Ich bin heute Abend als Blogger bei der Auftaktdiskussion der Jugendmedientage in Leipzig dabei. Die Strecke durch Franken und den Thüringer Wald ist lang und nicht stark befahren, da bleibt Zeit darüber nachzudenken, was ich denen sagen soll, denn eigentlich ist die Fokussierung des Medienkongresses auf 2.0, genauer Web2.0 in etwa so, wenn eine Rinderherde über den Schlachthof redet.

Es gab hier vor kurzem eine Debatte über ein zum Portal umgebautes Forum einer Familienzeitung. Als die Debatte wogte, gab es einige recht emotionale Beiträge der Verantwortlichen zu lesen. Diese Leute hatten gerade eine massive Entlassungswelle überlebt und durften nun versuchen, die Inhaltslöcher mit den Forumsbeiträgen zu füllen. Das ist in meinen Augen Journalismus2.0.

Da ist der Zynismus eines Medienkonzerns, der 100 Millionen für ein sinnloses Internetstartup mit Community rausballert und bei 160 Mitarbeitern keinen einzigen Journalisten beschäftigt. Umsätze werden künstlich generiert, indem die eigenen gut verdienenden Medien gedrängt werden, dort Werbung zu betreiben, und keinerlei kritische Artikel zuzulassen. Der gleiche Konzern bietet Absolventen seiner eigenen Journalistenschule mitunter Vollzeitstellen für 1200 Euro im Monat an. Bei Projekten, die dann nach 6 Monaten eingestampft werden. Journalismus2.0

Da sind die grossen Magazine, die allesamt an Plattformen zur Leserbeschäftigung basteln. Journalismus? Ja, auch. Noch. Was halt so zum Klicken anregt. DPA, DDP, ein wenig aufgesext und dann 23 Bilder dazu. Das zählt, nicht der eine gut recherchierte Artikel. Journalismus2.0

Beim Updaten von 1.0 auf 2.0 ging sehr viel verloren, vor allem: Der Journalist als conditio sine qua non der Plattform. Im Prinzip geht der Trend dahin, Werbekunden und Nutzer möglichst direkt zu verknüpfen, der Journalismus ist da nur noch ein Kostenfaktor, den es zu reduzieren gilt. Das ist Journalismus2.0.

Das böse Erwachen wird sicher mal für alle Beteiligten kommen, zuerst für die Mitarbeiter und dann für das Management, aber so ist das nun mal in der Wirtschaft, und ich empfinde da noch nicht mal Trauer oder Beklemmung, denn irgendwie wird es schon weiter gehen, und vielleicht muss 2.0 erst mal an der eigenen Kotze krepieren, damit aus dem stinkenden Kadaver was Neues entstehen kann. Solange aber würde ich ungern in einer Mediengaleere mitrudern, deren Kommandeure sich einen Dreck um die da unten scheren. Journalismus2.0 eben, da nehme ich dann doch lieber mein Ruderboot namens Blogbar.de.