4.6.2008 | 14:06 von DonAlphonso

Zum Stand der Professionalisierung

Fassen wir mal die Ereignisse der letzten zwei Monate seit der Re:Publica, dieser nach einem Bericht von “Werben und Verkaufen” zur komerziellen Ansprache von Bloggern besonders geeigneten Vermarktungsveranstaltung, als “Big Picture” an. Damals waren zum Thema Blogvermarktung unter anderem Sascha Lobo vom wenig erfolgreichen Werbevermarkter adical und Remo Uherek vom Bloog-PR-Anbieter Trigami, zudem sass mit Peter Hogenkamp der Gründer des Profiblognetzwerkes Blogwerk AG aus der Schweiz im Publikum.

Und es war ganz sicher nicht die Siegerparade, die man vielleicht ein Jahr zuvor noch erhofft hatte. Und seitdem ist noch mehr passiert, das nicht gerade für einen Aufwärtstrend spricht: So hat adical in den letzten zwei Monaten meines Wissens exakt Null Werbeschaltungen vermelden können. Bei Trigami hat man offensichtlich Probleme, die Wünsche nach Auslieferung von schleimiger Kauf-PR durch die dort angemeldeten Blogsoftwarebenutzer zu befriedigen. Wäre man gemein, könnte man sagen: Zu viele Stricher, zu wenige Kunden, zu schlechte Preise, und dann müssen sich die Blogger bei den Kunden auch noch für das Verfassen von “Reviews” bewerben. Nachdem man schon im Januar – relativ erfolglos – angeboten hatte, komplette PR ungefiltert als redaktionellen Content einstellen zu lassen, folgt jetzt der nächste Versuch, im Bloggeschäft zu bleiben: Trigami will “klassische” Blogwerbung anbieten.

Adical dagegen hatte ein paar hausgemachte Probleme: Zuerst wurde unfreiwillig eine Seite publik, bei der die früher verhasste und gedanklich schon zu Grabe getragene Musikindustrie, als “Bands” aufgeschönt, MP3-Banner hätte buchen können (http://drivethru.adical.de/mp3banner/index.php). Was man dort heute nicht mehr sieht, sind die früher angegebenen Preise: Und siehe da, entgegen der mehrfach vorgebrachten Behauptungen von Lobo, man liege bei den Tausenderkontaktpreisen im zweistelligen Bereich, lagen die buchbaren Pakete jenseits des Einstiegsangebots deutlich darunter. Dann stellte man rechtliche Probleme fest (http://adica l.de/2008/04/24/da s-kleingedruckte/) – ach ne. Dann sah die GEMA nicht ein, den Adicalanträgen sofort und auf der Stelle wunschgemäss zu entsprechen (http://adical.de/2008/0508/die-entdeckung-der-langsamkeit/) – ach ne. Und am Ende passierte eine Form von Professionalisierung der Blogosphäre, die ich auch im vollem Umfang miserabel finde, aber so ist das da draussen eben (http://adical.de/2008/06/3/adical-heist-jetzt-nads/) – adical muss sich wegen rechtlicher Ansprüche eines Telefonmarketingunternehmens auch noch einen neuen Namen zulegen.

Blogwerk dagegen freut sich immer noch in recht peinlicher Manier scheckig an steigenden Nutzerzahlen, Verlinkungen und dem Auftauchen in anderen, genauso irrelevanter Blogs und Linkschleudern – und wirbt im Netzwerk fleissig für andere eigene Blogs, während ich immer noch Probleme habe, ein Ansteigen der Werbebuchungen zu erkennen.

Um meine Meinung zusammenzufassen: In den letzten zwei Monaten hat sich beim Thema Blogvermarktung nichts verbessert, es ist eher schlechter geworden.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass man sich an manche Leute den Mund fusslig hinreden kann, sie werden ganz sicher das Gegenteil von dem tun, was man ihnen vorschlägt. Deshalb hier meine konstruktiven Vorschläge zur Verbesserung der Professionalisierung zur Nichtanwendung und Verleugnung:

1. Adical/NADS und Blogwerk müssen verdammt aufpassen: Von aussen erkennt man nur bedingt, ob ein Blog wirklich so gut ist, dass sich dafür hohe Tausenderkontaktpreise rechtfertigen lassen. Trigami wird hier als Preisbrecher auftreten, und vor allem den von Adical betonten Alleinvertretungsanspruch unterlaufen. Der Claim “Wenn Sie auf Blogs werben wollen, gibt es nur einen Weg: Reden Sie mit Bloggern. Reden Sie mit uns.” ist nicht mehr haltbar, denn Trigami hat ein vielfaches von Blogs im Programm, von denen viele erst gar nicht versucht haben, sich als kritische Stimme einen Namen zu machen, sondern von Anfang an einfach Geld mit Blogs verdienen wollten. Das nennt man “angenehmes publizistisches Umfeld”.

2. Der Klinkenputzer von Adical bei den Agenturen heisst Sascha Lobo, ist nach Eigenaussage “Werber” und klatscht mal beim Zukunftskongress der SPD, ein ander mal bastelt er an einem Blog für einen Verlag, überhaupt macht er so viel, dass nach Eigenaussage nur ein Tag pro Woche für Adical bleibt. Auch beim Blogwerk scheint man nicht allzu viel von den Werbeetats abknapsen zu können. Was läge da näher, als sich von den bisherigen Vertretern zu trennen? Wenn wir hier von “Professionalisierung” reden, wäre das Aufbrechen persönlicher Bevorzugungen zugunsten von klaren Ergebnissen, sei es nun die Werbeschaltung oder die Entlassung, nur logisch. Vielleicht sollte man sich auch mal Gedanken machen, dass “Werber” nicht identisch mit “Werbevermarkter” ist. Werber glauben häufig, alles und jeden verarschen zu können, Werbevermarkter verkaufen Werbeplätze – zweiteres scheint mir ausbaufähig zu sein.

3. Disziplin. Wenn Adical nichts bringt, schaltet jeder, was er will. Das Pottblog nimmt Google-Ads auf, Felix Schwenzel wirbt für Qype und das Bildblog hat übersehen, dass sich die Adresse des Werbevermarkters verändert hat. Die labbrige Haltung der Führung spiegelt sich in der mangelnden Anhänglichkeit der Blogger. Auch beim Blogwerk nimmt man Google-Ads und Affiliatewerbung an, die nichts einbringt. Nach draussen vermittelt das den fatalen Eiundruck, dass man keine richtigen Kunden hat, und im Zweifelsfall auch mittels anderer Werbeformen wie Google-Ads billiger zu bekommen ist. Premium auf dem Werberamschtisch: Das kann nicht gut gehen.

4. In der Konsequenz: Häusler und Hogenkamp, schmeisst die halblahmen Bloghaufen zusammen und sucht Euch einen guten Vermarkter, der behauptet, der gute Sprecher für die guten Blogs zu sein. Der das Blogwerk aus dem innerschweizerischen Sumpf auch nach Deutschland vermarktet, und bei Adical eine Qualitätskontrolle einführt – viele der Blogs im Netzwerk sind mehr oder weniger tot, wer keine Leistung bringt, muss eben gehen. Sowas kostet natürlich, sowas kann auch mal blogfremd sein, aber damit gibt es dann eine Zentralstelle für die Vermarktung und draussen nachvollziehbare Qualitätsmerkmale, und ist nicht die Freunderlwirtschaft der üblichen Berliner Kreise. Trigami wird sich meines Erachtens bald selbst erledigt haben: Drittklassige Kunden und drittklassige Blogs werden dem, was Blogs sein könnten, einfach nicht gerecht.

Was ich hier vorschlage, ist das, was bislang absolut nicht gelungen ist: Eine emotionslose, erfolgsorientierte Professionalisierung unter Berücksichtigung des Marktes. Ein Ende der Stümperei und ihrer ironischen Bannerträger, ein Ende der dreckigen persönlichen Geschichten, sei es nun Bevorzugung, Hintenrumabsprachen oder die Versuche, Kritiker mundtot zu machen. Die Professionalisierung nach Sascha Lobo ist gescheitert, was bleibt, ist ein in den Werbegossen totgeschleiftes Thema Blogvermarktung, ein Haufen unerfüllter Versprechungen. Wenn manche bezahlte Opeltester von 2006 heute sagen, dass sie es so heute nicht mehr machen würden, wäre es an der Zeit, sich mal zu überlegen, was man 2008 anders als 2007 machen sollte, bevor man 2009 die Segel streicht, weil man merkt, dass die SPD als letzter Rettungsanker für die Supidupi-Ideen doch nicht zu viel zu zahlen bereit ist.

2.6.2008 | 13:38 von DonAlphonso

Sozialkrüppel

Soweit ich erkennen konnte, war es mal wieder der Spammer aus der Gefolgschaft von Stefan Niggemeier, der seit Monaten mein Blog vollmüllte, diesmal unter dem Namen “Truthknower”: Die Copilotin in meinem Reiseblog sei nur erfunden, und ich sei ein “social cripple”. Statt ihn zu fragen, was eigentlich eine anonyme feige Sau so ist, die sich nicht zu schade ist, hundert mal den immer gleichen Dreck in meine Kommentare zu schmieren, löschte ich den Idioten einfach.

Nun könnte man das einfach beiseite tun, denn natürlich erfinde ich keine Copilotin so langfristig, dass ich über sechs Jahre ihr Blog fälschen und zu einer beliebten und geachteten Seite aufbauen würde, nur um auf dieser Basis eine Urlaubsbegleiterin vorzutäuschen. Mit der Bemerkung, dass es eben solche Widerlinge in der Blogosphäre gibt, könnte man sich jetzt anderen Dingen zuwenden, aber:

Natürlich lüge ich. Ich lüge schon durch das Selektieren und Weglassen. Und auch, wenn man das kaum als Sozialkrüppeltum bezeichnen kann: Manchmal ist es mir durchaus wichtig, dass keiner merkt, wie es mir wirklich geht. Ich schreibe prinzipiell nichts über Todesfälle im Bekannten- und Verwandtenkreis, ich lasse schwere Krankheiten ebenso raus wie private Konflikte ausserhalb der Blogosphäre – zumal man die Auseinandersetzungen mit piefigen Kaufbloggern und Mietmäulern ohnehin nicht als privates Ding sehen kann, privat ist, wenn ich jemanden einlade, darunter sind es nur Leute, die die gleiche Software benutzen. Ich schotte gewisse Teile meines Lebens gezielt ab, ich würde nie, nie, nie eine Trennung im Blog öffentlich machen. Du lieber Himmel. Ich kenne keinen einzigen Fall der Trennung, der sich in Blogs gut und angenehm liest. Es macht auch die grösste Geschichte zwischen zwei Menschen klein und dumm, zieht Arschlöcher an und hilft auch nicht weiter. Manchmal muss man die Bremse reinhauen. Manchmal ist, das muss man akzeptieren, das Blog einfach nicht die geeignete Publikationsform – man greife bitte zum Tagebuch mit Schloss und Schlüssel.

Ich denke, gerade das private Bloggen ist manchmal ein Drahtseilakt aus Nichterzählen und dennoch durchblicken lassen. Mit etwas bösem Willen ist die Figur im Blog dann natürlich sozial “verkrüppelt”, da fehlen Aspekte und Wesensmerkmale. Es stellt sich aber für mich die Frage, ob es sinnvoll ist, immer den geraden, direkten Weg der Kommunikation im Privaten zu gehen. Nein, würde ich auch gleich antworten. Ich schreibe zwar sehr viel und auch ausführlich über mein Leben, aber es gibt einfach Dinge, die mit ein wenig Durchbrechung der Realität, mit Fiktionalisierung oder, mein Gott, ja, auch Lüge von mir aus besser, intensiver und schlüssiger rüberkommen. Es wird viel gejammert über Kunstfiguren, aber das ist mir immer noch lieber als Leute, die 10 Minuten nach der Geburt ihres Kindes schon nach dem Handy plärren, um ein verrauschtes Bild vom Balg zu twittern.

Ich würde nicht so weit gehen wollen, das Krüppeltum hier zu verorten – die meisten sind erwachsen und dürfen auch wählen. Ich bin aber der Ãœberzeugung, dass man eine Menge Sozialkompetenz braucht oder erlernen muss, um damit einer unkontrollierten Öffentlichkeit so entgegenzutreten, dass man sie kontrolliert informiert. Nennen wir es ruhig PR-Arbeit in eigener Sache, oder auch Positionierung. Für einen selbst und für diese Öffentlichkeit da draussen ist es nicht perfekt, aber die beste aller möglichen Welten, solange es kein Blogsystem gibt, das diese Öffentlichkeit nach unseren Bedürfnissen filtert.

31.5.2008 | 3:43 von DonAlphonso

Gut, dass es Stefan Herre und Henryk Broder gibt

Oh, ich woll damit keinesfalls sagen, dass sich meine Meinung über das, was Stefan Herre mit der islamophoben Website PI-News und Henryk Broder bei Achgut.de und manchen Medien im Bereich Radikalkritik am Islam und vielen, die sie sich als Feinde auserkoren haben, so treiben. Im Gegenteil, ich bin der festen Überzeugung, dass beide auf ihre Art die gleichen Zündeleien betreiben, die man auch von extremen Islamisten kennt. Und natürlich gereicht es den deutschen Blogs nicht zur Ehre, dass beide ihre Tätigkeit gewissermassen im Hinterhof unseres Systems austragen, ziemlich nah beim stinkenden Komposthaufen.

Beide haben einen weiten Weg hinter sich. Der Vorgänger von PI-News war ein nicht gerade hochstehendes christlich-konservatives Blog mit einem Schwerpunkt auf transatlantische Beziehungen und Werbung für die CDU, und Henryk Broder hat sich vom linken Intellektuellen in den Jahren nach den Anschlägen vom 11. September 2001 neben dem ehemaligen FAZ-Mitarbeiter Dr. Udo Ulfkotte zu einem der bekanntesten Islamkritiker aufgeschwungen – meines Erachtens unter völligem Verlust seiner früher gar nicht so schlechten Schreibe, die heute nur noch von den immer gleichen Gags, Anspielungen und Beleidigungen lebt. Seltsamerweise ist Broder dann doch auch empfindlich – als ich einmal über seine unzweiflhaft getätigten Einlassungen zu deutschen Gerichten schrieb, hatte mein Chefredakteur einen ziemlich wütenden Broder an der Leitung, der solche Berichte in Zukunft verhindert sehen wollte.

Es gab mal einen Zeitpunkt, da war zwischen Broder und Stefan Herre scheinbar alles im Lot. Man traf sich auf dem prowestlichen Heimatabend 2005 auf den Münchner Nockherberg unter der Beteiligung rechter, islamfeindlicher, neokonservativer und rechtsextremer Blogger, posierte nebeneinander auf Bildern, und nahm Bezug auf einander – sei es, dass man jeweils die Thesen der anderen aufnahm und weiterverbreitete, selbst wenn sie sich als falsch herausstellten, oder verlinkte sich und schickte sich Leser. Dann kam es zum Streit um die dänischen Karikaturen Anfang 2006 zu einer Veränderung: Das Blog von Stefan Herre veröffentlichte die Karikaturen und wurde zur Anlaufstelle von Bildersuchenden au der ganzen Welt. Die Nutzerzahlen des bis dahin eher unbedeutenden Blogs im Konzert der rechten Blogger explodierten, und mit dem Antiislamismus hatte Herre “sein” Thema gefunden. Seine Kommentatoren und die im weiteren Umfeld angesiedelten Blogs wie “Fakten-Fiktionen” oder “******” schreiben Mord- und Gewaltaufrufe (auch bisweilen gegen den Autor dieser Zeilen) [Ergänzung: Der Neuköllner Hassblogger “******”, der auch schon mal mit “Kiezmiliz” droht und mit Schlägereien der Antifa – oder was sich dafür hält – protzt, legt Wert auf den Hinweis, dass er gegen mich keine Mord- und Gewaltaufrufe verfasst und mich als Antisemiten bezeichnet hat, und Politically Incorrect will er auch nur ein paar Monate im Jahr 2006 verlinkt haben, aber nicht zu dessen weiteren Umfeld gehören] diffamieren Gegner gern als Antisemiten (dito, wobei es nicht ohne Delikatesse ist, einen klar proisraelischen, jüdischen Journalisten, der auch im Dienste einer bekannt konservativen Gemeinde gearbeitet hat, dergleichen nachzusagen), und der ganze Trubel machte PI-News ohne jede Frage zum grössten deutschen politischen Blog, wenngleich der unerfreulichsten Sorte.

2007 hat sich Broder teilweise dann von PI-News losgesagt, wie schon Teile der neoliberalen Blogs 2006 sich klar von ihrem ehemaligen Freund abgesetzt haben, nachdem der in rechtsradikalen Medien zu Wort kam. Nachdem der Orientalist Dr. Hans-Peter Raddatz in letzter Zeit bei PI verstärkt zu Wort kommt, mit dem offensichtlich Henryk Broder eher schlecht kann, scheint sicb hier ein klarer Bruch abzuzeichnen. Ähnlich schwierig scheint das Verhältnis von Raddatz zu Sacha Stawski zu sein, dem Betreiber der, vorsichtig gesagt, umstrittenen Mediawatcheinrichtung “Honestly concerned”, die von sich behauptet, die Sache Israels zu vertreten und falsche Medienberichte klarzustellen. Und zu all dem versucht gerade Udo Ulfkotte, eine islamkritsiche Sammlungsbewegung aufzubauen, ohne sie in den komplett braunen Sumpf abgleiten zu lassen.

Wären all diese Leute klug, würden sie sich zusammensetzen und ein effektives Ding machen. Broder hat mit durchaus fragwürdigen Beiträgen immer noch Zugang zu diversen Mainstream-Medien, Ulfkotte könnte tatsächlich so eine Bewegung führen, mit Honestly Concerned könnte man Medien unter Druck setzen, und Stefan Herre und andere Blogger könnten eine solide Meinungsmacht im Internet aufbauen. Beim prowestlichen Heimatabend 2005 hatten viele Beteiligten davon geträumt, ihre Projekte unter der Umsetzung des antideutschen Blogs “FDOG.org” zusammenzuführen und damit mehr zu erreichen – hätten sie sich von Anfang an zusammengerauft, hätte es was werden können.

Die ganze Bewegung wäre ohne die Radikalität und Kompromisslosigkeit ihrer Akteure nicht dort, wo sie ist. Sie hat durch die Zuspitzung des Konflikts die nötigen Leser beisammen, man glaubt ihnen das, was sie verbreiten, aber angesichts der internenen Konflikte ist es unwahrscheinlich, dass sie das Potenzial ihrer zerstrittenen Bereiche bündeln und gemeinsam agieren. Mir scheint, als würde der Hass auf den Islam abfärben auf das sonstige Verhalten, und das ist angesichts der Behauptungen, der Islam würde Europa gerade übernehmen und die wenigsten würden sich wehren, doch etwas seltsam. Wären da geschickte Taktierer am Werk, Macher mit Sinn für strategische Allianzen und gemeinsame Ziele, wären sie vielleicht wirklich gefährlich. So aber stecken sie inhaltlich so nah zusammen, dass es trotz der internen Absetzbewegungen eine grosse, übel nach Hass und Phobie riechende Melange ist, die man dank der dort vertrenen Hetze und Hasser recht klar als das beschreiben kann, was es ist: Eine unngenehme politische Strömung, mit der man leben muss, deren Niedergang man dank ihrer unfähigen Akteure auch erwarten darf.

Solange gelten unter diesem Beitrag alleschärfste Löschregeln.

30.5.2008 | 0:18 von DonAlphonso

Westalpen – endlich mal ein richtig gutes Fachblog

Nachdem das hier dargestellte Blog über eine Durchwanderung der Alpen nicht allzu gut ankam, und das Projekt selbst nun schon seit ein paar Tagen Funkstille hat, und auch das Blog einer Schiffsreise irgendwie untergegangen ist, hier jetzt mal ein Versuch, von dem ich denke:

Ja, die haben es verstanden.

Gemeint ist das Westalpenblog der Wanderer – und Wanderbuchautoren Sabine Bade und Wolfram Mikuteit. Das Blog enthält sehr schöne Wandervorschläge und Ziele, wirklich gute Bilder und ist mit Liebe und Sachverstand getextet. Da sind wirklich professionell arbeitende Autoren als Blogger am Werk, die einfach erzählen wollen, und nicht sofort verkaufen, nach Klicks gieren oder Werbeverträge abschliessen möchten. Sie geben einen onlinebasierten Einblick in ihr Repertoire, zeigen sich sachverständig und schreiberfahren. Und obendrein sind sie auch in diesem Fachblog nicht blind für andere, manchmal weniger schöne Aspekte ihrer Reisen.

Kurz, sie bereichern das Netz ohne Hintergedanken. Ich denke, gerade das Bloggestöpsel deutscher Medien sähe anders aus, würden sie mit dieser Offenheit und lockeren Einstellung an das Bloggen rangehen.

28.5.2008 | 10:28 von DonAlphonso

Immer die pöhsen Deutschen

Ich werde hier jetzt nicht auf die konkreten Anlässe dieses Beitrags eingehen, sonst müsste ich hier eine ausgesprochen negative Einschätzung einiger Gründer eines angrenzenden Steuerhinterziehungsparadieses abgeben, sowie ein paar Hintergründe des vergeblichen Wartens auf einen Investor sowie der schlagartigen Feigheit eines unseriösen Möchtegerngründers mit Betrugsneigung ausführen. Aber hier geht es ausnahmsweise mal nicht um die konkreten Fälle, sondern das allgegenwärtige Gefasel, dass in den USA alles besser ist, man so viel leichter an die Leute rankommt und überhaupt das Gründen in der offenen Gesellschaft der USA so viel leichter ist.

Diesen Bullshit kenne ich nun auch schon seit 10 Jahren, und er ist nicht im Mindesten besser und richtiger geworden. Es gibt ein paar Gründe, warum unerfahrenen Gründern die ersten Schritte in den USA leichter erscheinen. Das beginnt bei der mangelhaften Beherrschung amerikanischer Floskeln, die ein “Nein” in ein dreivierteltes Ja zu verpacken verstehen, das dem anderen signalisiert, dass er jetzt besser geht (I think you pointed out quite a number of very important facts but heisst in etwa Ich fand deinen Vortrag Scheisse und Deine Binsenweisheiten kannste Dir sonstwo hin, und so). Was es in den USA tatsächlich gibt, ist ein leichterer Zugang zu führenden Managern, die vergleichsweise unkompliziert und offen reden. Das Anhören ist aber nur der erste Schritt; Entscheidungen und Verhandlungen sind zumindest nach meiner Erfahrung mindestens genauso zäh wie in Europa, ganz zu schweigen von all den Pferdefüssen, die das unsichere amerikanische Rechtssystem potentiellen Investoren und Partnern zur Verfügung stellt, und die alle, von der kleinsten Klitsche über Brokat bis Bertelsmann treffen können – und getroffen haben.

Amerika hat seinen Ruf als Gründernation vor allem durch Ausgründungen, die bei mittelständischen Unternehmen und manchen Universitäten häufig sind und im Internetsektor ebenfalls oft anzutreffen sind. Krauts bleibt dieser Weg allerdings meistens verschlossen. Dass in Amerika einfach mal gemacht wird, ohne Geschäftsmodelle zu hinterfragen, dass es dort aufgrund von Chapter 11 eine grössere Risikobereitschaft ist, und den mehrfach Gescheiterten auf die Schulter geklopft wird, weil sie aus dem Scheitern Erfahrungen mitbringen es besser zu machen – das alles gehört weitgehend in das Reich der Fabeln, die amerikanische Vortragsreisende erzählen, und die dann von allen möglichen Europäern wiederholt werden. Hat nicht auch ein gewisser Loic Le Meur gejammert, wie gemein man zu ihm bei diesen neidigen Franzosen ist? Und wie nett und menschenfreundlich sind eigentlich Seiten wie Fuckedcompany und Valleywag? Dazu kommt noch eine massive Fehleinschätzung des Arbeitsethos in den USA, der nichts mit den Ansätzen deutscher Gründertrullos zu tun hat: Einfach mal machen und beim ersten Widerstand und Problem das Projekt zurückstellen, oder einen Tag erübrigen können, oder anderes lasche Rumprobieren ohne klare Zielsetzung und Ranklotzen wird in Amerika überhaupt nicht gern gesehen.

Ohne gutes Geschäftsmodell ist man überall schnell am Ende. Und es ist vielleicht gar nicht schlecht, wenn man kritische Geister beim Start als Ãœbungsgegner hat, statt den Claqueren zu folgen und dann festzustellen, dass sie einem auch nicht helfen können. Das betrifft nicht nur das zugegeben harte Stahlbad des Blogkommerzes, sondern weite Bereiche des Internets, die als “emerging market” gelten, aber keiner wirklich weiss, ob sie es tatsächlich sind. All den Waschlappen und Jammerbälgern, die sich wegen ein paar Blogbeiträgen die Windeln nass machen, sei gesagt, dass ein wenig Hinterfragung und dadurch mögliche Feinjustierung immer noch angenehmer ist, als wenn später der Investor den Stecker zieht, weil die Zahlen nicht stimmen. Und die Zahlen kümmern sich einen Dreck darum, ob sie in einem englischen oder deutschen Report auftauchen.

27.5.2008 | 14:18 von DonAlphonso

Zuerst dachte ich mir “sehr schade”

Aber andererseits – aufhören und es bleiben lassen gehört dazu. So oder so wird jeder Blogger mal aufhören, sei es, weil es zu persönlich wird, man wieder etwas Privatheit braucht, die Werbung doch nicht kommt und die Professionalisierung nur für gesponsorte Brause (ich sag nur Aroniabeere und Dauerwerbeblog) reicht; und die Vorstellung, es bis zum letzten Moment zu tun, den Tod um eine Verzögerung anzubetteln, und zwar nicht für eine tolle Party, den letzten Sex oder noch ein Stück Torte, sondern für ein Blogposting – den Gedanken finde ich auch sehr komisch.

Im zweiten Anlauf also denke ich mir: Er hat gar nicht so unrecht, der Patrick mit seinem lesenswert abgestreiften Werbeblogger.

und im dritten anlauf sage ich mir das, was ich mir bei blogheads immer sage: ja, bloggen ist manchmal echt scheisse. und dann kommt der moment, in dem man etwas findet, was noch beschissener ist: kein blog zu haben, in dem man es rauslassen kann. wir sehen uns wieder. (99,999950576% der blogger, die ein grosses abschiedsposting verfassen, können es nicht bleiben lassen, denn wenn sie es könnten, würden sie nicht auch noch über das aufhören bloggen.)

25.5.2008 | 15:39 von DonAlphonso

Die Bewertung von Kommunikation

Die 9 1/2 Thesen von Olaf Kohlbrück, eingesammelt auf dem Kongress Next08, wären eine eigene Würdigung wert, denn sie sind einerseits schon im Raum, seit ich die New Economy kenne (Im Juni werden es 10 Jahre), andererseits sind sie entsetzlich platte Binsenweisheiten und zusammengenommen in etwa das Fehlen des Inhalts, was von vielen Teilnehmern moniert wurde. Herzig etwa:

2. Marken, die die Lust der Kunden an der Kommunikation nicht für das eigene Empfehlungsmarketing und das Unternehmen selbst nutzen, werden bald ganz alt aussehen.

Den gequirlten Quark erzählen Agenturen wie die, die den Auflauf veranstaltet, nun schon seit 10 Jahren, ohne dass es mit Communities, Blogs oder second Life Auftritten von DAX-Konzernen irgendeine Entscheidung darüber gegeben hätte, wie sie nun aussehen. ich halte es für eine Mähr, dass Menschen mit Firmen reden wollen – wie übrigens auch umgekehrt. Was ich aber bemerkenswert finde, ist die Entkleidung dieser Thema von der elenden bettelei der Agenturen an die Wirtschaft, sich des Web2.0 doch mal fördend anzunehmen:

4. Die Wirtschaft braucht dringend valide Messverfahren für die Web2.0-Welt, sonst bleibt sie orientierungslos.

Die Web2.0-Welt, da gehören Blogs auch dazu, nehme ich an. Ja. Also. Wie messen wir Blogs valide, im Kontext von Web2.0? Userzahlen? Einzelne Blogs sind lächerlich klein, alle Blogs stehen nicht für Wirtschaftsinteressen zur Verfügung, da braucht man wohl erst gar nicht anfangen, selbst wenn man glaubt, dass zu “den” Blogs “die” Wirtschaft passt.

Die besonderen Sozialbeziehungen der Nutzer zu den Bloggern vielleicht? Aber wie misst man die? Mit Untersuchungen vielleicht? Mit banalen Behauptungen, wie es der Blogvermarkter Adical das über weite Strecken versucht? Und was ist an einem Dauerleser eines Blogs mehr wert als die faktisch wertlose Rumhängerei auf StudiVZ-Profilen, deren Vermarktung auch nicht klappen will?

Das besondere Etwas von Bloggern oder anderen Leitwölfen der internetbasierten Meinungs- und Aufmerksamkeitsknotenpunkten, vielleicht noch potenziert mit den besonderen Sozialbeziehungen? Aber behauptet nicht auch das letzte Bauernradio in Hintertupfing, den besten Draht zur Bevölkerung, die höchste Glaubwürdigkeit und die absolute Stickyness zu haben?

Oder eben diese ominöse Stickyness, mit der man das Klebenbleiben an einem Dienst beschreibt? Hat die jenseits von geringeren Werbekosten irgendeine Bedeutung? Wieviele Eleganzkalender hat StudiVZ verkauft, wieviele Leute trinken Tee aus Bildblogtassen, wieviele Bücher von Book on Demand kann man als Bloggerin vertreiben?

Ich persönlich finde die Kommunikation, auf der diese Theorie der validen Messung aufbaut, und die danach an die Wirtschaft verhurt werden soll, an sich prima. Aber nach all den Jahren bin ich zur Auffassung gelangt, dass sie instabil ist; ich würde sie vielleicht vergleichen wollen mit instabilen Elementen, die man hervorragend zur Energiegewinnung nutzen könnte, würden sie nicht sofort wieder zerfallen. So ähnlich nehme ich das auch wahr, da entsteht dieser Blitz, dieses Gespräch, aber bevor irgendeine Firma sich reindrängeln könnte, ist es auch schon wieder vorbei. ich erinnere da an die maue Beteiligung des Photowettbewerbs beinm Opel-Astra-Test, die gelangweilten Versteigerungen beim Ebay-Bloggercontest mit der Ausnahme eines Bloggers, der sich wirklich persönlich reingehängt hat, die Idee der kommentierbaren Werbung, mit der Adical loszog und niemanden für die Umsetzung fand.

Vielleicht kann man es auch messen. Oder behaupten, es messen zu können. Dann ist nur noch die Frage der Verwertung zu klären. Und wer sein Budget bei den ersten 100.000 erfolglosen Versuchen bei Typen durchbrennen will, die auch keine Ahnung haben. manchmal frage ich mich, ob es überhaupt jemand ausserhalb dieser Kreise gibt, der ernsthaft glaubt, dass Kommunikation im Netz sowas wie Verkäufe ankurbeln könnte. Vielleicht, wenn jemand wirklich ganz gut schreibt und voll dahinter ist und sich persönlich einbringt. Dann bräuchte er aber auch sowas wie Persönlichkeit im Netz.

Und das ist nochmal eine Ecke schwieriger als Kommunikation.

24.5.2008 | 10:50 von DonAlphonso

Schweizer Blogwerker, Rechtsextreme und Abmahnungen

[Edit: Zur Verdeutlichung für die, die das hier nur überfliegen und dann missverstehen: Es geht hier explizit nicht um die Schweizer Firma Blogwerk, sondern um den Versuch des rechtslastigen Projekts Winkelried aus der Schweiz, kritische Fragestellungen zu dieser Firma zu nutzen, ihre eigene braune Suppe zu kochen und zu versuchen, ihre politischen Differenzen durch Kommentare an der Blogbar auszutragen und den Anschein zu erwecken, die Blogbar wäre in irgendeiner Weise mit ihnen auf einer Linie.]

Was in Deutschland die Rechtsaussengosse von Politically Incorrect ist, oder auch der unter dem Pseudonym “Kewil” schreibende Herr aus dem deutschen Südwesten, dessen Klarnamen hier durchaus mit allen unschönen parteipolitischen Konsequenzen stehen könnte, wir verstehen uns hoffenrlich, Herr Marabu oder auch Herr Doktor, nicht wahr, ist in der Schweiz das Portal “Winkelried”. Und die haben sich im Betreiber der Firma Blogwerk einen Gegner rausgesucht, der ihnen qua politischer Herkunft nicht ins Konzept passt.

Ich persönlich bin durchaus der Meinung, dass man das Konzept von Blogwerk hinterfragen kann. Ich mag die Corporate Communication der Firma nicht, die ist mir – egal wie die meist überzeugten Mitarbeiter dazu stehen – zu protzig für ein Startup, das schlecht zahlt, wirtschaftlich nicht im Mindesten aus dem Gröbsten raus ist und obendrein auch noch einen einseitig arbeitende Mitarbeiter an Bord hat, der aus mutmasslich persönlichen Gründen Lügen über mich in einem Schweizer Medium verbreitet, das diese dann zurückziehen muss. Ich habe mich mit dem Blogwerk nur sporadisch beschäftigt, weil ich der Meinung bin, dass deren Ansätze prinzipiell erfolgreich sein könnten, andererseits weiss ich auch indirekt sehr viel über die Vorstellungen vom Bloggen in dieser Firma und glaube, ganz offen, dass die Marken des Blogwerks nicht in der Lage sein werden, sich als publizistische Projekte mit anständigen Löhnen selbst zu tragen. Das liegt nicht nur an den Inhalten oder den Bedingungen, mit denen dort Inhalte produziert werden, sondern vor allem an der fehlenden Attraktivität für Werbekunden, denn dafür fehlen beim Blogwerk – ähnlich wie bei Adical – schlichtweg die Daten über die Leser, die das Projekt für Agenturen interessant machen könnten. Leserzahlen sind nichts, Wissen über die Leser ist alles. Dieses Wissen zu erhalten, ist in meinen Augen gerade bei Blogkonsumenten extrem schwierig bis unmöglich.

Ich habe zu Blogwerk also eine klare Meinung, und Verachtung für einen bestimmten lügenden Mitarbeiter. Was ich aber ganz sicher nicht habe, ist wohlfeilen Platz für die Propaganda rechtsextremer Schweizer Kreise. Null. Nada. Wer meint, hier in den Kommentaren mit Worten wie “sozialfaschistisch” ankommen zu müssen, ist bei mir an der vollkommen falschen Adresse, und wer glaubt, es ausserhalb der Europäischen Union mit einer gewissen Sicherheit tun zun können, irrt sich gewaltig. Nach dem zweiten “Vorkommnis” dieser Art habe ich dem Winkelried verlinkenden Inhaber der im Kommentar angebenen Adresse, die sich obendrein erdreistet, für ihren rechten Dreck den Namen “Erez Israel” anzugeben, zusammen mit all den anderen rechten Helfern ein klares Hausverbot erteilt. Wenig überraschend, dass die Mailadresse auch noch falsch war. Deshalb hier die klare Ansage:

Es gibt in der Blogosphäre Dinge, mit denen ich mich auf der Blogbar auseinandersetze. Und andere, mit denen ich andere Mittel für angemessen halte. Ich bin nicht im Mindsten der Meinung, dass man vorgewarnten Leuten noch weitere Chancen einräumen sollte, und in meinem Beruf ist die Abmahnung nichs weiter als eine normale Kommunikationsform bei unterschiedlichen Meinungen. Manchmal lässt man einem Mauschler eine Lüge durchgehen, manchmal muss man auf seine Spamschweine Druck machen. Manchmal geht es nicht anders.

Und Winkelried ist ganz sicher ein Fall, da will ich auch gar nicht anders.