29.3.2005 | 14:20 von DonAlphonso

Blogpulse aufgebohrt

Marktforscher und Kommunikationswissenschaftler in den USA wird es freuen: Die Blogsuchmaschine Blogpulse bezeichnet sich selbst als Version 2.0 und will so Technorati abhängen. Zuerst mal mit der schieren Anzahl der analysierten Bologs – 9,3 Millionen, und allein in den letzten 24 Stunden kamen über 35.000 neue Blogs dazu. Aber das ist nichts gegen Trend Search, eine wirklich sehr feine Idee. Mit Trend Search kann man das Auftreten gewisser Keywords zu einander in Verhältnis setzen und ihre zeitliche Entwicklung vergleichen. Und es funktioniert sogar bei den geringen Zahlen der deutschen Blogosphäre: Hier mal ein Beispiel mit den Namen Don Alphonso und Patalong – der Ausschlag rund um das Gespräch auf der Buchmesse ist deutlich erkennbar.

Oder auch mit dem Aufreger National Zeitung kombiniert: Da sieht man richtig schön den Verlauf des Themas in der Blogosphäre. Ich sehe schon die Marktforscher dasitzen und stundenlang die Charts analysieren. Nebenbei sehr schön für Interessierte – über die Suchabfragen bekommt man auch die fraglichen Links zu den Einträgen in den Blogs. Da werden Marktforscher-Träume wahr, da kann man sehen, wie schnell das eigene Thema als Sau durch Kleinbloggersdorf gehetzt wird oder wie lang man es schafft, im Gespräch zu bleiben, und das alles in Powerpoint-tauglichen Graphiken… Herrlich. Für sie.

28.3.2005 | 21:04 von DonAlphonso

Jamba und die Blogs reloaded

Es gab hier mal eine kleine Serie, über Jamba, Blogs im Allgemeinen und Six Apart im Besonderen. Jetzt gibt es einen vierten Teil – aber nicht bei uns, sondern beim Girl. Und das hat was. Vielleicht werden wir die Zukunft nicht mögen. Vielleicht werden wir MobileMultimedia irgendwann hassen.

26.3.2005 | 22:39 von DonAlphonso

So gehtŽs Blogbusiness

Langsam steigen auch grössere Institutionen in Deutschland in die Blogosphäre ein. Während die Uni Wien schon seit einem halben Jahr Blogs in Kooperation mit Twoday.net anbietet, zieht jetzt die Fakultät für Informatik der TU München nach. Auf ihrem Server können Studenten und sonstige Mitglieder der Instituts Blogs einrichten – erkennbar Blogs auf der Basis des Bonbonverteilers 20six. Eine Entscheidung, die für manche spitzzüngige Beobachter erst mal seltsam sein mag – der Ruf von 20six ist dank Aktionen wie “Deutschland sucht den Superblogger” leicht suboptimal.

Aber es hat schon alles seinen Grund und seine Richtigkeit. Auf der Uni-Blog-Seite ist nämlich oben links der Link zu Sebis, dem Lehrstuhl von Professor Dr. Florian Matthes (Dipl. Ing). Matthes ist nebenbei auch noch als Unternehmer unterwegs – so hat er beispielsweise die Firma Infoasset gegründet – heute ist Frau Nastaran Matthes der Vorstand. Und jetzt wird es spannend, denn Infoasset stellt die Basis für 20six. Und wer bezeichnet sich wiederum als Gründer der 20six Weblog Services AG? Richtig, Florian Matthes – und laut Open BC ist er auch im Aufsichtsrat, und er blogt dort auch. So schliesst sich dann also der Kreis.

26.3.2005 | 10:24 von DonAlphonso

Von Yahoo lernen heisst Überleben lernen

Die Verbreitung von Googles Maildienst Gmail war sicher einer der grössten Erfolge des Internetmarketings der letzten Jahre. Ohne echtes Werbebudget, nur mit den Medienberichten und die Weitergabe von Nutzer zu Nutzer und einigen innovativen Ideen wie fehlender Werbeaddy und 1 GB Speicherplatz hat sich Google eine gute Basis unter den Mailanbietern geschaffen.

Gelitten haben darunter alle anderen. Yahoo, MSN, Web.de und viele andere mussten ihr Business Model überdenken. Kostenlose Accounts wurden von ein paar Megabyte auf ein paar hundert Megabyte aufgeblasen; mit der Folge, dass die grösseren, kostenpflichtigen Accounts für Nutzer nicht mehr rentabel waren. Für Gmail ist Email dank Google Ads ein gutes Geschäft – für die anderen eher nicht mehr. Yahoo zieht jetzt Google auf 1 GB nach und streicht damit die Segel:According to Greg Sterling, a Kelsey Group analyst, Google’s Gmail killed any hope MSN or Yahoo! may have had of getting users to pay for mail storage.

Nun ist Speicherplatz gleich Speicherplatz, und es spielt keine Rolle, ob darauf ein Blog oder ein Mail Account ist. Ein Gigabyte ist 5 mal so viel wie der 200MB-Speicherplatz des grössten Angebots des Bloghosters Typepad. Und auch der Traffic eines normalen Blogs ist für Grosskunden in der Kalkulation zu vernachlässigen. Was passiert, wenn die Blogosphäre erst mal ausgewachsen ist, und ein Neueinsteiger es mit der Google Methode versucht? Beispiel: Convertierungs- und Importprogramm für die alten Blogs, und bisher kostenpflichtige Features mit grossem Speiecherplatz und grenzenlosem Traffic für umsonst. Die Frage der Refinanzierung würde sich für den Raider erst mal nicht stellen, weil es lang dauert, bis der Speicheplatz voll ist – und dann dürften die Preise nur einen Bruchteil dessen betragen, was heute dafür bezahlt werden müsste.

Google hatte es im Email-Markt aus zwei Gründen leicht – es war das bessere Angebot mit neuen, besseren Benutzungseinrichtungen wie Stichwortsuche oder dem Karteikartensystem der Maildialoge – Dinge, die man bald nicht mehr missen möchte. Der Speicherplatz ist es nicht allein, und das könnte beim oben beschriebenen Blog-Szenario eines Raiderangriffs helfen. Bloghoster müssen bessere Features liefern, sonst wird ihnen im (wahrscheinlich unvermeidlichen) Hype ein Raider in die Quere kommen. Wenn ich 5 Euro pro Monat sparen kann, mache ich das. Das Argument des Sicherheit ist mir egal, wenn der Anbieter eine grosse, sichere Firma ist, oder wenn man mir laufend Sicherungen macht. Und da sind wir auch schon bei den Dingen, die ich mir von den Bloghostern vorstellen könnte:

Zum Beispiel einmal pro Woche per Email eine Datei, in der die Inalte der Woche abgespeichert sind. Wenn dann mal Euer Server streikt, haben wir beide Sicherheit, und ich bin dann auch zufrieden. Und ich will ein Programm, damit ich das gesamte Blog, so wie es ist, auch auf meinem Rechner speichern kann. Zur Sicherheit, zum offline Nachlesen.

Oder Kommentare: Momentan bin ich da oft festgenagelt. Entweder frei, mit Namenseintrag, mit Registrierung oder Spamschutz. Warum wird mir das vorgeschrieben? Wieso kann ich mir das nicht selbst raussuchen?

Oder Spamschutz. Texas Holdem nervt. Referrer Spam nervt. Macht Ihr das weg – ich mag nicht dauernd rumlöschen. Programmiert was, ihr seid die Freaks, die ich bezahle.

Oder ein paar wirklich schöne Layouts. Und Tipps wegen der Impressumspflicht. Vielleicht bietet ihr mir auch Rechtsschutz an, dann zahle ich vielleicht auch mehr, Hauptsache, ich bin damit erst mal gegen das Pack der Medienüberwacher und andere angeschwemmte New Eco Minen geschützt. Das ist übrigens im Moment echt ein Thema unter Bloggern, die Sicherheit, Dank geht an die Kamarilla, die Bedrohungsszenarien erfindet. Datenschutz. Schutz meiner Inhalte gegen Abzocker, die damit abkassieren wollen, Stichwort Data Mining. Ich bin kein Stück Marketinganalyse.

Also. Tut was. Lasst Euch was einfallen, damit ich mich bei Euch sicher, zufrieden und gut behandelt fühle. Denkt auch an regionale Dienste, die Euch einzigartig machen können. Damit ich bloggen kann, und mir sonst keine Gedanken machen muss. Wenn ihr nur auf Speicherplatz und Eure Software setzt, wird irgendwann jemand mit ieiner Idee wie Gmail kommen. Vielleicht bieten sie auch Features wie da oben. Dann müsst ihr besser sein. Oder wie Yahoo hinterherhecheln, um zu überleben. Yahoo macht dabei keine gute Figur. Das sollte Euch zu denken geben.

25.3.2005 | 15:04 von DonAlphonso

Auch de.internet.com macht aus PR fast 1:1 Inhalt

Auch auf die Gefahr hin, dass die Dauervergehen von Medien langweilig werden: Auch de. internet.com, Tochter der amerikanischen IT-News Website internet.com .comt um die Übernahme einer fast kompletten Pressemitteilung nicht drum rum – noch dazu, wenn es sich um dieses Stück Blogger-Verunsicherung aus der Computerwoche aus dem Haus IDG handelt.

Persönliche Bekenntnisse, bissige Behauptungen, überdosierte Kommentare und spekulative Zusammenhänge ? die häufige Grenzüberschreitung macht für Autoren wie für Leser die Faszination von Weblogs aus. Aber viele User machen sich über die Folgen ihrer Äußerungen wenig Gedanken, dabei können Weblogs rasch unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen. Im schlimmsten Fall droht der Verlust des Arbeitsplatzes.

Und so weiter und so fort – da hat CW-Redakteur Alexander Freimark ein paar Anwälte abtelefoniert, und die Computerwoche macht eine knackige Pressemitteilung draus. Dafür gibt es in der Blogosphäre deutlich negative Worte – schliesslich sind reisserische Behauptungen wie “Immer wieder gibt es Abmahnungen” völlig übergeigt. Und de.internet.com? Die machen eigentlich fast gar nichts. In der Überschrift wird zwar “Immer wieder gibt es Abmahnungen” gestrichen, zwei Sätze zu den Angaben über die Computerwoche gekürzt. Ein paar kleinste Korrekturen bei Füllwörtern, ansonsten erscheint in einem “Artikel” der identische Text.

Persönliche Bekenntnisse, bissige Behauptungen, überdosierte Kommentare und spekulative Zusammenhänge – die häufige Grenzüberschreitung macht für Autoren wie für Leser die Faszination von Weblogs aus. Aber viele User machen sich über die Folgen ihrer Äußerungen wenig Gedanken, dabei können Weblogs rasch unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen. Im schlimmsten Fall droht der Verlust des Arbeitsplatzes.

Und so weiter, fast immer buchstabengetreu am Original – aber ein wichtiger Unterschied bleibt. Unter der zum “Artikel” aufgewerteten Pressemitteilung steht das Kürzel eines Redakteurs. Und kein Hinweis auf die Pressemitteilung.

[UPDATE:] Auch der österreichische Standard ist sich mit dem Kürzel (red) nicht zu blöd, das Ding kaum verändert abzudrucken.

Im schlimmsten Fall droht der Verlust der Glaubwürdigkeit.

23.3.2005 | 15:57 von dogfood

Massenphänomen in der FR

Die Frankfurter Rundschau scheint, wenn ich das Erscheinungsdatum richtig deute, heute mit mehreren Artikeln zum Thema Blogs auf dem Markt gekommen zu sein:

Das bloggst du aber nicht, oder? ? Im wahren Leben FR-Redakteurin, im Internet ‘The Daily Mo‘: Ein Erfahrungsbericht aus Klein-Bloggersdorf” ? Aufhänger sind die Empfindlichkeiten von Blogger gegenüber ihres Tuns. Das dabei ausgerechnet Arghs ironischer “Wer wird Millionär”-Eintrag als Beispiel genommen wird, hat Frank bereits kommentiert:

[ daß die blogosphäretiker humor- und oft auch hirnlos sind, ist ja allgemein bekannt. bis vor ein paar tagen hatte ich noch gehofft, daß speziell meine leser doch eigentlich ..
ach, was red’ ich. wenn ich auch nur noch einen einzigen link auf diesen eintrag bekomme, in dem mir der autor des textes unterstellt, ich hätte die bezeichnung “skandal” bzw. ebendiesen gesamten eintrag hier obendran wirklich ernst- und somit ironiefrei gemeint, dann .. weine ich bitterlich. dämliches merkbefreites volk. ]

Monika Porrmann beschreibt anschaulich die Sichtweise einer bloggenden Journalistin. Das Weblog als Antithese zur Produktion auf Papier:

Schreiben, worüber ich mag, veröffentlichen, wann immer ich will, in einem Layout ganz nach meinem Geschmack – und das alles ohne Druck durch Zeilenvorgabe, Chefredakteur, hohe Produktionskosten oder Redaktionsschluss? Wunderbar! […]

Je nach Tagesform, Stimmung, Erzählfreude und Nachrichtenlage ist es mal Notizzettel, mal Flaschenpost, mal Feuerstelle, von der aus ich Rauchzeichen für weit entfernt lebende Freunde gebe. Meist nutze ich es als Wandzeitung für meine Sicht auf die Welt. Als Tisch, auf den ich lautlos hauen kann. Als Stammplatz in der Speakers’ Corner […]

Richtig Spaß macht es (mir) erst, wenn aus den Tiefen des Webs ein Echo zurückhallt.

… um dann wieder dir Kurve zu Blogs als Informationsquelle zu bekommen (“Aus dem Blog einer in Israel lebenden Deutschen erfahre ich manchmal mehr über die Befindlichkeiten der Menschen dort als aus einem noch so klug geschriebenen Leitartikel“).

Es gibt eine “subjektive” Übersicht über Blogs, Tools und Hoster, darunter auch ein Link auf die an unserem “BLOGS!”-Buch beteiligte Lydia: “@LLes wird gut“.

Auch Mario Sixtus nimmt “Wer wird Millionär” als Aufhänger für “Ohne Filter“. Sixtus versucht das Wachstum von Blogs zu verdeutlichen und aufzuzeigen wie in den USA der wachsenden Einfluß dieser “Gegenöffentlichkeit” Kritiker auf dem Plan ruft oder ? Feuer mit Feuer bekämpfen ? die durch Blogs kritisierten nun auch mit Blogs anfangen, um eine Gegen-Gegenöffentlichkeit zu schaffen.

Steffen Hebestreit führt ein Interview mit Thomas N. Burg: “Nun hat jeder einfach sein Medium“. Thomas Burg liefert dabei eine akademisch Beschreibung von Blogs.

Auf den ersten Blick erkennt man ein Blog daran, dass der neueste Eintrag ganz oben auf der Seite steht – dann geht es weiter in umgekehrt chronologischer Reihenfolge. Und es gibt Verbindungen zu Beiträgen auf anderen Webseiten. Grundsätzlich hat sich mit Weblogs ein Paradigmenwechsel vollzogen. Es dominieren nicht länger die Adressen von ganzen Webseiten, auf denen bestimmte Inhalte zu finden sind, sondern die einzelnen Einträge, die Posts, werden direkt angesteuert. Deshalb spricht man auch englisch vom “Micro-Content”, vom Kleininhalt. Blogsysteme sind nichts anderes als Einrichtungen, um solche Mini-Inhalte zu organisieren. Durch die neue Struktur hat jede dieser knappen Informationen eine eigene, direkt anwählbare Adresse – wie eine Telefonnummer. Das macht es möglich, diese Nachrichten sehr sehr schnell im Netz zirkulieren zu lassen und für jeden publik zu machen.

In der “papiernen” Rundschau ist wohl das Thema “Blogs” auf zwei weiteren Seiten aufbereitet.

23.3.2005 | 12:12 von DonAlphonso

Don Alphonsos kostenloser Kurs der Krisen-PR in Blogs/Blogging

Ach, es ist eine Freude! Es ist Frühling, und alle kriechen sie aus ihren Löchern, die PR-Spitzenkräfte, die zu Pressesprecherinnen, die Ich-AGisierten Vorständler kleinerer Firmen mit grossen Plänen, die eloquenten Überwachungs- und Benachrichtigungsdienste, und alle bieten sie Seminare zu PR und Bloggen an. Kaum fängt einer damit an, beginnt der Wettlauf der hungrigen Meute auf die prall gefüllten Unternehmergeldbeutel. Genauer also auf Ihren Geldbeutel, wenn Sie das Angebot etwas googleln wollten und über Suchbegriffe wie PR-Blog, PR-Blogger, Blog Überwachung, Business Blogging Corporate Weblog oder gar Regeln im Umgang mit Bloggern Ihren Weg auf diese Seite gefunden haben.

Ich darf mich kurz als Ihren Seminarleiter vorstellen: Don Alphonso mein Name, meine Referenzen sind unter anderem veritable PR-Krisen wie die hier bei Pixelpark (und Heise hat eine verdammt hohe Reichweite!), und auch die da oben angeführten Herrschaften können einiges über mich erzählen.

Ja, also: PR in Blogs ist eigentlich ganz einfach

Es gibt meines Erachtens 2 goldene Regeln: 1. Lassen Sie die Finger davon. 2. Behalten Sie Ihr Geld.

Weil: Wenn Ihre PR jetzt nicht klappt, wird sie auch mit Blogs nicht klappen – investieren Sie das Geld lieber in das bestehende System, oder laden Sie einen Journalisten zum Essen ein – das wirkt Wunder. Journalisten essen gerne, aber sie hassen Blogs. – es ist für sie zu viel Arbeit, und Sie machen sich die Neuigkeiten durch Geschwafel kaputt. Also Finger weg von dem aufwendigen Krempel, der, sobald sie angefangen haben, enorme Folgekosten nach sich zieht. Denn um das gut zu machen, brauchen Sie verdammt gute Leute, bekommen wahrscheinlich nur irgendwelche überteuerten Berater, die Ihnen die nächsten Folgekosten aufschwatzen. Bloggen ist enorm aufwändig, nichts garantiert den Erfolg, und die Zielgruppen werden Ihnen nicht die Tür einrennen, nur weil sie Ihre Werbung oder Pressearbeit in so einem neumodischen Blog schalten. Das ist das eine.

Aber was ist mit der Gefahr, die von Blogs ausgeht?

Vergessen Sie es. Es gibt keine Gefahr, nur das hysterische Geschrei derer, die mit Bedrohungsszenarien abzocken wollen . Es gibt in Deutschland jedes Jahr viele Milliarden Geschäftsvorfälle; die Blogs gehen in 10, 20 Fällen jährlich so hoch, dass die Wirkung einem negativen Artikel in Ihrem heimischen Käseblatt entspricht. Die Userzahlen sind nicht sehr hoch, und nach 1, 2 Tagen ist das alles vorbei. Es ist extremst unwahrscheinlich, dass Sie in Ihrem Businessleben je mit Blogs zu tun bekommen. Die meisten Leute schreiben über ihr Leben und nicht über Ihre Firma – warum auch? Für sowas gibt es Ciao und Dooyoo, die sind darauf spezialisiert. Würden Sie ein Dooyoo-Seminar besuchen? Nein? Dann lassen Sie die Finger von den Blogseminaren – und den Blogs.

Weil, und damit möchte ich Ihnen ein besonderes Beispiel vorführen

Viele Blogger empfinden die Invasion der eloquenten PR-Profis in die Blogosphäre nicht nur nervend, sondern auch als einen Angriff auf ihr Selbstbestimmungsrecht. Ich zum Beispiel finde Typen richtig übel, die Seminare zur “professionellen Überwachung” von Blogs anbieten. Ich kann auch keine Unternehmer leiden, die sowas durch Seminarteilnahme unterstützzen und dann anwenden wollen. Das gibt Ärger. Dann passiert eben mal so ein PR-Gau, wenn sich so ein Seminaranbieter PR-mässig vergaloppiert. Wie in diesem Fall:

Google-Sprecher Stefan Keuchel bringt Leuten bei, Blogs professionell zu überwachen.

Google-Sprecher Stefan Keuchel bringt der Netzeitung bei, dass die rechtsextreme Nationalzeitung des Münchner Verlegers Frey für Google News kein Problem ist – werde man auf strafrechtliche Inhalte hingewiesen, werde man natürlich umgehend reagieren.

Ach so, strafrechtliche Inhalte. Vielleicht den Paragraphen 130 StGB Volksverhetzung im Originalabdruck? Könnte mal jemand diesem Überwacher Keuchel mitteilen, dass es sich, wenn dann um “strafrechtlich relevante Inhalte” handelt, und dass ansonsten auch noch “zivilrechtlich relevante Inhalte” gibt, etwa in Zusammenhang mit dem § 823 BGB, wegen der die Nationalzeitung bisweilen auch schon mal Probleme hat?

Ansonsten sagt er laut netzeitung, dass die Nutzer “sich so immerhin aus verschiedenen Blickwinkeln informieren” können. Aha. Da hat der Pressesprecher aber echte Medienkompetenz. Aber Blogs, die muss man natürlich professionell überwachen.

Lesen Sie sich bitte das Programm der Veranstaltung genau durch. Dieser Artikel stand immerhin 2 Stunden auf meiner Website, immerhin eine der Top 20 der deutschen Blogosphäre. Und? Reaktion? Fähigkeit zum Gegenlenken? Es steht auch hier bei IT&W, das ist eine sehr wichtige Seite in der Blogosphäre. Auch da keine Reaktion. Keine Krisen-PR. Meines Erachtens keine effektive Überwachung der Blogs durch den Seminarreferenten.

Ich mache Ihnen ein Angebot

Wenn Sie mit einem Blogger reden wollen, wenn Sie wissen wollen, was wir tun, wenn wir nicht gerade einem PRler die Haut abziehen ;-) – dann fragen Sie die Blogger. Unsere Blogs sind liebevoll gehegte Kleingärten, die wir Ihnen gerne zeigen. Wir reden gern darüber. Schauen Sie sich um, ob sie ein Blog finden, das Ihnen entspricht und gefällt, mailen Sie die Leute einfach an oder kommentieren Sie, es kostet Sie keinen Cent, und die meisten Blogger sind, wenn man sie nicht gerade überwachen will, nette Leute, von denen Sie viel lernen können. Ich verstehe Ihre Probleme; ich hatte in der New Economy lange mit solchen Themen zu tun, und zusammen mit Kai Pahl ist ein Buch über Blogs entstanden, das sich auch ein wenig mit dem Thema Weblogs und PR/Marketing auseinandersetzt. Meine Email ist

donalphonso@gmail.com

Ich pendle zwischen Berlin und München, wir können uns gerne auch treffen oder telefonieren, ich habe ein besonderes Faible für den Mittelstand (mein Vater ist im Stahlbau) , und über das Thema reden. Einzige Bedingung: Ich bin nicht käuflich und zahle mein Essen selbst.

23.3.2005 | 6:28 von DonAlphonso

Zahlenakrobatik

“Blogs” in den USA erleben gerade die Kehrseite der Journaille, die sie unreflektiert hochgeschrieben hat. Letztes Jahr, unter dem Eindruck der Präsidentschaftswahlen, wurden die Medien nicht müde, auf die neue Bewegung im Netz hinzuweisen. In der Regel schrieb der eine vom anderen ab, die typischen Themen waren dann also: Blogs sind eine Killer App, wachsen rasend schnell, Jonathan Schwartz, Robert Scoble auf der einen, Rathergate und Jordangate auf der anderen Seite, dazwischen die Parteitagsblogger und Move on. Ironischerweise traten die Journalisten mit dem ständigen Wiederholungen den Beweis an, dass sie nicht besser als die Blogger waren, denen oft auch nichts anderes als diese paar Standardbeispiele und Phrasen einfielen*.

Das ist jetzt alles anders. Blogger werden als die neue Stasi bezeichnet, als Grossmäuler, als gefährliche, verantwortungslose Meute, als Bande von unmoralischen Neocons. Die Bilder des Tsunmai in Südostasien war nochmal eine späte Blüte, doch jetzt fehlen die spektakulären News. Das Starsystem, das die Blogs nach oben gespühlt hat, zieht sie jetzt folgerichtig nach unten.

Da passt es natürlich ins Bild, wenn Zahlen kommen, die nicht so berauschend sind: “Blogs miss the Mark”, titelte Gallup bei dieser Umfrage. Als wären Blogs eine Aktiengesellschaft, die der Erwartung der Analysten nicht entsprochen hätte. Tatsächlich hatte eine Studie der notorischen Firma Perseus für Ende 2004 bei satten 100% Wachstum 10 Millionen Blogs bei amerikanischen Hostern vorhergesagt – ein Zahl, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreicht wurde. Technorati spricht von aktuell 8 Millionen Blogs, inclusive 10% Marketing-Fakes. Wahrscheinlich liegt das Missverhältnis aber auch an der Messung – laut Technorati verdoppelt sich die Zahl der bei ihnen geführten Blogs alle 5 Monate.

Die Studie des Pew Internet & American Life Project vom Januar 05 mit dem “The State of Blogging” geht von “nur” knapp 60% Wachstum in den 10 Monaten zwischen Februar und November 04 aus, die Anzahl der Blogleser unter den amerikanischen Internetnutzern stieg auf der Basis der monatlichen Reichweite von 17 auf 27% – Graphisch sieht das ziemlich eindrucksvoll aus. Die Sozialstruktur der Blogger und ihrer Leser – jung, gebildet, Heavy User, Breitbandanschluss, gute Verhältnisse – sollte eigentlich zu denken geben – da wandert gerade die, wie es so schön heisst, werberelevante Zielgruppe ab, die jedes Online-Medium zur Refinanzierung braucht. Nicht komplett, nur teilweise, aber wie jeder Geschäftsführer eines Online-Mediums weiss: Ein Click bei denen ist einer weniger bei ihnen.

Um welche Zahlen es dabei geht, versteht man, wenn man es hierzulande mit dem Spiegel Online vergleicht – der erreicht 11% der Onliner. Oder im Heimatmarkt USA – da liegt die Blogosphäre als ganzes mit ihrer 27% – 29% monatlichen Reichweite vor anderen Winzorganisationen wie eBay mit ca. 26%, United States Government, RealNetworks, Amazon mit nur 17%…

Klar: Es sind sehr viele Blogger. Sie sind ganz klein. Die 27% verteilen sich wie Staub, und sie sind praktisch nicht verwertbar. Das gefällt mir. Aber ich will den Marketingmenschen sehen, dem es egal ist, wenn die Reichweite von Ebay irgendwo anders hin verschwindet; mutmasslich auf Nimmerwiedersehen und mit einem weiteren Wachstum von 60% im Jahr, und einem unerschlossenen Markt von gut 60% der Onliner, die noch gar nicht wissen, was Blogs sind – Ebay kennen über 90%.

Bis dahin ist es in Deutschland noch ein wenig Zeit. Laut neuester Zahlen von Perseus werden in Amerika weniger als 50.000 Blogs täglich befüllt, und diese Blogs machen wahrscheinlich den grössten Teil der Gesamtreichweite der Blpgosphäre aus. In Deutschland dürften es bei weniger als halb so vielen Internetnutzern laut Blogstats ein paar tausend sein (vielleicht kann Nico was genaueres dazu sagen). Allerdings hat der Abgleich mit einigen Bloggern auf den vorderen 20 Plätzen von Blogstats ergeben, dass sich bei ihnen die “Einschaltquote” in den letzten 6 Monaten locker verdoppelt hat.

(*denen zugeeignet, die sich gerne das Maul zerreissen und trotzdem heute schon wieder hier den Server belasten, hauptsächlich, weil es für eigene Ideen, Beiträge oder Druckwerken zum Thema mal wieder, wie immer nicht gereicht hat)