8.11.2005 | 8:39 von DonAlphonso

Man fragt sich vorsichtig

was eigentlich an Web2.0 und Social Software so toll sozial sein soll, wenn bei einem Not-Unreal-Life Treffen zu dem Thema über 90% der Anwesenden Männer sind, die bei Ruby on Rails noch nicht mal an eine Rubinkette für die Freundin denken.

4.11.2005 | 19:41 von dogfood

Kreativ geklaut mit Creative Weblogging

Ich habe gehört die Hamburger Premium-Content-Produzenten Creative Blogging rund um Torsten Jacobi haben sich beim Screendesign woanders inspirieren lassen.

Tssss. Wertutdennsowas.

Nachtrag 7.11.: Zum besseren Verständnis untenstehender Kommentare: übers Wochenende hatte die Website ein geringfügig anderes Aussehen…

2.11.2005 | 13:53 von DonAlphonso

Vergeudetes Herzblut

Weisst Du, sagt sie, beugt sich nach vorne und drückt die Zigarette aus, die Haare fallen ihr vor die Augen und verschleiern meine eigenen Gedanken, was ich nicht verstehe: Da gibt es Geschichten, die mir viel bedeuten. Da gebe ich mir wirklich Mühe, ich feile an jedem Wort, ich gebe mein Innerstes – sie schaut hoch, lächelt – nein, nicht mein Innerstes, aber etwas, das mein Innerstes sein könnte, preis. Und dann: Nichts. Kein Kommentar, die Leute kommen, lesen gehen weiter. Nicht, dass ich auf dumme Sprüche Wert lege, aber ein paar Worte der Anerkennung, oder ein kleiner Strang kluger Anmerkungen, vielleicht auch eine inspirierte Geschichte, das würde mir gefallen. Einfach um zu sehen, dass das, was ich sage, auch den anderen etwas gibt.

Sie lehnt sich zurück, stützt sich auf den Sofakissen auf, dass ihre Schlüsselbeine das Inkarnat unter dem Hals spannen, und sagt: Und dann sind da diese hingeschmierten Dinger, kurz, belanglos, dumm. Da kommen dann 20, 30 Kommentare in 2 Stunden, als hätte man einem Rudel Hunde einen Knochen hingeworfen. Verstehst Du das?

Ich löse den Blick von ihrem Körper und sage: Nein, aber ich kenne das. Manchmal glaube ich, Kommentatoren sind Gourmands, die das Feine nicht sehen, denen nur das Grobe mit zu viel Gewürz und Hautgout gefällt. Aber ich selbst habe oft eine gewisse Scheu, unter einen wirklich guten beitrag einen Kommentar zu setzen, der qualitativ nie dieses Niveau erreichen kann.

Sie zündet sich die nächste Zigarette an, ich schlage vor, das mal an der Blogbar zu thematisieren, vielleicht weiss jemand eine Antwort oder kennt dieses Phänomen, und dann reden wir von was anderem.

30.10.2005 | 12:01 von DonAlphonso

OpenBC Blog – So gez Bisnes ned

Was braucht man zum grossen Erfolg als Blogger, wenn es um das Geschäft geht? User, User und nochmal User. Wer sich die nicht erst mühsam im Internet zusammenklauben muss, hat beste Chancen, ein ganz grosses Rad zu drehen, dann wird die Kommunikation mit den Kunden einfach und die Firma wird besser in der Öffentlichkeit wahrgenommen – sagen so manche Leute, die sich als “Blogberater” verstehen und von mir als “Scharlatane” bezeichnet werden.

Nun wäre eine Firma wie die Hamburger Networkplattform OpenBC (Open Business Club) mit ihren momentan 650.000 weltweit registrierten Nutzern, die sich vor allem online treffen und austauschen, eine ideale Grundlage für ein Blog: Die Nutzer sind meist jung, hochgradig internetaffin bis unbelehrbarer Restbestände der New Economy. kommunikativ und dem Neuen aufgeschlossen. Blogs gelten in manchen Kreisen längst als networking Tool; kein Wunder also, wenn OpbenBC sich auch an dem Thema versucht und verkündet:

Geschäftsführer und Gründer von openBC, Lars Hinrichs, sieht openBLOG als konsequente Fortführung der Mission von openBC, Geschäftsleute mit Hilfe innovativer Technologien zusammenzuführen. „Bei openBC wie auch in der Blogosphäre geht es darum, Menschen zu verbinden. Das Weblog-Phänomen hat uns schon immer interessiert. Mit dem Launch von openBLOG gehen wir nun einen Schritt weiter und werden aktiver Bestandteil der weltweiten Blogger-Community.“

Konsequent ist das englischsprachige Blog auf jeder Seite von OpenBC verlinkt. Und tatsächlich gab es gleich zu Beginn viel Rückenwind für das Blog: Celebrity-Blogger wie bekannte oder weniger bekannte bunte Hunde, etwa Loic le Meur und der Schrottquellenverbreiter Schockwellenreiter gratulierten mit Links ihrer gut besuchten Websites, was das Blog in den ersten beiden Tagen auf rund 5000 Visitors laut dem inzwischen etwas verrufenen Blogcounter hochjagte; ein grosser Teil der Verlinkung fand in den ersten vier Tagen nach dem Launch statt.

Der erste Ansturm ist jetzt 21 Tage her – und jetzt, gerade, steht besagter Counter erst bei 9152 Visitors. Sprich, in den restlichen 20 Tagen gab es auf Tagesbasis rund 4000 Besucher. Rund 200 täglich. Wenn man jetzt nur mal davon ausgeht, dass ausschliesslich Nutzer von OpenBC sich dort über das Wohl und Wehe der Firma informieren, und kein einziger käme bislang ein zweites mal, dann hätten trotz totaler Verlinkung weniger rund 0,6% der Mitglieder je auch nur einen Blick auf das Blog geworfen. Vermutlich ist die Quote weitaus geringer, es wird schliesslich auch Leute geben, die zweimal oder täglich kommen und auch nicht von OpenBC sind. 200 Besucher am Tag, das ist bei der Ankündigung und der Nutzerbasis, vorsichtig gesagt, wenig. Der Gegencheck über die recht seltenen Kommentare zeigt, dass auch nicht viele wirklich Lust hätten, mit den Autoren – immerhin die Topriege der Mitarbeiter – in direkten Dialog zu treten. Es gab in den letzten 12 Tagen gerade mal 3 Kommentare von 2 Aussenstehenden. Zum Vergleich: Mein bescheidenes Einzelkämpferheim Rebellen ohne Markt kam laut Blogcounter in der gleichen Zeit und ohne besonderen Anlass auf rund 1500 bis 2500 Besucher und durschnittlich 40 – 50 Kommentare am Tag,- ein paar rausgeschmissene Nerver schon abgezogen.

Über die Ursachen des ausbleibenden Erfolges des OpenBC-Blogs liesse sich jetzt tefflich streiten – viel wichtiger scheint mir aber das zu sein, worüber man nicht streiten kann: Selbst, wenn man bei OpenBC die Karteileichen rauswerfen würde, ist nur ein verschwindend kleiner Teil bereit, sich das Blog auch nur anzuschauen. Und das, obwohl die Mitglieder – auch nach meinem Verständnis – die absolute Kernzielgruppe für jede Art von Businessblog sind. Obwohl das Ding gar nicht so grottenschlecht wäre, dass man eine monokausale Begründung über qualitative Aspekte anbringen könnte. Egal, ob Innen- oder Aussenwirkung – dieses Blog hat meines Erachtens trotz optimaler Startbedingungen keinen erkennbaren Impact, gerade, wenn man sich den selbstverkündeten Anspruch vor Augen hält: Es sei die “konsequente Fortführung der Mission von openBC, Geschäftsleute mit Hilfe innovativer Technologien zusammenzuführen.”

Genau das passiert dort nicht. Wenn OpenBC ihre Networker noch nicht mal zum Bloglesen bringt, welche Firma sollte es dann mit den normalen Kunden schaffen?

27.10.2005 | 3:25 von DonAlphonso

Nachbetrachtung zu den Medientagen

Das Beste zuerst: Es war kein echter Web2.0-Apologet auf dem Podium der Blogdiskussion (Programm, Livegeblogge). Alles, was bislang an Bizz- und PR-Bloggern unterwegs war, wird nur ein müder Abklatsch dessen sein, was mit dem Idiotenterminus web2.0 (thx nico) vor der Tür steht. Denn mit dem Schlachtruf eines angeblich sozialen Fortschritts durch eine ebensolche Software strampeln und linken sich Freaks nach oben, die es wahrscheinlich nicht verwunden haben, dass ihre alte Tech-Bloggerei heute keine besondere Breitenwirkung mehr hat – Bloggen hat sich von ihnen emanzipiert. Deshalb, denke ich, wollen sie weg von den Inhalten und der Unterhaltung, die sie nicht bringen können, zurück zu etwas, wovon sie reden und Nichtnutzer als dumm, rückständig oder Version 0.98 diffamieren können. Was man halt so tut, wenn man in Ermangelung von Frauen a Lattnklatscher is einen Männerbund aufmacht.

Insofern war die Debatte auf den Medientagen gestern sehr erholsam und fast schon liebenswert anachronistisch. Angesichts der eher durchschnittlichen Besucherzahl, von der man gerechterweise nochmal ein paar Freundeskreise abrechnen müsste, ist die Idee von den Blogs als heisser Scheiss, als das nächste grosse Ding in der Medienwelt hinfällig. Markwort war, wie ich bei der Suche nach der Technik sah, draussen und hatte was besseres zu tun. Wer dachte, vor einem Haufen Entscheider eine Präsi machen zu können, fand sich in einer typischen Runde einer niedergehenden Branche auf einem Kongress einer Munich Area wieder, deren beste Zeiten lange vorbei sind.

Mit Eck und Cords waren zwei Redner da, die etwas zu verkaufen hatten, und das entsprechend einbrachten. Dadurch drohte das Ganze zeitweise etwas in einen PR-Vertriebskanal abzurutschen, was m.E. nur bedingt die Aufgabe der Medientage ist. Cords brachte seine Kraft ordentlich aufs Parkett, wobei die Show besser war als die Thesen, denen es meines Erachtens an Argumenten gebrach. Ich muss ihm neidlos konzidieren, dass jedesmal mit ihm ordentlich Leben in die Bude kam. Eck, Schultheiss und Pain hatten ihre Themen und Punkte, die sie brav und mehr oder weniger nachvollziehbar abhandelten.

In dem Punkt war die Veranstaltung enorm “unbloghaft”. Da sitzen sechs Leute vorne, teilweise wie Cords und Eck mit enorm divergierenden Meinungen in für sie zentralen Punkten, und trotzdem kommt keine Debatte auf. Statt dessen werden eher kühle Statements runtergerattert, von einer Begeisterung kommt wenig bis gar nichts rüber – und ist wohl auch nicht übermässig vorhanden. Die Einlassungen von Bildblogger Christoph Schultheiss waren, wenn man den Text von Stefan Niggemeier über das Bloggen kennt, merkwürdig unterkühlt.

Was mir – gerade angesichts des Umfelds der Medientage – enorm gefehlt hat, war die Debatte um Inhalte. Ich war der einzige auf dem Podium, der ein grösseres, normales “Tagebuch” ohne thematische Festlegung führt, weshalb das an mir hängen blieb. Wer schreibt was, wie wird geschrieben, welche Inhalte gehen, was treibt die Leute an, wie sehen die Lehren für den Journalismus aus, was kann man davon übernehmen, wie geht man mit den Lesern um, welche Kriterien gelten für sie, was ist ihnen egal, warum wird es gelesen, ist es ein Parallelraum zu den Medien, oder eine Kultur? Nach meiner Meinung muss darüber eine Debatte im Zentrum stehen, nicht nur als meine Thesen und Provokationen, denn nur, wenn man das versteht oder zumindest eine Ahnung hat, kann man über alle anderen Folgen von PR bis Deppweb2.0 sinnvoll reden. Da nehmen ein paar zehntausend Leute die Medien selbst in die Hand, kümmern sich einen Dreck um die Vorgaben des Medienbetriebs und machen einfach, aber genau das und seine Ursachen und Wirkungen war einfach kein Thema. Da wollte keiner auf dem Podium richtig einsteigen. Aber nur so erklären sich die Phänomene, auf deren Basis andere ihre Geschäfte machen wollen: Die immer gleichen Beispiele von Jamba über Irak bis “Du bist Deutschland”.

Letzteres war dann der Punkt, wo es kurzfristig gut spannend wurde, Mann gegen Mann, bei der Frage, welche Motive der Gegenkampagne Cords als Mitverantwortlicher indiskutabel fand. Stichwort Einbringung wenig erbaulicher Momente der deutschen Geschichte. Ich denke, da war einen Moment das bloggen im Raum greifbar, mitsamt Kommentaren und Konflikten. Weil ich mich persönlich beleidigt fühle, wenn ich Porsche sein soll – also der Typ, dessen Panzer durch das Warschauer Ghetto rollten. Und weil Randgruppen vor dem Holocaustmahnmal in meinen Augen als Gegenansatz extrem peinlich und geschmacklos sind. Da war es mal richtig spannend. Aber nur da.

Darf ich meine Wünsche formulieren? Ich darf, ja. Ich hätte gern ein Podium ohne Leute, die man erst mal zum jagen tragen muss. Debatte, Diskurs, Streit, fliegende Fetzen statt Statements und Schulterklopfen. Ich hätte gern ein Podium mit maximal einem PR-Menschen, gerne den Cords, aber dann weniger zu den Risiken des Bloggens als vielmehr zur Frage, wieso PR eigentlich so einen beschissenen Ruf hat, und was man konkret vom Bloggen lernen kann, ohne sich vulgär in den Markt zu drängeln. Aber davor hätte ich gern 2, 3 Leute, die inspiriert sagen, was sie tun und warum sie es machen. Und zwar nicht immer nur Nasen wie mich, Johnny und die Bildblogger, sondern auch die Leute, die Cords als “Big Brother im Online-Container” bezeichnet. Ich wüsste gern, was Teenies antreibt zu bloggen, wie sie das erleben. Es wird immer nur über sie geschwafelt, aber keiner hat sie mal gefragt. Und dazu einen Medienwissenschaftler, der kein hirnloser Umfragejunkie ist, oder ein Literaturhinweislover oder Interpreteur amerikanischer Studien, sondern einer, der Medien und Blogs versteht und in der Lage ist, für beide Seiten verständlich die unterschiedlichen Aspekte zu übersetzen, sprich, dem Publikum dient, und noch einer Person: Einem Chefredakteur, der sich mal Gedanken über inhaltliche und formale Defizite der Texte macht, die Medien im Moment ausmachen. Wenn man am Ende vielleicht noch darüber reden könnte, ob Medien nicht auch die Aufgabe haben könnten, Leute ans Bloggen heranzubringen, und ob man Gossenprojekten wie Lycos den Markt überlassen muss – dann wäre es schon. Gern auch unter der gleichen Moderation.

25.10.2005 | 16:35 von DonAlphonso

Mindestens haltbares Epicore

Irgendjemand muss in den letzten Monaten mal aufgefalen sein, dass Bloggen ohne Inhalte nicht so der Brüller ist. Und die Texte da draussen so eine Art Literatur sind. Was bedeutet, dass man sie sammeln und veröffentlichen kann, im Buch – old school, zum Bestellen clicken – , als bezahlter, aufs Urheberrecht scheissender Contentaufsauger in der Zeitung oder im Intenet, wobei alles seine Vor- und Nachteile hat. Ein Buch etwa ist dauerhafter und ohne Strom und Netz lesbar, das Internet dagegen ist nach höheren Anfangskosten für den Rechner eher billig und schnell. Und der Klau sorgt für Hau-e aus der Blogosphäre, ist also nicht wirklich zu empfehlen. Auch, wenn heavy User des Netzes das nicht glauben wollen, ist Papier immer noch beliebter als das Netz, dessen Wachstum stagniert und für die meisten im Bereich Literatur eine völlig untergeordnete Rolle spielt.

Wie auch immer, mit dem neuen Buzzword “Blog” versuchen zwei Projekte, 2005ff das zu schaffen, was 1999ff gründlich daneben ging: Von Nutzern geschriebene Inhalte auf Plattformen zu bündeln und selbst davon auf die eine oder andere Art zu profitieren. Dass wir es hier – historisch gesehen – faktisch mit einem Rückschritt auf kleinem Niveau zu tun haben, muss erst mal nicht stören. Schliesslich sind Blogs technisch gesehen ein runtergekürztes, rudimentäres Content Management System und dennoch erfolgreich.

Leise und eher auf Texte des eigenen Hosting-Geschäfts bezogen kommt im Moment das Online-magazin “Mindestens Haltbar” des österreichischen Anbieters Twoday.net daher. In der Konzeption erinnert es ein wenig an das Portal der Zeitschrift Neon, vor allem wegen der Texte, die teilweise – vielleicht ist das auch nur mein Gefühl – der alten Neon/Jetzt-Schule ähneln. Sehr viel Konsens, a wengal fad, nachdenklich, nicht schlecht bis sehr gut, ohne grosse Ausrutscher und so anarchisch wie ein Ministrantenausflug in Altötting. Die Kategorien/Ressorts und das layout erinnern an Printprodukte, und durch die monatliche, statische Erscheinungsweise nutzt es nicht wirklich alle Vorteile des schnellen Netzes. Aber der Name sagt es schon – die Texte sollen über den Tag hinaus weisen.

Epicore aus dem Hause Spreeblick ist dagegen ein aktueller Rosinenpicker in der Blogosphäre, also auch ein reiner Sauger der leistung und Inhalte anderer Leute. Das team rund um Do Dahlmann scheint von alten Contentkriegen in der Blogosphäre gelernt zu haben, wenn sie nach einigem Bauchpinseln für all die tollen Blogs und ihren Autoren schreiben:

Dabei werden die Geschichten, die für diese Seite ausgewählt werden, nicht komplett hier zu lesen sein. Das wäre nicht nur aus rechtlichen Gründen schwierig, sondern auch aus zeitlichen. Denn für jede komplette Geschichte müsste man die Rechte erfragen, was nicht immer direkt möglich ist. Deswegen werden die Geschichten hier nur zu einem Teil zu lesen zu sein. Der Link “Weiterlesen” führt dann auf die Seite des Autors, auf der die ganze Story zu lesen ist. Das ist auch nur fair, denn dies soll eine Linksammlung sein, in der es nicht um die absoluten Klickzahlen geht, sondern um die Autorinnen und Autoren.

So wie gerade, ist das Zitat übrigens durch das Urheberrecht abgesichert. Es wird spannend sein zu sehen, wie das Team die rechtlichen Probleme behandelt, denn allein schon eine unkommentierte Auszugssammlung ist schon problematisch – und das darf man an dieser Stelle auch sagen, nachdem Spreeblick eine Firma ist und dergleichen nicht ausschliesslich aus den im Text angegebenen menschenfreundlichen Gründen macht. Sondern eher, um eine Art Portal für Qualität in Blogs unter dem eigenen Dach hochzuziehen. Ich persönlich kann ausgezeichnet mit dem Spreeblick-Boss Johnny Haeusler, aber bei all den netten Worten stellt sich bei mir ein etwas fader Beigeschmack ein; die geschätzten Autoren sollen mal schreiben, die anderen vermarkten das Zitat, und zwar genau über die Klickzahlen, um die es angeblich nicht geht.

Also sollte man mal die Frage stellen: Wird beim Autor wenigstens gefragt, ob es ok ist? Werden die wirtschaftlichen Details irgendwann auf den Tisch gelegt? Denn Rechte, mit Verlaub, müsste man auch beim Zitat erfragen. In dem Moment, in dem das Zitat woanders steht, beginnt das Geschäftsverhältnis.

Nicht böse gemeint, nur Fragen. Um Präzendenzfälle zu vermeiden. Ich hatte erst vor ein paar Wochen so einen Fall, der dann ausgesprochen unschön verlief, mit einem anderen Blognetzwerk. Also lieber vorher Fragen. An Leuten, mit denen ich persönlich gut kann, aber hier gehtŽs ums Geschäft. Nicht, dass es mich zwingend betrifft, aber ich darf um Antworten bitten, oder?

24.10.2005 | 12:29 von dogfood

Die Websauger. Oder wie die WELT einen auf NEWS macht.

Hannes Stein ist Redakteur in der WELT, Abteilung “Literarische Welt”. Aus seinem Portrait auf welt.de:

Ein Jahr lang lebte er als Lehrer in Schottland; in dieser Zeit stellte er fest, daß es Spaß macht, eigene Texte schwarz auf weiß gedruckt zu sehen und auch noch Geld dafür zu bekommen.

Das ist schön für ihn.

Und ich bin mir sicher, dass die Blogger die seit einigen Wochen von Hannes Stein in der “Echolot“-Rubrik der WELT abgedruckt werden, Lyssa, Frau Julie, Kaltmamsell, Kutter, auch gerne den Spaß hätten sich schwarz auf weiß gedruckt zu sehen und auch noch Geld dafür zu bekommen.

Tun sie aber nicht. Denn weder die WELT noch Hannes Stein halten es für nötig, den zitierten Bloggern Bescheid zu sagen, die Blogger um Erlaubnis zu fragen, geschweige denn so etwas wie eine Bezahlung anzubieten, dafür dass die Texte im Print und Web verwandt werden.

Moment, das Prinzip kennen wir doch schon. Da gab es doch mal die Frankfurter Variante in Form der vermeidlichen “Blog-Rundschau” in der “NEWS Frankfurt”: “Blogs, die billige Contentmaschine“: einfach unkommentiert Blog-Schnipsel nehmen und abdrucken.

Wie auch seinerzeit bei der NEWS gibt es eine rechliche Dimension (vom Zitatrecht abgedeckt?) und eine ethische Dimension (Anstand, Höflichkeit).

Nehmen wir das Beispiel von Lyssa. Lyssa hatte letzte Woche nun die “Ehre” zum zweiten Mal von Herrn Stein ausgesucht worden zu sein.

Ende September wurde ihr Blog-Eintrag “Kaufhaussex und IAA mit Augenaufschlag” zur Hälfte im Echolot abgedruckt.

Am Donnerstag gab es dann den kompletten Blog-Eintrag “Auch ne Form von Stadtrundfahrt” in voller Länge (minus einen Satz) in der WELT abgedruckt.

Mit neuem Titel.
Ohne Permalink, nur die URL der Homepage.
Ohne den “Klarnamen” von Lyssa, der problemlos auf der Website zu finden ist.
Unter Mißachtung des Rechtshinweis auf der Impressum-Seite.
Ohne Nachfrage.
Ohne Bezahlung.

Nun kann man sich darüber streiten, ob man wegen zwei Sätzen Theater machen muss. Die FAS druckt schließlich auch seit Äonen kürzere Zitate aus Blogs ab, eher als wöchentliche Bonmots.

Und wenn Stefan Niggemeier in der FAZ ausführlich Tsunami-Blogs zitiert, dann kann man es als einmalige Dokumentation auch noch durchgehen lassen (möglicherweise hat er sogar die Blogger vorher gefragt).

Im Falle des Echolots und Lyssa reden wir aber nicht mehr über ein kleines Zitat, das einen Absatz umfasst, sondern von zwei Beiträge von über 300 Wörtern Umfang die in einer Zeitung mit roundabout 200.000 Auflage abgedruckt worden sind und auf der WELT-Website abgelegt sind. Wir reden über eine regelmäßig von der WELT angewandten Methode um zirka eine Viertelseite zu füllen. Und wir reden von einer Zeitung die in ihrem Impressum und Weblogs unter Rechtshinweise schreibt:

Alle Inhalte (Text- und Bildmaterial) werden Internetnutzern ausschließlich zum privaten, eigenen Gebrauch zur Verfügung gestellt, jede darüberhinausgehende Nutzung ist unzulässig.

Die Toleranz der WELT hört an den eigenen Grenzen auf. Gerne würde ich mehr von der WELT und Hannes Stein über ihre für mich eigenwillige Interpretation von §51 Nr. 1 und Nr. 2 UrhG, Stichwort “Großzitat“, “Kleinzitat” und “großes Kleinzitat” wissen. Vorausgesetzt Hannes Stein hat sich vorher überhaupt darüber Gedanken gemacht, als Journalist. Als “Profi”.

[Nachtrag: der Chefredakteur der WELT hat sich inzwischen bei Lyssa entschuldigt]

14.10.2005 | 16:45 von DonAlphonso

Spam, Spam, Spam – Ekelmarketing, mal wieder

Und zwar recht prominenten gleich in zwei Fällen – den dritten, der meine Wenigkeit betraf, wird gerade noch geklärt, schöne Grüsse an ein Münchner Verlagshaus mit schlampigem Umgang mit Mails. Irgendwie haben sich Blogs als Thema in die Hirnwindungen des deutschen Marketings gebohrt wie sonst nur gewisse weisse Substanzen. Anders kann man sich den Kommentarspam ausgerechnet beim Blog-Seminaranbieter Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach kaum erklären.

In seinem Blog wurden am 5.10. typische Werbekommentare abgegeben. Nicht, wie sonst üblich, für Penisverlängerungen und Viagra aus den Bahamas, sondern für zwei deutsche Kreditinstitute, die SWK-Bank und 1822direkt, der Online-Ableger der Frankfurter Sparkasse. Nachdem der Blogger, wie im Impressum angedroht, für diese unerlaubte Werbung Rechnungen an die Banken verschickt hatte, reagierten die ungefähr so, wie man sich das von Banken vorstellt: Mit Abstreiten, Drohung mit rechtlichen Schritten und Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft. Beide banken behaupten, nichts mit der sache zu tun zu haben… Sagen wir mal so: Wenn ich das lese, weiss ich, bei welcher Bank ich kein Kunde sein wollte. Immer erst mal mit der Anzeige kommen, dann diskutieren. Nicht schön, das.

Genauso wenig schön ist es, wenn virales Marketing mit Spam verwechselt wird – aber genau das macht der Verlag eines Buches, das sich mit viralem Marketing beschäftigt. Frei jeder Sensibilität wurde ausgerechnet Martin Roell aufgefordert, doch was Nettes über eine Neuerscheinung zu schreiben – einfach so, ohne Rezensionsexemplar. Offensichtlich hält der Gabler-Verlag Blogger für williges Marketing-Vieh, das nur darauf wartet, versagende Presseabteilungen mit kostenloser Werbung zu erfreuen.

Man darf gespamt äh gespannt sein, wie sich da weiter entwickelt. Vielleicht sollten sich auch manche Quatschköpfe aus dem “Blogconsulting” auch einfach mal das Maul zuhalten oder den Laptop fest zuklappen, wenn sie ihre Finger an der Tastatur haben, bevor sie nochmal verkünden, dass sich Blogger über PR-Material freuen würden.