17.4.2006 | 23:07 von DonAlphonso

Trackbackschleimereien

Was noch fehlt: Ein automatisches Rechnungsmodul, das auch den in Deutschland grassierenden Trackback-Irrsinn wirkungsvoll begrenzt. Ein Werbetrackback, schwupps geht die Rechnung raus an den, den man am ehesten erwischt. Dann würde vielleicht Myblog/20six endlich anfangen, die ganzen Spamblogs auf ihrem System so gnadenlos zu bekämpfen, wie man das eigentlich erwarten könnte. Es nervt, dass das Problem mit der Weiterleitung bei denen noch immer nicht unterbunden ist, seit über einem Jahr das immer gleiche Gewürge mit Uhrenimitaten, Klamotten und anderem Schwachsinn.

Bei der Gelegenheit auch vielleicht eine etwas nachlässige Einstellung des Moduls für die Zeitgenossen, die mal überlegen sollten, ob man sie hier wirklich sehen will. Gschaftlhuber, Trafficsauger, MöchtegernmetaALister. Damit die Leute – wie mitunter beim Kommentar – vielleicht anfangen, vorher zu überlegen, bevor sie ander Leute Blogs mit Links zu ihren nichtigen Seiten zu beschmutzen.

Und letztlich noch ein Ad-On für Nike und Google und ihren in Deutschland verbreiteten Versuch, Kommentarwerbung für ein Kicker-Depperlportal zu machen. Ach wäre das schön.

7.4.2006 | 7:16 von DonAlphonso

Nr. 1 bei Technorati -eine Legende der Blogosphäre

Oder: Was wir aus Moni-Gate sonst noch gelernt haben.

Moni-Gate hat etwas bewiesen: Trotz der Bemühungen anderer Anbieter gibt es im Moment nur eine relevante Blogsuchmaschine: Technorati. Technorati ist Google für Blogs, dank des Niedergangs des deutschen Anbieters Blogstats (Nico? Wie schautŽs aus mit dem Relaunch?) auch in Deutschland. Technorati brachte 18 mal so viele Suchanfragen als alle anderen Blogsucmaschinen zusammen während des Höhepunkte von Moni-Gate auf mein intensiv berichtendes Blog. Damals war “Transparency International” über Tage hinweg die Nummer 1 bei den Technorati Suchanfragen, und entsprechend stark herausgehoben. Nummer 1 bei Technorati – das ist, nebenbei, ein weiterer Adelsschlag für die deutsche Blogosphäre, die es damit den internetionalen Kollegen mal wieder gezeigt hat, nach “Klowänden” und “Euroweb”. Wir sind wer. Wir starten durch. Oder so.

Soviel zu den guten Nachrichten. Jetzt das Problem: In besagten 24 Stunden, als Technorati die anderen um das 18-fache überflügelte, kamen in absoluten Zahlen gerade mal 36 Besucher über Technorati, im Vergleich zu jeweils einem von Google Blogsearch und Blogstats. Und das beim Nr. 1 Thema von Technorati. Im Vergleich: Im besagten Zeitraum hatte ich über 5000 Besucher. Techorati bringt noch nicht mal 1% der Leser vorbei. Selbst eher kleinere Blogs mit weniger als 200 Besuchern am Tag bringen mehr, wenn sie verlinken. Und auch beim zweiten Nr.1 Platz von Euroweb vor 2 Tagen brachte Technorati gerade mal 24 Besucher vorbei. Will sagen: Das ist kein Zufall. Das hat Methode. Offensichtlich wird die reale Bedeutung von Technorati gnadenlos überschätzt, in dem Moment, da sie ihr überhaupt zugeschrieben wird. Vermutlich kommt sie nur daher, dass diejenigen, die über das Bloggen schreiben, Technorati laufend benutzen und deshalb dazu neigen, das Ding als etwas anderes als einen kleinen Pups im Netz zu betrachten.

Ironischerweise ist Technorti trotz dieser eher mauen Beteiligung – ich mein, wir reden hier über DIE Blogsuchmaschine schlechthin – wichtgig. Eben weil man nicht erkennt, wie klein die reale Bedeutung von Technorati ist. Da steht eben: Thema X ist Nr. 1 bei der wichtigsten Blogsuchmaschine. Und das sind die News, die faktische Untermauerung des Bedeutungsanspruches, die Medien brauchen, um einem Thema Relevanz zuzuschreiben. Es ist der PR-Big-Bang, auf den Presseleute abfahren. Technorati beweist Interesse und garantiert, dass Blogger den eigenen Artikel aufgreifen werden. So kann man in der Redaktionskonferenz belegen, dass hier ein Thema am entstehen ist. Und man hat es früher gewusst. So läuft das.

Dank Technorati
Und 36 lausigen Suchanfragen in 24 Stunden.

27.3.2006 | 21:06 von DonAlphonso

Vom Treiben der richtigen und falschen Säue

Mit dem Versuch der NGO Transparency Deutschland, mittels wenig freundlichen und sinnvollen Anwaltsschreiben einer Bloggerin Bemerkungen über deren Umgang mit Personal zu untersagen, ist heute nach Euroweb die nächste Sau durch das Blogdorf getrieben worden. Und diesmal, weil die Bedrohung wohl so bedrückend fühlbar war, in rasender Geschwindigkeit: Bei Technorati hat das bislang eher wenig gelesene Blog von Moni Verlinkungen inzwischen von fast 200 Seiten, Transparency hat bei Technorati einen unrühmlichen ersten Platz bei den Suchabfragen, und das Thema ist längst in anderen Sprachen zu lesen. Bei Google sind zu Transparency Deutschland die Hälfte der ersten 10 Treffer hochgradig kritische Blogeinträge. Wer wissen will, wie ein allein blogbasiertes PR-Debakel aussehen kann, sollte sich diesen Fall genau anschauen.

Besonders, weil seine Triebfeder nicht die für Medien typische Relevanz ist. Der Flächenbrand wurde ausgelöst durch das zutreffende Gefühl, dass hier eine grosse Organisation mit hohen Ansprüchen eine kleine Bloggerin für eine legitime Meinungsäusserung bedroht und plattmachen will. Eine ganze Reihe von Leuten haben der Bloggerin bei ihrem Kampf finanzielle Unterstüung angeboten. Kurz, bei dieser Sauhatz werden nicht mehr nur Steine geworfen, da werden die Borsten schon mit gemeinschaftlich gemischten Napalm angekokelt.

Manche werden vielleicht sagen, dass dieses Vorgehen etwas stinkt und gefährlich ist, weil man damit irgendwann die falsche Sau erwischt. In der aufgeheizten Stimmung kann es natürlich u Fehlinterpretationen, überzogenen Reaktionen oder gar einer Pogromstimmung kommen, bei der es dann Unschuldige erwischt. Jens Scholz hat ein paar schöne Sätze über das Problemfeld zwischen Bloggersolidarität und Zusammenrottung geschrieben – und dass die Solidarität im Zweifelsfall das Risiko rechtfertigt.

Dabei geht unter, dass es durchaus schon Fälle gegeben hat, die von der Ausgangslage den Geschichten um Klum, Euroweb und Transparency formal entsprochen haben. Und obwohl dabei Blogger nicht nur abgemahnt, sondern teilweise auch verurteilt wurden, blieb auch bei grösserer Berichterstattung so eine Welle der Solidarität aus. Beispiele finden sich im Lager der rechten, teilweise auch rechtsextremen, neoconservativen oder “islamkritischen” Blogger. So haben die wenig freundlichen Bemerkungen von Henryk Broder über den Verleger Abraham Melzer, den Soziologen Bodemann oder seine Einlassungen über das Erbverhältnis von Freisler und dem Landgericht Frankfurt durchaus juristische Folgen und eine mitunter breite Aufmerksamkeit in den Medien nach sich gezogen. Ähnlich erging es einem seiner Bekannten, der im Prozess gegen einen des Antisemitismus beschuldigten israelischen Journalisten unterlag. Der Betreiber der Website “Die Juedische.at” traf wegen einer ähnlichen Behauptung im Gericht mit augenscheinlich wenig Erfolg auf den Politologen Ludwig Watzal. Der Betreiber des bei Myblog.de gehosteten Blog Politically Incorrect musste schon mal erleben, dass, wie hier bereits angesprochen, nicht jedes “Netzfundstück” einfach so verwendet werden darf. Und wegen veröffentlichter Gerichtsakten wurde das Blog einer in Frankreich lebenden Person schon mal ins Nirwana geschossen.

In all diesen Fällen kam die Debatte nicht über den engen Kreis ihrer befreundeten Blogger hinaus. Im Gegensatz zum Fall von Moni vs. TI lagen in diesen Fällen meist ausgesprochen harte Meinungen über politische Gegner vor, die zuerst mal nichts anderes getan hatten, als eine andere Meinung zu haben. Das scheint der zentrale Unterschied zu den grossen Fällen der Blogosphäre zu sein, denn in all diesen Fällen erfolgt der Angriff von aussen, seien es nun Abmahnungen oder Beschimpfungen wie die eines Thomas Leif oder eines von Matt. Sprich: Man schleppt sich keine Sau ins Dorf, um sie dann gemeinschaftlich zu hetzen. Die Säue kommen von ganz allein, führen sich auf, und werden dann getrieben, mal mit Spott, mal mit handfesteren Mitteln. Sauimporteure wie die oben Beschriebenen bleiben dagegen mit ihren Viechern sitzen und müssen schauen, wie sie allein damit fertig werden.

Mit politischer Einstellung dürfte die mangelnde Hilfsbereitschaft für die oben erwähnten Blogger nichts – oder nicht allzu viel – zu tun haben. Mit von Matt. Leif und auch bei Transparency und ihrem PDS-nahen Justiziar hat es Personengruppen erwischt, die politisch und geistig formal im selben Spektrum wie dem der Sautreiber zu verorten sind. Da wird also nicht nach gängigen Schemata begloggt und gejohlt. Es scheint, die Leute überlegten individuell schon erst mal, wen sie sich wie und aus welchem Grund iund persönlicher Betroffenheit zur Brust nehmen – aber dann eben richtig. Das ist gut für die Blogosphäre –

und so richtig scheisse für PRoleten und andere Kommunikationspfeifen.

19.3.2006 | 13:05 von dogfood

Euroweb und der merkbefreite Raum

Euroweb hat offensichtlich Probleme mit Websites.

Die Euroweb Internet AG wirbt auf ihrer Homepage damit dass sie kleine oder mittelständische Unternehmen ins Internet bringt. Nun finde ich Unternehmen die ein Währungszeichen als Logo für ihren Firmennamen führen, schon mal grundsätzlich supersympatisch. “Gestatten, mein Name ist Kai $$$Pahl$$$ und ich bin $Ihr$ persönlicher €Webdesigner€®(TM)©”. So stelle ich mich auch immer beim Kunden vor

Dann präsentiere ich eine Website bei der ich zeige, dass ich das Bildmaterial der hiesigen Bildagenturen in- und auswendig kenne.

Auf meiner Presse-Seite kann ich demonstrieren, dass ich up-to-date bin und… zehn Monate lang keine Pressemitteilung veröffentlichen. Wenn ich es tue, so wie am 10ten März, dann als Kämpfer gegen den rechtsfreien Raum.

Und so kommt es, dass die EuroWeb Internet GmbH gegen einen Forenbesitzer vorgegangen ist, wg. “Verunglimpfung” und “Diffamierung”. Damit so etwas in Zukunft nicht noch einmal passiert, droht Christoph Preuß von der Euroweb auf seiner Presse-Seite präventiv:

„Wir hoffen, dass es in Zukunft nicht erneut zu dieser Art der Verleumdung kommt. Darüber hinaus möchten wir klarstellen, dass wir auch in Zukunft gegen Personen vorgehen werden, die die Euroweb Internet GmbH und/oder Einzelpersonen des Unternehmens in der Öffentlichkeit herabwürdigen oder anders schaden wollen.“

Was damit gemeint ist, hat Blogger Jens Scholz inzwischen erfahren und Post der Euroweb Internet AG bekommen. Angeblich sollen auf seiner Website “unwahre und beleidigende Behauptungen” aufgestellt worden sein. Dummerweise hat Euroweb bzw. die Rechtsanwaltskanzlei vergessen irgendwelche Belege und Fundstellen anzugeben. Kann man ja als Internetagentur auch nicht wissen, dieses komplizierte Ding mit URLs, Webadresse und Quellenangabe.

Dumm nur, dass Euroweb sich nun der Lächerlichkeit preisgibt und durch die Blogosphäre geprügelt wird.

Wenn Herr Preuß das mit dem Vorgehen gegen die Leute die Euroweb schaden, ernst meint, dürfte mit seiner Selbstverklagung zu rechnen sein, denn sehr viel dümmer kann man sich im Umgang mit Blogkommentaren nicht mehr anstellen. In diesem Fall scheint die Herabwürdigung der Agentur hinterm Schreibtisch zu sitzen.

PS: Das Vorgehen der Euroweb Internet AG ist nicht nur “Web 0.01”, sondern prototypisch für eine Abmahnwelle die derzeit durch das Land geht.

PS2: Aus der Preisliste der Euroweb Internet AG:
“Eintrag in Suchmaschinen – Promotion für Ihren nationalen und internationalen Erfolg 189,66 €”

16.3.2006 | 16:03 von DonAlphonso

Kulturbegriff Lebensdefinition Menschenbild Medienverständnis

Originalzitate von einer PR-Website: “Konvergenzkongress Podcastday

12 Panels 40 Referenten Themenschwerpunkte:

Klassische Medien und neue Herausforderungen für Radio, Fernsehen, Print und Bürgermedien
Podcast-Business: Modelle und Visionen für neue Geschäftsmodelle, Unternehmenskommunikation, Hörbuch und Werbung & PR
User Generated Content / Digital Lifestyle: Alltag der Generation iPOD mit den Schwerpunkten Web 2.0, digitales Leben als Konsument und Produzent, Podsafe Music, Schule / Hochschule”

Keynote: 9Live-Salm.

Johnny mag nicht.

14.3.2006 | 2:22 von DonAlphonso

Podcaster. Vorlesen nur mit Mikro.

Eigenartig: Schaut man zu deren Zusammenrott Organisationen (ja, die haben sowas), dann finden Podcaster die Gema toll, reden viel über Werbung und Erlösmodelle und steigen mit mehr oder weniger hirnlosen Initiativen ins Aktionsplanungsbett. Das ist jetzt nicht wirklich überraschend, wenn man ein paar von den Leuten erlebt hat, die in diesen Verbänden führend tätig sind – da herrscht im Moment Goldgräberstimmung. Vorsichtig gesagt, mein Ding wäre es eher nicht. Obwohl ich ja eigentlich vom Radio komme.

Wie auch immer: Obwohl die an das Vorlesen in ein Mikro eher gewöhnt sind, als der landläufige Blogger, bekommen sie keine Lesung gebacken. Also, live vor Publikum. Und ich, der ich mit der Organisation von Lesungen mitunter zu tun habe, würde auch nie auf die Idee kommen, einen Podcaster einzuladen – weil die vebalen Einlassungen, die ich kenne, in aller Regel als Texte einfach nicht gut genug sind. Bei jedem Podcast, bei dem ich mir denke, “Hm, geht so”, fallen mir sicher 10 Blogger ein, deren Texte ich lieber vorgelesen sehen möchte.

Das heisst nicht, dass mancher Podcast nicht seinen Charme hat. Manche höre ich mir öfters an. Aber da kommt einfach nichts, was ich mir jenseits des Internets vorstellen kann. Irgendwie fehlt da der Anspruch. Ist aber auch egal. Muss ja nicht sein. Lesungen sind nicht allein seligmachend.

Hauptsache, es klappt mit der Gema.

6.3.2006 | 14:25 von DonAlphonso

Nervend: Zugriffs- und Grössenlügen

He, Ihr Corprorate Blogs gewisser deutscher Medienhäuser und Firmen: Zu behaupten, Ihr hättet mit Eurem PR-Gelaber bis zu X-tausend Leser am Tag, ist ja wohl ziemlich dreist. Und dann stehen da täglich so zwischen 0 und 5 Kommentare, von denen mehr als die Hälfte selbst geschrieben sind, und ein Trackback pro Woche, wennŽs hoch kommt. Eure Presselügen sind genauso glaubhaft wie die Behauptung von Microsoft, mit den Spaces 25 Millionen Blogs zu haben – was allein schon fast so viele wie die bei technorati gelisteten Blogs wären.

Ja, Euch meine ich, genau. Für wie blöd haltet Ihr eigentlich die Leser.

27.2.2006 | 3:04 von DonAlphonso

Die Aufmerksamkeit, die Literatur, ihre Tekkiefeinde und deren Denkfehler

Nun kommen sie also aus ihren Löchern und sagen, dass sie überhaupt nicht verstehen, wie man auf eine Bloglesung gehen kann und was diese Texte da sollen. Das überrascht etwas, denn die Handelsblattlesung in Düsseldorf war weder die erste Lesung ausserhalb der Blogosphäre, noch die mit den meisten Autoren, noch diejenige, die dem klassischen Literaturbetrieb am nächsten kam. Insofern ist es nicht ganz verständlich, wieso die plötzlich jetzt eine gewisse Gruppe anfängt, Lesungen in Frage zu stellen oder abzulehnen.

Zwei Argumente fallen dabei auf – das eine ist die Behauptung, Blogtexte wären nicht lesenswert. Das andere sind Bedenken wegen einer herausgehobenen Stellung, einer Hierarchisierung der Blogosphäre. Man könnte natürlich sagen, das sind nur die Neider, die zu blöd zum ordentlich schreiben sind und für die sich keine alte Sau interessiert, wenn sie nicht andere andissen, aber so leicht sollte man es sich doch nicht machen.

Was ich ganz witzig finde: Viele von denen kommen aus der Softwareecke, teilweise mit mehr oder weniger deutlichem Hang zur Ideologie von Web2.0 und der sogenannten social software, an die ich nach meinen Erfahrungen mit deren Protagonisten nicht glauben mag. Man muss sich aber jetzt mal die Ironie vor Augen halten: Ausgerechnet ein Umfeld, das soziale Strukturen im Netz abbilden will, kriegt die Krätze, wenn die Autor-Leser-Interaktion im normalen Leben abgebildet wird. Da drängt sich für mich schon der Verdacht auf, es mit Leuten zu tun zu haben, die zu lange die Kiste nicht mehr ausgeschaltet und kein Buch über was anderes als PHP mehr gelesen zu haben. Und vielleicht noch nie auf irgendeiner Lesung waren, denn es ist nun mal so, dass Leser Autoren auch gern mal anschauen und anhören. Auch ohne nachher Fingerfood zu bekommen. Einfach so. Weil der Text eines Autors, vom Autor selbst gelesen, eine besondere Erfahrung ist. Muss man nicht verstehen, ist aber oft so. Nur weil sich einem Codefrickler der Wert eines Textes entzieht, bedeutet es nicht, dass andere ihn erkennen, und er etwas Besonderes darstellt.

An der Stelle setzt dann auch die Debatte um Hierarchien ein. Eigentlich kein Problem, denn schon das Verhältnis zwischen Blogger und Leser ist bei gleicher Augenhöhe nicht ohne Rollenverteilung. Wer etwas anderes will, muss ein Wiki aufmachen. Der Blogger gibt die Themen vor, die anderen reagieren. Der Autor auf der Bühne ist inhaltlich genauso dominierend wie derBlogger. Das ist also kein Problem.

Und damit nähern wir uns dem eigentlichen Kern des Problems: Nämlich der Dominanz in der öffentlichen Wahnehmung. Tatsächlich entsteht Aufmerksamkeit nicht an der Softarebasis des Bloggens und auch nicht beim Bloggen an sich, sondern an der Grenzfläche zwischen Online- und Offlinewelt. Mit der tun sich Softwareleute naturgemäss schwer, denn sie denken vor allem in Internet und Code. Viele Blogger aber sind kontaktfreudig und Rampensäue – sie nutzen das Netz nur als Basis und sind froh, wenn es mal raus geht. Deren allgemein verständliche Texte, das “Tagebuchbloggen” oder “Plaudern”, um mal die bösen Begriffe zu verwenden, kommen ausserhalb des Internets an. Ziemlich sicher, weil es gerade nicht um das Internet, sondern um das Leben geht, das halt nur zufällig im Internet abgebildet wird. Aber genau diese Haltung bekommt die Aufmerksamkeit, die Medienberichte, die Links aus der Blogosphäre. Eine Hierarchie ist das nicht, aber ganz sicher eine herausgehobene Stellung. Und die ist der Stein des Anstosses. Das macht die Kritiker so kirre, dass jemand mit Texten und Auftritten, die sie nicht begreifen, anders rezipiert werden.

Ich persönlich glaube, dass da gerade ein Zug abfährt. Ich bin mit einem Haufen anderer Leute im Pullmann und entkorke den Wein, und die Sozialweichwärigen stehen draussen am Bahnsteig. Vielleicht spammen sie Google besser, vielleicht sind sie schon viel länger Blogger, vielleicht haben sie die Schienen gecodet, auf denen der Zug fährt – mir ist das ehrlich gesagt scheissegal, und denen, die mir das Ticket geben, ebenso. Die interessiert nur, dass ich auf der Bahnfahrt eine gute Unterhaltung liefere. Die Reise geht in eine Richtung, in die keiner von denen da draussen je können wird, sie werden tatsächlich immer unten im Publikum oder zuhause bleiben. Und dann kommt das Geschrei, man möchte doch den Zug anhalten und im Bahnhof des Internets und der Software behalten, diesen geschützten Raum, in dem sie sich noch irgendwie artikulieren und mitreden können. Ich gestehe zu, dass hier zwei Entwürfe, zwei Ansprüche an die Blogosphäre kollidieren. Ich bin mir sicher, dass sie gleichzeitig existieren können und beide ihre Berechtigung haben. Aber beim Wettbewerb um die Vermittlung ins Leben ist das Rennen gelaufen.

Auch wenn manche noch den Kopf in den Sand stecken.