14.10.2005 | 4:13 von DonAlphonso

Toitsches Gizmodo mag keine Kritik

Die deutsche Version der Website Gizmodo, auf die man als deutscher Besucher angeblich wegen spezieller Cookies – zu andeutelt zumindest Gizmodo USA – umgeleitet wird, ist zwar immer noch grottenschlecht geschrieben, was halt passiert, wenn ein paar staubtrockene Computerredakteure plötzlich witzisch ohne Grenzen sein wollen. Und beim PR-Blogger Klaus Eck, der selbst für VNUnet.de tätig ist, kann die Projektleiterin pr-mässig schwärmen:

Das Blog stößt bei den Lesern, die wir im vnunet haben, auf reges Interesse, und es erreichte uns viel aufmunterndes Feedback.

Nur ist davon auf der Seite nichts zu sehen gewesen. Statt dessen gab es schon schon unter den die Umleitung erklärenden Worten einige kritische Kommentare, die überhaupt nicht glücklich, sondern eher genervt von der aufgezwungenen Verarsch Massnahme waren. Jetzt hat man dieses Intro entfernt, und die Kommentare gleich mitgelöscht ganz weit nach hinten verfrachtet, wo man schon sehr ganau danach suchen muss. Vermutlich rechnet man damit, dass die Leute das Maul halten und kaufen – und nicht ihren Weg im Netz selbst bestimmen wollen, oder sich gar öffentlich beschweren. Aber das ist ja jetzt Geschichte.

Damit sie auch morgen noch kraftvoll bei ihren Mitarbeitern in gestellten Interviews von viel aufmunterndem Feedback schwärmen können.

12.10.2005 | 16:26 von DonAlphonso

Stadtblogs – vernetzt oder vergoogelt.

In Zeiten der Werbeflaute streichen Zeitungen vor allem dort, wo sie kaum Konkurrenz haben. Das ist zumeist die Lokalberichterstattung, wo Praktikanten die Redakteure ersetzen und Leher aus Kleinflohburg die dortigen Schützenvereine abdecken. Aber auch grosse Zeitungen machen da mit – so ist der Lokalteil der Süddeutschen Zeitung schon seit Jahren ein Trauerspiel, dargeboten von Leuten, die auch ganz gerne an den Tischen der Politik mitbestimmen würden, aber inhaltlich die Qualität bringen, die man nun mal so bringt, wenn man veraltete Pressemitteilungen abtippt – schöne Grüsse an die lokalen Kulturseiten.

Kein Wunder also, wenn sich gerade auf dem Münchner Markt neue Angebote entstehen. Neben dem schon etwas älteren Minga.de (nachdem die aktiv Suchmaschinen-“Optimierung” betreiben hier kein Link, sorry) gibt es jetzt auch noch Münchenblogger.de. Beide sind Blogs – aber man kann an ihnen erkennen, wie unterschiedlich Stadtblogs gemacht werden können.

Denn Minga.de ist, vorsichtig gesagt, relativ untypisch für ein Blog. Es gibt keine Blogroll und auch sonst herzlich wenige Links nach “Draussen” – es sei denn, es geht zu Partnern wie die Stadtportal 089.com, zu Kleinanzeigen oder zu Werbung – was nicht verwundern darf, schliesslich ist Minga.de ein kommerzielles Angebot, mit dem die Redakteure und Gründer Jörg Stengel und Patrick Gruben den Medien auf totem Holz einheizen wollen. Auf deren Basis gab es früher eine Presseschau – also “Lesen sie heute morgen im Blog das, was gestern Abend schon in der Zeitung stand und am morgen schon bei Sueddeutsche.de. Dieses leicht anachronistische Feature ist aber inzwischen weggefallen. Statt dessen bringt Minga.de oft Umformuliertes aus dem Polizeibericht, der laufend aktuelle Nachrichten ausspuckt – Links zur dieser Quelle, wie in der Blogosphäre üblich, unterbleiben aber, bei anderen Medien sind sie oft da. Die Kultur ist geprägt von den Betätigungen und dem Umfeld von Patrick Gruban, der in München einer der Kuratoren eines städtischen Projekts ist. Dann gibt es auch Links – ansonsten ist Minga.de mit einer enormen Kommentarleiste die Umsetzung eines vertikalen Portals in ein Blog. Interaktion mit anderen Blogs findet kaum statt, man gibt den Lesern kaum Möglichkeiten, über Minga.de ins Netz oder auch nur zu anderen Münchner Seiten weiterzusurfen. Im Kern also nichts anderes als bei Spiegel.de und anderen Nachrichtenseiten.

Nun konnte man bislang sagen, dass es halt so ist – jo mei. Wäre da nicht der Newcomer Münchenblogger von der Agentur/Projekt (?) Monacomedia. Und die machen alles ganz anders, die Seite ist voller Links nach draussen. Man kann darüber streiten, ob die Übernahme Münchner Blogger von Blogplan.de von besonderer Kenntnis der lokalen Blogosphäre zeugt, aber es gibt diese Links zu örtlichen Bloggern zumindest. Was ich ganz hervorragend finde: Es gibt Informationsseiten zu vielen örtlichen Einrichtungen und – natürlich – auch dort die Links. Und zwar weitaus übersichtlicher, als das die Stadt München selbst mit ihrer grauenvollen und schweineteuren Website schafft. Statt dem neuesten Taxler-Unfall bringt Münchenblogger eher allgemein kulturelles Stadtleben für Leute zwischen 20 und 40 – würde ich das Profil mal umschreiben. Mit an Bord ist die durch eine Blogumfrage unter Mitwirkung einer leicht komischen Umfragefirma zu mittelmässiger Berühmtheit gelangte Lisa Sonnabend. Bei manchen Beiträgen steht die Quelle – allerdings ohne Verlinkung dabei.

Im direkten Vergleich könnte man sagen, dass Minga.de als Blog eigentlich dicht machen könnte – keine klar umrissene Zielgruppe, wenig eigenständige Inhalte, keine Einbindung in die Blogosphäre, eine vertikale Struktur mit dem Ziel, den Leser so weit wie irgend möglich zu halten und bloss keinen Traffic abzugeben – Bloggen ist was anderes. Und dann ist da natürlich noch die Geschichte mit der Suchmaschinenoptimierung, die ab und an auch eingestanden wird. Nun könnte man sagen, was sollŽs, kann doch jeder bloggen wie er will. Stimmt schon. Aber als kommerzieller Anbieter kann man es sich kaum leisten, gegenüber der Konkurrenz so alt, so nach Onlineportal von “totem Holz”, Zitat Jörg Stengel, auszusehen.

10.10.2005 | 15:14 von DonAlphonso

Tschö, Gizmodo.

Wer dachte, die miese deutsche Übersetzung des Gadget-Blogs Gizmodo wäre schon die unterste Schublade beim Thema Old Media und New Weblogs, sieht sich grausam getäuscht: Gibt man hierzulande die normale Gizmodo.com-URL für das amerikanische Original ein, landat man jetzt automatisch auf der deutschen Seite, mit folgender, im übrigen unsauber gecodeten Erkärung:

Welcome to Gizmodo Germany! 15.10.05

If you are being redirected here after entering www.gizmodo.com and want to visit Gizmodo USA, please click on the US flag up right.
We are very sorry for any inconvenience. < / ds >

Kurz, VNU und die Gizmodo-Mama Gawker glauben, Interessenten für Tech-Spielzeug sind zu blöd, die richtige URL einzugeben und Englisch zu verstehen. Das ist gar nicht gut, das. Zumal sie hierzulande selbst zu mangelintelligent sind, mit den HTML-Tags umzugehen.

7.10.2005 | 12:48 von DonAlphonso

Schwanz ab!

Liste, liste den Schwanz nur noch ein Weilchen,
Dann kommt Frau Neuro mit dem Hackebeilchen.
Da spritzt das Blut, da quellen die Gedärme,
Sowas sieht der Blogbar-Blogger gerne.

Die Subdomains, aha – damit kann man Blogcounter.de und die berüchtigte Topliste austricksen. Jetzt wird mir einiges klarer. Zum Glück, munkelt man, kommt bald Rettung. Und ein anständiger Counter von einem anstänigen Anbieter. Vergesst Blogcounter.de.

4.10.2005 | 1:57 von DonAlphonso

Babelfish war auch schon mal besser

Anders kann ich mir so wunderbare Formulierungen wie das hier nicht erklären:

Vorneweg, wenn man sich einen Namen gibt wie A-1 Quality Products, sollte man besser irgend etwas verdammt beeindruckendes zu bieten haben, damit ich nicht einen Boykott anzettele. Nachdem das nun gesagt ist, A-1 QP hat ein weiteres iPod Case mit nem “i” im Namen rausgebracht, die iKeychain (Schlüsselkette).

oder

Ist das nicht abgefahren? Zuerst habe ich lange überlegt: Was ist das nur? Nun, der RAD-OP1000 ist ein leistungsstarker, kabelloser Highspeed Vernetzer. Gebäuden, die bis zu 120 Meter voneinander entfernt sein können, werden so miteinender auf optischem Weg vernetzt.

Die Fehler sind original. Man mag es kaum glauben, aber das kommt dabei raus, wenn man das ehrwürdige Gadget-Blog Gizmodo inkompetent ins Deutsche überträgt und auch noch mit einem staubtrockenen IT-Verlag wie VNUnet kooperiert. Der deutsche Ableger, oh Wunder, übersetzt einzelne, aber bei weitem nicht alle Meldungen der Amerikaner – weshalb wahrscheinlich auch keinAutor unter den Beiträgen steht. Vermutlich hat VNUnet einen Sonderschulschwänzer unerfahrenen Ferienjobber auf die Texte mit Babelfish angesetzt, der braucht halt etwas Zeit beim komplexen, mehrfachen Kopieren und Pasten, und deshalb eignet sich Gizmodo.de mit seiner schwachen Updatefrequenz nur begrenzt zur Dauerfolter von Englischlehrern.

Deutsche Medien und Blogs, ein Trauerspiel in unendlich vielen Kapiteln. Was bitte nicht heissen soll, dass die vielen mehr oder weniger privaten Gizmodo- und Engadget-Abschreiber Gadget-Blogs in Deutschland recht viel besser wären – Ausnahme Mac Essentials, der Rest wird draufgehen wie Ratten im Käfig sich bald konsolidieren, nehme ich an.

4.10.2005 | 1:20 von DonAlphonso

Gebt mir endlich einen ordentlichen Blogcounter

Ich meine Euch, Ihr Blogprovider. Blogg.de, Twoday, Antville, oder ein halbwegs seriöser Anbieter mit Leuten, die nicht den Hype mittanzen wollen. Genau ihr. Macht mir ein feines Mess- und Statistiktool nur für Blogs.

Es muss nicht im Mindesten fancy aussehen. Es soll Statistiken und Funktionen haben wie Nedstatsbasic es hatte, bevor es Webstats4u wurde, Ressourcen frass und ausserdem auch noch nervige Pop-Ups verschickte. Ich will entscheiden können, welche Funktionen ich öffentlich mache, und welche nur ich sehen kann – die Besucherzahlen kann jeder gerne wissen, aber die IPs gehen niemanden was an. Euch übrigens auch nur sehr begrenzt; ich hoffe, wir sind uns einig, dass Datenerhebung meiner Nutzer echt Scheisse ist. Dafür könnt ihr dann Werbung schalten ohne Ende, ist ok für mich.

Es soll kein schlechtes System sein. Es soll mir sagen können, wer alles per RSS dabei ist, wenn ich es zulasse, und es soll den Referrerspam ausschliessen. Ich hätte auch gern gewusst, wieviel Prozent von Suchmaschinen kommen, wiviel von anderen Seiten und wieviele mich direkt ansteuern. Und das ganze soll mir täglich oder wöchentlich per Mail eine Zusammenfassung schicken, damit ich das alles habe. Und es mir nicht mühsam rausspeichern muss, wie demnächst, wenn ich Webstats4u kille. Was auch hübsch sein könnte, wäre eine Funktion zur Messung von Referrer-Relevanz, also: Wann und wie lange kommen wie viele Leute über Links zu mir.

Killen werde ich übrigens auch den Zähler von Blogcounter.de. Der ist nämlich mies. Einerseits erzählen die individuellen Messergebnisse was anderes als dann später im Vergleich mit anderen Blogs, neben einigen anderen Dingen. Nun wurden bei Wirres schon vor längerer zeit einige Schwachpunkte erwähnt; etwa die Sache mit der Verwendung der gesammelten Informationen – ohne dass Blogcounter was unternommen hätte, das Problem mit einer Erklärung zu beheben.

Ebenfalls höchst schlampig ist die Topliste mit den 100 meistbesuchten Blogs. Disclaimer: Ich habe keinen Grund mich wegen des Rankings zu beschweren, mein Blog “Rebellen ohne Markt”ist fast immer unter den Top 20. /Disclaimer. Offensichtlich hat bei Blogcounter niemand Lust, in diesen Top50 den Müll rauszukicken. Manche dieser Seiten sind definitiv keine Blogs, sondern Linklisten für allerlei Internet-Spassekens, andere basieren formal auf Blogsoftware, haben aber so gut wie keinerlei eigene Inhalte. Dazu kommt, dass manche Zugriffszahlen sehr fragwürdig sind: 6744 Besucher sollen gestern bei Sinn-frei.de 6799 Page Impressions verursacht haben, und auch Kombinationen für weitestgehend unbekannte Blogs wie 3303Besucher/3330PIs bei einem kommerziellen Gadget-Blog erscheinen mir nicht wirklich glaubwürdig. Nochmal ein anderes Ding sind Linktauschorgien, mit denen sich manche der Pseudoblogs gegenseitig hochjagen.

Deshalb will ich auch von Euch eine saubere Topliste, wo dieser – wenn ich das so sagen darf – Spam gnadenlos rausfliegt. Und die resistent ist gegen Leute, die Klickzahlen – warum auch immer – hochorgeln. Ich weiss, da werden manche gleich wieder “Zensur” denken, aber hey, sollen die doch bei Blogcounter bleiben. Ich will ein Ding haben, das ehrlich ist und von vertrauenswürdigen Leuten betrieben wird. Einen Industriestandard, den man mit gutem Gewissen jedem Blogger empfehlen kann. Das ist gut für uns alle. Wenn ihr es macht, habt ihr ein hübsches, repräsentatives Ding in Eurem Portfolio, und Zilliarden von Visitors.

29.9.2005 | 14:46 von DonAlphonso

BOB MOB – Der Preis ist kalt.

Blog Awards sind in Deutschland immer so eine Sache. Doomed from the start, könnte man sagen. Denn im Winter 03/04, als dieses Buch noch in Vorbereitung und nicht bekannt war, flogen in der damals noch recht überschaubaren Blogosphäre die Fetzen. Zuerst versuchte der Bloghoster Blogg.de, den Blogaward zu etablieren. Es gab lustige Wettstreite zwischen Don Dahlmann und Anke Groener, aber auch eine Menge Hauen und Stechen. Das Unglück nahm seinen Lauf, als Antville im gegenzug einen eigenen Award auslobte und eine altbekannte, nicht umunstrittene Bloggerin namens Melody versuchte, mit Aufrufen die Abstimmung für sich zu beeinflussen, um dann die Hauptgewinne – damals recht begehrte Antville-Blogs – für einen “Guten Zweck” zu verkaufen. Ja, so war das in der Frühzeit der Blogosphäre, als dann auch der Begriff der “ungefickten Brotspinne” ihren Lauf nahm. Ich sass damals kopfschüttelnd vor dem Display und dachte, dass wir bei der Auswahl der Autoren für dieses Buch wirklich ein gutes Händchen bewiesen hatten. Etwas ziviler verlief dann das erste Zeit-Preisbloggen, gewissermassen die Nachfolge des Blogg-Blogawards.

Einen Antville-Award hat es danch nie mehr gegeben, der Versuch eines zweiten Zeit-Awards ging wegen der Arroganz der Jury voll daneben, und dann gab es ja auch noch letztes Jahr den Best of Blog Award der Deutschen Welle, wo ebenfalls ein Juror nicht die Klappe halten konnte und eigene Vorstellungen einbringen wollte – angeblich war es nach dem Proteststurm nur lustig gemeint, jaja. Auch dieses Jahr gibt es den Award wieder, unter enorm mauer Beteiligung. So dass man sich fragen kann, ob man den BOB-Award zumindest für Deutschland nicht einfach knickt, oder erheblich besser promotet.

Es ist einfach nur erbärmlich, wenn sich Leute selbst nominieren und den Eindruck erwecken, sie seien Aussenstehende, etwa in diesem Fall:

toller thmenübergreifender blog, mit wirklich außergewöhnlichen texten und journalistischen betrachtungen. das berlin-tagebuch des autors ist einfach wunderbar, kontrovers und nichts für anhänger der political correctness. dennoch: fern von bösartigen texten oder dummen sprüchen ist dies mein lieblingsblog und von vielen vielen andern auch. er hat über sechstausend besucher seit februar, und knapp 40 000 visits zu verzeichnen.

Der vorschlagende Octavian ist dann prompt auch der Autor des beworbenen Weblogs. Dass aber auch andere, weitaus bekanntere Blogs als die kleine Heimseite bei Myblog nicht frei von Peinlichkeiten sind, zeigt sich jetzt kurz vor Nominierungsschluss bei den Weblogs der Zeitschrift Die Zeit sowie eines Blogs eines gewissen Scheuermanns, der mit Funktionsträgern der Zeit gut befreundet und als Autor für das Blatt tätig ist: Ein gewisser “AS”, von dem sonst nichts bekannt ist, hat jetzt noch schnell sechs Blogs der Zeit und eines von Scheuermann für jeweils zwei Kategorien vorgeschlagen – sonst nichts.

Dass diese Versuche dumm sind, ist klar. Dass sie aber den Wettbewerb vollkommen diskreditieren, ist ein echtes Problem. Vielleicht würde es gar nicht so weit kommen, wenn die Deutsche Welle gezielt bekanntere Blogger ansprechen würde und darum bäte, es publik zu machen. Etwas für die Glaubwürdigkeit des Awards tun. Damit erst mal überhaupt wirklich hochwertige Blogs vorgeschlagen werden; vieles da drin ist wirklich nicht gut.

Kann gut sein, dass es trotzdem nichts bringt. Vielleicht haben viele nach den missglückten Awards der letzten Jahre die Schnauze einfach voll. Vielleicht sollte man Awards einfach ganz abschaffen, wenn man dadurch noch nicht mal mehr interessante Blogs kennenlernt.

Aber wenn man es schon macht, sollte man sich wenigstens mal ordentlich darum bemühen, die Blogger ins Boot zu holen.

28.9.2005 | 5:14 von DonAlphonso

Abstract Vortrag Don Alphonso

Ein Vortrag, der dann aus diversen Gründen am ZKM in Karlsruhe am Wochen ende in dieser Form nicht gehalten wurde, wie manche Dinge dann auch erst im Blog besprochen wurden.

Es gibt eine Reihe von Gründen, warum Blogs zur Zeit in der Öffentlichkeit stark präsent sind. Sie sind eine der wenigen Erfolgsgeschichten des Internets nach dem Crash der New Economy. Sie erlauben dem Journalismus, über sein Lieblingsthema – sich selbst – zu berichten. Sie passen sehr gut zu gesellschaftlichen “Trends” – ganz gleich ob wahr oder erfunden – wie Micromarketing, Peer-to-Peer-Netzwerken, Workgroups, Partnersuche im Internet – vermutlich gibt es nicht allzuviel, was nicht auf dieses neue, schnell wachsende Thema projeziert werden kann. Mit den Blogs kommen alle alten Heilsversprechen des Interents wieder, der ausgebrannte Zug des Cluetrain Manifesto zuckt in den Blogs wieder, und am Bahnsteig Richtung ungewisser Zukunft jubeln PR-Berater, Werbeleute und Marketingexperten.

Die Frage, was Blogs sind, ob das alles mit ihnen wahr wird, wird wohl nie schlüssig und umfassend beantwortet werden, aber: Es ist vielleicht ganz hilfreich, das, was sie unzweifelhaft sind, abzugrenzen gegen das, was sie nach dem Willen bestimmter Interessensgruppen sein sollen.

Was sie ohne jede Frage sind: Eine Kultur der Kommunikation, die ihre Vorläufer in den Mailboxen, Foren und Chatrooms hat, sich aber zu einem persönlichen Medium weiterentwickelt hat. In Blogs werden Texte und Bilder veröffentlicht, also kulturelle Leistungen erbracht. Wie immer in der menschlichen Kulturgeschichte mag man das Wort “Kultur” bei einem Text einer 15-jährigen über ihr Bauchnabelpiercing nicht anwenden – aber das ist lediglich eine Frage des Geschmacks, denn diese Unmittelbarkeit der Überlieferung ist etwas, das wir im Falle einer Bürgertochter des 14. Jahrhunderts als erstklassige kulturgeschichtliche Quelle einstufen würden, wenn wir es denn hätten.

Diese Arroganz in der Beurteilung können wir uns nicht leisten: Tatsächlich ist Bloggen nicht nur schreiben, sondern ein Lernprozess im Umgang mit Schriftlichkeit und der eigenen Person, also einer literarischen Selbstreflektion und gleichzeitig Kommunikation mit der Umwelt. So banal das klingt: Wir müssen heute dankbar sein um jeden, der lieber über sich und sein Leben schreibt und nachdenkt, als seinen Schulfrust bei Doom 3 rauszuballern oder sich bei Gerichtsshows die Anregungen für neue Beleidigungen ihrer Umwelt holt. Kinder und Jugendliche sind einer gnadenlosen Konsumwelt ausgesetzt – dass sie sich in Blogs ihren eigenen, konsumfreien Raum schaffen, in dem sie sich mit sich selbst und ihren Bekannten beschäftigen, ist das Beste, was Blogs zu schaffen in der Lage sind. Da schreibt keine Virgina Woolf und kein Thomas Mann, aber es entstehen die Fähigkeiten, die es vielen in diesem Raum erlauben werden, mit Büchern, Kunst und gesellschaftlichen Prozessen anzuknüpfen.

Selbst die in Blogs so stark gescholtenen Medien müssen froh sein. Natürlich sind Blogs eine Konkurrenz. Und es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass Medien Marktanteile von den Blogs zurückgewinnen können; es wird aus einer Reihe von teilweise selbstverursachten Gründen noch lange eine Abwanderung zu den Blogs geben. Jedem sind die Horrorszenarien bekannt, in denen Zeitungen die junge Leserschaft wegbricht, und nach meinen Erlebnissen mit jungen Journalisten stimmt das. Dennoch sorgen Blogs dafür, dass ein grundsätzliches Interesse an Texten und an Berichterstattung auch bei Bloglesern erhalten bleibt.

Was nach nicht für Versuche gelten kann, auf Basis der Blogs gescheiterte Business-Modelle der New Economy wiederzubeleben. Gerade der Niedergang der Medien zu Crossmarketing-Plattformen voller Schleichwerbung im redaktionell angenehmen Umfeld, ihre Konzentration auf Massenmärkte und das Fehlen von Ecken und Kanten haben den Aufstieg der radikal subjektiven, authentischen Blogs gefördert. Was sich dabei abzeichnet, ist eine Renaissance des “New Journalism” und die Entstehung von Micromedien für bestimmte Gruppen. Aber daraus eine zahlungswillige Zielgruppe zu machen, die den Aufwand für den Betrieb eines guten Blogs gewinnorientiert rechtfertigen könnte, ist eine Kunst, ist bislang ähnlich erfolgreich wie das Goldmachen.