Die real existierende Blogrevolution von derWesten
Bei derWesten.de geht es rund – aber anders, als man vielleicht nach den vollmundigen Erklärungen zum Beginn des WAZ-Internetprojekts gedacht hätte. Nach dem grossen Blogkicken folgt nun das Ausdemblogkicken, sozusagen die Fleissaufgabe, nachdem sich die WAZ-Gruppe von Nachrichten der Agentur DPA verabschiedet hat. Das hier kommt aus der Zentrale der Onlineredaktion und ist ein hübsches Beispiel, was inzwischen aus der grossen, schönen Welt des Web2.0 im Westen geworden ist:
Liebe Bloggerinnen, liebe Blogger, liebe Westropolis-Kollegen,
hiermit bitten wir Euch, dass Ihr umgehend alle dpa-Photos und alle dpa-Texte aus Euren Blogs und aus Euren Beiträgen entfernt. Dies sollte bis zum kommenden Dienstag, den 27.1.2009, geschehen sein.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr die Kenntnisnahme dieser Mail kurz bestätigen könnt. Bei Zweifelsfällen sind wir leider gezwungen, die entsprechenden Inhalte von hier aus vom Netz zu nehmen.
Ich frage mich ja immer noch, wann eigentlich die Leute, die denWesten ganz gross verkündet und als wichtiges Onlineprojekt beworben haben, den Anstand besitzen und sich jetzt auch mal mit dem Niedergang und den mehr oder weniger spassigen Verrenkungen auseinandersetzen. Und was dieser Laden eigentlich noch tun muss, um das Konzept “Solidarität” zu hinterfragen, das den Machern von derWesten nach 4 Millionen Anlaufverlusten 2008 selbst wohl doch nicht so arg wichtig ist. Die betroffenen Blogger können es nach dem langen Hinhalten und den arrogant verkündeten Hungerlöhnen jedenfalls nicht gewesen sein.
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Oha, wenn das mal nicht ein teurer Spaß wird (ich meine den Spamkommentar auf Platz 1 …).
Zum Thema: Ich bin ja mal gespannt, was Frau Borchert dazu einfällt – wahrscheinlich ist das für sie aber ein völlig normaler Vorgang, man darf das dpa-Material eben nicht mehr verwenden, also muß es raus aus den Blogs, daraus jetzt Probleme bei DerWesten herzuleiten ist doch Schwarzmalerei…
DerWesten sind doch doch GUTEN!
Such Dir böse Themen wie StudiVZ oder Zoomer.de raus! Da brennt es und genau das macht Spaß bei Dir zu lesen!
Was mich daran erstaunt ist nicht das Handeln der WAZ-Verantwortlichen, sondern die daraus folgende Konsequenz:
Dann sind die dpa-Fotos und die dpa-Texte von der WAZ nur gemietet worden und haben das oben genannte Verfallsdatum..
Haben die Jungs/Mädels von dpa dementsprechend neuerdings ein funktionierendes DRM? Oder ist man bei der WAZ einfach nur übervorsichtig?
Seltsam.
Hinter den Kulissen der Nachrichten-Agenturen tobt z.Zt. wohl ein “Systemkampf”. Nur noch wenige Agenturen, u.A. eben auch die dpa, sind nicht irgendwie staatsfinanziert. Die dpa basiert auf einem Genossenschaftsmodell, in das alle großen Verlage einzahlen. Die AFP, die jetzt die WAZ groß beliefert, ist fast zur Hälfte vom Franzmann subventioniert.
Beim dpa-Modell gehen aber die Kosten immer mehr hoch, während der Nutzen stagniert. Denn News aus’m Netz zu kopieren ist halt billiger. WAZ-Chefredi Reitz hat das ja seinen Redakteuren schon als “Arbeitsanweisung” befohlen.
Und da sieht es dann sehr doof aus, wenn man weiter dpa-Texte kopiert;-)
Vom Tag der Kündigung des Vertrags an ist das selbstverständlich. Aber es liest sich so, als ob auch alte dpa-Beiträge entfernt werden sollten.
[…] Die Blogger von DerWesten wurden derweil aufgefordert, „umgehend alle dpa-Photos und alle dpa-Texte” aus ihren Texten zu entfernen. Vermutlich würde es allerdings im Zweifelsfall reichen, die Quelle zu verschleiern. So genau nimmt’s der Herr Reitz da ja nicht. […]
Ist ja unglaublich! Geschäftsmodell “Von der Konkurrenz abschreiben.” Das erklärt vieles.
@Porschekiller: Das Fass mit dem “Systemkampf” hat wohl die DPA publikumswirksam aufgemacht. Das ist meines Erachtens aber so ziemlich das schwächste Argument, das man gegen einen Wettbewerber auffahren kann, wenn eigentlich die Bandbreite und Qualität der Inhalte den Ausschlag geben sollten.
Andererseits schießt sich die WAZ PR-technisch auch ganz schön ins Bein, wenn die Kündigung des DPA-Bezugs im Paket mit etlichen anderen Sparmaßnahmen erfolgt und eben nicht glaubhaft zu kommunizieren ist, dass man Willens sei, die Lücke mit mehr journalistischer Eigenanstrengung zu stopfen.
Und man muss auch eines sehen: Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder rumort bei Zeitungshäusern wegen DPA. Wieviele Verlage haben es auf Dauer durchgehalten ohne?
@mark793
Ein Fass zum Thema “Unabhängige Qualität vs. Abhängigkeit vom Staat, in dem ich anbiete” ins Rollen zu bringen, halte ich mal isoliert betrachtet nicht für die schlechteste Idee der dpa. Fraglich ist ja nur der Zeitpunkt, da sich alle Verleger z.Zt. mit Rationalisierungs-Ideen überbieten wollen.
Im medienmoral-Blog frotzeln schon die Ersten, wie es denn jetzt mit dem nicht mehr existenten Zugriff auf das gute dpa-Bildarchiv aussieht, da das WAZ-interne Bildarchiv ja deswegen quasi abgeschafft wurde.
…und es bewegt sich doch etwas: http://medienlese.com/2009/02/01/offener-brief-vom-neid-auf-die-festangestellten/#more-6291
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,608408,00.html