Das Internet und die Deutschen
Man kennt das: Kaum gibt es irgendein wirtschaftliches Problem, preschen die Arbeitgeber- und Reichenverbände vor und fordern Steuernsenkungen und Bürokratieabbau. Und das, obwohl Deutschland wirklich niedrige Realsteuern und eine sehr effektive Bürokratie hat. Und sobald irgendein christliches Fest naht, stellt sich ein Bischof vor die Kamera und saldabert vom Wertevrlust der Gesellschaft, obwohl dieselbe seit der Zeit, da die Kirche entmachtet würde, keinesfalls schlechter und dümmer geworden ist, und mehr Menschen auf den Scheiterhaufen stelle.
Zu diesen Ritualen gehört es auch, dass sich Anfangs des Jahres die immer gleichen Technikjünger hinstellen und fordern, die Deutschen sollten endlich anfangen, ihre Technikfeindlichkeit abzulegen und das Internet als Chance begreifen, ihr Leben mehr ins Netz zu verlagern, die Angebote anzunehmen und ihre Technikskepsis, diese üble deutsche Nörgelei an allem Neuen, ablegen.
Und ich sitze dann nun schon seit 10 Jahren, denn so lange habe ich schon mit diesen Propheten und ihrer Warterei auf das Kommen des Internetmessias zu tun, daneben, und frage mich, was diese Knilche eigentlich wollen. Denn ausser ein paar ähnlich unqualifizierten Wortmeldungen einiger Journalisten fällt mir wenig ein, was man explizit als deutsche Technikfeindlichkeit festmachen könnte.
Was ich dagegen sehe, sind einfach sehr viele Menschen, die sich im Laufe der Zeit das Internet undogmatisch so zurechtlegen, wie sie es brauchen. Manche, wie meine Eltern, brauchen es überhaupt nicht. Das hat bei dieser Gruppe einfach damit zu tun, dass sie gelernt haben, ihr Leben ohne Netz problemlos zu organisieren, und das ist weniger problematisch, als, sagen wir mal, mit der Festplatte gefühlt sein Leben zu verlieren. Andere nutzen das Internet in seiner primitiven Form zur Emailübertragung, oder bestenfalls zur Selbstdarstellung, und sind damit vollkommen zufrieden. In meinem Bekanntenkreis sind mehrere höhere Mitarbeiter einer Bank, über die man fast nichts im Internet findet, und die beruflich nicht frei online sind, weil die Bank es untersagt. Keiner von denen hat etwas gegen das Internet, alle bekommen durch das Netz, was sie brauchen, aber halt keine Blogs oder Social Networks. Keiner von denen empfindet es als Verlust, ohne dass er explizit etwas gegen das Netz hätte. Ein paar andere schaffen sich im Netz ihre kleinen, privaten Ecken, weil es das ist, was sie kontrollieren und erleben können. Und wieder andere exponieren sich, so weit sie irgendwie können und pappen in jede Mailaddy ihre 27 Channels zur Kommunikation dran, um alles zu adden, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist.
Letztere Gruppe ist dann auch diejenige, die am beharrlichsten ein Ende der Internetfeindlichkeit der Deutschen moniert, und das in einem verkündereischen “Was Du bist noch immer nicht bei DienstXY, was bist denn Du für einer”-Ton, der nicht gerade Lust macht, diesen Herrschaften in ihre Ecke der Onlinewelt zu folgen. Zumal das oft genug Leute sind, die, um es vorsichtig zu sagen, auf der Suche nach Jüngern sind, die ihren weiteren Weg mit Geld und Aufträgen zu unterstützen; sie sitzen in Zukunftsinstituten und Beraterklitschen, sie schreiben bei kommerziell weitgehend erfolglosen Blognetzwerken und führen sich auf, wenn man ihre flockig hingeworfenen Thesen zur Medienrevolution ohne jede fundierte Grundlage, die sie gleich grossmäulig als “Agenda” branden, als wenig brauchbar einstuft.
Ich persönlich glaube, dass jede technische Neuerung ihre Zeit braucht, um zu überzeugen. Genauso, wie Eventblogs weitgehend sinnlos sind, wie Hypes verpuffen und Startups ihren Glanz verlieren, bringen auch die Zukunftsherbeischreier wenig, wenn es um echte Überzeugungsarbeit geht. Es fehlt ihnen an der Fähigkeit, ihre aufgebauschten Dogmen den Menschen nahe zu bringen, sie dort abzuholen, wo sie sind.. Das Formulieren einer Anspruchshaltung, die Definition des eigenen Standpunktes als Fortschritt und die Aufforderung, so schnell wie möglich in der gewünschten Form nachzukommen, ist da eher kontraproduktiv. Man muss die Menschen im Netz ernst nehmen, man muss ihnen etwas bieten, das sie wollen, dann klappt es eher, als mit der Diffamierung von Blogs in der FAZ oder dem “Print ist tot”-Geschrei von Typen, deren Firmen im Netz keine 6 Monate mit Billigarbeitskräften überlebt haben.
Bei der Gelegenheit möchte ich vielleicht nochmal an Second Life erinnern, und an die Zukunftsgläubigen, die meinten, darin eine Parallelwelt zu sehen, bei der man und jede Firma sein muss. Oder Cyworld. Oder die These vom Long Tail. Oder Twitter als Politikkanal im Vergleich zum Podcast, als sei irgendein Politiker als Twitter irgendwie ein besserer Lippenstift auf einer hässlichen Sau. Lauter ideologischer Müll, hochgelabert, auf die Titelseiten gebracht, gescheitert, das nächste geile Zeug gemacht. Das ist nicht Zukunft und nicht beta.
Sondern einfach nur paar unerträgliche Dummköpfe, auf die wenige Lust haben.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Das Schlimme ist, dass diese Internet-Jünger meinen, sie würden durch den rechten Hype die Sache voranbringen. Wie schon geschrieben: Im Prinzip sind alle irgendwie im Netz und nutzen es, wie sie es brauchen.
Ich meine: Ohne den künstlichen “Blog-Hype” hätten sich Blogs besser entwickelt. Genau wie 2nd Life wie ich hörte sehr spannend ist, und besser vorankommt, als zu den Zeiten des Megahypes, wo jeder meinte er müsste dort am Pfosten seine Marke hinterlassen.
Ich sehe das positiv. Vielleicht begebe ich mich dann mal wieder zu einer bestimmten Art von Veranstaltung, wenn es dort nicht mehr von Personen wimmelt, die alle ein Startup mit unaussprechlichem Namen gegründet haben, welches auf einer Idee aus den USA basiert, welche dort auch nur der x-te Aufguss einer alten Idee ohne nennenswerten Mehrwert ist. Dann hätte sich 09 schon fast gelohnt. Über den Long Tail könnte man jetzt noch streiten, aber nicht so früh im Jahr.
@Strappato: Wie soll Second life etwas werden, wenn es deutlich interessantere virtuelle Welten gibt, in denen die Leute sich eleganter vom Würstchen zum Helden träumen können und in denen die virtuellen Weibchen einfach besser aussehen und um virtuell-körperliche Nähe des Freizeit-Helden betteln, eine funktionierende, flüssige Steuerung vorhanden ist und am wichtigsten eine Handlung?
Was ist eigentlich mit Obamas “Community Organizing” los? Geht da was in Germany? Hier und da liest man ein bisschen dazu. Zuletzt habe ich noch den Hans-Ulrich Jörges schwärmen hören, er verspreche sich viel davon. Oder bindet bei uns die “newthinking store”-Community alle verfügbaren Politik-Engagements im Netz mit den Themen “Online-Durchsuchung” und “Vorratsdatenspeicherung”? Wäre doch theoretisch möglich, dass man mit “Community Organizing” auch die Steuergesetzgebung in D beeinflussen könnte und dann mal nicht im Sinne der Besserverdienenden.
Sehr schön dekonstruiert, die angebliche Internet- oder gar Technikfeindlichkeit der Deutschen. Ich kenne diesen Topos auch schon länger aus anderen Zusammenhängen – etwa wenn es um Ursachenforschung ging, warum Pay-TV hierzulande nicht so der Renner ist wie in anderen Ländern oder warum die Deutschen das gute alte BTX seinerzeit nicht so zu schätzen wussten wie die Franzosen ihr Minitel. Da war man mit der wohlfeilen Erklärung der angeblichen Technikfeindlichkeit immer schnell zur Hand – am besten noch kontrastiert mit holzschnittartigen Hinweilen à la “Ganz anders in den USA, dort wird digitales Ditunddat schon fleißig genutzt im Alltag…”
Kurzum: Wenn die Leute nicht so wollen wie die interessierten Kreise, dann sind sie eben doof, rückständig, was auch immer. Das war auch schon vor Internet-Zeiten ein gängiger Topos.
Einen der nettesten Abende der letzten Zeit verbrachte ich mit zwei Freunden. Ich unterhielt mich mit dem einen Freund recht angeregt als der Dritte nachfragte, was denn eigentlich Facebook sei. Wenn man jetzt einwenden wolle, er sei technikfeindlich, läge man falsch. Er ist wohl der technisch Begabteste im ganzen Freundeskreis.. Er hat nur schlichtweg bei seinem Job keine Zeit für Spielereien wie Facebook. Es wurde ein wirklich netter Abend.
Diese Meinung gefällt mir. Habe an mir selbst festgestellt, dass man aber diesen Erkenntnisschritt erst selbst machen muss, um dann eine Balance zu finden, in der das Internet eine echte Lebenshilfe und keine Zwangsstörungen verursachende Plage ist, die man unhinterfragt feiert während sie heimlich die ganze Lebenswelt übernimmt.
Mittlerweile ist mir Thomas Knüwer hier ein echter Dorn im Auge. (Meine Meinung:) Er verblendet und verblödet seine Leserschaft dermaßen. Naja, wie gesagt, jeder muss seine Balance finden.
Ich sehe darin kein wesentliches Problem. Wir alle “publizieren” schon immer, nur dass jetzt im Internet das Wort geschrieben und nicht nur mehr am Stammtisch gesprochen ist und auch da verlieren sich all diese Worte, wie schon am Stammtisch. Dazwischen findet sich in diesem Meer von Inhalten das Wesentliche und setzt sich durch. Dass sich eben nicht alles zum gesellschaftlichen Bedürfnis hochjubeln lässt und trotz aller PR-Pauken und Trompeten am langen Arm verhungert ist beruhigend.
Das Netz ist ein – noch nicht vollständiger – Spiegel der Gesellschaft. Nicht viele werden durch die Inhalte wirklich dümmer, wir nehmen nur einfach die gesellschaftliche Zusammensetzung stärker wahr.
Überzeugungsarbeit ist wichtig, wenn man an etwas glaubt. Allerdings halten es viele Menschen in meiner Alterklasse und darüber (Don, ich glaub, wir schippern da im selben Boot) so, dass sie ein gesundes Misstrauen an den Tag legen, wenn wieder irgendein Innovationstreiber sagt, es käme mit diesem oder jenem Web-Dienst die totale kommunikative Erfüllung.
Trägheit ist mein natürliches Instrument für Qualitätskontrolle ;-). Beta brauche ich nicht mehr, allenfalls hier und da für den Werbeblogger, aber DAS reicht :-)
schon der Erwerb eines schlichten Dosenöffners kann dazu führen sich mit einer Wolke an verwirrenden, nichts sagenden Begriffen auseinandersetzen zu dürfen.
In meinen Haushalt ist auf Umwegen so ein dämliches Teil geraten. Die Käuferin ist auf diverse Innovationsversprechen (sicher, keine scharfen Kanten, totschick…) reingefallen.
Das Teil kann irgendwas, aber eine Dose bekommt man damit nicht auf.
Warum soll es dem Internet besser gehen. Gut ausgebildete Kommunikationsprofis nebeln vor sich hin.
Web2 bis 4 oder EnterpriseStartreck, egal. Hauptsache es funzt. Durch den Nebel muß man halt durch.
Ich werde das Internet weiter trotzdem nutzen, und Dosenöffner auch.
Vielleicht haben einfach zu viele Leute Marketing studiert?
Nur was graderücken:
Second Life, findet *Weltenweiser* fehlt “eine Handlung”. Nun ist das exakt das, was dem ganzen Internet fehlt, wenn keiner was tut. Und es ist exakt der Grund, warum SL als Experientierkasten für “Surfen mit Avataren” dient. Die schlichten Geister, die dem Hype nachlaufen und dann bei SL landen, um sich unterhalten zu lassen, sind tatsächlich schnell enttäuscht worden und verschwunden.
Keine Handlung. Nichts Vorgegebenes. Alles selber machen. Sich was einfallen lassen müssen – und wenn einem nichts einfällt, nichts zu tun haben (und ausmachen, die Kiste).
Kein Spiel. Im Moment für die Masse der User nicht nutzbringend. Nur eine Plattform zum ausprobieren. Don’t believe the hype.
Grüße von einem regelmäßigen SL-Nutzer seit 2 Jahren.
von wegen technikfeindlich: zu diesem thema gibt es eine soziologische habilitation (uni münchen, um 1990). fazit: die deutschen sind skeptisch in bezug auf zwei techniken: kerntechnik und gentechnik. dafür spricht auch die alltagserfahrung: zuletzt beispielsweise der siegeszug der flachbildfernseher.
Die Gefahr, dem Hype aufzusitzen, ist nun mal real. Auch dieses Blog hier hat in der Titelzeile ein “Blogs” stehen, mit Ausrufezeichen dahinter.
Auch beim Long Tail würde ich widersprechen: Das ist kein Hype (es gab Leute, die versucht haben, einen daraus zu machen), sondern eine offensichtliche Entwicklung mit weitreichenden Auswirkungen.
Davon abgesehen kann ich dem Text aber nur zustimmen; hoffen wir, dass 2009 etwas weniger prophezeit und etwas mehr tatsächlich erreicht wird.
was soll denn diese next-big-thing-kritik. das ist doch keine erfindung dieser tage…
Für mich besteht ein großes Problem der Social Networks in der grottenschlechten technischen Umsetzung. OK, wahrscheinlich “gehört das so”, damit der Benutzer sich dumm und dösig klickt, um irgendeinen imaginären “Wert” durch hohe Klickzahlen zu “steigern”. Unsereiner, der tagtäglich mit dem möglichst ergonomischen Design von Webapplikationen befaßt ist, mithin weiß, wie so etwas funktionieren könnte, wenn es denn wirklich gut (im Sinne des Anwenders) gemacht wäre verliert angesichts dieser nicht vorhandenen trivialen Funktionalitäten und der sprichwörtlichen Benutzerunfreundlichkeit der Oberflächen sehr schnell den “Spaß” daran.
Es wird also umgekehrt ein Schuh daraus: Gerade Menschen mit Affinität zur Technik (wie sie sein sollte) lassen selbige links liegen, wenn sie ihnen doch nur die Zeit stiehlt, anstatt echten Mehrwert und Freude an der Benutzung zu bringen.
@RL (10) – der Dosenöffner funktioniert glänzend, ich benutze wahrscheinlich den gleichen (und habe ihn mir sogar explizit zum Geburtstag gewünscht), allerdings muß man schon wissen wie man ihn ansetzt ;-)
@15:
> Für mich besteht ein großes Problem der
> Social Networks in der grottenschlechten
> technischen Umsetzung.
Dann machs doch besser!
Btw: es is Krieg. Nur ma so.
“[…] auf die wenige Lust haben”. Sind es “wenige”? Das ist mehr als nur ein auf sich aufmerksam machen…. wie auch immer… Wer nichts besseres weiß, als auf jenen Seiten zu surfen mag dies in unserer Gesellschaft, die diese Freiräume ja nun dankenswerter Weise bietet, tun und damit zeitgleich auch eine gewisse Form unseres Luxus demonstrieren. Ist dies besser oder schlechter, als die Glotze zu starten – mag jeder für sich beantworten. Irgendwie übertragen sich die bisherigen Verhaltensmuster auf ein anderes Übertragungsmedium, oder?
Ich hab mir letztens in meinem Blog den Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung zur Brust genommen. “Die da oben” haben schon ein Problem mit neuer Technik. Das Netz wird zwar auch gelobt ob seiner vielfältigen Möglichkeiten, aber das bleibt hohl angesichts den Gefahren, die vom Internet angeblich ausgehen. Den Vogel schoss das Statement ab, dass Nutzer sich auf Angebote beschränken, die ihren Neigungen entsprechen. Von daher wär’s ja nicht weit her mit der Vielfalt im Netz.
Rosinenklauberei…
Murner See mit Schwarzach-Bergland
Ich verdiene mein Geld rund ums Internet und bin sogar schon seit 1994 “drin”. Natürlich besitze ich stylische Apple-Produkte wie das schwarze MacBook, das gebürstete MacBook Pro oder einen iPod. Für schnelle Inf…
Von technikfeindlichen Deutschen habe ich bisher nur selten etwas gehört, aber von lahmen, nicht inovativen Startups und Großunternehmen schon.
Ich finde die Agendas und Thesen und Voraussagen meistens sehr unterhaltsam, aber niemand muss sie lesen.
Noch eine Korrektur: Der Long Tail ist im Massenmarkt klar zu beobachten. Das ist kein Trend, sondern ein Ergebnis von Grenzkostenerrosion.
Long Tail? Ich weiß ja nicht… Suchte letztens eine hübsche, ruhig auch etwas skurrile Wärmflasche als Geschenk. Was ich in diversen Online-Shops an Angeboten finden konnte, war aber gelinde gesagt, ziemlich mittelmässig. Schließlich habe ich ein Produkt eines Massen-Geschenkeherstellers im normalen Kaufhaus gekauft, das ich vorher auch (als eine der wenigen annehmbaren Alternativen) im Internet gesehen hatte. Wärmflaschen als Geschenke sind halt gerade anscheinend nicht in Mode, deswegen gibt es auch im Internet wenig Interessantes zu diesem Thema. Ich glaube, das mit den vielen online verfügbaren Nischenprodukten ist – leider – oft nur eine nette Phantasie.
Als Verfasser der von dir angesprochenen Agenda werde ich schon stutzig, wenn ich sowas hier lese: “und führen sich auf, wenn man ihre flockig hingeworfenen Thesen zur Medienrevolution ohne jede fundierte Grundlage, die sie gleich grossmäulig als “Agenda” branden, als wenig brauchbar einstuft”
Ich erinnere mich nicht, mich in irgendeiner Form aufgeführt zu haben. Und das werde ich auch jetzt nicht machen. Kritik ist immer in Ordnung. Allerdings sollte sie dann sachlich und konstruktiv sein. Wäre schon toll, wenn du in deinen Beiträgen bei der Wahrheit bleiben könntest.
@VIRTUALMONO (15)
an unserer Version des Dosenöffners sind bisher alle Besucher zuverlässig gescheitert, vielleicht eine Beta-Version…
Des Deutschen Schwierigkeiten im Internet sind doch nicht seine vorgebliche Technikfeindlichkeit, sondern seine fehlende Gesprächskultur im Netz.
Märkte sind in D keine Gepräche, sie sind Gelalle. Er lallt, er twittert Dada, er neigt zum Aufbrausen wenn einer aus Versehen seine Lieblingsideologie (iPhone, SL oder Hiphop was auch immer) nicht ganz so schätzt. Er ist nicht kritikfähig, kann weder Kritik ertragen, noch sie vernünftig anbringen. Ihm fehlt Gelassenheit, er wird schnell persönlich. Er ist extrem spießig, obwohl (weil?) er sich technophil gibt.
So ist der Deutsche in Wirklickeit im Netz.
Wenn er im Netz ist.
Ansonsten ist er ganz der liebe, nette, harmlose kuschlige Nachbar, nicht wahr?
“..Ihm fehlt Gelassenheit, er wird schnell persönlich. Er ist extrem spießig,..”
vrdmmt!
@ Martin (No. 23): Ich spiele damit konkret auf die pieselige Art an, mit der innerhalb der ansonsten weitgehend, von einem gezielten Lügner mal angesehen durchaus akzeptierten Blogwerk-Crew mit Kritik auf den diversen Channels umgegangen wird. Da gibt es eine ziemlich lange Reihe von Dingen, auf die ich hier gar nicht gezielt eingehen möchte, aber ich denke, die Nerven und die Selbsteinschätzun könnten besser sein. Letzthin in Bezug auf Hal Faber bei Twitter, beispielsweise. Ich habe nichts gegen steile Thesen, aber man muss auch mal sagen dürfen, dass dort (und gerade beim spekulativen Netzwertig, teilweise leider auch bei Medienlese) nicht der letzte Ratschluss Gottes ist, sondern die Einlassung technikgläubiger und beruflich verwickelter PR-Typen bei einem kommerziell eher holprig laufenden Netzwerkversuch. Netzwertig ist in meinen Augen so seriös wie eine Imagebroschüre der Atomlobby. Ich sage nicht, dass es deshalb zwingend dumme oder schlecht gemachte Propaganda ist. Im Prinzip bin ich sogar froh, wenn solche Techgläubigen ihre Freiräume haben, wo sie sich gegenseitig mit ihrer Kompetenz und Zukunftsfähogkeit beeindrucken können, ohne andere damit zu stören. Nur ab und zu würde ich gerne darauf hinweisen, dass es auch ganz anders sein kann.
[…] blogbar:das-internet-und-die-deutschen […]
Ok wie gesagt – konstruktive Kritik wie diese in willkommen. Daher danke für deinen Kommentar!
In den Beiträgen habe ich immer wieder gelesen, dass viele Facebook nicht kennen! Ok, ich bin ITler und kenn mich folglich mit sowas grundsätzlich aus. Doch auch ich habe mich damit nicht genauer auseinander gesetzt. Ist denn Social Networking wirklich sinnvoll? Ist den Leuten eigentlich bewusst, wie leicht man mit ein paar Suchbegriffen so die ganze Identität der betreffenden Person durchleuchten und abfragen kann?
@ Martin nochmal: Damit das nicht so in der Luft hängt mit dem manchmal arg inkompetenten Netzwertig, ein Beispiel:
(http://netzwertig.com/2008/12/29/10-prognosen-fuer-2009/)
2. Online-Werbung ist relativ gesehen am besten aufgestellt, wird aber beinahe stagnieren.
Schon 2008 ist das Wachstum der Online-Werbung deutlich langsamer geworden, und 2009 wird das noch stärker der Fall sein. Vermutlich wird die Wachstumsrate im unteren einstelligen Bereich liegen. Damit ist Online aber noch das mit Abstand erfolgreichste Werbemedium. Für Fernsehsender und vor allem Zeitungen wird 2009 hingegen bitter.
Tut mir leid, aber der Mann hat keine Ahnung, wovon er schreibt. Es gibt zwei fundamentale Unterschiede zwischen Onlinewerbung und anderen Formaten, wegen denen sich eine Vollbremsung bei den Werbezuwächsen anders auswirkt als im Print und in der Glotze.
1. sind die Investitionen in den Bereich Online auf hohe Wachstumsraten ausgerichtet, wohingegen bei alten Medien gespart wird. Wenn man 15% mehr ausgibt, aber das Wachstum des Gesamtmarktes liegt nur bei 2%, ist es schlimmer, als wenn man 5% Umsatz verliert und 7% Kosten reduziert. Im zweiten Fall überlebt man, im ersten Fall
2. muss man auch noch berücksichtigen, dass die Anzahl der Seitenaufrufe und damit der Werbeflächen im Netz weiter ansteigt. Sprich, die Reduktion der Werbung trifft auf höhere Angebote und wird die Preise in den Keller jagen. Auch wenn die Werbeausgaben steigen, bleiben für die Einzelkosten weniger Einnahmen übrig.
Wer auch nur einen Hauch Ahnung von Emerging Markets hat, oder gar der New Economy, der weiss, dass hier gar nicht die Schrumpfung, sondern schon das Abflachen des Wachstums die Todesgefahr darstellt. Das war schon 2000 so, als die New Economy bei steigenden Umsätzen (!) unterging, weil die Zuwächse zu gering für die hohen Kosten waren. Und wegen solcher Blafaseläussserungen lese ich Netzwertig in etwa so, wie ich einen Billigmöbelkatalog durchblättere.
Du weißt ja wie das läuft – die größte Wahrscheinlichkeit, dass ein direkter Kommentar Gehör findet, hast du, wenn du ihn direkt unter dem jeweiligen Artikel postest. Dann kann der entsprechende Autor auch direkt darauf reagieren.
Eine Frage hab ich aber auch noch – ab wann ist man in deinen Augen seriös? Ist z.B heise seriös?
@ Hahnefeld: Es kommt drauf an.
Bei Xing scheinen die Aktiven überwiegend Solo-Selbstständige sowie Angestellte aus Marketing und Vertrieb zu sein. Da ist ein extrovertiertes Auftreten im Netz eher kein Problem und bringt manchmal interessante Kontakte.
Bei Angestellten in konservativeren Berufen und Branchen mag das ganz anders aussehen. Aber auch da gibt es Leute, die sich zurückhalten, ein seriöses und dezentes Profil einstellen und auf ein Jobangebot hoffen, anstatt sich im Forum “Standort Deutschland” oder so um Kopf und Kragen zu schwafeln.
Heise ist eine krude Mischung von der Schleichwerbung eines mario Sixtus über das Kuriositätenkabinett bei Telepolis bishin zu wichtigen Informationen, die es in der Form nur dort gibt. Und wenn mir ein anerkannt unabhängiger Hal Faber mit zig Jahren publizistischer Erfahrung sagen würde, dass meine Thesen dumm sind, würde ich nicht mit meinem Boss über sein Pseudonym lästern, sondern überlegen, was er damit gemeint haben könnte.
Was ich aber in jedem Fall für wichtig halte, ist eine ordentliche Distanz zum Medium. Die angeblich tolle Haptik und Qualität von Papierzeitungen ist als rückwärtsgewandtes Argument keinen Jota besser als die Vorzüge des Internets, die auch nach über 10 Jahren niemand so recht verwerten kann. Und nur weil das Alte Probleme hat, muss das Neue noch lang keine adäquate Lösung sein.
Ich erzähle da gerne die Geschichte der Lichtrevolution im 19. Jahrhundert. Der normale Mensch hatte bis dahin in der Regel Talglichter verwendet. Ab 1818 musste er sich umstellen und Kerzenhalter kaufen, weil mit den Stearinkerzen die früher exorbitant teuren Kerzen plötzlich billig wurden. 20 Jahre später stand die nächste Anschaffung bevor: Die Petroleumlampen waren heller, billiger und sicherer. Um 1870 musste man die Wände aufreissen und Leitungen für Gaslampen verlegen, und ein paar jahrzehnte später das ganze nochmal tun, um elektrische Leitungen zu legen, die sich als die richtige Lösung erwiesen haben.
Trotzdem war jede Änderung von lautem Gebrüll und der Sicherheit geprägt, jetzt die wirklich entscheidende Lösung gefunden zu haben. Es wäre auch im Netz sehr angebracht, zu überlegen, ob die ein oder andere Wand nicht vorschnell aufgeschlagen und manche Investition wirklich nötig ist. Das Internet hat extrem viele Sackgassen verursacht, und wenn ein Medium nicht jede dieser Sackgassen mit einem grossen “Helau ab in die Zukunft alle mir nach” bekreischt, dann ist das durchaus grossartig. Weniger Hype. Weniger Trendsetting. Weniger Scheingeschwindigkeit. Ein Ende der betamentalität. Mehr Nachhaltigkeit. Ab und zu auch zurückschauen und Fehler genau analysieren, um zu lernen.
Und manchmal einfach mehr Recherche, Kritik und Due Diligence, bevor der nächste heisse Scheiss verkündet wird.
netzwertig finde ich auch relativ unspannend: da fehlt einfach der biss und die substanz, um ein vollwertiges techblog (oder was auch immer der anspruch ist) zu sein. liegt bei mir auf einem niveau mit deutsche-startups, das sagt schon alles.
es gäbe so viele interessante ansatzpunkte mal kritisch zu hinterfragen, nachzuhaken. doch statt dessen beschränkt man sich aufs cheerleading einer lahmenden webindustrie und durchreiche von pr. man verkauft damit den längst über die wahren verhältnisse aufgeklärten interessierten user für dumm, indem man ihm immer noch einen vom pferd erzählt, wie toll und erfolgreich alles im netz ist.
und diese agendas blende ich eh aus wie blinkende bannerwerbung. ich frag mich, warum sich regelmäßig ausgerechnet jene menschen befähigen, die zukunft zu deuten, die ausweislich die wenigste ahnung von der materie zu haben scheinen.
Okay, ich bin wahrscheinlich nicht unbedingt repräsentativ: Aber stelle fest, dass wir zumindest in Europa an der Schwelle einer medialen Revolution stehen.
Bestimmten bis anhin Druckmaschinen- und Fernsehstudiobesitzer, was veröffentlicht wird, kann das jetzt dank des Internets jeder der schreiben und denken kann selbst tun.
Wohin die Entwicklung geht, zeigt das Beispiel USA. Und die dortige Entwicklung zeigt auch, wie ein Newssystem, dass weit über hundert Jahre dominant war, innerhalb von nur einem Jahr kippt.
http://www.arlesheimreloaded.ch/article/internet_tageszeitung_online
Sehr schöner Blogartikel. Danke.
Technikaffine Menschen überschätzen m. E. die direkten und kuzfristigen Wirkungen neuer Techniken. Letzlich entscheidet häufig – wie von Don am Beispiel des Problems LICHT ausgeführt – der Preis von Lösungen über ihren Einsatz und weniger die Features. Wer ab und zu mal eine technische Neuerung aussitzt, merkt schnell, wie irrelevant Technikblogs etc. für das normale Leben sind. Echte Trends sind nicht unter 18 Monaten Laufzeit zu haben, dafür wäre sogar ein 4x im Jahr erscheinendes Druckwerk ausreichend. Das Internet ändert da viel weniger als von Medien darüber berichtet wird.
M.M., gerade bei dem gejubel über eingehende zeitungen, wie etwa auch bei retromedia, wäre ich extrem vorsichtig, mir keine Blösse zu geben. Medien haben sehr lange sehr gute Renditen eingefahren, von denen die allermeisten Internetfirmen nur träumen können. Deren Versagen wird als normal hingenommen, Hauptsache, sie hatten einen tollen Exit oder eine hohe Bewertung. Würden Medien durchwwegs so miese Arbeitsbedingungen wie Internetfirmen bieten, sähe es bei deren Erträgen auch nochmal anders aus. Ich sehe da bei den Internetjüngern eine Reihe von blinden Punkten, und über die sollte man vielleicht auch mal nachdenken: besonders vor dem Hintergrund, dass das Netz in den westlichen Ländern in ein paar Jahren ausgereizt ist und die kommerziellen Entwicklungen weit, weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.
@ Amelia: Wärmflaschen, hmmm… Guck mal bei Dawanda.com – da hab ich auf die Schnelle 900 individuelle Flaschen gefunden (ok, die meisten sahen fürchterlich aus, aber waren auch gute dabei). Dort sieht man, dass der “lange Schwanz” sich doch lohnen kann (für die Betreiber ist erster Linie, klar).
Grundsätzlich: Ich mag das Netz, ich nutze viele Errungenschaften, ich hab ein Blog, darüber einige nette Menschen (so ganz in echt) kennengelernt, ich bin in einem (Worte: einem) Forum recht aktiv… tja. Und das war es dann auch. Ich nutze nicht TralaDingsbums oder Sonstwas. Ich mag Myspace nicht, Facebook find ich doof und auch Utopia ist mir etwas suspekt. Und Flickr gefällt mir nicht, weil ich lieber längere Texte lese und nicht 140Zeichen-Quatsch. Wenn kurze Nachrichten, dann in einem Chatprogramm, aber bitte nicht einsehbar für die ganze Welt :)
Aber, in Zeiten wo sog. A-Blogger ihre digitale Reputation auf den Wühltisch von eBay schmeißen um mal eben 10 bis 100k abzugreifen… tja.
Quark. Twitter mein ich natürlich.
Flickr find ich dagegen teilweise sehr spannend, weil ich mir gerne Fotos ansehe (ab und an mal was anderes als den grandiosen FoodP0rn vom Don :)
[…] DonAlphonso […]
Don, im Kern stimme ich deinem Text zu. Nur mit einem Satz komme ich nicht ganz klar, da dieser nach meinem Verständnis dein Geschriebenes etwas “verdreht”.
Klar, man muss die Menschen im Netz ernst nehmen und ihnen etwas bieten. Nur was soll man ihnen bieten, wenn man(n) nicht weiß, was sie eigentlich wollen? Die allermeisten Internettler wollen doch nur Spaß und Quatsch, weshalb solche Plattformen wie Twitter, Second Life usw. oder alle kommenden von einer irrwitzigen Welle von Trotteln überrannt werden, die hypemäßig deren Dienste bejubeln und in den Himmel jubeln.
Diese Menschen wollen diesen Service haben, und ihre Follower erst recht. Und er wird ihnen geboten… soll das das Maß aller Dinge sein?
[…] Das hat prompt Don Alphonso auf den Plan gerufen, der mit einer handfesten Replik “Technik-Jünger”, Berater und Futurologen in einen Topf packt und ihnen Geschäftemacherei vorwirft. Wem soll man nun glauben? […]
Danke. *umärmel*
[…] War da nicht mal irgendwas mit Don Alphonso und der FAZ? usw. […]