9.8.2007 | 14:12 von DonAlphonso

Die Nichtexistenz des Sommerlochs in der Blogosphäre

Manche Blogger fahren in Urlaub. Es gibt mehr sommerliche Themen, und die Leserzahlen bekommen eine schwache Delle. Manches verlagert sich mehr in den Abend und in die Nacht, aber nachdem das bei vielen anderen auch so ist, bekommt man das kaum mit. Man sieht ein wenig mehr Bilder als sonst. Aber ein Sommerloch wie in den Medien kann ich beim besten Willen nicht erkennen.

Es gibt beim Bloggen eben keine Relevanz ausserhalb der eigenen Wahrnehmung. Geschrieben wird so oder so. Und dadurch füllen sich auch die Blogs, vielleicht sogar etwas besser als sonst, weil die Leute mehr Zeit haben und weniger Themen durch die an Nachrichtenarmut leidenden Medien vorgegeben werden. Die thematische Irrelevanz der Blogs wird dadurch zu einem weiteren Aspekt ihrer Qualität.

Und nein, das ist kein Sommerlochbeitrag, ich warte hier nur auf die Freigabe von brisantem Material von StudiVZ und einem netten, kleinen Problem in der Kundenbetreuung.

8.8.2007 | 5:19 von DonAlphonso

10 tolle tatsächlich erprobte Tipps zum tollen Web2.0-Startup

1. Klaue nur amerikanische Startup-Ideen. Die findest Du bei einer Seite namens Techcrunch.

2. Businesspläne sind nur Stress und machen langsam. Aber Du willst nur schnell verkaufen, und nach dem Zeug frägt eh kein Mensch.

3. Gründe als englische Ltd. oder als deutsche GbR. Beweise dadurch Deinen flotten Umgang mit dem Gesellschaftsrecht.

3. Biete Deine Idee sofort Medienunternehmen an, in dieser Reihenfolge: Holtzbrinck – Burda – Springer – Bertelsmann – G+J – WAZ. Oder schau bei L. Gadowski und anderen Hypeplattformen Videos und Texte an und maile alle an, die als Business Angels genannt werden. Verwende stets daas freundliche “Du”.

4. Nimm als Team nur alte Sandkastenfreunde und Saufbekanntschaften, aber nicht Piotr, auch wenn Du ihm wegen der Pillenkäufe Deine marktwirtschaftlichen Grundkenntnisse verdankst, und keinen, der älter als 30 ist. Opas stören mit ihrem Controlling und Erbsenzählen nur beim Spass haben.

5. Mitarbeiter sind zu teuer, nimm statt dessen Praktis, die merken auch nicht, wenn Du keine Ahnung hast. Biete ihnen gnädigerweise den Büroboden als Schlafplatz nach den 18-Stunden-Schichten und eine (günstige) Tablette von Piotr an.

6. Sei immer das grösste soziale Netzwerk nach StudiVZ und Xing. Zum Beweis führe Alexazahlen an und sorge dafür, dass Deine Praktis immer nur mit Alexabrowser zugreifen.

7. Wenn sie schon dabei sind, können sie auch gleich Aktivität vortäuschen und Dein soziales Netz vollschreiben. Myspace bitte nicht vergessen.

8. Biete in Deinem Blog Gewinnspiele für Verlinkung an. Du findest immer ein paar Blöde. Den anderen lässt Du Deine Praktis die Kommentare vollschmieren. Auch bei Kritik ist das angebracht – von MC Winkels Freuden und Jamba lernen, heisst siegen lernen!

9. Ignoriere an Deiner Tür scharrende angebliche A-List-Blogger und Online Conversation Gimpel, Trigami hat Leute für ein paar Lappen, die auch für obskure Sekten, die Mütter aller sozialen Netzwerke, ohne weitere Recherche werben. Und auch keine nnervenden Rechnungen an Dich stellen.

10. Mit jeder Neuanmeldung kanst Du Dich ein wenig mehr daneben benehmen, und das über die Firma als “Werbung” finanzieren – der Erfolg wird Dir recht geben. Quäl Dich nicht, lass es raus, die Nutzer machen das schon, solange sie nur nicht Deine betrügerische AGB lesen.

7.8.2007 | 13:49 von DonAlphonso

Neukundenallerlei im deutschen Web2.0

Ein Anzeichen für die Nichtexistenz tragfähiger Geschäftsmodelle sind Kreislaufwirtschaftssysteme, in denen nur och getauscht oder verschoben, aber nicht mehr gehandelt wird. In der New Economy waren das die Tauschringe für Werbung, mit der sich Startups gegenseitig die unverkäuflichen Werbeflächen füllten. Und heute sieht das so aus:

Erst im Oktober 2006 gegründet, konnte Direct Relation, der Fullservice-Kommunikationsdienstleister aus der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck bisher sieben Communities als Neukunden gewinnen: Gutefrage.net, Helpster.de, Experteer.de, Arzt-Preisvergleich.de, Familylounge.de, Autoplenum.de und Gameduell.de.

Zufällig, nehme ich an, sind all diese Firmen entweder Töchter des Holtzbrinck-Konzerns, oder Holtzbrinck ist über eigene Töchter daran beteiligt. Freie Marktwirtschaft at its best.

Woanders meine ich Risse erkennen zu können: Es scheint, als sei die Bundesregierung wieder auf der Suche nach einem Dienstleister für die Podcast von das Merkel:

Herstellung von Video-Podcasts
– Einmalige Produktion eines wiederverwendbaren Vorspanns (Intro) von max. 15 Sekunden sowie eines wiederverwendbaren Abspanns von max. 10 Sekunden zum Statement der Bundeskanzlerin. […] Filmaufnahmen von aktuellen Statements der Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt (ca. zwei bis drei Minuten). […] Intro, Abspann und Filme müssen die jeweils aktuellen Corporate Design-Vorgaben der Bundesregierung berücksichtigen.

Bisher besorgte das die Firma mit einem Vorstand, der gleichzeitig ein Schwiegersohn von Edmund Stoiber ist. Und es ist ganz sicher nur Zufall, dass die Ausschreibung genau jetzt kommt, als Stoiber seine Partei- und Staatsämter aufgibt. (via Kommentar). Hat Roland Koch vielleicht einen Schwager, der Internetvideos macht?

7.8.2007 | 0:05 von DonAlphonso

Das Ende der Businessblogs

Es gab mal ein Blog eines Chefs eines DAX-Konzerns. Siemens hiess die Firma, und Kleinfeld der Blogger. Das Ende der Geschichte sollte allgemein bekannt sein. Dann gibt es noch ein paar Blogs aus dem Umfeld von Hubert Burda. Die seltenst befüllt werden. Ein paar Chargen bei bekannteren Internetfirmen. Irgendwer bei BASF macht sowas, mit der Schlazeile, das neue Besucherzentrum sei ein Renner. Big News. Aber sonst?

Sonst sind es vor allem windige billige zusammengerotzte obskure nicht wirklich berühmte Internetstartups, die bloggen. Ich kenne kein Blog eines Biotechstartups, keinen bloggenden Maschinenbauer, kein Unternehmen der Waverproduktion, ich bin mal die Überlebenden der letzten Jahre Business Plan Wettbewern durchgegangen: Keiner bloggt. Und die Blogs der aktuellen Gründergeneration mögen durchaus cool und witzig wirken – jenseits dieser arg beschränkten Szene jedoch wirken sie ein wenig präpubertär, um es mal vorsichtig zu sagen.

Ich denke, dass man Blogs durchaus in der Unternehmenskommunikation einsetzen könnte, wenn man es gut machen würde. Es gibt Firmen, die Geschichten zu erzählen haben, beim Bau, in der Entwicklung, bei wichtigen Prozessen. Das Problem scheint mir aber neben der fehlenden Fähigkeit und dem generellen Unwillen zur Kommunikation gerade dieses flippige Umfeld zu sein, das sich als Vorreiter fühlt. So ein Blog haben nun mal vor allem die Quatschköpfe ohne nachhaltiges Geschäftsmodell, die Werbekoofmichs und die Ausbeuter der Cyberslacker. Blogs in der Firmenkommunikation sind weitgehend ein Mittel einer bestimmten Branche, und die wiederum wird ansonsten oft mit Argwohn und Misstrauen betrachtet. Will sagen: nach meinen Erfahrungen haben Businessblogs ein erhebliches Imageproblem. Das durch genau diejenigen hervorgerufen wird, die das Thema vorantreiben wollen.

Ist eigentlich schon jemand aufgefallen, dass die Jubelmeldungen über die von den Online Conversation Fachkräften bei Edelman und SinnerSchrader an Land gezogenen Kunden für derartige Projekte sehr, sehr selten sind? Und dass man bei Edelman vielleicht auch mal über das Scheitern des Köterblogs reden sollte?

5.8.2007 | 22:51 von DonAlphonso

Kleine Belästigungen durch Spam und anderes

Kann es sein, dass manche Kleinunternehmer das Buch eines PRoleten mit dem Titel “Arschgeiles Businessbloggen: Werde superreich und habe ein Date mit Peggy Lamahr durch Bewerbung Deines Drecksbusiness in fremder Leute Blogs” (oder so ähnlich) gelesen haben? Es gibt da in München nämlich so einen angeblichen “PR-Berater”, der empfiehlt, man solle sich und seine Produktwebsite durch halbwegs sinnvolle Diskussionsbeiträge bei Bloggern bekannt machen. Und von solchen nicht wirklich hilfreichen, ans Dummdreiste grenzenden Halbspammern habe ich in letzter Zeit hier so einige gehabt. Aus dem Nichts auftauchende Mitschreiber, die ihre kommerzielle URL angeben und zwei, drei wenig gehaltvolle Sätzchen absetzen, gern auch in oft verlinkten Beiträgen. Das nervt. Einerseits, weil ich die URLs händisch verändern oder die Beiträge rausschmeissen muss, andererseits, weil es gerade so an der äussersten Grenze zum Spam in einer Grauzone angesiedelt ist. Und das problem, wie ich gesehen habe, betrifft nicht nur mich.

Also, falls jemand Lust hat, hier mit vollem Namen, Anschrift, IP, Website und Spamtätigkeit öffentlich genannt zu werden: Immer nur zu, Freunde! Meine Geduld ist zu Ende, und mutmasslich werden sich auch noch andere Geschädigte finden, die das bei gewissen Suchmaschinen schön hoch oben positionieren. So geht das mit Leuten, die das Gastrecht missbrauchen. Davon steht im oben erwähnten Buch natürlich nichts, aber mutmasslich auch über das Ranschleimen per Mail. Auch das ist nicht gerade neu, aber das, was das Startup Frazr gerade versucht, ist dann schon nochmal eine Nummer unverschämter:

“ich arbeite hier in berlin für Frazr Internet (frazr.de) und würde diversen Bloggern gerne ein Mail senden und erklären, dass wenn sie sich (kostenlos) registrieren und ihren Account nach dem Blog nennen in der Google Page Rank steigen!! Für sie eine ideale und unkomplzierte suchmaschinenoptimierung und für uns mehr user!!

Vielleicht sollte jemand Frazr mal bei Google melden, die finden das sicher nicht allzu lustig. Wie auch Liz es nicht lustig fand, gefragt zu werden, wie man Spam besser tarnt.

Darf ich einen Ratschlag geben? Liefert interessante Inhalte. Schreibt gute Geschichten. Bietet spannende Produkte an. Erschliesst Euch den Markt. Tut was, das andere nicht auf den Gedanken bringt, Euch als googlespammende, hirnlose, dummdreiste kleine Pisser abzustempeln, die sich nur ranschleimen, weil sie auf der Suche nach Koofmichs sind. Die gibt es hier draussen zwar auch, aber die machen es nur für Geld. Die anderen helfen Euch gerne, wenn Ihr gut seid. Wenn Ihr nur gut spammt, wird Euch dagegen abgeholfen. Und zwar nachhaltig.

3.8.2007 | 13:54 von DonAlphonso

StudiVZ, ihre Ekelvideos und die Arbeitsplatzsicherheit führender Mitarbeiter

Früher hiess es, eine Einladung mit einer veränderten Seite der Nazizeitung “Völkischer Beobachter” zur Feier von StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani sei nur ein Ausrutscher gewesen. Ein Ausrutscher sei auch die Mail eines StudiVZ-Mitarbeiters, der nachfragte, ob StudiVZ-Gründer Michael Brehm Mitglied einer tolerierten Gruppe von Nachstellern werden dürfte. Und nun will sich StudiVZ mit drei Ekelvideos – Stichworte Fäkalien, einen Menschen Schweinen vorwerfen – viral auf den internationalen Märkten positionieren. Das meldete zumindest am Mittwoch ein wenig begeisterter Olaf Kolbrück im Blog von Horizont.net, mitsamt dem geplanten Ablauf – und setzte die Videos verfrüht in die Welt. Die aufgeregte Debatte und Kolbrücks Erklärung für den Rückzug der i n Deutschland möglicherweise rechtlich problematischen Videos findet sich beim Werbeblogger.

Und ich habe jetzt auch noch was dazu zu sagen:

1. Ich bin froh, dass Olaf die Dinger rausgelassen hat. Ich bin mir sehr sicher, dass es ein Unfall war – ein kleiner Unfall für ihn, aber ein Riesenproblem für StudiVZ.

2. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Filme nicht verbreitet werden, und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Holtzbrinck demnächst ein paar Personalien bei ihrer Tochter verbreiten wird, oder still ein paar stille Auswechslungen vornehmen wird.

3. Und ich wäre froh, wenn jemand die Videos nochmal leaken würde. Keine Sorge, das schadet diesmal den Richtigen.

Man kann diese Videos nur verstehen, wenn mansich die inzwischen weitgehend bekannten und in Interviews bestätigten Details der Veträge zum Verkauf von StudiVZ vor Augen hält. Die Verträge enthalten eine fixe Summe sofort und eine weitere Millionen-Komponente für das Erreichen gewisser Ziele in vergleichsweise knappen Zeiträumen. Eine wichtige Rollen für die Firma spielen die Fortschritte bei den internationalen Töchtern von StudiVZ in Polen, Frankreich, Italien und der spanischsprechenden Welt. StudiVZ muss in diesen Märkte einen Fuss in die Tür bekommen, bevor sie vom grossen Konkurrenten Facebook geschluckt werden. Aber leider ;) brach mit dem Start der internationale Sites im letzten Herbst die durch dieses Projekt hier gestaltete Krise über StudiVZ herein, und zusammen mit den internen Problemen sorgte es dafür, dass StudiVZ international nur schleppend vorankam.

Ganz im Gegensatz zu Facebook, gegen die StudiVZ ein winziger Player auf einem Regionalmarkt ist. Das ist das eigentliche Problem von StudiVZ, das entscheidet über die Frage, wo die heutigen und früheren Gesellschafter in der Schlussbilanz stehen werden, und dieser Druck erklärt vielleicht auch, warum StudiVZ es international jetzt mit einer Brechstange versucht, die ihnen in Deutschland den Kopf kosten wird.

Denn die Videos sind die Knaller, die man an jeder Schule, die man jedem Professor zeigen müsste. Weil die Videos sich mit real existierenden Gruppen mit Zehntausenden von Schülern und Studenten befassen. Und ich vermute, dass Mama Holtzbrinck genau diese Debatte auch fürchtet, mitsamt empörten Jugendschützern und der da erneut hochkochenden, widerlichen Vorgeschichte von StudiVZ.

Wir werden sehen. Meine auf gewisse Informaationen gestützte Vorhersage ist: Sie werden es nicht rauslassen. Aber genau deshalb wäre es dann nicht gerade unschön, wenn sich jeder anschauen könnte, für was StudiVZ steht.

2.8.2007 | 11:24 von DonAlphonso

Zwei Dinge, die ich bei User generated Content nicht verstehe

Im Krisenjahr 2000 machte plötzlich ein neuer Hype die Runde. Er hiess in etwa “Cotent is King!” und besagte, dass die Agebote überleben werden, die mit möglichst guten Inhalte bei minimalen Kosten maximale Rendite erwirtschaftete, denn Content ziehe die Leser an, und das bedeute Clicks und Geschäft. Es war die Stunde der Cotent Provider und Content Syndicatoren, also derjenigen, die Inhalte billig prodiúzieren liessen, und derer, die ihn passend für die Zielgruppe editiert an diejenigen vertrieben, die Inhalte brauchten. Und schon damals galten die Texte der Nutzer in einem kriselnden Markt als die Geheimwaffe schlechthin: Billig, schnell, und vielleicht ist der Typ auch noch froh, seinen Namen drunter zu lesen.

Diese Abzockszene ging gegen 2001 dann grossflächig pleite. Zum allgemeinen Niedergang der New Economy kamen aber noch zwei Problemfelder, die Amateurinhalte so oder so unwirtschaftlich gemacht haben: “Lack of Quality” und “Lack of Focus”.

Das Fehlen der Qualität, oder besser, einer gleichbleibenden Qualität der Texte und ihrer Autoren machte erhebliche Nacharbeit nötig. Da musste sich in der Regel ein billiger Student drasetzen und die Texte nochmal überarbeiten. Das Ergebnis war dan teuerer, aber qualitativ immer nich auf dem Subniveau, auf dem momentan die Readers Edition herumkrebst.

Das Fehlen einer Focussierung war schlimmer: Wenn man Leute nicht beauftragt, schreiben sie irgendwann über irgendwas. Aber nicht zwingend das Gute über das Wichtige. Ausgerechnet die sog. “Expertenportale” bestanden aus vielen Fachidioten, die ihre Themen schlichtweg nicht “sexy” machen können. Kennt man auch heute noch von der zweiten blognahen Peinlichkeit “Germanblogs”. Irgendwas kann man irgendwann verkaufen, aber die Contentbesitzer starben, weil sie das Zeug nicht kontinuierlich verkaufen konnten.

User generated Content hatte und hat einen enorm hohen Trashanteil, ist schlecht geschrieben und nicht verkaufbar. Selbst eine Verwertbarkeit durch Googleoptimierung und Anzeigen war und ist mehr als schwer, weil das Geschreibsel irgendwelcher Leute alles andere als ein angenehmes publizistisches Umfeld ist. Und das Interesse der normalen Internetnutzer richtet sich genau nicht auf die Texte, denen es an Qualität und Ausrichtung fehlt. Es erscheint mir so, als sollte mit all den bescheuerten AGB von Eltern.de bis zur Killercoke-WG das Grundrauschen geerntet werden. Und irgendjemand scheint immer zu glauben, dass man mit einer Riesenmenge Rauschen enorm viel Geld machen kann.

Kann es sein, dass diese Leute das Geblubber der Foren mit dem verwechseln, was man als “long tail” bezeichnet? Und übersehen sie nicht, dass das allgemeine Blabla halbwegs motivierter Zeugschreiber das genaue Gegenteil von den fokussierten, hochwertigen Nischenangeboten ist, die den long tail bilden sollen?

Ein Missverständnis also? Und der Umstand, dass sie die Lektionen von 2001 vergessen haben?

30.7.2007 | 17:40 von DonAlphonso

SchuelerVZ/StudiVZ-Datenschutz in Theorie und Praxis

Der Holtzbrinck-Konzern hat gar keinen so arg schlechten Ruf, auch wenn er in den letzten Wochen und Monaten etwas durch die Skandale rund um seine Tochter StudiVZ gelitten hat. Viel wurde in Sachen Datensicherheit behauptet, dann wenig gehalten – und sicher konnten sich dennoch Drogenfreunde, Rechtsextremisten und Pornoliebhaber fühlen. Ganz neue Zielgruppen für Holtzbrinck also, amn darf gratulieren, nehme ich an. Wie auch immer, der Schutz der Daten Minderjähriger liegt Holtzbrinkc trotz dieser Gäste am Herzen. Theoretisch liest sich der Datenschutz bei StudiVZ und der Neugründung SchuelerVZ folgendermassen:

Zweck der Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Nutzung der Daten durch StudiVZ ist allein die Ermöglichung und Aufrechterhaltung des von StudiVZ seinen Nutzern zur Verfügung gestellten sozialen Netzwerks. Für jeden Nutzer besteht die Möglichkeit, beliebig viele eigene Daten einzustellen und nach Maßgabe der nutzereigenen Vorstellungen anderen Nutzern bzw. Nutzergruppen zugänglich zu machen. Ein weitergehender Zweck als die Förderung der Strukturen des sozialen Netzwerks wird mit der Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Nutzung der Daten ausdrücklich nicht verfolgt. Zu anderen Zwecken werden die Daten auch nicht verwandt.

Das liest sich doch prima, oder? Trotzdem sucht StudiVZ gerade für den bereich SchülerVZ – also dort, wo die Daten Minderjähriger gespeichert sind – gerade einen Praktikanten für Marktforschung. Nanu? Welche Marktforschung? Doch nicht etwa mit den angeblich geschützten Daten der Nutzer? Nun, in der Stellenausschreibung steht:

Als Praktikant für den Bereich Marketing wirkst Du mit an der strategischen Planung und Konzipierung von Marketingkampagnen und PR-Maßnahmen. Zu Deinen Aufgaben im Bereich Marktforschung gehören u.a. Marktrecherche, Studienauswertungen, Zielgruppenbefragungen, Markt-, Wettbewerbs- und Zielgruppenanalysen, Nutzerverhaltensforschung, kreative Positionierungserarbeitung.

Nur soziales Netzwerk? keine andere Verwendung? Wie soll das bitteschön zur Nutzerverhaltensforschung für die Planung von Marketingmassnahmen passen? Frage ich mich, und weil ich keine Antwort habe, auch den Datenschutzbeauftragten von Berlin. Und auch Holtzbrinck, weil es mich langsam schon interessiert, wie und als was sich der Laden eigentlich zukünftig positionieren will.