommen, werden wir Sie 1. ausdrücklich darauf hinweisen, 2. dafür eine eigene Registrierung einrichten.
Solange morgen unsere Foren geschlossen sind, wenden Sie sich bitte bei weiteren Fragen direkt an Emailadresse.

Eine mögliche Frage wäre: haben Sie sich schon mal mit dem Persönlichkeitsrecht auseinandergesetzt, und den besonderen Problemen der Verwertung von Photos von Menschen für Werbung? Oder: brauchen Sie immer erst einen Prozess, bis Sie begreifen, was geht und was nicht? Weitere Fragen gern in die Kommentare.