20.4.2008 | 22:09 von DonAlphonso

Unsortiertes über Fehler und Lügen.

Fehler passieren. Sei es, weil man getäuscht wird, weil man sich täuschen lässt, oder weil man sich täuscht. Fehler sind meist eher hybrider Natur, irgendwann stehen sie im Raum, und dann muss sie einer wegmachen. Das ist beim Bloggen nicht anders als im Jornalismus. Und es gibt natürlich auch die Fälle, die Unwahrheiten einfach stehen lassen – hier ein Ausbilder in Leipzig und der Mitarbeiter einer führenden deutschen Zeitung.

Ich halte das – relativ gesehen – immer noch für lässliche Sünden. Beruflich habe ich mit einem Fall einer im süddeutschen Raum tätigen Zeitung zu tun, in dem ein führender Aufklärer einen Artikel vorgelegt hat, der einen – meines Erachtens – jenseits vieler Gesetze agierenden Unternehmer als Vorbild in einem positiven Kontext darstellt, der ein paar tausend Leute sehr, sehr teuer kommen kann. Das sind die Fälle, in denen man wirklich aktiv werden sollte -das muss nicht unbedingt das Bloggen sein, da gibt es andere Mittel und Wege, solche Herrschaften auf eine normale Tätigkeit zu reduzieren, mit normalen Folgen. Wenn ein Lastwagenfahrer besoffen einen Unfall baut, ist er fällig, und wenn ein Journalist sich nicht nur einlullen lässt, sondern aus Zweckmässigkeit juristische Entscheidungen erfindet.

Ich glaube nicht, dass die kleine Schlamperei im Internet – Nerd mit Geek verwechseln – die Vorstufe zum fast schon kriminellen Gefälligkeitsjournalismus oder Kaufinhalt ist. Es gibt Leute, die etwas lügen, weil sie andere hassen und ihre Geschäftsinteressen geschädigt sehen, es gibt welche, die als Journalist und Blogger gleichzeitig ihre persönlichen Probleme so lange umlügen, bis sie ein Verfahren, oder auch nicht, am Hals haben.

Aber es wäre schon ganz praktisch, wenn man nicht wegen jedem unkorrigierten Fehler einen Weltuntergang ausrufen würde, wenn es weitaus grössere Probleme gibt – die an der Blogosphäre meistens unerkannt vorbeilaufen. Oder glaubt hier einer wirklich, dass ein paar Fälle von Schleichwerbung und ein paar Abzock-Call-Ins die einzige Methode sind, um mit Medien die Rendite zu steigern?

Genauer hinschauen, was wann wo mit welchem Hintergrund geschieht, wäre ein gangbarer Weg. Oder an einem besseren Medienbetrieb arbeiten. Dauerempörung wegen jeder Petitesse ist mittelfristig nichts, was die Kritik an den Medien und damit die Medien selbst weiterbringt.

Im Übrigen finde ich, dass die Debatte über Blogs vs. Journalismus weitergehen muss, bis zum Ableben des einen oder anderen Teilnehmers.

17.4.2008 | 23:19 von DonAlphonso

Bitte mehr Aktionen gegen Internetabgraser

Disclosure : Ich war 2003 zusammen mit anderen mit einer Medienkunstaktion Gegenstand der Berichterstattung von Polylux, und in unserem Fall war die Recherche und Durchführung sauber und professionell

Trotzdem finde ich es grossartig, wenn ab und an eine Fallgrube gebuddelt wird für die Sorte Journalist, die heute praktisch alles aus dem Internet bezieht: Recherche, Daten, Gesprächspartner, Ideen, Themen. Die Gewinnung möglichst spektakulärer Themen läuft heute ebenso über das Netz, wie die Beschaffung der typischen Beispielaussagen. Musste man sich früher noch mühselig die Zeugen zusammenlügen suchen, kramt man sich als Stimme des Volkes heute ein paar Blogger bei Technorati raus. Blieb einem früher nur der Gang zu Informanten in Szenen, greift man heute die Foren ab. Bei allem, was man ins Netz stellt, Texte, Bilder, Ideen, Projekte, muss man damit rechnen, dass der nächste stehlende Johurnaillist nur einen Click entfernt ist. Die Beschleunigung der Medien und die Verbilligung ihrer Produktion beruht vor allem auf dem Ausnützen des Internets.

Medien waren schon immer anfällig für Enten, Fakes und Borderline. Aber das Internet macht es für Fälscher sehr viel einfacher, an die Medien zu kommen. Das muss keine kritische Aktion sein; findet ein Journalist bei einer Googleabfrage irgendeinen Lobbyisten als “bekannten Experten”, hat der gute Chancen, seine Lügen an das Medium zu bringen. Was wir momentan erleben, ist ein Ungleichgewicht zwischen den Möglichkeiten, die das Netz bietet, und der dafür nötigen Kompetenz. Journalisten sind im Netz oft sowas wie der Kutschenlenker des 19. Jahrhunderts am Steuer des Formel-1-Rennwagens, den sie aber fahren müssen, weil es jeder tut. Und weil es jeder tut, bleibt der Druck und die Geschwindigkeit zu hoch, um das Rennen kontrolliert zu fahren.

Wir haben es hier mit einem veritablen Fehler im System zu tun. Journalismus wäre heute ohne Internet nicht mehr denkbar, und wir haben obendrein eine komplette Kohorte von Jungjournalisten, die etwas anderes gar nicht mehr kennt. Es gibt keinen Weg zurück, wie es im Radio auch keinen Weg zurück zur Bandmaschine und Klebestreifen gibt. Der Journalismus muss sich dringend etwas einfallen lassen, um zu trennen zwischen dem Netz als sinnvolle Recherchebasis, und dem Netz als beliebiger Müllhalde, wo man sich rauszieht, was man gerade braucht. Die müssen das verstehen lernen. Und ich wage zu behaupten, dass sie es nur verstehen werden, wenn man es ihnen, so wie oben, auf die harte Tour vermittelt.

17.4.2008 | 14:46 von DonAlphonso

Leser anlügen verwirren mit Zoomer.de [Editiert]

Ich denke, es rächt sich irgendwann, wenn der Medienkonzern Holtzbrinck nach den gefloppten Projekten News Frankfurt und Business News auch beim dritten Ramschkonzept eines Mediums mit Zoomer.de auf unter Tarif bezahlte Möchtegern-Journalisten des Berliner Prekariats setzt. Ob nun feige Trolle oder rechtslastige Sprüche – die 40-köpfige Mannschaft ist immer für Ãœberraschungen gut.

Ein hübsches Beispiel findet sich im aktuellen Topbeitrag zum Thema “Alibi per Mausklick“, in dem verschiedene Initiativen zur Vertuschung von Seitensprüngen vorgestellt werden. In einem Kommentar mit der Nummer 11 einer Else werden jedoch Zweifel an den Interviewaussagen eines Portalbetreibers laut:

ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirken die Antworten von Stefan so, als ob ihr ihn erfunden habt.
Dass ich mich irre, will ich nicht ausschließen, aber der Text lässt mich denken, dass ihr ein hübsches Thema gesucht habt und den Artikel als hübschen Dialog verkleidet habt.
Der Eindruck kann ja täuschen, aber vielleicht findet ihr es gut zu wissen, dass er bei manchen Leuten entsteht.

Ein paar Stunden später jedoch tritt Redakteurin Saskia Weneit auf und antwortet in Kommentar Nummer 13:

“Stefan” gibt es wirklich und das Interview ist tatsächlich so abgelaufen, wir haben uns da keine Antworten ausgedacht. Es würde gegen jeden unserer journalistischen Grundsätze verstoßen, uns ein Interview auszudenken. Sind ja keine Märchenerzähler, sondern Journalisten. Im Ernst, so etwas käme für uns nicht in Frage.

[Edit: Wie Svengali in diesem Kommentar hinweist, gibt es zum gleichen Themenkomplex bei Zoomer.de, als Link in der rechten Seitenleiste angebracht, einen weiteren Beitrag, in dem besagte Autorin ein Interview mit einem “Stefan” macht – unter dem dann prompt alle Kommentare des ober erwähnten Beitrags nochmals auftauchen. So kann man das natürlich auch machen, wenn sich die Leser selbst raussuchen sollen, zu welchem Beitrag und welchem “Stefan” nun welche Kommentare gehören. However, es ist mutmasslich wirklich auf den anderen Beitrag bezogen, weshalb ich mich für die unvermeidliche Verwechslung entschuldigen möchte. [Wer ist eigentlich so bescheuert und klatscht Kommentare für einen Beitrag unter einen anderen beitrag, der damit praktisch nichts zu tun hat?]]

Offensichtlich gibt es aber eine Schnittmenge aus Journalisten und Märchenerzählern, und Saskia Weneit beweist, dass sie zumindest Letzteres beherrscht. Denn ob das Interview so gelaufen ist, kann sie nicht wissen, es sei denn –

sie wäre dessen Autorin Britta Schmeis, die für die dpa schreibt, und deren Beitrag heute auch bei anderen Webseiten wie n-tv oder der Schwäbischen Zeitung zu lesen ist.

Nachdem Britta Schmeis aber nicht direkt für Zoomer arbeitet und Zoomer einfach eine dpa-Meldung reingestellt hat, dürfte Saskai Weneit kaum wissen, wie das Interview “tatsächlich so gelaufen” ist. Vielleicht sollte Herausgeber Wickert den Redakteuren dort mal erklären, was es mit diesen ominösen “journalistischen Grundsätzen” auf sich hat, die sie anbringen. Aber vielleicht gelten die auch nicht für Kommentare.

16.4.2008 | 14:55 von DonAlphonso

Das Myspace-Milliarden-Desaster

Die Firma News Corp. von Medienunternehmer Rupert Murdoch ist an der New Yorker Börse notiert. Deren Aktien sind in den letzten beiden Tagen von 18,50 auf unter 16,50 etwas über 20 auf knapp 18 US-$ gefallen. Bei 2,1 Milliarden Aktien ist News Corp. mal eben über 4,3 Milliarden Dollar weniger wert. 4,3 Milliarden ist nicht wirklich wenig. Und warum?

Weil sich zwei Analysten kritisch zum Geschäftsmodell der Interactive-Sparte von News Corp. geäussert haben. Dort, wo mit der Community Myspace eines der grössten sozialen Netzwerke der Welt angesiedelt ist. Dazu sagt der Analyst Michael Nathanson:

As one of our key long-term profit drivers, FIM/MySpace’s ability to meet near-term consensus estimates, despite increased usage, worries us about the accuracy of long-term forecasts.

Auf deutsch: Trotz steigender Nutzerzahlen bleiben schon jetzt die Erträge hinter den Erwartungen zurück, was die Gewinneinschätzungen der kommenden Jahre nicht glaubwürdiger macht.

Diese Einschätzung dürfte auch Vertretern von Facebook, die in Deutschland nicht richtig in die Puschen kommen, und StudiVZ, die mit meinVZ gerade eine veritable Nullnummer hingelegt haben, wenig behagen. Früher gingen solche Firmen davon aus, dass nach ein, zwei Jahren die Gewinne nur so sprudeln würden. Heute nagt der Zweifel nicht nur an Analysten, sondern auch an solchen erfreulichen Blütenträumen.

Ich wage hier mal eine These: Trotz Datenausspähung bei den Nutzern und vollumfänglichen Verkauf an die Werbebranche werden soziale Netzwerke in zwei Jahren als äusserst lebensunfreundliches Umfeld für Werbung angesehen. Medienkonzerne wie Holtzbrinck und News Corp werden das eine Weile durch Tauschgeschäfte und Synergieeffekte, wie etwa Zoomer-Werbung bei StudiVZ, vertuschen können. Mittelfristig werden aber auch die Grossen genau die gleichen unrentablen Kostenfaktoren sein, die Kuechengoetter.de, lovelybooks.de und viele andere, mehr oder weniger gescheiterte Netzwerke heute schon sein dürften. Egal, was die Hypebüttel von deutsche-startups.de und Handelsblatt sonst so behaupten.

16.4.2008 | 10:10 von DonAlphonso

Einstieg in die Blogosphäre

Ein sehr informierter und klug aufgebauter Beitrag über den Stand der deutschen Blogosphäre findet sich bei Zintzen.org. Damit auch Neulinge schnell verstehen, worum es hier mehr oder weniger geht.

11.4.2008 | 9:52 von DonAlphonso

Asoziales Spammen und Belästigen mit Jägermeister und Hitflip

Manchmal wüsste ich gern, was in den Hirnen von Vorständen, Gründern, Werbern und anderen, artverwandten Vertretern von Firmen abgeht, die das Internet für eine Chance zur Bereicherung begreifen. Es ist ja nicht so, dass Firmen hier ihre Belange nicht auch vertreten dürften. Aber die Mittel, die manche verwenden, sind so gestaltet, dass man ihre Verursacher nicht mal als Hilfskohlenschaufler im heizungskeller sehen möchte.

In die lange Liste der Internetbeschmutzer reihen sich jetzt Jägermeister und ihre Agentur Philipp & Keuntje mit ihrer neuen Kampagne ein. Die eigene Marke, naja, witzig soll das wohl sein, zu hinterfragen, ist die eine Sache. Dass dieses Projekt gerade in vielen Musik- und Partyforen auftaucht, weil gewisse Leute dort massenhaft darauf hinweisen und andere zum Klicken animieren, ist die andere Sache. Man nennt es social Spamming. Und zwar mit Vorsatz, denn offensichtlich wurde das Profil der Spammer schon vor der eigentlichen Kampagne registriert. Das ist dann erst mal nicht so auffällig, wenn es plötzlich um das Pushen der Jägermeister-kampagne geht.

Nicht wirklich netter ist der Versuch der Tauschbörse Hitflip, ihre Newsletterempfänger mit einer Werbemail an Adressdatensammler zu vermitteln. Das Startup, das gern grosskotzige Wachstumszahlen veröffentlicht und zuletzt nur knapp über 500.000 Visits im Monat laut IVW erhalten hat, findet solche Methoden in Ordnung – aber wenn es schon nicht mit dem Versenden drittklassiger Weihnachtskalender an Blogger klappt, muss das Geld eben mutmasslich woanders herkommen.

10.4.2008 | 0:31 von DonAlphonso

Blogger verklagt Blogger

Man sollte sich gut überleben, ob man öffentlich weiter bejammert, dass die USA beim Bloggen – und dessen Kommerzialisierung – so viel weiter sind. Wenngleich an den verfrühten Todeshoffnungen der Medien wenig dran ist, gibt es unter denen, die von Bloggen leben wollen, inzwischen durchaus sowas wie eine ziemlich harte bis befremdliche Konkurrenz. Während es beim Konflikt rund um das Projekt Blognation und dessen unrühmliches Ende “nur” um Anzeigen, Insolvenz und die Veröffentlichung interner Papiere ging, geht jetzt ein Fall vor Gericht.

Neben rechtsextremen Schmierfinken bieten Blogs leider auch für Gestalten ein Betätigungsfeld, die sich auf das spezialisiert haben, was Medien gern als “Stars” bezeichnen. In den USA und auch, wenngleich weitgehend erfolglos in Deutschland, gibt es einen Haufen Blogs, die nichts anderes tun, als irgendwelche Pseudostories über solche Leute zu schreiben, in der Hoffnung auf Klicks und Werbeeinnahmen. Und natürlich auch mit dem Wunsch, möglichst selbst am meisten davon zu haben. Das Wall Street Journal beleuchtet hier mal die Praktiken, mit denen sich diese Publizisten gerade öffentlich gekämpfen: Jonathan Jaxson verbreitet unschöne Dinge über einen gewissen Perez Hilton, der schlägt mit einer Anzeige zurück.

Das sind wohl die Dinge, die bei einer Professionalisierung oder was manche dafür halten unvermeidlich sind. Der Markt ist klein, die Konkurrenz ist stark und die Moral gerade bei solchen Themenfeldern kaum anzutreffen. Nicht weiter schlimm, wenn sich solche Figuren gegenseitig ruinieren und vielleicht gar ein Modell, mit dem man Bild, Gala, Bunte, Spiegel Online und viele andere Yellow Press Medien rückstandsfrei den Garaus machen könnte.

Aber wenn man aus dem Bloggen ein Geschäft macht, ist es ein Geschäft, mit allen Folgen, und die haben mit dem, was Bloggen in einem weitgehend akzeptierten common sense mal sein wollte, so viel zu tun wie der Grimme Online Award 2007 mit Anstand.

9.4.2008 | 22:39 von DonAlphonso

Trackbacks rausballern nervt.

Ich hätte da eine kleine Bitte: In letzter Zeit häufen sich Fälle, in denen alte Blogs neu aufgesetzt werden, oder Beiträge Erweiterungen erfahren. In manchen, aber nicht in allen Fällen führt das dazu, dass alle, teilweise schon ein paar Jahre alten Trackbacks hier in den Kommentaren erneut aufschlagen, netterweise auch oft mit riesigen Ausschnitten der Beiträge, die das Lesen der Kommentare erschweren, und obendrein Debatten vortäuschen, die längst gelaufen sind.

Man kann das vermeiden, indem man die Trackback-URL im eigenen Beitrag vor dem erneuten Senden rausnimmt. Dann muss ich nicht dem alten Schmodder hinterherlöschen, und wir alle haben eine gute Zeit. Die Vorstellung, jeden Tag den Rechner aufzumachen und erst mal 5 Minuten irgendwelche technischen Unzulänglichkeiten anderer bearbeiten zu müssenm passt nicht zu meiner Lebensplanung, und es ist für die Verursacher leicht, dafür zu sorgen, dass Trackbacks sinnvolle Kommunikation bleiben, ohne als Datenmüll wiederaufzuerstehen.