Nicht im Sinne von: Nehmt ihm die ruhmreiche Berliner Zeitung weg, verstaatlicht sie und lasst sie von einem Redaktionskollektiv managen, das den aktuellen Chefredakteur Josef Depenbrok mit der Klobürste alle Untiefen der Sanitäranlagen im Haus am Alexanderplatz ausloten lässt. Das wäre zwar gar nicht so unschön nach allem, was Montgomerys Hedgefond Mecom mit der Berliner Zeitung und anderen Medien angestellt hat, aber es sollte noch eine andere Lösung geben.

Denn wir haben 2008. Die Produktionsmittel für Zeitungen, die früher komplett von der Druckerei bis zum Vertrieb in den Händen eines Verlegers lagen, sind heute meistens ausgegliedert, oder werden von Dienstleistern ersetzt. Man kann heute eine Zeitung machen, indem man die Redaktion, die Layouter, Anzeigenvertrieb, ein paar Computer und Internet hat. Den Rest kann man zukaufen oder über das Netz abwickeln. Und wenn es bei der Berliner Zeitung tatsächlich so ist, dass grosse Teile von Redaktion, Layout und Vertrieb mit dem Investor und dem Chefredakteur nicht mehr können, verstehe ich nicht, wieso sie ihn nicht einfach geschlossen sitzen lassen.

Kann man nicht machen? warum eigentlich nicht? Was spräche dagegen, den Laden zu bestreiken und solange im Internet einen eigenen Notbetrieb aufrecht zu erhalten, der den Lesern zeigt, was die eigenen Anliegen sind, und welche journalistischen Leistungen man bringen kann, wenn Mecom nicht in die Suppe spuckt. Warum nicht daraus eine Alternative entwickeln, während Depenbrok und Montgomery eben keine Redaktion, keine Inhalte und keine Zeitung haben. Warum nicht die Lage und die Aufmerksamkeit nutzen, um eine Berliner Zeitung 2 zu gründen. Das Risiko kann und wird sich lohnen, denn nicht nur die Redaktion, weite Teile dieses Landes haben die Schnauze voll von investment driven decisions, die nur auf schnelle Gewinne setzen und Mitarbeiter und Firma verarschen. Redaktionsabspaltungen hatten in Umbruchzeiten oft Erfolg, die technischen Rahmenbedingungen waren noch nie so gut wie heute, und nichts könnte einer Redaktion nobler zu Gesicht stehen, als ein erfolgreicher Kamopf gegen das, was Mecom vor- und Holtzbrinck nachturnt.

Wenn der Journalismus eine Chance gegen weiches PR-Gewäsch haben will, muss er aufstehen und für seine Ideale kämpfen. Mecom, Montgomery und Depenbrok sind die Feinde der Ideale, die man sich eigentlich nur wünschen kann, wenn man die Leser in so einem Konflikt halten und mitnehmen will. Man kann in 12 Stunden ein sauberes CMS aufsetzen, und ich würde darauf wetten, dass eine Revolte genug Unterstützung von draussen erfahren wird – besonders, wenn sie sich selbst sofort weltweit kommunizieren kann. Kein Zeitungskäufer will kaputtgesparte DPA-Verbreiter, die zahlen für Journalisten, Kompetenz im Lokalen und umfassende Information mit starker Meinung. Vielleicht zahlen sie auch gerne mehr, wenn Journalisten nicht nur feige Sesselpupser sind, sondern mit vollem Risiko und Einsatz gegen diejenigen antreten, die sie kaputt machen.

Also, wie wär´s, am Alexanderplatz?