Ich bin etwas voreingenommen. Ich halte Leute, die in der New Economy an führender Stelle in Startups auf die Schnauze gefallen sind, für nicht mehr in normale Geschäftsprozesse integrierbar. Ist nicht böse gemeint, nur ein Erfahrungswert. Wer damals ™ den Irrsinn mitgemacht hat, hat in der Regel seinen Hau weg. Die Leute haben erlebt, dass alles, auch der allerletzte Scheiss ging und dass man mit jedem Dreck irgendwie durch kommt. Sowas prägt. Und die Lehre aus der Geschichte ist für viele dieser Leute nicht, dass sie das falsche System loswerden müssen; die Lehre ist, dass sie es das nächste Mal mit der gleichen Masche, aber etwas geschickter anstellen. Die Samwers mit StudiVZ, Turi mit Medien2, es ist immer das gleiche dreiste Spiel in Neuauflage. Und mit Sascha Lobo sitzt beim Blogwerbenetzwerk adical einer an den Hebeln, der auch nicht gerade was kapiert zu haben scheint.

In meinen Augen geht es um das Mass an transprarenter Käuflichkeit, das man mit seinem Gewissen noch vereinbaren kann. Denn im Gegensatz zu der durchgelutschten Glaubwürdigkeit halte ich etwas von Gewissen und etwas, was man als Moderne Moral bezeichnen könnte.

sagte Lobo vor neun Monaten im Interview. Inzwischen hat Lobo im Verbund mit Johnny Haeusler rund 30 Blogger gefunden, die sich voin ihm transparent verkaufen lassen wollen. Zum Startschuss bekommt Adical eine nicht ganz undankbare Plattform: Thomas Knüwer vom Handelsblatt hat ihm ein paar Fragen gestellt und darüber einen Artikel verfasst – und Folgendes umkommentiert stehen lassen:

Monatlich sei ein knapp vierstelliger Euro-Betrag pro dauerhaft gebuchtem Banner realistisch, glaubt Lobo. Voraussetzung: 2000 Leser am Tag, was die meisten Weblogs mitbringen, die bei Adical mitmachen.

Mal abgesehen davon, dass die geplanten Tausenderkontaktpreise von 20 bis 60 Euro absolute Mondpreise sind: Das kommerzielle Videoblog Ehrensenf wurde mehrfach abgewatscht, weil sie geschönte Userzahlen veröffentlicht haben. Bei Riesenmaschine hatte man auch schon mal rund drei mal so hohe Besucherzahlen veröffentlicht, als tatsächlich von den üblichen Countern wie Blogscout ausgespuckt wurden. Und dann war noch die Lachnummer vom Börsen-Koch und seinen 40.000 Besuchern am Tag.

Und ich denke, dass Lobo auch genau die Zahlen von Blogscout kennt und weiss, dass von den 30 Adical-Mitgliedern höchstens 10 über 2000 Leser am Tag kommen, inclusive Googlebesucher. Die grosse Mehrheit liegt aber weit, weit darunter, in der Regel sind es bei den kleineren Blogs ein paar hundert Besucher. Soviel dann zum Thema “durchgelutschte Glaubwürdigkeit”. Ein Werbevermarkter, der in Deutschlands grösster Wirtschaftszeitung die Zahlen des Netzwerks mal eben verdoppelt, wird sicher Spass haben, wenn er später mal erklären muss, warum die Zahlen doch nicht so doll sind: Eigene Serverstatistiken wäre eine beliebte Schutzbehauptung. Immer das gleiche. Wieso versucht es nicht mal jemand mit guter, alter Ehrlichkeit? Ein paar hundert echte Besucher sind unendlich viel besser als tausend erfundene Marketingbesucher. Wenn es gut läuft, kann man die Zahlen immer noch nach oben anpassen. Aber es sind genau diese Windbeutelsprüche, die dem Geschäft mit den Blogs von vornherein den faden Beigeschmack vermittelt haben. Dass Adical da mitmacht, ist verdammt unschön.

Anyway: Wie zu einem “Premium-Angebot” ein PSP-Blog eines gewissen Mario B****** von der MimoTec Media (wer googlen kann, wird finden) gehören kann, ist erstmal das süsse Geheimnis von Adical. Oder hat da einer bei der Recherche nicht aufgepasst?