Die Pinscher und Cretins meine ich, die jetzt wieder mit location based services aus ihren virtuellen Web2.0-Löchern gekrochen kommen.

Ist es nicht zu herzig? Da predigen diese selbsternannten Experten jahrelang von der dämlichen Kohlenstoffsphäre, da sollen Geschäftsmodelle rein virtuell funktionieren, da soll das Crowdsourcing allein im Internet stattfinden, weil sich dort all die klugen Leute – so klug wie sie selber – treffen. Jahrelang wird weissgottwas erzählt von wegen, wie wenig man eigentlich noch die Welt braucht, wenn man online ist. Schliesslich gibt es virtuelle Welten und Communities, den versifften Kaffeebecher kann man sich gerade noch leisten, und der Pr0no kommt aus der DSL-Buchse. Und wenn man nur lang und laut genug sendet, findet man sicher auch Leute, die einem followen. Tausende! Dagegen ist Realität echt eklig, die kann man ja nicht photoshoppen.

Und nach vier, fünf Jahren stellt man fest, dass es für den Dreck weder valide Geschäftsmodelle gibt, oder einen Massenmarkt, dass sich hier nur ein paar PRler, Werber, Fortschrittsdeppen. Fasler und Ringelreihenrunterholer zusammen wiederfinden, während die restliche Welt jetzt nicht so arg scharf drauf ist, diesem Ideal nachzueifern. Wäre man gemein, könnte man den Pinschern sagen: So, wie die Zeitungen flennen, dass ihnen die Leser davonlaufen, so grölt Ihr Gesocks nach den gleichen Nutzern, die keine Lust haben, sich von Euch die Tupperwareparty zugunsten der Firmen, die Eure Kunden sind, anzutun.

Und nachdem man nun mit so ziemlich allem nicht wirklich irgendwo angekommen ist, ausser dem Wichserzirkel, in dem man ohnehin schon immer war, denkt man nach: Wohin gehen wir jetzt? Aus der Agentur wurde nichts, aus dem Profiblog wurde nichts, Podcasts kann man nicht mehr verkaufen und Twitter ist auch nicht gerade die Rettung der DAX-Konzerne. War da nicht mal sowas wie diese, äh, Kohlenstoffwelt? Wo andere rodeln, reisen, Spass haben und vielleicht sogar echte Frauen kennenlernen, die nichts kosten ausser einem, wie heisst das nochmal, dieser Reality-Chat, richtig, Gespräch? Was so viele Leute tun, die nicht das tun, was man ihnen als Zukunft andrehen wollte? Ist das nicht ein Markt für die Kunden, die man beraten kann?

Und so werden wir in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten nicht nur jede Menge Ergänzungen von Software sehen, die alles und jedem erzählen, wo die Nutzer sich gerade aufhalten, nein, das Web2.0-Pack wird uns auch erzählen, dass es für die Realität einen enormen Mehrwert hat. Weil wir immer wissen, wo unsere Freunde sind, was ja in Berlin nicht unwichtig ist, weil das Prinzip Arbeitsplatz dort nicht so cool ist. Sie werden behaupten, sie kämen aus einer sauhippen Sphäre und hätten die auch voll dabei, jetzt, wo sie wieder in der Realität gelandet sind. Sie sind nicht nur Realität, sondern auch Überrealität, und nicht nur mensch, sondern auch Übermensch.

Sie werden ihre Mobilgeräte zücken und checken, ob ein anderer Depp in der Nähe ist, der das bestätigt und sie dafür nicht auslacht. Sie werden uns vom Vergnügen der von der Virtualität überbrückten Realität erzählen, und in Rom auf ihr Display starren, wenn andere den Vatikan betrachten, und linsen, ob sie jemand beobachtet, dem man dann erzählen kann, wie verdammt cool das ist – und dabei leider auch noch den LKW entdecken, der sie beinahe kohlenstofflich platt gemacht hätte. Wenn jemand ihrer Bekannten twittert, dass er gerade über die Device gemerkt hat, dass er in der Nähe ist, bekommen sie einen Orgasmus und werden noch ein wenig schmutziger.

Im Internet, bäh, wollten alle immer nur Knuddels und Diddlmäuse und kwiken und bitchslappen, da waren sie jetzt nicht so mörderisch cool mit ihren Ideen, bei deren Erklärung sie stets Luhmann sagten, dann noch Radiotheorie und dann ihre Geschäftspartner und Freunde verlinkten, wenn sie etwas beweisen wollten. Aber diese Kohlenstoffsphäre, da kann man sich sicher grandios mit denen connecten, die noch gar nicht wissen, was es da an tollen Möglichkeiten gibt! Und sie sagen nur: Luhmann! Systemtheorie! Hassemalneurofürdöner? (Und war es nun Luhmann oder nicht doch englisch, Lumähn?)

Und so werden sie uns demnächst erzählen, wie lame unser bisheriges Dasein war, so ganz ohne virtuelle Interpreation der Realität, ohne Metarealität in Echtzeit, Echtzeit, das muss man sich mal vorstellen! Echte Echtzeit, das ist ganz wichtig. Und das dann immer gleich für das Netzwerk faven und retweeten, damit es auch jeder weiss und seine Kohlenstoffexistenz entsprechend ausrichten kann. Denn wie cool ist es, wenn alles und jeder weiss, was man auch weiss, und das alles zusammengenommen ist so verdammt viel klüger und informativer und löst alle Probleme schneller, als man es sonst je könnte. Scheiss auf Bildung, scheiss auf das Bücherlesen, scheiss auf das Verreisen mit gebildeten Freunden, wie geil ist es, wenn einem immer einer aus der Wikipedia sagen kann, was man gerade sieht. Klar, Kontrollverlust, aber es ist doch geil, man gewinnt dadurch, und alle Freunde aus dem Netzwerk sehen das auch so und retweeten. Und wenn man selbst mal in Bayern ist, schickt man von der mobile device 140 Zeichen an jemanden, der einen noch nie gesehen hat, und möchte mitsamt Freundin auf sein Sofa. So geht das (Oder auch nicht, wenn man den Trick als Michael Seemann bei Don Alphonso probiert, der das extrem unhöflich findet).

Jetzt muss man der Kohlenstoffsphäre nur noch klar machen, dass sie viel besser leben, wenn sie immer wissen, was andere wo und wie getan haben, und dass die Informationen aus dem Internet auch wirklich die relevanten Informationen sind. Sauspannend wird es auch, weil es dort viele PR-Aktionen gibt, die von tollen Freunden gemacht werden! Lame Bedenkenträger, die darauf hinweisen, dass man ein nur asozialer, arbeitsscheuer Cretin auf Transferleistung mit dem nächsten dummen Hype ist, werden einfach mit dem nächsten Beitrag weggespült, man hat ja das Internet und viel Platz und noch mehr Retweeter, und Luhmann hat man auch, der kann sich nicht mehr gegen die Vereinnahmung von solchen Figuren wehren.

(Speichern, ausdrucken, auf Marmor meisseln lassen und bei Gelegenheit dem Pinscher in Echtzeit in die Fresse kloppen und dann twitpicen. Weil: Luhmann! Steht genau so in der Systemtheorie! Oder war es nicht doch Wales? Hat das nicht mal der Sixtus getweetet? Irgend sowas.)