Da schreiben manche also ein paar Jahre ins Netz, wollen irgendwann auch Geld dafür, und am Ende steht da ein Banner für eine rührend anmenschelnde Kampagne eines Netzwerkausrüsters, der auch ziemlich unmenschlich kann, und dann kommt der Boss von das Ganze daher und versucht es mit einem Denkverbot, das Kritiker gleich mal in einen Totalitarismus schiebt, für den sein Werbekunde arbeitet. Das nennen er und seine Freunde dann “Professionalisierung”. Dabei immer schön die Augen zu und durch, selbst wenn man vor zwei Jahren noch gerade bei so einem Kunden ganz andere Sachen gesagt hätte.Wollte man jetzt auf die Schnelle 20 Links anderer Blogs und eine Generaldebatte einsammeln, müsste man sich nur noch anschauen, wie die Campagne von Cisco mit ihren klar gekauften/gefakeden Testimonials und “Stories” aussieht, und den Vergleich zu Pleiten wie Wal-Mart/Edelman und Coty/technosexual ziehen. Dass das noch keiner gemacht hat, zeigt meines Erachtens recht deutlich, wie die Werbung auf den dafür völlig unpassenden Blogs ankommt: Überhaupt nicht. Es hat keiner gemerkt. Hier Geld und Firma, da Plattform und Blogger, das mit Tausenderkontaktpreis verrechnet und schon stehen wir im drögesten aller altbekannten Werbegeschäfte, dumm, sinnlos und nicht wirklich schön für alle Beteiligten. Ausser Cisco, die sicher sein dürften, dass sich immer einer des Pro-Werbe-Mobs finden würde, denen die Helfer der chinesischen Mörder näher sind als Blogger, die das nicht so toll finden. Schliesslich geht es um das Geld, und man liest bei denen oft, dass erst das Fressen kommt, und dann die Moral.

Es ist meines Erachtens grundfalsch, hier von “Professionalisierung” zu reden. Werbung auf Blogs wird nie derartig professionell sein können wie – theoretisch (!) – und manchmal auch praktisch in Qualitätsmedien, die personell zwischen Werbeverkauf und Redaktion trennen. Blogger sind nun mal Autoren und Verkäufer ihrer Werbeflächen in einer Person, dazu kommt dann noch die faktische Privatklüngelei dieser Netzwerke, die schon lange da ist, nur jetzt eben auch noch eine wichtige monetäre Facette erhält. Geschichten darüber, dass Bloggen dennoch komplett unabhängig stattfindet, bitte der Grossmutter erzählen, den wahren Rest findet man hier in den Trackbacks, Stichwort Nibelungentreue.

Für mich stellt sich aber eine ganz andere – erst mal theoretische – Frage: Gibt es nicht doch eine Möglichkeit, das eigene Schreiben zuerst komplett von der Vermarktung der Leser an den Werbetreibenden zu entkoppeln, und diese Vermarktung dann so zu gestalten, dass der Leser von der Werbung so wenig wie möglich verarscht und genervt wird, sondern davon einen Nutzen hat. Es gibt genug Beispiele, wo sich Menschen Werbung gerne und mit Freuden antun – man gehe einfach mal zu den eigenen Eltern und schaue nach, wie viele Reiseprospekte die so im Jahr einsammeln. Und auch ich selbst suche mir vor einem Trip ins halbwegs Unbekannte ein paar Informationen zusammen, und bin dabei dankbar über Werbung für Hotels im Internet. Vergleichen kann ich dann schon.

Wenn die Werbeinformation wichtig ist – beispielsweise im Auktionskatalog – dann zahlen manche auch dafür enorm hohe Preise. Weil sie dafür einen ordentlichen Gegenwert bekommen. Wie machen das die grossen Versteigerer? Die gehen in Vorlage, sie publizieren erst mal ein Buch mit qualitativ hochwertigen Bildern und Texten, die zur Orientierung dienen, das Angebot erklären und falsche Entscheidungen verhindern helfen. Die Ersteller haben eine klar definierte Zielgruppe, und Gegenstände im Angebot, deren Verkauf die Erstellung der Texte und das Auktionshaus refinanziert. Und keiner kommt sich verarscht vor. Sage keiner, dass Werbung mies sein muss und nicht allen Beteiligten Gewinn bringen könnte. In diesem Fall ist Werbung schlichtweg ein faires Geschäft, nicht mehr und nicht weniger.

Nun sind diese obigen, meines Erachtens wenig schönen Vermarktungsideen nicht gerade neu, und vor einem Jahr habe ich mir schon mal überlegt, ob es nicht bessere Alternativen gibt. Ich kam zufällig drauf, weil es in meinem Blog oft um Restaurierung alter Gebäude geht, und dazu oft Fragen und Sucher über Google reinkommen. Das ist der sog. “Long Tail”, da suchen Leute gezielt nach Informationen und finden sie auch. Und das nächste, was dann kommt, ist die immer gleiche Frage: Wo bekomme ich sowas her. Und hier könnte dann wirklich schmerzfrei die Werbung ins Spiel kommen. Denn mein Beitrag hat einen Nutzwert, er ist immer noch aktuell, er ist ehrlich und unbeeinflusst von Werbern, und wenn ich diesen Archivartikel mit Werbung versehe, erreicht die Werbung genau die Zielgruppe, ohne dass es tausende anderer Leser jeden Tag auf der Startseite nervt.

Es gibt da einen Haufen Marktlücken. Um mal ein Beispiel aus meinem Alltag zuu bringen: Cabriotouren. Man suche mal im Internet nach Cabriotouren rund um München. Oder Düsseldorf. Oder den schönsten Weg zwischen Ingolstadt und Frankfurt. Oder einen Strassenplan der Mille Miglia. Man findet zwei, drei komplett abgelutschte Strecken. Man fände die Strecken auch in Printprodukten, aber wer hat schon 5 Jahrgänge Autozeitschriften rumliegen oder wartet einen Monat, bis die nächste Nummer mit der ersehnten Tour kommt? Hier hat das Internet sagenhafte Vorteile gegenüber jedem anderen Medium, angefangen bei der ständigen Verfügbarkeit bishin zur Verknüpfung mit Google Maps. Und bitte: Diese “Marktlücke” ist ein Multimillionenmarkt mit genau der Zielgruppe, die auch im Internet ist.

Und hier könnte man meines Erachtens alles zusammenbringen: Das Bloggen, denn mit einem Blog kann man Reisen genauso erzählen, wie es passiert. Schliesslich ist ein Blog ein Web-Logbuch. Es kann den gleichen Informationsanspruch wie ein Auktionskatalog haben. Man kann die Kultur erklären, die Augen öffnen, die geschichtlichen Zusammenhänge aufzeigen und die geheimen Schönheiten offenbaren. Das alles ist beim Reisen kostenlos. Sonne, Kurven, Pinienduft, Vergangenheit, das ist einfach da. Es gibt keinen Grund, Schönheit zu verschweigen. Es gibt aber auch keine Möglichkeit, alle 14,583 Hotels Umbriens zu testen. Und genau diese finanzielle Dimension, angefangen von den Betten über das Essen bishin zur Kurtaxe und den Liegestuhlpreisen am Strand – diese Dimension kann man den Werbetreibenden überlassen. Ist auch nichts anderes als ein Reisekatalog, dann aber im Kontext mit einer Reise und per Internet leichter zugänglich. Und wer schon mal eine italienische Fremdenverkehrswebsite gesehen hat, versteht auch instinktiv, warum für Reisende aus Deutschland ein deutsches Blog sicher besser ist.

Das ist die Idee, die mir kam, als ich andere kommerzielle Reiseblogs gesehen habe, das ist das, worauf in diesem Kommentar eine feige anonyme Sau anspielt, weil einer, mit dem ich darüber gesprochen habe, offensichtlich das Maul nicht halten konnte und bei der Gelegenheit gleich diese komplexe Überlegung zu “der sucht nen Sponsor” umgelogen hat. Es bleiben bei solchen Spezialblogs natürlich Unwägbarkeiten. Es ist sicher alles andere als einfach, für solche Pläne Werbekunden zu finden. Ausserdem muss man dafür echte Qualität liefern, erst mal unbezahlt und mit persönlichem Risiko. Dazu kommt, dass Reisejournalismus gewohnheitsmässig das kommerzverstrahlte Mediengebiet No. 1 ist. Man muss klar machen, dass man etwas Besonderes liefert, was es nur hier gibt: Qualität, Vertrauen, unabhängige Information, Zielgruppe. Ich denke, es ist ein höllisch schwerer Job, so etwas einer Branche zu verkaufen, die davon lebt, Johurnaille zu schmieren und Unabhängigkeit als ähnlich real wie das Einhorn betrachtet. Und natürlich ist es ein Weg, den die Tonnenraussteller, die jetzt einfach Geld für das gleiche Zeug wie früher wollen, nicht gehen können. Kurz: Es ist eine steinige Strecke, man muss sich da, wo sich klassische Werbeschalter moralisch verbiegen, auf die Besucherzahlen schielen und sich deshalb einen abbloggen, gewissen inhaltlichen Zwängen unterwerfen. Man könnte es deshalb wirklich “Professionalisierung” nennen, und nicht nur Bloggerschlussverkauf. Ich persönlich finde die Idee immer noch prima, habe jedoch keine Lust und auch nicht den Zwang, so etwas umsetzen zu müssen. Aber es erscheint mir immer noch sinnvoller und bloggerechter als das Schielen auf möglichst hohe Tausenderkontaktpreise, die nun mal nichts anderes sind als der Direktverkauf der Blogbesucher. Was mich einfach, pardon, ankotzt. Denn ich bin nicht ein Stück Clickvieh, ich bin jemand, der sich für einen Blogger interessiert, und es widert mich wegen der persönlichen Dimension an, wenn dieses Interesse en gros an den nächsten Werbezuhälter verkloppt wird.

So nicht, Freunde der Blasmusik. Entweder sind Blogger besser und anders als normale Medien, dann haben sie auch andere, bessere Werbeideen. Oder sie machen den gleichen Scheiss wie alle anderen. Dann brauche ich sie aber nicht mehr.