Gruner + Jahr setzt voll aufs Internet, wie sich andere auf die Tretminen setzen. Letzte Woche war voller Ãœberraschungen, die Journalisten zu denken geben sollten: Da wurde die Einrichtungszeitschrift “Decoration” abgedeckt, und die Mitarbeiter müssen jetzt buchstäblich vor die Hunde gehen. Geld fliesst gleichzeitig nicht in klassische Medien, sondern in Mitmachprojekte im Internet. Und ausserdem wollte man aus der zeitschriftenbegleitenden Website Eltern.de die “größte Informations-, Kommunikations- und Shoppingplattform für Familien in Deutschland” machen. Und griff dabei in Frage der AGB und der Verwertung aller von den Usern erstellten Inhalte massiv daneben, und provozierte so einen hübschen Aufstand.

Nach diesem gescheiterten Inhalteraubzug hat da wohl jemand begriffen, dass sie AGB, wie sie geplant waren, vermutlich vor Gericht wenig Chancen gehabt hätten. Aber statt nun eine akzeptable Lösung zu präsentieren – wurde der Hunnensturm neu verpackt und erneut vorgelegt. Der fragliche Abschnitt liest sich jetzt so:

13. Nutzungsrechtseinräumung
13.1 Sämtliche Rechte an Beiträgen von Nutzern, zum Beispiel in Foren und im Familiennetz, verbleiben beim jeweiligen Nutzer mit der Maßgabe, dass der Nutzer dem Betreiber mit dem Einstellen seines Beitrags das Recht gibt, (1) den Beitrag dauerhaft auf der Plattform öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG) und (2) den Beitrag, soweit es sich um einen Textbeitrag handelt, in den Zeitschriften der ELTERN-Gruppe zu vervielfältigen (§ 16 UrhG) und zu verbreiten (§ 17 UrhG) oder bei Werbung aller Art für die Plattform auf jede Weise zu nutzen.

Aber hallo! Da pfeift mein Schwein aber die Raubmörderpolka! Die §§ 16 und 17 der Urhebergesetzes haben es in sich. Wer demzufolge seine Rechte “einräumt”, gibt sie weitestgehendst ab. Und zwar zeitlich und räumlich unbeschränkt:

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

(2) Eine Vervielfältigung ist auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt.

Umfassender als §§ 16 und 17 geht es nach deutschem Recht schlichtweg nicht. Und so weitreichende Abtretungen sind gemeinhin auch bei journalistischen Arbeiten ungewöhnlich. Aber mit so einem Internetnutzer meint man das bei Eltern.de machen zu können. Eine andere Frage wurde, nun, mutmasslich übersehen. Wer sich auf die §§ 16 und 17 beruft, also Rechte derartig absaugt, muss sich auch mit dem dann folgenden § 32 auseinandersetzen, in dem steht:

(1) 1Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. 2Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. 3Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) 1Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. 2Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

Dazu sehen die neuen Eltern.de-AGB natürlich nichts vor. Keine Vergütung, nirgends. Statt dessen muss er damit rechnen, im Gegenteil an Eltern.de Geld abzuführen, wenn es rechtliche Probleme geben sollte. Die AGB führen nämlich weiter aus:

13.3 Der Nutzer stellt den Betreiber und mit dem Betreiber gem. §§ 14 ff. Aktiengesetz verbundene Unternehmen, seine bzw. ihre gesetzlichenVertreter und/oder Erfüllungsgehilfen von berechtigten Ansprüchen Dritter frei, die gegen den Betreiber und mit dem Betreiber gem. §§ 14 ff. Aktiengesetz verbundene Unternehmen, seine bzw. ihre gesetzlichen Vertreter und/oder Erfüllungsgehilfen aufgrund der Nutzung der in diesen Nutzungsbedingungen eingeräumten Rechte geltend gemacht werden. Der Nutzer übernimmt die dadurch beim Betreiber, mit dem Betreiber gem. §§ 14 ff. Aktiengesetz verbundenen Unternehmen oder seinen bzw. ihren gesetzlichen Vertretern und/oder Erfüllungsgehilfen entstehenden gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Rechtsverteidigung.

Sprich: Wenn geklagt wird – ist der Nutzer dran. Wenn er dieses Ding da unterschreibt. Es wird keinen überraschen, wenn ich da dringenst abrate.