13.2.2007 | 15:06 von DonAlphonso

Germanblogs hat sich entmitarbeitert

Drei Beiträge pro Woche bloggen für 200 Euro – was einem Journalisten als hinterfotziger Hungerlohn gelten würde, schien manchen Bloggern ein gutes Angebot zu sein. Mit diesem Bezahlvorschlag trat die Holtzbrincktochter Germanblogs an deutsche Autoren heran, um mit ihnen das grosse, deutsche Blognetzwerk mit “Experten” aufzubauen. Wir haben hier den Leuten von den Organisatoren der Firma Boogie Medien schon im Mai letzten Jahres den Fehdehandschuh in das Gesicht betoniert und danach wegen Schleichwerbung ordentlich weiter draufgedübelt. Kurz: Dieses Blog hat eine klare Meinung zu Germanblogs und ihrer Art, sich an Blogger ranzumachen.

Nun ist es mit der Blogbar so eine Sache: Wer hier einmal den Kelch des Schmerzes neigen musste, bekommt gerne nachgeschenkt. Eine kleine Überprüfung der bei Germanblog gelisteten Autoren zeigte, dass rund zwei Drittel nicht mehr aktiv waren, und besonders im November ein deutliches Nachlassen der Aktivität zu verzeichnen war.

Inzwischen ist folgendes klar: Wie Beteiligte bestätigten, wurden Mitte Dezember eine Reihe von Autoren angeschrieben und informiert, dass sich das erhoffte Werbegeschäft nicht den Wünschen entsprechend entwickelt habe. Was nicht weiter überraschen kann, wenn man die Seite betrachtet – Werbung sucht man meist vergeblich. Und weil das so ist, stellte man diese Autoren vor die Entscheidung: Entweder kostenlos weiterschreiben – oder gar nicht mehr. Die “fetten Jahre”, sofern man 7 Monate Hungerlohn so bezeichnen will, sind also vorbei. Prompt erlebte man bei Germanblogs den Zynismus der Mitarbeiter: Auch früher erztreue Germanblogs-Trollle, die ich hier reihenweise aus den Kommentare in das Spam Karma treten musste, wandten sich ohne weitere Bezahlung ab. Denen half das Trollen ebensowenig wie das Verweisen von Germanblogs auf die eigenen Wohltaten, kurz: Da hatten sich mitunter die Richtigen gefunden – und dennoch wieder verloren.

Seitdem ist Germanblogs inhaltlich weitgehend tot. Allerdings gibt es weiterhin Autoren, die bezahlt werden. Die anderen lernen gerade, was es bedeutet, wenn man sich mit Versprechungen und Verheissungen von zukünftiger Beteiligung am Artikelverkauf und Werbeerlösen an der Gründung einer neuen Sache einlässt: Holtzbrinck ist auch nicht mehr das, was es einmal war, das sollte man eigentlich seit dem Zynismus der Contentdiebe der News Frankfurt wissen. So ist das: Was nichts oder fast nichts kostet, wo keine echten Verträge existieren – das ist dann eben mal schnell mit einer Mail entsorgt.

Das sollte man vielleicht bedenken, wenn man als Germanblogger die nächsten Türen bekratzt. Oder sonstwie als Scharlatan Dreck über angebliches Blogbizz erzählt. Wer 200 Euro im Monat bezahlt, bekommt halt nur den Gegenwert von 200 Euro. Oder weniger. Oder Schleichwerbung. Denn gute Leute kosten immer gutes Geld. Germanblogs versucht es jetzt mit einer auch nicht ganz billigen Podcastshow zur Medizin, veranstaltet durch einen Arzt, der auch in der PR tätig ist: http://www.piyobo.de/. Da geht also noch was. Bleiben Sie dran.

12.2.2007 | 8:45 von dogfood

blogbar mit Sonntagspause

Die Sechs-Tage-Woche wird nun auch für Websites eingeführt, wobei wir Herausgeber noch untereinander klären müssen ob wir dafür den Sonntag oder den Freitag nehmen.

Abgesehen davon ist die Pause recht simpel mit einem abgeschmierten Webserver zu erklären und den Kosten des Providers außerhalb der “Bürozeiten” in irgendeiner Shell apachectl graceful einzugeben.

Dies und die zahlreichen MySQL-Probleme sind suboptimal für alle Beteiligten und Abhilfe (Providerwechsel) liegt seit längerem in der Schubladen, alleine: nicht alles was dafür geklärt werden muss, ist geklärt.

10.2.2007 | 0:17 von DonAlphonso

Blogs vs. soziale Netzwerke

Als ich vorgestern diesen Beitrag über den Niedergang von Myblog und 20six geschrieben habe, lag mein Hauptinteresse auf der Frage, wieviele Blogs dort eigentlich überleben. Das Ergebnis – ein niedriger einstelliger Prozentanteil – ist für die Betreiber fraglos wenig erbaulich, aber in der Gesamtsicht der Entwicklung der Blogs in Deutschland meines Erachtens kein Problem. Bloggen muss einem taugen, und wer merkt, dass es nichts ist, lässt es eben bleiben. Die anderen machen weiter, und nicht überall ist es so verheerend wie bei Myblog.

Aber ganz so einfach ist es dan doch nicht. In den Testgruppen, die ich angelegt habe, haben weniger als die Hälfte mehr geschrieben als den ersten Beitrag; allenfalls ein Drittel hat überhaupt das online Schreiben so betrieben, dass man sagen könnte, sie haben es probiert. Zwei Drittel haben lediglich eine Seite angelegt und höchstens mit ein paar Basisinformationen versehen: Wer sie sind, was sie tun, und die Bitte, dass man in ihr Gästebuch schreiben soll, sind die Inhalte häufig anzutreffender Texte. Vergleichsweise viel Aufwand wurde bei einigen dieser Blogs aber in die äussere Gestaltung gelegt. Die Nichtblogger haben sich also durchaus mit dem Phänomen auseinandergesetzt und die Seite optisch attraktiv gemacht. Aber eben nicht die Texte, um die es beim Bloggen eigentlich geht.

Und ich frage mich seitdem: Kann es sein, dass wir alle “Blogs” und “soziale Netzwerke” zusammen in einen Topf werfen, in den sie nicht gehören?

Denn diese nicht schreibenden Nichtblogger sind offensichtlich von den sozialen Bedingungen des Bloggens nicht angetan. gerade am Anfang, wenn man “da draussen” kaum einen kennt, kann das eine sehr zähe Angelegenheit sein, und es hat nicht viele soziale Aspekte: Das Potenzial ist zwar technisch gegeben, aber die Nutzer zur Interaktion finden sich nicht sofort – oder auch nie – ein. Das soziale Netzwerk beim Bloggen ist eher eine Nebenerscheinung des kontinuierlichen Schreibens; wer aufhört, bekommt auch keine Kommentare und damit soziale Interaktion mehr. Aber genau ist das, worum es den “Hey Leuts ich bin der Peter, schaut Euch meinen (!) Blog an und schreibt mir was ins GB” zu gehen scheint. Für dieses Verlangen sind auch selbstreferenzielle Blog”Communities” wie Myblog eher ein lebensfeindliches Umfeld, denn niemand bekommt erst mal mit, dass es den Peter gibt.

Grob geschätzt würde ich sagen: Das Potenzial der Kontaktsucher bei Myblog ist um den Faktor 10 oder 20 grösser als derer, die zuerst mal schreiben wollen. Weshalb sich jetzt alle Mitleser aus PR und Marketing jetzt ganz schnell ausklinken und ein Blog über Communities aufsuchen oder gründen sollten, denn in Communities sind die armen Würste ohne Anschluss sicher schon hingezogen. Dass sie es nicht tun werden, liegt in der Natur der Blogs und den Nachteilen der Communities: Während man mit einem Blog noch hoffen kann, grössere Lesergruppen zielgenau anzusprechen, mutiert man in einer Community vom banalen PR-Schwein zur GA (Ganz Armen) Sau, die wirklich runter muss auf die ermüdende 1:1-Communication. Und wer sich noch an das grosse Sterben der Communities am Ende der New Economy erinnert, weiss vielleicht noch um die Ursache: Das Problem war weniger die Generierung von Userzahlen, die man im Stil der Eingeborenenanwerbung mit den Glasperlen des digitalen Zeitalters betreiben kann , sondern deren Transformation in Umsatz und Gewinn jenseits des Verkaufs solcher Communities an komplett verblödete Manager der Medienhäuser (am Rande, wann sagt das Startup Qype mit ihren Glasperlenofferten den Usern was über die dichten Verkaufshinweise?).

Denn das Lockmittel der sozialen Interaktion erweist sich dann als Nachteil für den Kommerz jenseits horizontaler Profiangebote. Ich denke, noch weniger als selbst ein Blog Schreiben wollen die da drin Werbung anschauen. Und das ist dann wieder eine Parallele zu Blogs – ansonsten aber sollte man sich wirklich mal Gedanken machen, ob hier nicht völlig verschiedene Systeme existieren, die sich bei aller Ähnlichkeit in wichtigen Punkten und Erwartung der Nutzer fundamental widersprechen.

9.2.2007 | 2:39 von DonAlphonso

Nischenblogs: Schnibbeln am langen Schwanz

2006 erschien das Buch “The long Tail” von Chris Anderson. Anderson stellte plausibel dar, dass angesichts der Veränderungen des Internets und der Gesellschaft die Luft für grosse, schnelle und vor allem planbare Verkaufserfolge recht dünn geworden ist. Grob gesagt, die Individualisierung tötet den Mainstream, und durch das Internet findet man Alternativen. Beispiele findet man bei Medien, Plattenfirmen und Verlagen zuhauf. Weniger plaudibel waren meines Erachtens die Schlussfolgerungen, die das intensive Beackern von – am besten mehreren – lukrativen Nischenmärkten.

Denn unser grosses Thema hier, die Blogs, waren klare Vorreiter dieser Idee. In Amerika schienen zwei grosse Blogverlage mit genau diesen Nischenmedien die alten Medien des Internets zu revolutionieren: Gawker Media lieferte Beiträge für Yahoo, und Weblogs Inc. wurde von seinem Gründen Calacanis für 25 Millionen Dollar an AOL verkauft, und er wechselte dort in das Management. Das war 2005.

2006/7 sieht es dagegen so aus: Der Vertrag von Gawker und Yahoo wurde gekündigt, Calacanis hat AOL verlassen und die weniger erfolgreichen seiner ursprünglich 85 Blogs werden gnadenlos eingestampft, was ihm offensichtlich nicht behagt. Offensichtlich ist es doch nicht so leicht, mit Nischen Geschäfte zu machen, die den Aufwand lohnen.

Die Idee der Nischennetzwerke hat auch in Deutschland entsprechend harte Dämpfer bekommen: Der Spreeblick Verlag findet hauptsächlich wieder bei Spreeblick statt, das Netzwerk Medienrauschen rauscht hauptsächlich beim Namensgeber und ansonsten unter Ausschluss nennenswerter Öffentlichkeit, der französische Vorreiter the social Media Group lässt 4 seiner 5 deutschen Blogs in einem sozialen Massengrab ruhen, und so weiter, und so fort. Nun kann man in all diesen Fällen zu Gute halten, dass hier mehr oder weniger Amateure am Werk sind, die etwas ausprobieren und mit ein paar Freunden was machen – mehr steckt faktisch nicht hinter diesen Netzwerken.

Es gibt allerdings eine hier nicht unbekannte Ausnahme: Dir Holtzbrincktochter Germanblogs. Es ist das grösste Blognetzwerk dieser Art in Deutschland, mit 37 Nischenblogs, der Agentur Boogie Medien als Betreuer, angeheuerter PR und sogar echter Bezahlung der Autoren – allerdings im niedrigen dreistelligen Bereich, was dazu geführt hat, dass manche ihr Heil und ihren Profit in Schleichwerbung für eigene Zwecke suchten. Und es sind viele Autoren: 102 Namen listete das Intra Blog vor drei Wochen auf. Damit hatte Germanblogs formal so viele Autoren wie Weblogs Inc. beim Verkauf an AOL.

Ich habe mal durchgeschaut, wie viele davon real bis heute bloggen: Ganze 32 schreiben noch aktiv, bei 8 weiteren ist schon seit einem Monat nichts mehr gekommen, und 62 haben ziemlich eindeutig aufgegeben. Und viele der 32 Aktiven haben gerade erst begonnen. Bei den “Alten” gab es Anfang November ein ziemlich grosses Sterben – keine Ahnung warum, aber 6 Monate nach der Gründung war bei vielen einfach Schluss. Und obwohl Germanblogs zu Holtzbrinck gehört, die eigentlich das nötige Potential haben sollten, habe ich dort schon länger keine Werbung mehr gesehen. Der traffic von Germanblogs ist dann auch eher mau.

Ich will nicht sagen, dass es keine erfolgreichen Nischenblogs geben kann. Aber ich denke, man sollte sich schon klar machen, warum manche in diesem Bereich teilweise trotz Erfahrung oder viel Geld im Hintergrund warum Gescheites ins Netz bekommen – sofern sie es überhaupt so weit schaffen und nicht nur blöd daherschwätzende Pleitiers sind. Meines Erachtens kann keine Blogsoftware der Welt und keine Linkorgie des eigenen Netzwerks helfen, wenn die Autoren mies sind – und gerade als Blogger geht man nicht im Brei der Kollegen unter wie in der Zeitung, man muss was leisten und schreiben können, sonst geht nichts, und die Nische wird zum dunklen Loch, das niemanden interessiert.

7.2.2007 | 23:06 von dogfood

Das IOC sagt: Bloggen ist vielleicht doch kein Journalismus…

… und daher satisfaktionsfähig.

Um einen zweieinhalb Jahre alten Blogeintrag “Das IOC sagt: Bloggen ist Journalismus” wieder aufzugreifen…

Das Internationale Olympische Komitee reglementiert die Berichterstattung aus dem Olympischen Dorf und durch die Athleten. Offiziell damit die Privatsphäre im Olympischen Dorf gewahrt bleibt. Reinheit der Spiele, olympische Charta, yaddayadda… Sagte jedenfalls das NOK in einem Schreiben an die Olympiamannschaft und schrieb 2004 explizit zum Bloggen:

Regel 59 Absatz 5 setzt fest, dass: „Während der Dauer der Olympischen Spiele können Athleten, Trainer, Presse-Attachés oder andere akkreditierte Teilnehmer nicht als Journalist oder in einer anderen mit den Medien verbundenen Funktion akkreditiert oder tätig werden.“ […]

d) Online Tagebücher: Athleten, Trainer, Offizielle und anderen akkreditierten Teilnehmern ist es untersagt, während der Dauer der Olympischen Spiele, Tagebücher für Zeitschriften oder online – Tagebücher zu erstellen, weil dies einer Berichterstattung gleichkommt und gemäß der Olympischen Charta nicht erlaubt ist. Athleten, Trainer, Offizielle und andere akkreditierte Teilnehmer dürfen selbstverständlich auf Fragen von Journalisten, Web – Journalisten oder der Öffentlichkeit überall und spontan antworten. Allerdings dürfen Athleten, Trainer, Offizielle und andere akkreditierte Teilnehmer nicht andere Athleten für irgendein Medium (TV, Zeitung oder Internet) interviewen.

Nicht ganz so offiziell der zweite Grund: die Wahrung der Interessen der Sponsoren und Rechteinhaber.

Für die Winterspiele in Turin 2006 war die Lage unverändert. Wieder Warnung von Seiten des IOCs und NOKs, allerdings konnte der Deckel nicht mehr ganz drauf gehalten werden. Es gab wohl einige nicht offiziell abgesegnete Athleten-Blogs, die aber kein großes Echo fanden und daher vom IOC toleriert bzw. ignoriert wurden.

Das künstliche Verbot war sowieso nicht nachzuvollziehen. Einerseits war Bloggen verboten und alles was mit Geld verboten ist, ist noch mehr Bäh, auf der anderen Seite gab es schon zu Athen 2004 einige Athleten-Blogs. Dass die US-Hochspringerin Amy Acuff auf der Playboy-Website ein Olympia-Tagebuch unterhielt, kann dem IOC nicht entgangen sein.

Seit Anfang 2006 hat sich der Blog-Hype noch weiter verbreitet und das IOC muss befürchten, der Entwicklung nicht mehr Herr zu werden. Ein Ausschluß eines Sportlers wegen seines Blogs ausgerechnet während der Spiele im zensurfreundlichen Peking, birgt Potential für Negativ-PR, soviel kriegt Edelman in zehn Jahren nicht zusammengeklöppelt.

Eine Arbeitsgruppe der IOC-Presse-Kommission legte in den letzten Wochen ein Papier vor, wonach Athleten-Bloggen kein Verstoß gegen die Olympische Charta per se ist und schlug einige Rahmenbedingungen vor. Bloggen von Athleten ist dann “regelkonform”, wenn der Athlet für das Bloggen keine Bezahlung bekommt, die Einträge nicht journalistischer, sondern persönlicher Natur sind und auf Photos, Videos und Audioaufzeichnungen verzichtet wird.

Athlete blogs bring a more modern perspective to the global appreciation of the games, particularly for a younger audience, and enhance the universality of the games

Die Athleten-Kommission des IOC schloss sich den Empfehlungen zwar grundsätzlich an, will aber noch weiter überlegen. Es gibt große Bedenken bezüglich der Privatsphäre. Man will eine “Big-Brother-isierung” des olympischen Dorfes verhindern, so Bob Ctvrtlik, nicht nur Ex-Volleyballspieler und Mitglied der Athleten-Kommission, sondern auch arm an Vokalen.

We don’t want the village turned into a reality TV show during the Olympics,” he said. “We also want to protect rights that have been sold to sponsors. As of yet we don’t have a clear consensus on it.

Und wenn die Athleten-Kommission drübergeguckt hat, müssen es auch noch die NOKs und schließlich das Executive Board des IOCs abnicken. Sollte gar eine Änderung der Charta notwendig sein, muss auch noch die IOC-Vollversammlung darüber befinden.

Ach ja, und jemand müsste den Anwälten des DOSB rechtzeitig Bescheid sagen.

(Quelle: AP via Yahoo)

6.2.2007 | 19:04 von DonAlphonso

Halbwegs amtlich: Deine Daten bei Holtzbrinck

Die Berliner Tageszeitung “Tagesspiegel” gehört – wie das hier mehrfach als wenig erbauliches Beispiel für Web2.0 thematisierte Studentennetzwerk StudiVZ – zum Medienkonzern Holtzbrinck. Wenn der Tagesspiegel also über StudiVZ schreibt, darf man davon ausgehen, dass sie halbwegs wissen, was sie sagen. Deshalb möchte ich sie hier kurz zitieren:

[…]vier Wochen, bevor der Holtzbrinck-Verlag die Community samt Nutzerdaten für 50 Millionen Euro erwarb.

War da nicht mal ein StudiVZler, der behauptete, es gehe gar nicht um die Daten?

6.2.2007 | 10:13 von DonAlphonso

Muss man alles bloggen, was man weiss?

Es gab da vor ein paar Tagen bei Johnny Haeusler, der bekanntlich eines der grössten deutschen Blogs betreibt, diesen Eintrag. Er hatte eine Information, hat sie auch gebloggt – und sie dann nach ersten Anfragen der Medien zurückgezogen. Im Kern wohl, weil seine Kinder davon betroffen gewesen wären und er den Medien und dem, was sie daraus gemacht hätten, nicht über den Weg getraut hat. Konkret ging es um eine wenig intelligente Einlassung von Berlins regierendem Bürgermeister Wowereit, den Rest mitsamt Springerpresse und Hauptstadtbüro des Spiegels kann man sich denken, wenn man etwas Ahnung von deren Auffassung zu Hetzjohurnaillentum hat.

Nun ist es tatsächlich so, dass man Informationen auf diverse Arten verfälschen und unterdrücken kann. Man kann Johnny vorwerfen, dass er eine Schere im Kopf hat, man könnte auch sagen, dass er gewissermassen bloginformationellen Selbstmord aus Angst vor dem Tod durch die Gossenschreiberlinge begeht. Sollte die Information allerdings brisant genug gewesen sein, verzichtet er damit freiwillig auf eine ganze Menge – höchst fragwürdiger – Publicity. Trotzdem würden gewisse Scharlatane des Blogbusiness keine Sekunde zögern, den Medien mit Informationen die kotigen Schaftstiefel zu lecken.

Man könnte es sich natürlich leicht machen und sagen, dass Informationsfreiheit auch die Freiheit beinhaltet, Informationen nicht zu bringen. Wenn Medien erst mal in eine gewisse Richtung Fahrt aufgenommen haben und plötzlich umdenken müssen, weil ihr Spin angesichts der Realität nicht mehr zu halten ist, wird diese Freuheit anstelle eines Kurswechsels gern in Betracht gezogen – allein, so einfach ist es nicht. Was man tun kann, ist letztlich immer nur eines: Abwägen. Es ist natürlich schwer, die Folgen so einer Geschichte abzuschätzen, und meistens haben Medien weniger “Impact”, als man gemeinhin glaubt – aber tatsächlich zieht die Freiheit der Information auch die Verpflichtung nach sich zu überlegen, was man damit tut.

Um mal ein Beispiel aus meiner eigenen Arbeit zu nennen: Ich habe hier Photos, die Mitarbeiter einer Firma bei einem Verhalten zeigen, das meines Erachtens nicht mit gewissen Gesetzen vereinbar ist. Ich habe dazu auch mündlich weitergetragene Informationen, die weniger die Abgebildeten, als vielmehr die Leitungsebene als eigentliche Verursacher schwer belasten. Wenn ich nun diese Bilder bringe, wird zweierlei passieren: Die nicht sichtbare Leitungsebene wird es auf die Mitarbeiter abwälzen – und sie allein im Regen stehen lassen. Und wenn meine Informanten dann Angst bekommen, stehe ich ebenfalls allein da.

Aber wie es nun mal so ist: Manche Torpedos sind im Informationsgeschäft dann am besten, wenn sie nicht abgefeuert werden. Man kann es für unmoralisch halten, und oft ist es nicht weniger als blanke Erpressung, aber es ist nun mal gängige Praxis, mit einem unveröffentlichten Mehr an Wissen andere unter Druck zu setzen in der Hoffnung, dass sie strategische Fehler machen. In diesem Bereich mit seinen Versuchsballonen, dem zielgerichteten Vermuten, dem Provozieren falscher Dementis und der Präsentation der klaren Lüge liegt die eigentliche Schwierigkeit der Beurteilung derartiger Vorgehensweisen.

Und im Vergleich dazu ist eine offene Erklärung der Lage bei Johnny zwar sicher nicht der geniale Ausweg aus einem Dilemma, der alle gleichermassen zu ihrem gerechten Lohn bringt, aber immerhin vielleicht sowas wie die am wenigsten schmutzige Lösung für ein Problem, das man an einem anderen Tag besser wird lösen können. Denn es ist ja nicht so, dass die Information verschwunden ist.

3.2.2007 | 17:11 von DonAlphonso

Es gibt StudiVZ

Und dann gibt es auch noch Firmen, deren Management integer ist, nicht Völkermordleugner duldet, die Daten der Nutzer sichert, nicht als Spammer auffällt und keine Parties mit Einladungen im Nazistil begeht. Ausserdem, ganz wichtig, schreit es nicht Verkaufsverhandlungen rum. Denn sowas kann unheimlich daneben gehen. Das steht dann nämlich mit allen unschönen Details in einem Blog. Natürlich nicht, wenn man eine normale Firma ist. Solche Firmen gibt es.

Aber es gibt eben auch StudiVZ. Und das wird dann sehr, sehr peinlich. Tolles Startup. Holtzbrinck. Gier schalten Gehirn aus. 1, 2, seid Ihr nicht alle ein bischen StudiVZ?