Warum Bloglesungen gut sind
Nachdem es jetzt in letzter Zeit einige gut besuchte Lesungen mit mehreren Bloggern unter ganz unterschiedlichen Vorraussetzungen gab, ist es Zeit für eine kleine, dreiteilige Zusammenfassung. Warum also? Aus dem gleichen banalen Grund, warum auch Bloggen gut ist:
Weil es Spass macht.
Und das ist, wie übrigens die anderen Punkte auch, ein erheblicher Unterschied zu Lesungen, die man als Profischreiber macht. Wenn ich aus meinem Roman lese, muss ich Performance bringen. Ich bin im Wettkampf mit anderen Autoren um die Gunst des Publikums. Es ist ein Teil des Jobs. Der ist zwar schön, aber dennoch bleibt immer dieses Gefühl im Nacken, dass man hier als Schriftsteller mit einem eingebildeten, idiotischen und trotzdem zu erfüllenden Qualitätssoll konfrontiert ist. Deshalb Lampenfieber, deshalb Stress, deshalb nach der ersten Lesung tot ins Bett fallen – von wegen Literaturgroupies ficken, muahaha, alles Legende.
Natürlich sind diese Gefühle vor einer Bloglesung auch da, aber nicht so stark. Schliesslich sind es ja mehrere Leser. Es geht eigentlich um nichts, ausser um den Spass. Man trifft sich mit den Organisatoren (bei uns waren es alles in allem vier), spricht die Sache bei einem Abendessen durch, macht den Termin fix, verteilt ein paar Aufgaben und spricht über die Texte. In der Woche zuvor treffen sich die Teilnehmer in freudiger Erregung, um das Lesen zu üben, was dann auch manchmal gemacht wird, schmeisst ein paar Texte doch noch schnell vor der Lesung um, und dann ist auch schon der grosse Tag da.
Der Tag, an dem gelesen wird. Vor anderen Menschen. Der Gedanke am Morgen: Bitte, lieber Gott, wenn ich im Laufe dieser Woche sterben muss, dann bitte heute vor der Lesung. Der Gedanke 1 Stunde vor der Lesung: Verdammt, alle anderen sehen so sexy aus, nur ich nicht. Der Gedanke 1 Minute vor dem Beginn: Was zum Teufel mache ich hier? Der Gedanke beim Weg auf das Podium: Ich hasse es. Ich werde mich 1000 mal verlesen. Ich sollte davonlaufen. Ich sollte zumindest einen andere Text nehmen. Beim Applaus: Hey, gar nicht so schlecht. Bei der Aftershow-Party: Geschafft. Nachts um drei beim Döner (laut): Wann ist die meine nächste Lesung?
Dass es so – vergleichsweise harmlos – läuft, liegt unter anderem daran, dass man nicht Alleinunterhalter ist. Es sind noch andere Leute da. Und ein wohlmeinendes Publikum. Und damit kommen wir zum nächsten Punkt:
Weil es das Publikum gibt
Bei der letzten Lesung in Berlin kamen ungefähr 50 Leute. Mit einer Woche Vorankündigung, nur mit ein paar Postings bei den teilnehmenden Bloggern, ohne Pressearbeit oder Flyer, unter der Woche. Wer schon mal in Berlin Lesungen mitgemacht hat, wo nur 6 Leute incl. Verlagsvertreter kommen, kann ermessen, was das bedeutet. 50 Besucher ist schon ziemlich gut. Vielleicht auch mehr als gut, weil manche davon vielleicht sonst nicht auf normale Lesungen gehen. Was daran liegt, dass Blogger aus ihrer Internet-Leserschaft die Zuhörer für die Lesung im realen Leben gewinnen.
Und das ist ein enormer Unterschied zu normalen Lesungen: Bei denen müssen Verlage mit viel Arbeit und Aufwand die Besucher erst mal ansprechen, bewerben, informieren und auf einen Autor scharf machen, den sie eigentlich nur von den Büchern kennen – wenn man Glück hat. Die Beziehung zum Publikum ist bei einem Blogger völlig anders als bei normalen Autoren des Literaturbetriebs. Ein Blogger produziert praktisch ununterbrochen seine Literatur, es ist sehr egoman, daher kennt man ihn und weiss, was einen wahrscheinlich erwartet – und kommt.
Insofern ist es mit Bloggern in den grösseren Städten wahrscheinlich leichter, die Bude voll zu kriegen, als es mit anderen, offen gesagt, unbekannten Autoren wäre. Was nicht heisst, dass Blogs für normale Zuhörer uninteressant wären – als wir auf der Frankfurter Buchmesse sehr kurzfristig eine Lesung gemacht haben, blieben die Leute auch da.
Weil die Aftershow Parties besser sind
Nach normalen Lesungen bleibt immer eine gewisse Distanz zwischen Autor und Besucher. Zum einem liegt das an den unvermeidlichen Durchgeknallten, die einen immer wieder anlabern, oft mit der Bitte, doch ihr unfassbar tolles Manuskript dem eigenen Verleger ans Herz zu legen, an den Nervtötern, die gelehrte Coreferate halten, und den Autobiographikern, die einen vollsülzen, während die kesse Brünette aus der dritten Reihe mit dem Deppen neben ihr abzieht, statt gefälligst zu warten und einem als Literaturgroupie das schwere Autorenleben zu versüssen.
Diese Probleme gibt es bei Bloglesungen nicht. Es löst sich alles schnell in eine eher lockere Atmosphäre auf, weil einen die meisten Zuhörer schon irgendwie kennen, und man kann relativ schnell auf einer Ebene miteinander reden. Es gibt kein Gefälle, es ist auch nicht so verkopft wie bei normalen Lesungen, wo meistens das Buch das Thema ist. Man bleibt weitaus länger zusammen, hat andere und bessere Themen, es ist eben eher Party als der lesungstypische kleine Weinumtrunk mit Salzstangerl und Etepetete.
Zusammengefasst:
Es ist sehr anders als normale Lesungen und im Literaturbetrieb, definitiv auch für Einsteiger geeignet, leicht und ohne grossen Aufwand oder Kosten durchzuführen, und wenn man danach laufend angesprochen wird, doch bitte mehr davon zu machen, ist es eine runde Sache – bis auf die Dinge, die hier morgen besprochen werden.
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Das muss sich nicht nur auf Bloggerlesungen beziehen. Ich hatte letzten Freitag die Ehre, anlässlich der Präsentation einer Münchner Literaturzeitschrift zu lesen, und die Situation war die gleiche. Ich denke, das liegt daran, dass die Zeitschrift von Enthusiasten gemacht wurde und dieselbe Voraussetzung gegeben war wie bei Bloggern: Das Publikum kennt sich untereinander, ist wohlwollend und das Ganze ist mehr Party als Vortrag (was mich nicht gehindert hat, scheißnervös zu sein). Ob Blogger oder nicht, man müsste grundsätzlich so etwas viel öfter selbst in die Hand nehmen und organisieren. (Außerdem könnt ihr auch mal was in München machen und nicht nur immer in Berlin, dammit).
Ich sag nur ein Wort: Juni.
zu tun, und Kritik muss man ertragen können” reagieren. Lesungen bringen ßrger Im vorrausgehenden Artikel wurde beschrieben, wie das Fehlen gewisser Charakter […]