17.6.2004 | 13:53 von dogfood

Aus Nucleus eXtreme wurde Blog:CMS

Da ich die Blog-Software Nucleus zuwenig kenne, sei es als Info-Brocken hier hingeschmissen:

Eine mit PlugIn angefüllte Variante von Nucleus, “Nucleus eXtreme” ist nun in optimierter Version als “Blog:CMS” mit GNU-Lizenz erschienen. Mehr bei Nucleus und Blog:CMS.

Wer will, kann in den Kommentaren Unterscheidungsmerkmale zu anderen Weblog-Software schreiben.

(Info via BloggingPro)

17.6.2004 | 12:01 von DonAlphonso

Kommunikationsbremse Blog

Eigentlich sollte man niemanden sagen, dass man ein Blog hat. Besonders nicht Mutter. Ganz schlecht. Aber auch bei Freunden ist das nicht unproblematisch – die Folgen einiger Real-Life-Crashes von Blogger und Beblogten sind auch im Buch verzeichnet.

Aber wie ist das, wenn man als Blogger mit einem bekannten Blogger ausgeht? Die Standardeinleitung wird dann ganz schnell: “Das steht ja auch schon im Blog…”, oder “Hast Du das schon in meinem Blog gelesen? Äh, also, ich sagŽs nochmal…”. Währenddessen versucht der Gesprächspartner in den paar Millisekunden, die ihm bleiben, krampfhaft aus seinen schemenhaften Erinnerungen hervorzukramen, welche der 60 Geschichten seit dem letzten Date verdammt nochmal gemeint ist – und ob es eine der 30 ist, die er gar nicht gelesen hat.

Nun versucht der Erzähler, die geblogte Geschichte noch etwas aufzusexen, mit Hintergründen spannender zu machen, aus Angst, er könnte den anderen langweilen – und der andere bekommt ein schlechtes Gewissen, weil er schon längst wieder vergessen hat, was da vor zwei Wochen stand. Das Gespräch drückt sich ängstlich an den Bruchkanten hinunter zu den Klippen des geblogten Inhalts entlang, stolpert und wankt jedesmal, sobald man sich die Frage stellt, ob man überhaupt noch der coolen Sau gerecht wird, die man als Blogger vortäuscht zu sein.

Oder, manchmal noch schlimmer: “Wie hast Du denn das gemeint, was in Deinem Blog stand?” Panische Schweissausbrüche beim Befragten, kommt jetzt die Sache mit dem Geschlechtsverkehr auf dem Perserteppich?

So ein Blog bekommt im realen Leben schnell die unangenehme Eigenschaft, schon vorher Themen zu setzen, den Neuigkeitswert der Debatten auf 0 zu setzen, und ein richtiges Endlich-mal-Wiedersehen-Gefühl will sich auch nicht einstellen. Schluss der Vorstellung: “Wir lesen voneinander.” Warum hat Woody Allen noch keinen Film über das Bloggen gemacht?

Ungeachtet dessen gibt es natürlich auch die gegenteilige Beobachtung: Bei Dotcomtod habe ich über Jahre hinweg ein bestimmtes Startup und seinen aus der Schweiz stammenden Gründer mit kleinen Sonetten bedacht, und er hat mit lauten Schweizer Schlachtgesängen geantwortet.

Vor fünf Wochen war ich bei Christian Kracht und Ingo Niermann auf einer Lesung in Berlin. Mit dabei waren auch einige Bekannte, und die brachten einen jungen Herrn aus Zürich mit. Der stellte sich als Firmenbesitzer vor, ich mich als – durchaus zutreffend – Berater auf Sabbatical. Wir gingen Essen, erzählten uns gegenseitig War Stories aus Berlin und der Munich Area, seine Freundin sass sehr schön daneben und sagte auch einiges. Wir waren auf einer Wellenlänge. Ein rundum runder Abend.

Am nächsten Tag mailte ich dann einen Bekannten an, und erfuhr, dass mein alter Feind von DCT gestern neben mir sass.

17.6.2004 | 10:11 von dogfood

Bezahlcontent

Logo Daring FireballJohn Gruber kündigt an, von seiner Site “Daring Fireball” leben zu wollen.

I want Daring Fireball to be my real work. No air-quotes.

Gruber erklärt, mit angemessener Demut, dass er seiner Website zu einem Full-Time-Job machen möchte und ruft zu “Donations” (Spenden) oder dem Kauf von “Daring Fireball”-T-Shirts auf, die die Zeit finanzieren soll, die er in die Website und nicht in andere Jobs reinsteckt.

Das hört sich zuerst arrogant an, wer aber Gruber und seine Artikel kennt und den Eintrag in Gänze durchliest, erkennt das hier keiner die Knarre ansetzt (“bezahlt, oder ich schließe die Site“) und kein Tagträumer agiert.

It is essential to note that Daring Fireball is and will remain a free web site. New articles and the complete archive are available to everyone, free of charge. This is a good thing ? it?s the way of the web. Writers who wish to charge everyone who reads their work would do well to considering other media.
[…]
Part of what makes me so anxious here is that the future of Daring Fireball is now largely out of my hands. This is not a threat — i.e. that if this funding drive falls short that I?ll pack up the site and turn off the lights. No, one way or another, Daring Fireball will continue. But if the income I derive here remains at the hobbyist level, I?m only going to be able to devote a hobbyist amount of time to it, which is significantly less time than what I?ve poured into it to date. In short, a hobby-level Daring Fireball will resemble much more a typical weblog — blurb-length posts, often only to link to articles elsewhere. No cat pictures, but still.

Where is the beef? Das hier jemand versucht via Internet von seinem Content zu leben. Ohne Verlag, ohne Vertrieb. Nur eBays PayPal. Wie werden diese Versuche abschneiden Content zu refinanzieren, im Vergleich zu den Versuchen von großen Konzernen wie “ePaper” von der Süddeutschen Zeitung oder SPIEGELs Verhökern von Dossiers, Archiv und Titelgeschichten via “FirstGate“?

Daring Fireball has averaged out to around 100,000 words per year thus far, which is roughly the word count of a several-hundred-page book. But perhaps this begs the question as to why I don?t just write a book instead, if I want to make a career out of writing. And that?s really where the analogy falls apart — because while it?s not inconceivable that I?ll someday publish a book, what I really want to write is this. This site. Fireballs. Which aren?t the sort of pieces that would work in a book at all.

John Gruber ist vorallen Mac-Leuten bekannt. Er arbeitete lange Zeit für Bare Bones Software Inc., den Machern des nahezu kultisch verehrten Editor BBEdit und schreibt dann und wann Artikel für Mac-Magazine.

Die Website “Daring Fireball” produziert er seit zwei Jahren und ist aufgrund seiner Einträge, Tests und Interviews zu einer Art “Opinion Leader” in Sachen Mac-Software, Apple und Artverwandtes geworden. Seine technischen Artikel, wie zuletzt im Mai rund um eine Sicherheitslücke bei Mac OS X (-1-, -2-, -3-, -4-, -5-, -6-, -7-) schlagen in Details und Recherche, alles was sonst auf News-Site oder mit Wochen Verspätung in Computer-Magazinen zu lesen ist.

I am trying to write the shit out of this stuff.

16.6.2004 | 16:24 von dogfood

Neues zu MovableType-Lizenzen und 20Six

Nach dem Aufschrei anläßlich der neuen Lizenzbedingungen von Six Aparts Weblog-Software “MovableType” (ab MT 3), hat Six Apart, wie angekündigt, die Preise und Lizenzbestimmungen geändert und vereinfacht. Man sollte außerdem im Hinterkopf halten, dass einige Begriffsdefinitionen in den Lizenzbedingungen verbessert worden sind.

Wer z.B. als Workaround für Unterkategorien mehrere MT-Weblogs einsetzte, fällt unter: “‘Weblog’ means a single Web site viewable at a single URL […], consisting of one or more weblogs as generated by the Software via the “Create New Weblog” function of the Software.“, braucht also weiterhin nur die Lizenz für ein Weblog und kommt damit mit der kostenlosen, freien Version aus (siehe Six Log vom 15ten Mai).

Mena erklärt es im “Six Log” in aller Ausführlichkeit, vom deutschen Vetrieb auch in übersetzter Form.

Unterdessen schickt 20six eine eMail an seine Kunden raus, dass die vor dreieinhalb Wochen (O-Ton eMail: “zwei Wochen“) angekündigten (siehe Blogs! Blog) kostenpflichtigen Angebote für 2,95 EUR und 6,95 EUR starten. Darüberhinaus gibt es für Neueinsteiger ein stark beschnittenes, kostenloses Angebot. Mehr in der News-Abteilung bei 20six.

Wohlgemerkt wurden die kostenpflichtigen Angebote nur bei 20six Deutschland eingeführt, nicht in Frankreich, Holland oder Großbritannien, dort fehlen aber auch die neuen Features.

16.6.2004 | 2:56 von DonAlphonso

Fehlender Rampensauismus

Es ist ja nicht so, dass es überhaupt niemanden im realen Leben vor reales Publikum treibt: Herr Dahlmann macht diesen Monat Hamburg unsicher. Aber sonst?

Bei Frau Tiefseefisch war gerade wieder ein Text, der eigentlich gelesen werden müsste, ebenso bei Herrn Spalanzani, und ich würde mir wünschen, sie mir anzuhören von denen, die sie geschrieben haben, zumal da vielleicht mehr, pardon für den pathetischen Begriff, Wahrhaftigkeit in den Worten sein könnte, weil weniger fiktionalisiert wurde.

Und warum swappt man bei Frau Kathleen nur Musik von diversen Bloggern – und nicht ausnahmsweise mal die eigenen Texte, vorgelesen? Warum geht niemand in der deutschen Blogosphäre diesen Schritt, die rein virtuelle Textabgabe durch, banal gesagt, Erzählen zu ersetzen?

Es ist ja nicht so, dass da nicht was kommen würde – in fact, es gibt bei Blogs! natürlich von Anfang an Planungen, manche Texte auch vor Publikum vorzulesen. Erleichtert wird es dadurch, dass es eben ein Buch gibt und die Lesung dann meist ein logischer Literaturbetriebsunfall ist. Nötig, zwingend wäre es aber keinesfalls. Und wenn man einen Blick in die einschlägigen Programme der diversen verschnarchten Käffer wie München, Berlin oder Frankfurt wirft, mit den immer gleichen, hundertmal auf die Bühne gezerrten Buchortsvorstehern und alten, unerfüllenden Hoffnungsschleppern, fragt man sich schon, warum da niemand aufbegehrt und das Microphon an sich reisst. Manchmal meint man so etwas wie Sehnsucht nach der Bühne herauslesen zu können, doch dann wird auch schon wieder abgewunken. Was ist das? Angst? Faulheit? Lethargie? Ist der Bloggrill genug?

15.6.2004 | 15:43 von Anke Gröner

Weblogs pädagogisch nutzen?

Gar nicht dumm die Idee: Vielleicht kriegt man die angeblich notorisch schreibfaule Jugend durchs Bloggen zum Tippen. Und bald feiern wir die SMS als Wegbereiter einer neuen Literatengeneration. Any excuse will do. Lebenshilfe via Weblog.

Dass Weblogs unter Jugendlichen so beliebt sind, hat sich mittlerweile auch bei den Pädagogen herumgesprochen. Im Schulunterricht würden Weblogs Huffaker zufolge derzeit aber noch eher selten eingesetzt. Dabei seien Weblogs aufgrund ihrer Beliebtheit unter Jugendlichen in besonderem Maße geeignet, die Lese- und Schreibfähigkeiten von Schülern zu verbessern. Denn der durchschnittliche Eintrag in einem Weblog habe immerhin die Länge von rund zweitausend Worten – freiwillig und aus dem eigenem Ansporn heraus, sich anderen schriftlich mitzuteilen, geschriebenen Worten.

Hier liege eine Unterrichtsmethode brach, die Schüler erfolgreich zum Schreiben und Lesen motivieren könnte. Und das sei schade – zumal wenn man bedenke, welcher pädagogische Aufwand normalerweise betrieben werde, um Jugendliche zum selbstständigen Schreiben und Lesen zu animieren.

via tristess

15.6.2004 | 10:08 von dogfood

Weblogs.com goes boink

Dave Winer dürfte zu der umstrittensten Figur der Weblogs-Szene gehören. Einerseits hat er seine Verdienste mit Radio.Userland, dem RSS-Format und dem Ping-Portal-Weblogs.com gehabt. Andererseits hat er durch seine Wankelmütigkeit, plötzlichen Ausbrüchen, gepaart mit einer Portion Autismus, die Blogosphäre gespalten wie kein zweiter.

Seit gestern/vorgestern sind von ihm nahezu alle 3.000 Blogs vom Weblogs.com-Server rausgeschmissen worden (z.B. Moorbek). Winer sah sich nicht in der Lage in 1-2 Stichpunkten gemäß des Mottos “Wer-was-wann-wie” die Situation zu schildern. Ohne Vorwarnung und mit dürftigem Verweis auf eine von Dave Winer aufgenommene Audio-Datei mit seinem von Raucherhusten durchsetzten Statement. Das Statement ist inzwischen von Bloggern transkribiert worden. Wer sich binnen zwei Wochen bei Winer meldet, bekommt die Daten seines Blogs von ihm zugeschickt.

Wen betrifft es? Was ist passiert?

Es hat rund um das “Imperium” von Dave Winer in den letzten Monaten Veränderungen gegeben, die letztendlich einen Rückzug von Dave Winer aus vielen von ihm initiierten Geschichten bedeuten. Das bzw. ein RSS-Format wurde der Harvard-Universität übergeben, Frontier wurde Open Source, die kommerzielle Software “Radio Userland” wird unter neuer Geschäftsführung vermarktet.

Weblogs.com ist ein nicht-kommerzieller Dienst, eine Art “Freundlichkeit” von Winer gewesen und bestand aus zwei Teilen.

Zum einen das Portal weblogs.com, das von Blogs bei neuen Einträgen “angepingt” werden kann. Zum anderen dem Webhosting-Part. Ich nehme an — ich sehe es nirgends explizit beschrieben — dass die geschlossenen Blogs ausschließlich gratis gehostet wurden, während die “Bezahl”-Blogs bei userland.com sind.

Dave Winer musste im Zuge des Rückzuges aus Userland mit den Weblogs.com-Geschichten auf eigene Server umziehen, die schlichtweg nicht performant genug waren. Deshalb der Entschluß das Blog-Hosting (nicht das “Ping-Portal”!) einzustellen.

Winers Hang zu Bauch-Entscheidungen die verbrannte Erde hinterlassen, haben ihn anscheinend zu einen so spontanen Entschluß veranlasst, dass die Kommunikation, gelinde gesagt, zu wünschen übrig läßt. 14tägiges Ultimatum zur Datenrettung, Schließung von heut auf morgen, kein Statement auf den handelsüblichen Winer-Sites.

Was mich am meisten erstaunt, ist die fehlende Resonanz der Großköpfe der Weblogs-Szene. Doc Searls, Vorzugshandlung geniessend — sein weblogs.com-Blog wurde nicht geschlossen — schreibt nichts zum Thema. Vom Anti-Winer Mark Pilgrim, Erfinder der “Winer Number”: nix.

Ein kleiner Denkanstoß für alle die derzeit kostenlose Blog-Hoster wie blogger.de, blogger.com, blogg.de, myblog.de, blogigo.de, 20six.de und Konsorten benützen.

(aufmerksam geworden via JC Mirus)

[Update 18.6.] Tage später mündet die Aufregung um die Schließung der Weblogs.com-Blogs in einer halboffiziösen, von Freiwilligen getragenen Übergangslösung, von Dave Winer präsentiert: Transition plan for hosted sites.

Das hätte Winer auch weniger nervenaufreibend haben können, wenn er erst kommuniziert und dann geschlossen hätte.

15.6.2004 | 1:39 von DonAlphonso

Tödlich

Eigentlich ist man ja längst fertig. Eigentlich ist alles gut. Aber dann kommt immer der Moment, wo man nochmal rumschrauben will. Hier, da, und da hinten auch noch mal was aufpolieren. Und, mein Gott, der eigene begrenzte Wortschatz – sollte eigentlich Wortmangel heissen, das würde es besser treffen.

Und dann hat man ihn, den grossen Autoren-Blues. Denn beim Buch gibt es keine Edit-Funktion. Klingt banal, hat aber heftige Folgen. Was im Manuskript steht, wird gedruckt. Papier ist gerade für Autoren aus dem instabilen, veränderbaren Internet extrem tückisch. Man wird eines Morgens aufwachen, und denken, Shit, Seite 48 unten, und es lässt sich nicht mehr ändern. Tilt. Und noch nach Jahren kommt es hoch: Wie konnte ich das damals nur so drucken lassen. Tödlich.