7.1.2007 | 2:44 von DonAlphonso

Das Elend mit den Panels und den Zahlen.

Früher, während des letzten Hypes, war ich eine Weile fast jeden Abend auf den Events der einzigartigen Munich Area. Mit einer ordentlichen Portion Zynismus und den richtigen Freunden war das eine prima Zeit, man konnte sich all die Witzfiguren aus der Nähe anschauen und dann lustige Dinge über sie schreiben. Das war einmal, heute meide ich alle Veranstaltungen, deren Besucher ich mehrheitlich verachte. Man muss das mal gesehen haben, aber dann reicht es auch.

Dass ich jetzt doch wieder über so einen Event schreibe, hat etwas mit einer kleinen Änderung zu tun. Während der hier umfassend besprochenen Krise um das Berliner Startup StudiVZ drang zu mir durch, ich wᅵrde mit meinem Verhalten dafür sorgen, dass Ehssan Dariani, ein Grᅵnder der Firma mit Hang zu etravaganten Ausritten auf seiner Website Völkischer Beobachter.de, als möglicher Speaker beim kommenden “Digital Lifestyle Day 07” unmöglich gemacht werde. Mein Informant berichtete, dass man vor dem Skandal, ähnlich wie einige andere Kongresse, beabsichtigt hatte, das neue Wunderkind der deutschen Startups bei diesem Event von Hubert Burda Media in München etwas sagen zu lassen. Tatsächlich war über Dariani bei der Website der Konferenz nichts zu lesen.

Das änderte sich prompt einen Tag nach dem Verkauf von StudiVZ an Holtzbrinck – seit dem 5. Januar steht Dariani urplötzlich auf der Gästeliste. Wie nun aber aus Berlin mein Maulwurf bei StudiVZ meldet, scheint das nicht genug zu sein. Denn auf der Konferenz ist auch ein Panel unter Leitung des Studi-VZ-Investors Oliver Samwer geplant, auf dem Matt Cohen von
Facebook, Eric Wachtmeister von Smallworlds, Arend Oetker vom
Stiftungsverband der deutschen Wissenschaft und Dave Sifry von Technorati diskutieren sollen – eine hübsche Mischung. Ein Teilnehmer hat aber noch nicht endgültig zugesagt – und jetzt darf man dreimal raten, wer da in Berlin darüber redet, welchen Shooting Star man noch auf dieses Panel schicken könnte. Kleine Problemchen: Der Umstand, dass dieses Interna hier an der Blogbar rumgetratscht wird, dass in Berlin schon wieder jemand den Mund nicht halten konnte – und die Unsicherheit, was noch alles pünktlich zum Kongress zum Vorschein kommen könnte *g*. Das ist allerdings nicht nur mir klar; wie aus einem Bonker an der Spree sickerte, scheint nicht jeder an der Isar von dieser Idee begeistert zu sein.

Was anderes – nochmal zu den Zahlen, und zu einigen Vergleichen zwischen Äpfeln und Birnen. Doch, man kann sie vergleichen. Nachdem sich inzwischen rumgesprochen haben dürfte, dass Holtzbrinck bislang wahrscheinlich lediglich 50 Millionen an alle Gesellschafter – unter anderem auch an die eigene VC-Gesellschaft – gezahlt hat, wäre es mal an der Zeit, ein paar Vergleich zu machen, was dieser Laden nun so wert ist, verglichen mit anderen Mediendeals der letzten Zeit im Print.

Da gab es nämlich zwei Projekte, die mit einem ᅵhnlichen finanziellen Aufwand eine nicht unähnliche Zielgruppe erreichen sollen: Gruner und Jahr hat “Park Avenue” gestartet, Conde Nast dagegen die deutsche Version von “Vanity Fair”. Ähnlich sind durchaus die Probleme in der Führung – Park Avenue hat eine Reihe von Mitarbeitern verloren, und der Chefredakteur ist ebenfalls gegangen. Und auch der Start von Vanity Fair ist eher holprig unter dem nicht unumstrittenen Chefredakteur Ulf Poschardt. Die Reichweitenerwartungen bei beiden Projekten nehmen sich eher bescheiden aus: 50.000 Auflage garantiert Park Avenue, 120.000 will Vanity Fair erreichen. Beide Häuser haben dafür Schätzungen zufolge Anlaufkosten von mehr als 60 Millionen Euro. Bei einer Reichweite, die auch bei freundlichen Schätzungen kaum mehr als bei ein Drittel der aktiven StudiVZ-Nutzer liegt. Im Vergleich zu einem Printleser sind die StudiVZler also nachgeschmissen.

Umgekehrt ist der Preis angesichts dessen, was im Internet real verdient wird, unverhältnismässig hoch: Thomas Knüwer hat hier die Zahlen von Deutschlands grösstem Nachrichtenportal Spiegel Online – 15 Millionen Umsatz und mutmasslich unter 2 Millionen Gewinn. Und das bei Nutzerzahlen, die mindestens vier mal so gross sind wie StudiVZ. Im allerbesten Fall, wenn StudiVZ seine Nutzerzahlen nochmal verdoppeln könnte, bleibt immer noch die Frage, wie man damit genug Werbeerlöse erwirtschaften will, um die Kosten für Kauf und Betrieb reinzuholen. Selbst im Idealfall dürfte jedes Sparbuch auf Jahre eine bessere Rendite bringen. Wenn man beim Geschäftsmodell Werbung bleibt…

Muss man ja. Denn die Daten werden nicht im eigenen Konzern weitergereicht. Sagen sie. Na. Man wird sehen – falls jemand Herrn Dariani in München sieht, kann man ja mal fragen, wie das gehen soll.

5.1.2007 | 3:27 von DonAlphonso

Goldener Schuss für das Fixing Blog

Dass innerhalb des überzogenen Social-Software- und Web2.0-Hypes so viele Scharlatane unterwegs sind, kann man erkennen, wennŽs schief geht. Dann wird das weniger Gute, das Versagen, das Peinliche beschwiegen. Und das, obwohl man derartige Projekte erst mal gross mit Vorschusslorbeeren eingedeckt hat. Für das Efeu auf dem Grab ist man sich aber zu schade.

Einer der Paukenschläge im Bereich sog. “Business-Blogs”, Internetseiten also, die im Gegensatz zu ihrem Namen seltenst nachweislich Geschäfte machen, war das Fixing Blog der bekannten Dübelfirma Fischer. Im Februar wurde es zusammen mit der Marketingagentur VM-People in die freie Wildbahn der Blogs entlassen und von interessierter, teilweise auch mit VM-People verbandelter Seite bejubelpersert. Mit dem Blog-Neuling ging es dann schnell auf die üblichen Kongresse, zuletzt am 16. November. Die Medien haben auch berichtet über die innovative “best practice”, grad toll warŽs – bis auf ein kleines Problem:

Denn seit dem 21. November rührt sich auf dem Fixing Blog nichts mehr. Und das bei vorher stetig nachlassender Schreibtätigkeit in Form unendlich langweiliger Verlautbarungen. Angeblich 17 Autoren haben in den letzten 6 Wochen kein einziges Wort geschrieben, nicht mal einen Weihnachtsgruss. Null. Nada.

Vielleicht sollte man erst mal ein Blog zum laufen bringen, bevor man damit durch die Kongresslandschaft tingelt. Und nicht rückblickend leicht überzogene Dinge schreiben lassen wie

Mantra 1: Höre auf zu werben. Beginne zu kommunizieren.

wenn das Ding bald darauf dübeloben im Ganges schwimmt. Meinjanur.

[Edit: Auch bei Burda wurde von Strappato eine Blogleiche im Keller gefunden]

3.1.2007 | 16:40 von DonAlphonso

Die Bedeutung von Millionen auf dem Papier

Trau nie dem Spiegel Online. Zuerst hiess es zum StudiVZ-Verkauf an den Medienkonzern Holtzbrinck noch, wie bei Robert dokumentiert:

Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE ging das Community-Angebot für mehr als 100 Millionen Euro an die Holtzbrinck-Gruppe

Jetzt liest sich das allerdings ganz anders:

StudiVZ, die Studenten-Community mit mehr als einer Million Mitglieder, ging nach Informationen aus Branchenkreisen für an die 100 Millionen Euro an die Verlagsgruppe, der unter anderem auch das “Handelsblatt” und “Die Zeit” gehören. Offiziell wollte Holtzbrinck den Kaufpreis nicht bestätigen. StudiVZ-Sprecher Tilo Bonow sagte gegenüber SPIEGEL ONLINE jedoch, der Preis habe “deutlich unter 100 Millionen Euro” gelegen.

Offensichtlich hat Christian Stöcker nicht nur eine Neigung zum heimlichen Aufhübschen, sondern auch recht viel Unwissen über das, was eine “Exit Preference” ist. Das ist nämlich eine Bestimmung, nach der die investierende VC-Gesellschaft, in diesem Fall Holtzbrinck Ventures, entscheidenden Einfluss auf den Verkauf nimmt.

Holtzbrinck stand vor dem Problem, entweder ganz auszusteigen, oder ganz zu übernehmen – letztlich hat die Gier wohl gesiegt. 13% war der Anteil von Holtzbrinck Ventures, als sie im August eingestiegen sind, die Bewertung lag damit bei ca. 50 Millionen. Mein Maulwurf spricht jetzt von vermuteten 80 Millionen, irgendwo dazwischen liegt wohl der Gesamtpreis.

Das ist immer noch viel und natürlich weitaus mehr, als ich für gerechtfertigt halte. Klassische New Economy – würde ich für das Handelsblatt oder eine andere Firma im Holtzbrinckbesitz arbeiten, würde ich mich jetzt gehörig ärgern über die Art, wie dort mit dem andernorts eingesparten Geld umgegangen wird. Meines Erachtens sind die Datensätze vergleichsweise wertlos, nachdem sie mehrfach angegriffen und auch nachweislich gezogen wurden, aber mein Problem soll das nicht sein.

Hat es sich gelohnt? Das ist eine Frage des Standpunkts. Bevor es andernorts und hier mit der Kritik und dem grossen Schub von Neueinschreibungen im November losging, machte Mitte Oktober bereits die Bewertung von 100 Millionen für einen Verkauf an Facebook die Runde. Gemessen an dem, was vor einigen Monaten Yahoo für das Vorbild Facebook zahlen wollte und damit anbgelehnt wurde, wäre StudiVZ momentan konservativ mit 150 bis 180 Millionen zu bewerten. Insofern ist der Preis jetzt relativ gering, aber meines Erachtens immer noch nur eine Menge Abschreibungsbedarf für Holtzbrinck. Genauso wenig ist der Preis aber das, was man sich bei StudiVZ erwartet hat, bevor das hier mit der Behandlung des Themas losging. Irgendwo in der Mitte haben wir uns getroffen. Hätte ich noch vor dem 24.12. über die Gruppen geschrieben, die Völkermord leugnen oder sonstwie bei StudiVZ durchkommen, wäre vielleicht noch was gegangen, aber hey, auch Holtzbrinck wird seinen Spass mit mir haben wollen – Überraschung!

Bekannte werden wissen, dass ich schon öfters Korrekturen bei Bewertungen veranlasst habe, sei es nun am Nemax oder in Portfolios. Dieser Fall hier ist vielleicht im Mittelfeld zu finden. Ich habe ca. 30 Beiträge zu StudiVZ geschrieben, Arbeitsaufwand eine Woche, Folgen zusammen mit den anderen Beteiligten in der Blogosphäre: Ein zweistelliger Millionenverlust in den Bewertungen der Besitzer von StudiVZ, gemessen am Ergebnis. Das ist ok. Gut, ich hatte mehr erwartet. Angesichts der Angst in der Verlagsszene, die den Preis hochgetrieben hat, ging eben nicht mehr. Trotzdem:

Ich hatte und habe meinen Spass mit StudiVZ.

1.1.2007 | 7:44 von DonAlphonso

Sauberes Verhalten gegenüber Firmen für PRlogger

Im Fall der – ich sage Bestechung, die Verantwortlichen eher Bemusterung – von Bloggern mit geschenkten Notebooks im Wert von bis zu 3000 US-$ kamen ein paar Fragen auf. Namentlich interessant ist die nach dem Pressecodex und die Überlegung, ob sich Blogger nicht damit einverstanden erklären sollten, um ein moralisches Dilemma und Belästigung durch die besoffenen Freier im Blogsalon von vorne herein auszuschliessen. Vermutlich wird es noch eine Weile dauern, bis PR-Firmen wie Edelman genug diskreditiert sind, dass sie sich anderen Methoden der Beeinflussung zuwenden. Bis dahin werden wir noch einige Versuche erleben, sich hier draussen einzukaufen. Manche finden das durchaus ok, es ist schliesslich deren Geschäft. Bleibt für die, die das nicht wollen, die Frage, ob sie es mit einer Übernahme des Pressecodex deutlich machen können:

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Die Annahme und Gewährung von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein könnten, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu beeinträchtigen, sind mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar. Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig.

Das Problem, das ich dabei sehe: Wer sich die real existierenden Rügen des Presserates anschaut, merkt schnell, dass dessen Entscheidungen nur ein nettes Deckmäntelchen sind. Das Bildblog hat ein paar hübsche Fälle dokumentiert. Sprich, das Aufstellen von Codices ist die eine Sache – die andere ist es, sie notfalls auch buchstabengetreu durchzusetzen. Dass genau diese Kontrolle fehlt, macht die Existenz der real existierenden PR und ihrer korrupten Auswüchse in den Journalismus hinein erst möglich. Und es ist einer der zentralen Gründe für den Niedergang des Ansehens des Journalismus. Im Gegenzug ist es wiederum ein Nährboden für das Vertrauen, das heute Bloggern mitunter entgegen gebracht wird.

Ich denke, dass ein Bezug auf den – reichlich diskreditierten – Pressecodex eine sehr defensive Massnahme angesichts des kleinen Problems ist, das die PR darstellt. Nur weil sich in Deutschland bislang ein paar Dutzend mehr oder weniger bekannte Blogger für durchwegs erfolglose PR-Aktionen und Bezahlung im Glasperlenbereich hergegeben haben, ist es kein umfassendes Problem. Es ist fraglos ein wichtiges Thema, weil es um das Selbstverständnis dieses Mediums geht. Und es ist sinnvoll, vorher darüber zu reden, bevor die nächsten PRoleten die nächsten Päckchen fertig machen. Denn spätestens, wenn PRler derartige 3000-Dollar-Geschenke als Bemusterung darstellen und das “richtig und mutig” finden, dürfte klar sein, dass bei denen die Perspektive verschoben hat. Diese Person sieht, auch wenn ihr Kunde inzwischen von dieser Verschenkerei Abstand genommen hat, Blogger als weitläufigen, unregulierten und fragmentierten Markt an, wo sowas prinzipiell in Ordnung geht. Und er sagt das im Wissen, dass der Journalismus derartiges de jure und oft genug de facto ganz klar ablehnen würde und müsste. Vom Spin entkleidet heisst das: Blogger sind für Edelmans selbsternannte Unsittenwächter auch nur auf dem Niveau einladbarer Reisejournalisten, und gerade in Nischen lässt sich was machen. Little Hint: BASF.

Eine Vorwärtsverteidigung, die einen möglichen Generalverdacht und dessen Abwehr auf den nicht betroffenen Blogs überflüssig macht, ist hier vielleicht sinnvoller. Sollten die Käufer von Edelman und die Käuflinge der Blogs recht haben – wie wäre es dann mit einem Verzeichnis, in dem neutral und offen festgehalten wird, wer wofür was getan hat? Name, Blog, Zeitraum, Umfang, Einnahmen, Auftraggeber, Texte, sauber und gewissenhaft notiert und verlinkt. Wenn es kein Problem, kein Skandal und keine Käuflichkeit ist, dürfte da eigentlich keiner was dagegen haben. Ich würde da durchaus klar definierte PR-Blogs rausnehmen, bei denen der Charakter stets offensichtlich ist, und nur die benennen, die in ihren normalen Blogs von PR, Werbung und Marketing für nette Worte geldwerte Gegenleistungen bekommen. Es wäre lediglich ein Akt der Transparanz und eine Win-Win-Situation, die Aussenstehenden verdeutlicht, wie sich der fragliche Blogger gegenüber diesen Angeboten verhält – problematisch vielleicht für manchen Leser, aber andererseits ehrlich und ein Ansatzpunkt für weitere Kunden.

Also, wie wärŽs? Wären die Betroffenen einverstanden? Ich gehe mit gutem Beispiel voran und sage: Ja, die Blogbar war zu Beginn ein offen geführtes Blog zur Promotion des Buches Blogs. Nein, die Beiträge hier wurden nicht bezahlt. Wenn sich andere damit anfreunden könnten, Blogger wie PRler, hätte man das Problem isoliert, die Betroffenen müssten dann nur noch auf ihren Websites auf dieses zentrale Register verweisen, und dann könnten sich alle ein Bild davon machen. Das wäre offen, ehrlich, und müsste eigentlich voll und ganz in deren Interesse sein. Es ist dann die Aufgabe derer, die in diesem Spiel mit tun wollen, und der Rest erspart sich die Erklärung, dass sie nicht so sind. Und wer das nicht will, macht eben ein klar erkennbares Blog zu reinen PR-Zwecken und nennt es eben PRlog. Letztlich ist ein Blog ja nur eine Software, die man für alles mögliche einsetzen kann, PR, iranische Diktatoren, deutsche Neoconazis…

Spass beiseite: Transparenz ist das Letzte, was PR und Blogger in diesem Fall derartig deutlich sehen und betreiben wollten. Weil es in ihrem Fall die Sturzhöhe offensichtlich machen würde. Weil PR, die als solche erkennbar ist, weniger Einfluss hat, und weil die Authentizität eines Bloggers auf einem separat geführten PRlog dort nicht ankommt. Ich denke, das haben die letzten Monate deutlich gezeigt. Sie werden also weiter mauscheln und irgendwie hoffen, dass es keiner mitbekommt. Und andere werden es weiterhin diskutieren. Nachdem der letzte Fall in Amerika eine Bestechungsdebatte zur Folge hatte, kann man sich ab jetzt hierzulande wenigstens die dummen Nichtargumente “typisch deutsch” und “Neiddebatte” schenken.

29.12.2006 | 22:48 von DonAlphonso

Edelman-PR tritt sich selbst ins Pedal

Edelman, die selbsternannte “Me2Revolution”-Klitsch Versagertrup Mutter alles Fakeblogs Agentur, ist ja schon öfters in der Blogosphäre mit nicht wirklich durchdachten Aktionen aufgefallen. Die Idee, Blogger für ihre Zwecke zu kaufen zu korrumpieren einzuspannen, ist in letzter Zeit ziemlich oft daneben gegangen. Und als wüsste man nicht, dass Geschenke nicht immer die Freundschaft der Blogger erhalten, muss irgendwann so ein Dialog zwischen einem Edelman-PRoleten (EPR) und einer Microsoft-Birne (MSB) zur Markteinführung des kommenden Betriebsfehlersystems gelaufen sein:

EPR: hey, wie wäre es mit ein paar total coolen Bloggern, die Dein System prima finden?

MSB: Hm, ich weiss nicht, die nutzen doch alle Firefox oder Mac und schreiben bislang nix Nettes über mich, solange es nicht meine Mitarbeiter sind.

EPR: Ach was, das ist alles ganz easy: Wir suchen Dir einen Haufen Blogger raus. Denen schicken denen ein brandneues Notebook und sagen ihnen durch die Blume, dass sie damit machen können, was sie wollen, in etwa: “Full disclosure, while I hope you will tell others about your experience with the pc, you don’t have to. Also, you are welcome to send the machine back to us after you are done playing with it, or you can give it away to your community, or you can keep it.”

MSB: Hm, das ist die Art, wie man mitunter an CSU-Schranzen in Bayern Produkte verkaufen kann, aber Blogger?

EPR: Everybody loves a buck. Und hier sind es alles in allem 3000 Tacken, einfach so. Wir nehmen eine gesunde Mischung von verschiedenen Bloggern, dann kriegt das Ding auch ordentlich Impact, gell?

Anders kann ich mir nicht vorstellen, wieso sich Microsoft auf eine derartige korrupte Nobrain-Nummer – dümmer als die Opelnummer – eingelassen hat. Edelman und Microsoft wissen, dass jede halbwegs seriöse Redaktion ihren Mitarbeitern den Arsch aufreissen würde, wenn die solche Angebote annehmen würden. Für die blöden, billigen Blogger soll so ein Notebook dann aber wohl reichen. Tatsächlich gibt es durchaus Leute, die für sowas und eigentlich jede Art von Zuwendung zu haben sind. Auch in Deutschland soll es Blogger mit der moralischen Einstellung eines Kieler Hafenluden gegenüber ihren Lesern geben. Aber wie hiess es vom Edelman-Vorzeigeblogger nicht schon im Fall der bezahlten Opel-“Test”aktion:

Und ich finde die Aktion von Opel gut. Ganz ohne Neid.

Nun, da wird er dann sicher viel Spass an den Reaktionen haben: Die amerikanische Blogosphäre kocht
, und Edelman muss sich Worte wie “Laptopgate” oder “Bribing” anhören. Positive Reaktionen sehen anders aus, was inzwischen auch ein deutliches Schwanzeinziehen von Microsoft zur Folge hatte. Jetzt ist von “Notebook behalten” keine Rede mehr:

I strongly recommend you disclose that we sent you this machine for review, and I hope you give your honest opinions. Just to make sure there is no misunderstanding of our intentions I’m going to ask that you either give the pc away or send it back when you no longer need it for product reviews.

Mit diesem Knochenentzug dürfte man auch die schwanzwedelnden Köt freudig begünstigten Blogger gegen sich aufbringen. Die Reaktion ist unvermeidlich, aber nach allen Erfahrungen mit solchen Fällen verstehe ich beim besten Willen nicht, wie man sich überhaupt auf eine derartig hirnrissige Aktion einlassen konnte. Die Awareness in diesem Fall mit dem intendierten Bestechungsversuch und dem plötzlichen Rückzug ist das Gegenteil von dem, was man sich als Kunde wünschen kann. Passt aber zum altbekannten Verhalten von Edelman, die schon om Fall von Wal-Mart gezielt Blogger für ihre Zwecke einspannen wollten. Nach all den Pleiten möchte ich die dort arbeitenden Blogger hier mal öffentlich fragen: Wo habt Ihr eigentlich Euer Rückgrat gelassen, Freunde der Blasmusik? Ihr wisst schon, das Ding, das bei den Bloggern offensichtlich vergleichsweise weit verbreitet ist, weshalb die Geschichte Euch jetzt ins Gesicht explodiert.

Na, hoffentlich wird das wenigstens gut bezahlt. Keinen Cent mehr bekommen dürfte dagegen Technorati, mit denen Edelman die Blogs erforschen – oder sollte man besser sagen ausspähen – wollte. Ich habe hier und hier schon mal darauf hingewiesen, was da bei denen im Getriebe knirscht. Und dank Thomas Knüwer gibt es jetzt auch die Bestätigung des seit einiger Zeit kursierenden Gerüchts: Edelman und Technorati haben sich getrennt.

Wieso eigentlich. Das Wesen der beiden Firmen hat doch prima zusammengepasst.

Modischer Disclaimer: Das hier ist auf einem damals 4.500 Euro teuren, stets ohne Probleme laufenden High End Notobook und Windows 2000 Professional geschrieben. Auf irgendwelche in diesem Fall verteilten 2.200-Euro-Billigrechner bin ich ganz sicher nicht neidisch.

22.12.2006 | 1:33 von DonAlphonso

Wie man ein Leitmedium in weniger als 2 Wochen ruiniert,

macht Michael Arrington gerade vor. Arrington hat die auf Web2.0 spezialisierte Wirtschaftsseite Techcrunch.com gegründet und so gross gemacht, dass die Grossen der Wirtschaftspresse bei ihm abschreiben. Für Scharlatane Gründer solcher Firmen kann ein positiver Beitrag bei Techcrunch den Weg zu einem Investor freimachen. Den in diesen Kreisen guten Ruf hat sich Arington hart erarbeitet.

Und jetzt zeigt sich leider, was dahinter steckt. Letzte Woche hat Arrington die Autoren des englischen Techcrunch-Ablegers mehr oder weniger vor die Tür gesetzt, weil sie nicht seinen Wünschen in Bezug auf die Berichterstattung über die missratene Konferenz Le Web 3 gebeugt hatten – hier eine Zusammenfassung der Ereignisse.

Nach den gegenseitigen öffentlichen Anschuldigungen, Vorwürfen und Indiskretionen sollte man meinen, dass beide Seiten genug Schaden haben und klüger wurden. Die englische Crew war nicht faul und setzte eine Alternative zu Techcrunch auf, genannt Vecosys, und weil man in England gut bekannt war, hatte man schnell auch Werbung auf der Techcrunch-Konkurrenz. Sagt dessen Macher Sam Sethi.

Weil Micheal Arrington nochmal nachgetreten hat. Und zwar auf eine ziemlich neuartige Weise. Direkt und offen auf jeden Fall, soweit man das bei Vorwürfen wie Unterschlagung, Lüge und gezielte Provokation des Rauswurfes sagen kann. Glaubt man Arrington, hat Sethi den Exzess inszeniert, weil er die Alternative zu Techcrunch schon lange geplant hatte. Das Problem bei dieser Behauptung: Der grundlegende Moment des Konflikts, die Bezeichnung “Asshole” von Loic Le Meur für Sethi. war sicher nicht vorhersehbar. Entsprechend logisch klingt für mich die Antwort von Sethi.

Arringtons Ausfall liest such für mich wie ein Traktat eines besoffenen Verschwörungstheoretikers – oder eben eines Mannes, der einen Fehler gemacht hat und nicht begreifen will, dass er in diesem Fall nicht gewinnen kann; also versucht er es mit einer Schmutzkampagne. Dabei kommen aber so viele Interna zum Vorschein, dass ich sagen würde:

1. Der hat sich nicht unter Kontrolle
2. Der begreift nicht, dass er zu weit geht
3. Der ist gegenüber seinen Kunden unberechenbar
4. Wer so einen Knick in der Optik hat, ist alles andere als ein guter Berichterstatter.

Nun ist Bloggen sicher nicht dazu da, sich immer am Riemen zu reissen, Blümchen zu streuen und alle miesen Arschkrampen des Netzes ein Bussi aufs Bauchi zu geben. In gewisser Hinsicht lebt die Glaubwürdigkeit auch von Ecken und Kanten; Persönlichkeit definiert sich auch durch Ablehnung. Das Problem bei Arrington ist aber, dass man jenseits des “Popcorn und Beinehochlegen”-Effekts möglicherweise eher ungern mit so jemandem Kongresse und Geschäfte machen möchte. Wer weiss schon, was einem dan demnächst um die Ohren fliegt, wenn man sich gerade mal der Aufforderung widersetzt, einen Kommentar zu löschen.

20.12.2006 | 16:24 von DonAlphonso

PR und ich – in eigener Sache

Im Gegensatz zu dem, was manche glauben, ist es beruflich absolut nicht schädlich, an Geschichten wie StudiVZ zu schreiben. Neben Spam, Drohmails, Hassbriefen und anderen Formen des virtuellen Mobbings kamen auch viele Angebote rein, die sicher hochlukrativ gewesen wären. Die Idee mancher Leute war wohl ähnlich wie bei einem Hacker – hat man ihn im Haus, muss man sich keine Sorgen mehr machen, dass er sich reinbohrt. Darunter waren einige Firmengründer, Medien und führend – die von mir immer gerne gegeisselte PR. Mit den letzteren Angeboten und den dort üblichen Honoraren könnte ich mir mit sieben mal Flugreise, Hotel, Buffet und eine Stunde vor deren Vertretern labern vermutlich eine lustige erste Jahrehälfte 2006 2007 machen.

Es ist ja nicht so, dass ich mit PRlern nicht rede, einige meiner besten Freunde sind PRler. Ich habe auch schon beruflich mit ihnen zu tun gehabt. Aber sowohl als Journalist als auch als Blogger muss klar sein: Das Maximum, was hier erreichbar ist, ist Koexistenz. Es ist nicht so, dass ich mir nicht auch schon mal meine Gedanken gemacht habe, was mit Blogs und PR alles möglich wäre, ich höre mir vieles an und verdamme da nicht alles in Bausch und Bogen. Aber ich bin für mich zu dem Entschluss gekommen, dass es keine gemeinsame Basis gibt, zumindest nach den mir bislang bekannten Konzepten. Und meistens kommuniziere ich das vergleichsweise gefasst.

Aber vor kurzem hatte ich so einen Moment, da stand hier schon ein Beitrag, der auch für meine Verhältnisse hasserfüllt und voller Wut war. Und zwar so, dass es nicht mehr die Kunstfigur Don Alphonso geschrieben hätte. Da war eine Einladung für einen Kommunikationskongress der “Deutschen Presseakademie” im Adlon. Mal abgesehen davon, dass hinter der depak Presseakademie GmbH mit dem grossen Namen die Geschäftsführer der meines Erachtens journalistisch schäbigen Helios Media GmbH stehen, eine Firma, mit der ich in meiner Berliner Zeit schon mal zusammengeraten bin und die ein gutes Beispiel für den Klüngels zwischen Johurnaille, Lobbyluden und PRoleten ist – mal abgesehen davon also klang die Mail recht verständnis voll, um mal draus zu zitieren:

Das Thema, bei dem wir Sie gerne dabei hätten, ist Krisenkommunikation – aus Sicht eines Bloggers, der manche Krise mitbeeinflusst hat, weil er auf manchen Skandal erst hingewiesen wird. Es geht mir darum, dass Sie erklären, was Sie unter einem skandalösen Verhalten verstehen, welche Abwehrstrategien von Unternehmen das ganze möglicherweise noch viel schlimmer machen und warum vor allem Manipulationsversuche gern mal nach hinten losgehen. Und Sie sollten dabei unser Publikum ganz sicher nicht in Watte packen, sondern sehr kritisch mit Ihnen umgehen.

Auf der Seite der Veranstaltung, die unter Moderation eines typischen Berliner Mediengewächses zwischen allen dort gebotenen Fleischtöpfen laufen soll, finde ich dann folgende Ankündigung für dieses mein Themenfeld:

– Die destruktive Kraft von Blogs & Co.: Gefahren der Internet-Gerüchteküche vorbeugen
– Issue Management: Gefahren-Monitoring von lokal bis global

Dazu hier zwei nüchtern vorgetragene Anmerkungen, mit denen ich dem Honorar aus 965 Euro zzgl. MwSt. pro Person entsage:

1. Blogs sind eine Kultur. Und zwar eine mitunter sehr hochstehende, für die Zukunft des Internets einzigartig vorbereitete und stabile Kultur, die bestehen und über lange Zeit zu einem dominierenden Bereich der Kommunikation heranwachsen wird. Blogs haben Zukunft – PR dagegen nur noch Vergangenheit. Blogs haben keinerlei destruktive Kraft, die destruktive Kraft ist durch das destruktive Wesen von Firmen und Organisationen vorhanden. Diese Kraft war lange Zeit vergleichsweise stabil gelagert. Das ist sie jetzt nicht mehr. Die Zeiten, wo man sich mit ein paar ähnlich destruktiv betätigenden Medien einigen konnte, sind vorbei. Blogs setzen die destruktive Kraft der anderen frei und reflektieren sie auf den Verursacher. Dass ausgerechnet PR Blogs meint als “Internet-Gerüchteküche” bezeichnen zu müssen, nun, um das angemessen zurückgeben, müsste ich meinen sicher nicht kleinen bayerischen Fäkalwortschatz nochmal erweitern gehen.

2. Ja. Bitte. Monitort uns. Kauft Euch schweineteure Berater, die Euch dabei helfen. Und Software. Und Know How. Die Peter Turis, Frank Hubers, Klaus Ecks, Mark Pohlmanns und überhaupt alle Trittbrettfahrer dieser Welt werden begeistert sein, Euch über die Gefahren aufzuklären, im Adlon zu schlafen und dann auch teure Programme unter ihrer Beteiligung vorschlagen, in denen sie Euch armen, verschüchterten PRlern helfend zur Seite stehen. Zusammen mit den internen Abstimmungsproblemen und dem Scheitern dieser Leute, das ich hier kühl lächelnd als sehr gefragter Experte für solche Fälle kostenlos prognostiziere, kostet Euch das ein Schweinegeld. Ich kann das hier offen sagen. Weil Ihr nicht intelligent genug seid, das Kernproblem zu erkennen: Wer keinen Ärger mit den Bloggern will, muss sich einfach ordentlich benehmen. Das ist das ganze Geheimnis. Seid ehrlich, offen, beutet keine Menschen aus, korrumpiert nicht,lügt nicht, versucht nicht, die Leute zu verarschen, kurz, seid einfach genau das Gegenteil von dem, was PR ist, und es wird keine Probleme geben. Euer fieses Dasein ist eben nun mal teuer, werdet nett, und es wird billig. Das ist wie beim Sex: Stinkende, besoffene, versaute Freier mit miserablen Manieren bleibt nur das teure Bordell, der Rest kann den Spass um des Spasses und der Liebe willen haben.

Das allerdings ist so simpel und banal und gleichzeitig für PRler und ihre Helfer so undurchführbar, dass ich damit weder einen Vortrag bestreiten könnte, noch Geld dafür nehmen wollte. Übrigens, wer mal ein Seminar anbieten will nach den Motti “PR-Krisen – Firmen peitschen für Anfänger”, “Kommunikation und Widerstand – was Journalisten in Zeiten der PR-Diktatur von Bloggern lernen können” oder “36 Arten, einen PRler noch vor dem Abendessen zum Kettenraucher zu machen” – für sowas bin ich buchbar. Da komme ich jederzeit gerne. Geld ist da Nebensache, ich bin auch mit einer Semmel zufrieden und einem Platz für den Schlafsack. Das ist es mir wert.

Solange ich den Richtigen helfe, und den anderen schade.

20.12.2006 | 2:37 von DonAlphonso

StudiVZ – Ooops, it just happened

Während eine ganze Reihe von Usern bei StudiVZ nicht mehr reinkönnen – sei es, dass sie versehentlich, oder in einigen anderen Fällen wohl eher gezielt wegen kritischer Einlassungen entfernt wurden, hatten andere dagegen überhaupt keine Probleme, reinzukommen. Das hat Folgen, und die sehen nach aktueller Mitteilung so aus:

StudiVZ is a well-known community for students in Germany. Until recently it was possible to collect the profile data of students quite easily. I will show how the collection was done and present some statistic data won from those user-profiles.

Das sind mal ganz andere Probleme, als irgendwelche Mitglieder, die Links zur Blogbar posten. Ich denke, eventuelle Aufkäufer sollten sich jetzt gut überlegen, ob der Laden wirklich noch viel Wert hat. Die Daten jedenfalls können es nicht mehr sein, die sind draussen. Und sage bitte keiner, man hätte hier nicht laut und deutlich gewarnt, dass genau das passieren würde. Aber offensichtlich wollte es das Management nicht glauben:

So stellen wir den Schutz eurer Daten sicher

Unsere Benutzer vertrauen uns, dass wir

* ihre Daten nie an Dritte weitergeben
* Informationen aus unserer Arbeit nie außerhalb der Tätigkeit bei studiVZ benutzen
* ihre Anliegen bezüglich Privatsphäre respektieren und ernst nehmen
* den Zugang zu den Daten schützen

Und jetzt bekommen sie die Quittung. Übrigens, was man so hört, sollen die Daten sehr frisch sein, also aus einer zeit stammen, als StudiVZ längst wusste, dass der Schutz der Daten eben nicht ausreichend gewährleistet wird. Zu dumm, dass es nicht nur ihre Daten sind, sondern die von allen Mitgliedern. Wie bewertet man eigentlich eine Firma, die mit dem einzigen Gut, das sie neben der jückenverseuchten Software haben, so umgehen? Wie beurteilt man das Management?

Fragen über Fragen.