Denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann,
Das sind sie alle, alle ehrenwert
shakespeare, julius cäsar, 3. Aufzug, 2. Szene

6 Jurymitglieder, ein Veranstalter – und Mario Sixtus kennt sie alle nicht erst seit gestern, einer ist sein Kunde und ein anderer war sein Kollege, der Veranstalter duzt ihn. Zuerst war das mit der Nominierung des zurückgetretenen Grimme Online Award Jurymitglieds Mario Sixtus – und angesichts dieserhysterischenDiskussion – für Grimmepreisträger Stefan Niggemeier so:

Aber schon der Vorwurf der „Mauschelei” ist abwegig: Mauscheleien sind „geheime Absprachen”; die Entscheidung der Jury, ein Bis-gerade-noch-Jurymitglied zu nominieren, geschah aber in aller Öffentlichkeit und jeder konnte sich seine Meinung dazu bilden.
(http://www.stefan-niggemeier.de/blog/grimme-und-die-kirche-im-dorf/)

Nun, Stefan Niggemeier muss es am 3. Juni wissen wissen, er war ja selbst schon ein paar Mal in der Jury für den Grimme TV-Preis. Er kennt die wenig schmeichelhaften recherchen und Informationen der “Hysteriker”, verwendet sich aber für den Grimme Online Award, weil er ihn ja kennt. Sollte man meinen.

Jetzt (20.6.2007) hingegen ist es so:

Viele der Kritiker aber haben bis heute den Ablauf der Entscheidungen nicht richtig verstanden. Sie sehen in der Entscheidung der Jury, den nachnominierten Kandidaten aus ihrer Mitte nun auch noch auszuzeichnen, eine Bestätigung dafür, dass die Jury die Kritik nicht nur ignoriert, sondern sich auch noch extra trotzig über sie hinwegsetzt. Dabei ist diese Entscheidung bereits vor dem ganzen Wirbel gefallen. Und wer das Abstimmungsverfahren bei Grimme kennt (ich war einige Male in der Jury des Grimme-Fernsehpreises), weiß: Wenn eine Jury jemanden nachnominiert, hält ihn eine Mehrheit der Jury vermutlich auch für preiswürdig – deshalb sind Nachnominierte immer besonders heiße Kandidaten dafür, tatsächlich einen Preis zu bekommen.
(http://www.stefan-niggemeier.de/blog/die-preisfrage/)

Hervorhebungen sind von mir. Und dann meldet sich in den Kommentaren noch Alexander Svennson von der Nominierungskommission des Grimme Online Award zu Wort und präzisiert:

Die Jury hat zuerst über Nachnominierungen entschieden – denn das ist ja die Voraussetzung dafür, überhaupt einen Preis zu bekommen. Dann hat sie über die Preise entschieden. Beides fand aber nacheinander im Mai im Laufe von zwei Tagen statt. Die Nachnominierungen wurden danach bekanntgegeben, die Preisträger erst… später. (Vom Publikumspreis abgesehen standen die Preisträger daher fest, bevor irgendeine negative Reaktion auf die Nachnominierungen hätten kommen können.)
(http://www.stefan-niggemeier.de/blog/die-preisfrage/#comment-18118)

Nun, da hat die Jury ihr Exmitglied, dessen Stuhl noch warm war, also nicht nur ohne alle Öffentlichkeit nominiert, sondern auch gleich gewählt und dann erst die Erklärung der Nominierung rausgeschickt. Nochmal der Ablauf: Die Jury schlägt Sixtus vor, Sixtus tritt irgendwenn im Verlauf der Sitzung zurück, nach den Behauptungen entweder vor oder nach dem Vorschlag, dann wird er nominiert und danach von den Leuten, mit denen er gestern am Tisch sass, auch gleich noch gewählt, und dann setzt sich die Jury noch zusammen und schreibt einen Brief, warum sie ihn nominiert hat, einen zweiten Brief, warum sie ihn gewählt hat, und der wird dann ein paar Wochen später veröffentlicht.

Und wir abwegigen Hysteriker haben trotz der “in aller Öffentlichkeit” stattgefundenen Entscheidung einfach “nicht richtig verstanden”. Dass es absolut keine Mauschelei gab. Weil der mit allen Beteiligten bekannte Sixtus doch ohnehin durch die Nominierung ein “besonders heißer Kandidat” war.

Denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann. Das sind sie alle, alle ehrenwert. Der Chef des Grimme Instituts, der Interviews mit seinem Ex-PRler macht und die Statuten gewahrt sieht, die Jury, die mal eben einen der ihren schnell und fast direkt zum Preisträger macht und dann zwei Erklärungen schreibt, die verheimlichen, dass die Entscheidung ohnehin längst gefallen ist und die Nominierung faktisch der Preis ist, die PR-Frau, die den Bloggern nachweist, dass sie es nicht richtig darstellen, und dann noch der aufrechte Blogger, der in seinen Beiträgen genau das kritisiert, was ohnehin unübersehbar ist, aber als Jurymitglied in Marl alles toll findet, und alles andere, jede weitergehende Überlegung sind für ihn boshafte Unterstellungen von “Hysterikern” und “Verschwörungstheoretikern” und “Schreihälsen” und “verblendet”. Und danach treffen sie sich alle in Köln am Buffet und gratulieren sich zu ihren ausgezeichneten Leistungen. Wäre ja noch schöner, sich von den Hysterikern da irgendwas einreden zu lassen.

Denn diese Leute da sind alles – aber keine ehrenwerten Männer wie die in Marl, die laut Niggmeier “eine der unbestechlichsten Institutionen in der deutschen Medienlandschaft” sind.