17.3.2008 | 12:11 von DonAlphonso

Blogs sind Magnete. Sagt Patrick

Patrick Breitenbach vom Werbeblogger hat zu diesem meinem Beitrag über die Leistung anderer für das eigene Blog einen Kommentar geschrieben, der für sich stehen kann. Nicht unbedingt meine Meinung, aber eine gute andere Meinung, die zu schade ist, als in den Kommentaren übersehen zu werden. Deshalb hier nochmal:

Es hat doch im Grunde nichts mit “Blogs” oder “bloggen” zu tun. Es geht im Kern doch nur um das Publizieren und um die Geisteshaltung der jeweiligen Person, die hinter der Wortpresse steckt.

Ich glaube sobald einschneidende Erlebnisse bei Bloggern eintreten (z.B. Kommerzialisierung, aber auch private Dinge etc.), verändert sich natürlich auch das Blog. Und da Blogs ganz gut miteinander vernetzt sind, beinflusst man sich gegenseitig und schwingt sich teilweise aufeinander ein, auch das äußere System (Umwelt, Weltgeschehen etc.) ändert sich und hat so einen erhbelichen Einfluss. Somit verändert sich auch immer das System “Blogs”. Mit Bloggen (=Spaß) Geld verdienen? Klar, mach ich mit.

“Gute” Blogs haben sich allerdings auch immer durch Authentizität ausgezeichnet. Die kann man am Besten überprüfen, wenn die äußere Entwicklung (Kommerzialisierung) mit der Inneren (Blogeinträge, welche die Gedankenwelt des Autors wiederspiegeln) übereinstimmt oder sich nicht beißt. Transparenz kann helfen, doch viele Blogger sind auch nicht mehr dazu bereit, alles nach außen zu kehren, schon gar nicht mit wem oder für wen sie gerade arbeiten (Werbekunden, Beratung, Fremdbloggen etc.)

Wertfrei betrachtet ist es einfach eine natürliche “Veränderung”. Egal ob Kommerz jetzt “gute” oder “böse” Auswirkungen hat, eins ist doch kaum zu bestreiten: Menschen mit einer grundsätzlichen Anti-Kommerzhaltung werden “kommerzialisierte” Blogger (oder Autoren) von vornherein mit ganz anderen Augen – nämlich ihren eigenen – betrachten und bewerten.

Nichtsdestotrotz beobachte ich ebenfalls eine gewisse deutsche Blogermüdungserscheinung. Das aufregend Neue ist halt weg. Der kleine Kern der Pioniere, die Vorhut, hat seine Sporen verteilt und droht nun in der Gesamtheit der vielen sprießenden Blogs aufzugehen oder durch ihre Größe bedingt in Magazinform gepresst zu werden. (So wie es dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und den Fernsehzuschauern mit den Privaten eben auch ergangen ist).

Trotzdem: Blogs sind für mich trotzdem weitaus mehr als gute, lange, intelligente Texte. Manchmal will ich einfach diese Videotubes, witzigen Bildchen und Shortlinks – denn ich bin zum Beispiel einer von der Sorte, der alles was neu ist in sich aufsaugt. Ich mag ab und zu ein bisschen Gossip, stehe auf gut gemachte Werbespots, lese aber auch gerne tiefergehende Blogs (meist jedoch nur Ausland) und Nischenthemen. Doch ich muss ihnen vertrauen können, sie müssen “echt” sein. (Ein Fake-Blog kann in meiner Welt allerdings auch “echt” sein, solange es mich anspricht und ich mich am Ende nicht verarscht fühle. Schließlich lesen wir ja auch Romane und gucken uns Filme an).

Langer Rede, langer Sinn: Spreeblick vollzieht einfch eine Entwicklung – wäre aber für Johnny & Co trotzdem fatal, wenn sie weiterhin an ihrem alten Bild krampfhaft festhalten. Das geht nicht, denn das wäre nicht mehr “echt”. Es ist aber auch nicht so, dass sie nun das Gegenteil geworden sind, was sie für viele damals verkörpert haben. Nein, man verändert kontinuierlich in Nuancen und Wellenform und der Gegenüber fühlt sich dadurch eben oft enttäuscht. Sein altes Bild (Snapshot) stimmt nicht mehr mit dem aktuellen Bild (wieder Snapshot) überein und somit hält er es manchmal für eine absichtliche Täuschung seines Gegenübers. Wir beziehen uns also immer auf die zeitlich letzte Begegnung mit dem jeweiligen Gegenüber, mehr wissen wir leider nicht über den anderen, denn wir können noch nicht in dessen Haut schlüpfen.

Wenn also Blogs qualitativ nachlassen – Ja und? Schließlich ist das einzig Positive, was doch alle Blogs wirklich gemeinsam haben, dass man sie nicht diejenigen lesen muss, auf die man keinen Bock hat – oder bricht da das BILD-Phänomen durch, von wegen man muss den “Feind” immmer im Auge behalten? Stören schlechte Blogs wirklich oder sind unsere Filter noch zu schlecht?

Was ist eigentlich, wenn “Blogs in die Puschen kommen”? Was ist das, wem nützt das und was müsste geschehen, damit das dann auch passiert?

Blogs sind Magnete. Jedes Blog zieht andere Menschen mit unterschiedlichen Inhalten an, man hat jederzeit die Wahl – und genau DAS finde ich so wunderschön an der Gesamtheit aller existierenden Mikromedien.

16.3.2008 | 19:47 von DonAlphonso

Schlechte Journaille und Berater mit Second Life erkennen

Unsereins hat bekanntlich schon sehr frühzeitig darauf hingewiesen, dass second Life nicht nur schlecht oder verkommen oder unsinnig, sondern ganz klar

DER LETZTE SCHEISS

ist. Damals haben viele ein völlig neue Welt gesehen, haben Interviews mit Avataren und Zeitungen gemacht, Firmensitze errichtet und ganz viel darüber geschrieben, wie toll und aufregend das ist. Ohne zu bemerken, dass auch dieses Internet weitgehend for Porn ist, was erst nach einer Weile zu einem Umdenken und einem Ende des Hypes führte. Dazu kam später noch eine veritable Bankenkrise, dann der Rücktritt führender Mitarbeiter, und jetzt, ganz klassisch:

Der Firmengründer sucht das Weite in der realen Welt.

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass Second Life als Wirtschaftssystem ziewmlich fertig ist. Vielleicht aber sollten auch die damaligen Akteure jetzt ein wenig Selbsterkenntnis zeigen. Die leute, die den Trash auf die Front des Spiegels brachten. Die Typen, die damit bei SPON ein Buch auf den Markt bringen wollten. Die ähnlich gestrikckten Leute bei der geistigen Schwester Springer, die sich immer noch am Ava Star versuchen. Der Möchtegernberater, der zu seinem Namen ein @secondlife setzte, und inzwischen schon dauerwerbeblogt. Der elektrische Reporter, der sowas eine Basis geboten hat. Der Blognetzwerkvermarkter, der das in seinem Buch abfeierte.

Alle könnten jetzt mal sagen, dass sie daneben lagen. Und zwar heftig. Bevor sie den nächsten Sachverhalt proklamieren, der genau der gleiche Scheiss sein wird. Denn zum Hype gehören nicht nur die Gründer, sondern auch die Mietmäuler, die ihn gross machen.

15.3.2008 | 21:56 von DonAlphonso

Blogbiz nach Häusler-Art oder Das Verkalkscheunen der unkritischen Masse

Es wird sein wie immer: In Berlin bei der Neuauflage der Konferenz Re:publica werden wieder haufenweise Leute auf die jüngsten Erklärungen altbekannter Blogvermarkter hoffen, wie das mit dem reichwerden mit dem Bloggen klappen kann. Und damit das auch dieses Jahr so bleibt, haben sich die Veranstalter Johnny Häusler von Spreeblick und Markus Beckedahl von New Thinking/Netzpolitik etwas einfallen lassen.

“Darf man mit Blogs überhaupt Geld verdienen?”

(http://programm.re-publica.de/2008/events/188.de.html)ist die Eröffnungsfrage des Panels zum Thema Geld, ein Jahr nach dem Start des nicht eben allzu erfolgreichen Blogvermarkters Adical, dem beide angehören Dort will man zwar Kontroversen, aber bitteschön die richtigen Kontroversen.

Also nicht: Soll man mit Blogs Geld verdienen. Sondern: Mit welchen Methoden kann man mit Blogs Geld verdienen. Ein wenig so wie in der guten, alten DDR: Nicht darüber reden, ob die DDR nicht vielleicht doch der falsche Weg sein kann, zumindest für die, die davon nicht profitieren, sondern wie macht man die DDR effektiver. Ein lustiger Kontroversenbegriff für eine Veranstaltung, die sich “die kritische Masse” nennt. Die argumentative Selbstentleibung von Häusler und Beckedahl als kritische geister kann man in ihren eigenen Worten nachlesen, als es ihnen darum geht, weitere Gesprächsteilnehmer für das Panel zu finden, und zu kritische Angebote abgebügelt werden (http://re-publica.de/08/2008/03/12/kontroverse-panels/#comments):

Häusler: Wenn wir die Meta-Diskussion führen wollen, könnten wir auch diskutieren, ob Geld verdienen mit Musik okay ist oder nicht. Ich fürchte, da kommen wir auf keinen grünen Zweig.

Beckedahl:Wie Johnny schon geschrieben hat, geht es uns in der Diskussion weniger um die Frage, ob man mit Blogs überhaupt Geld verdienen darf oder nicht, sondern eher um die Erfahrungen damit.

So richtig schön wird die Sache aber erst, wenn man bei der re:publica und ihrer Programmentstehung ein wenig hinter die Kulissen guckt. Bei keimform hat Stefan aufgeschrieben, wie es ihm bei der Konferenzvorbereitung so ergangen ist, als er etwas zum Thema Blog und Kommerz machen wollte. Lustigerweise wurde letztes Jahr oft und deutlich geklagt, es hätte keine Gegenpositionen in der Frage gegeben, und die Kritiker hätten sich nur im Internet rumgetrieben. Heute dagegen ist es laut Stefans Bericht so, dass es trotz Antrag einfach nicht gewünscht ist, auch wenn frischer Platz, Gelegenheiten oder gar im Blog kommunizierte Angebote da sind.

So kann man es natürlich auch machen, in den Kommentaren, wenn es kritisch wird, ein “Hinkommen, einmischen, mitreden” absondern und vielleicht irgendwie noch ein Plätzchen suchen, um das Thema, wenn man es schon blöderweise abgebügelt hat, alibimässig unterzubringen. Und nachher den Medienpartnern mitteilen, was die Ergebnisse dieses Grosstreffens wichtiger Blogger sind. Ein Relaunch von Adical passt vielleicht auch noch rein. Und die Freunde und Helfer werden auch wie letztes Jahr rumgeifern, dass man die Konferenz nicht kritisieren darf, wenn man nicht dort war.

Bei der real existierenden kritischen Masse.

15.3.2008 | 7:37 von DonAlphonso

Mashup-Blogs: Wir klauen uns die Welt, wie sie uns gefällt

Es ist wahrhaft keine neue Entwicklung, und natürlich kann es jeder halten, wie er will. Aber trotzdem: Bei den meisten der sog. deutschen Topblogs komme ich nicht umhin, ein komisches Gefühl zu haben. Das, was allenthalben bejammert wird, dass deutsche Blogs nicht richtig in die Puschen kommen, kann man an zwei parallel laufenden, und sich verstärkenden Phänomenen aufzeigen: Die weitgehend reaktive Schreiberei vieler bekannter Blogs, die sich irgendwas aus dem Strom der Medien rauskramen, um darüber zu berichten. Und die Neigung, sich alle zur Aufpeppung geeigneten Materialien bei Youtube, Wikipedia und anderen CC-Quellen zusammenzuklauben.

Folgerichtig sind einige Blogrelaunches mit diesem Ansatz in Richtung “Magazinlayout” verschoben worden. Nun könnte man natürlich sagen, dass der lange Weg von Spreeblick und Nerdcore von der lautstarken Antikommerzhaltung zur Speerspitze des Blogverramschens mit Mietmaultum und Containertrash nur folgerichtig ist, und es insofern passt, wenn am Ende der Entwicklung ein mit Fremdmatieral aufgesextes Nachrichtenportal steht. Gewissermassen das antibürgerlich-zielgruppengerecht lackierte Webhintergrundrauschen mit Content, den statt dpa Flickr und Myspaceseiten liefern. Auch Mashups sind Kulturtechniken.

Ich habe aber den Eindruck, dass bei vielen dieser Seiten über das Zusammenklauben und das Dranhängen an den Fundstücken aus Mainstreammedien, Pseudountergrund, dem Starsystem der selbstgeschaffenen Peergroup und Freundesprojekten etwas ensteht, das bei genauerer Betrachtung nicht anders funktioniert, als ein TV-Privatsender. Mal abgesehen davon, dass man heute in den Blogs den gleichen Dreck zwei Tage früher als in der Glotze sehen kann: Die Selbststilisierung, das möglichts billige “Zukaufen” von Inhalten, die Konstruktion einer Mischung aus webbasierten RTLII-News, Nachplappern von Medien und das Erfinden von angeblich kultigen Charakteren und ihrer Inszenierung, das alles wirft die Frage auf, wie weweit solche Blogs eigentlich noch was anderes als ein selbstreduplizierender Medienbetrieb sind.

Als das mit der Bloggerei und dem Nachdenken darüber losging, gab es eine weitläufig akzeptierte These: Blogs haben im Gegensatz zu Medien einen klar definierten Charakter. Fünf, sechs Jahre später schieben Medien von der FAZ bis zum SPON oft ziemlich populistische bis erbärmliche Charaktere unter ihren Mitarbeitern nach vorne, um die Defizite auf Trashniveau zu beheben. Oder man macht daraus auch gleich eine ganze Plattform wie Trasberlin Watchberlin. Auf der anderen Seite ging bei vielen Blogs gleichzeitig mit der Kommerzialisirung jeder Persönliche jenseits von Geldverdienen und Zielgruppenansprache verloren. Wüsste ich nicht von früher, wer und was eigentlich hinter den Redakteuren der Mashupmagazine steht, und dass die früher auch mal geblogt haben – ich könnte das heute nicht mehr ergründen. Ich würde es vermutlich auch gar nicht wissen wollen.

Nun kann man natürlich sagen, dass es auch aus Mashups abzuleiten ist. Sage mir, wie Du Dinge zusammenstellst, und ich sage Dir, wie Du zusammengestellt bist. Bei Bücherschränken geht das. Vielleicht auch bei Blogs. Aber irgendwann sorgt das Fehlen einer Persönlichkeit dafür, dass die Fragmente des Mashups und die Kunstfertigkeit ihrer Zusammensetzung wichtiger als der Inhalt und die Aussage werden. Um das Publikum bei Laune zu halten, muss immer noch was Dolleres, Extremeres her, das Neueste, und dazu natürlich auch das lustige Video für die Arbeitspause, und immer schön verlinken, den Scheiss. Sonderangebot: Ab 25 Links setzt sich der Trashmoderator dann auch seine Deppenbrille auf, geilomat. Blöderweise bleibt das irgendwo zwischen Restanspruch und Infomüll hängen, und mangels Focus klappt es dann auch nicht richtig mit den global Partnership Companies.

Blogs sind schlechter als Sex, aber besser als Privatfernsehen, stand hinten auf dem Blogs-Buch. So pauschal würde ich das heute nicht mehr schreiben wollen.

13.3.2008 | 23:16 von DonAlphonso

WDR, WAZ, derWesten und andere Verlierer

Darf ich einleitend vielleicht sagen, dass ich das auffällige Schweigen gewisser mediennaher Blogger zum Thema der Videokooperation zwischen der WAZ-Zeitungsgruppe und dem WDR ein klein wenig befremdlich finde? Kann es sein, dass die Zeitungen mancher Kämpen und Verlage da
– auch das ein oder andere Eisen im Feuer
– Angst vor einem Kauf durch die WAZ
– keine Lust auf einen Angriff gegen die Chefredakteurin von derWesten.de, also derjenigen, die das umsetzen muss
haben?

Ich habe massive Bedenken wegen der Lieferung von Videoinhalten des WDR an die WAZ. Einerseits, weil hier der TV-Quasimonopolist einer Region mit dem Print-Quasimonopolisten ins Bett steigt, um zusammen im Internet abzuräumen. Dass der WDR sowas noch mit den Gebühren der Zwangsverpflichteten tut, als öffentlich-rechtlicher Sender, und somit einem privaten, üppig verdienenden Konzern Nettigkeiten bietet, und auch nur diesem einzigen Konzern, wirft die Frage auf, was die Leute in diesem Sender eigentlich von ihrem theoretischen Grundrechtsauftrag halten, wegen dem sie so bevorzugt werden. Dass die WAZ damit mutmasslich für immer die Klappe halten wird, wenn es um Online und WDR geht, ist so offensichtlich wie zusammengekniffene Holtzbrinckmietmäuler von Zoomer, Tagesspiegel und Zeit beim Thema StudiVZ & Datenschutz. Das hat mit Pressefreiheit so gut wie nichts mehr zu tun, hier wird versucht, ein Kartell zu schmieden und auf Kosten der Allgemeinheit eine Marktmacht der Moloche zu begründen, die durch ihre schiere Grösse das Netz mit ihrem Mittelmass vollscheisst.

Having said this, solllte man sich aber vielleicht mal anschauen, wer das tut. Obwohl die mit derwesten.de schlecht gestartete WAZ ihre Nutzer inzwischen so weit hat, dass sie pro Besuch über zehn mal klicken (kein Wunder bei dieser schlecht gecodeten Seite), ist die Zahl der Visits immer noch schlecht: 2.843.787 im Februar ist zwar besser als in den Vormonaten. Aber wenn man weiss, dass unser heimisches Schmarrnblatt mit noch miserableren Seite mit weniger Inhalten auf 277.417 Visits kommt, bei 1/50 der Einwohnerzahlen der WAZ-Grossregion, und damit immer noch ein anerkannt lausiges Ergebnis einfährt, ahnt man, wie schlecht der Westen wirklich ankommt. Was ein paar zweitverwendete Videos daran ändern sollen, kann wohl nur ein vollverbeamteter Referatsleiter eines öffentlich-rechtlichen Senders nach 5 Tagen Powerpoint auswendig lernen in der Besenkammer mit einem Internetconsultant erklären. Jeder Depp dieser Welt, der keine Ahnung hat, quatscht in so einem Fall von Synergien und dem 500-Pfund-Gorilla, und es ist nicht auszuschliessen, dass jemand, der sich derwesten.de antut, auch noch alte Videos vom WDR im Internet anschaut.

Aber alles, was wir bislang über die Nutzung von Videos im Netz wissen ist, dass traditionelle Inhalte known as “der alte Scheiss von gestern” nicht laufen. Und selbst gute Videos kommen so gut wie nie Nutzerzahlen, die die Glotze zu haben behauptet. Genauso, wie man im Internet nur bedingt so schreiben kann wie in der Zeitung, verlangt das Netz auch eigenständige Internetinhalte. Dass WAZ und WDR das nicht wissen, ist kein Wunder, und deshalb werden diese Behörden auch nicht weiter kommen als bis zu einer Klüngelei, die medienrechtlich und medienethisch eine Schande ist. Mit weiteren unschönen Folgen für den Journalismus und einem erheblichen Schaden für das, was öffentlich-rechtliche Medien bislang vorgaben zu sein.

Insofern ist es vielleicht sogar ganz gut, wenn der WDR bei derwesten.de mal die eigene, hässliche Fratze zeigt.

13.3.2008 | 14:40 von DonAlphonso

Witwenschütteln mit Spiegel Online und Patricia Dreyer

Warum kommt jemand aus einer aussichtsreichen Position bei der „Bild“-Zeitung zu deutlich schlechteren Konditionen zu uns? Frau Dreyer verlässt die “Bild”-Zeitung, weil sie eine andere Art von Journalismus will. Sie war damals ein Jahr bei dem Blatt, als sie diesen Anruf von dem Menschen entgegengenommen hat, der Kekilli in einem Video erkannt haben will. Sie war deshalb für einen Tag dem Thema zugeordnet und hat sich danach nicht mehr Frau Kekilli gewidmet. Für sie war diese Story ein Tiefpunkt.

So äusserte sich Mathias Müller von Blumencron, der Chefredakteur von Spiegel Online, im Januar 2007 gegenüber Onlinejournalismus. Damals hatte Spiegel Online die “BILD”-Unterhaltungschefin eingestellt, die direkt verantwortlich für den Auftakt der von der Zeitung inszenierte Hetzkampagne gegen die Schauspielerin Kekilli war. 2004 hatte Spiegel Online die Rüge des Presserates, die BILD dafür kassierte, noch veröffentlicht.

Heute schreibt Patricia Dreyer unter dem Kürzel pad für die “Panorama”-Abteilung bei Spiegel Online, und allgemein ist die Rede davon, dass Spiegel Online gerade in diesem Bereich inzwischen ähnlich widerlich und miserabel agiert, wie die Bildzeitung. Den Beweis, dass Frau Dreyer seit “damals” nichts dazu gelernt hat, liefert sie heute mit einem Beitrag über das Modell, das der New Yorker Gouverneur Spitzer über einen Callgeril-Ring gebucht hatte, und dessen durch Ermittlungen aufgedeckte Beziehungen zu diesem Ring zu seinem Rücktritt führten. (http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,541257,00.html)

Dreyer nimmt dazu – im Gegensatz zu anderen Spon-Mitarbeitern gekennzeichnete – Zitate aus einem Interview der New York Times, und garniert es mit Informationen aus dem Myspace-Profil des Modells. Wozu nachfragen, wird sie sich gedacht haben, steht ja alles im Netz, Jugend, gedanken, Pläne, kann man ja einfach mal rauszitieren. Und Bildmatierial für die Fotostrecke gibt es dort auch. Dessen Verwendung wäre in Deutschland zwar durch das Urheber- und Persönlichkeitsrecht nicht gedeckt, und könnte bei einer Klage unter den gegebenen Umständen teuer werden, aber das scheint bei Spon keinen zu stören.

Eine Rüge für den reisserischen Dreck hat Frau Dreyer diesmal nicht zu befürchten, denn für Online fühlt sich der Presserat nicht zuständig. Man fragt sich, wie so eine derartig bigotte Person wie Frau Dreyer auf die Idee kommt, ein Callgirl als “leichtes Mädchen” zu bezeichnen. Als was müsste man dann erst Frau Dreyer bezeichnen?

Als “eine andere Art von Journalismus”, vielleicht.

12.3.2008 | 22:12 von DonAlphonso

Bloggen wirkt.

Wenn ich es zusammen mit anderen schaffe, Blogs nur ein klein wenig auch nur als Schatten des Steinernen Gastes – pentite! Ihr verkommene PR-Brut! – nach Brüssel und andernorts zu tragen, dann hat es sich gelohnt.

11.3.2008 | 23:31 von DonAlphonso

Die Vorhersehbarkeit der Macher des Web2.0

Wollen wir wetten?

Ich behaupte, dass gerade in Berlin und im Ruhrgebiet die üblichen Verdächtigen des Web2.0 zusammensitzen und brainstormen. Wie sie die neuen, bescheuerten Slogans des Regionenmarketings für ihre eigenen Zwecke ge- bis missbrauchen können. Auf der einen Seite die bösen, teuren Agenturen, und die inkompetenten Stadtfürsten, auf der anderen – und richtigen – Seite unsere strahlenden, jungen, schlagartig gar nicht mehr gierigen Startupper, denen in letzter zeit ein wenig die Puste ausgeht. Weil Videos hochladen, eine Community gründen und Google Maps dazukleben, das kann jeder. Und diese Chance, sich an die Spitze der communitydriven, webbasierten Demokratienutzer zu stellen und auf der Basis ihr eigenes, dann sicher auch in den Medien gehypedes Ding zu machen, diese Chance werden sie sich nicht entgehen lassen.

Oh, und nachdem in den jeweiligen leitenden Regionalblättern auch ein paar leitende Freunde und Agenturgenossen sitzen und schreiben, wird es natürlich auch genauso verwurstet: Der Untergrund im netz setzt seine Stimme gegen die Top Down Entscheidungen und wird selbst kreativ, selbst wenn es nur die Dauerkommentatoren der üblichen Business Blogs sind, die auch etwas vom Ruhm abwollen. Der Claim: Wir machen userbasiert das für lau, was die anderen mit 10 Millionen Aufwand nicht hinbekommen. Man kennt sich, man hat zusammen nette Videos gedreht, da kann man auch mal solche Dinger drehen. Die, die es machen, können damit rechnen, mal wieder auf ein paar Konferenzen eingeladen zu werden und etwas über Netzkultur zu erzählen, statt über die mauen Umsätze ihrer Klitschen und vergeigte Altprojekte.

Vielleicht sogar zusammen mit einem Stadtvermarktungsbeauftragten einer Behörde, dem sie ihre Lösung dann bei der nächsten Runde verticken. Oder zumindest einen Zuschuss für ihren eigenen Kongress abgreifen. Awareness sowieso. So läuft das nun mal in der Kulturpolitik. Wenn´s im Kapitalismus nicht läuft, sucht man halt staatliche Stellen an Unterstützer. Weil es ist ja Web2.0, da geht das alles, von der Demokratie bis zur Werbung für die chinesischen Mörder.

Ich wäre wirklich überrascht, wenn es nicht so kommen würde.