Nehmen wir mal an, in ein paar Monaten hat sich gezeigt, dass die Idee “hochklassige Werbung auf hochklassigen Blogs”, wie sie von Adical angedacht wird, nicht funktioniert. Nehmen wir an, dass es da draussen hunderte Blogstricher gibt, die jeden erdenklichen Scheiss für jeden ab 10 Franken tun, selbst wenn es eine Sekte ist, und die sich für ihre Kaufkumpels auch ins Zeug legen, selbst wenn das Business Model der gekauften Beiträge sie zur Zielscheibe des deutschen Wettbewerb- und Steuerrechts macht. Kurz, gehen wir davon aus, dass die Werbekunden begreifen, wie leicht man für praktisch lau mit ein paar Deppenbloggern Google spammen und begeisterten Zuspruch erhalten kann. So ist das nun mal, im Kapitalismus.

Dann stehen verdienstwillige “Premiumblogs” erneut vor der Frage, vor der auch jeder Journalist steht: Wer kauft mir meine Beiträge/mein Blog als Ganzes ab?

Die einen gehen dabei in die Richtung der PR-Blogs, oder auch Corporate Publishing. Ungeachtet des Umstandes, dass bisherige Messe– und Themenblogs eher mau waren, gibt es weiterhin Ãœberlegungen, dergleichen professionell zu betreiben. Das kleine Problem: Mit “Bloggen” als “Schreiben wozu ich Lust habe” hat das natürlich nichts mehr zu tun. Es ist Corporate Publishing auf Blogbasis, mit einem Entgelt von einer Eintrittskarte und einem T-Shirt und gesponsortem Essen bishin zu dem, was so ein Journalist halt am Tag kostet.

Das ist insofern etwas erstaunlich, als sich damit alles an den Trögen derjenigen einfindet, die ganz klar ein Interesse haben, allein ihr Ding zu vertreten. Agenthuren und Firmen interessieren sich einen Dreck für freie Meinungsäusserung, es geht ihnen um Credibility, Coolness und nützliche Idioten, die sie vor ihren Karren spannen können. Dieser Kotau ist fraglos eine Notwendigkeit für die, die keine Qualität liefern, und ich mache keinen Hehl aus meiner Meinung, dass ein grosser Teil der sog. “Pro-Blogger” Leute sind, die als “Pro-Journalist” als Prakti an der Kaffeemaschine landen würden.

Aber es gibt auch noch andere Leute, die durchaus was können, oder deren Blogs ziehen, ohne dass es dafür aus Sicht des Journalismus nachvollziehbare Erklärungen gibt. Blogs, die einfach zur tagesroutine vieler Besucher gehören, und die als fortgeschriebener Roman eine feste Leserschaft gewinnen. Das ist gleichzeitig ihr finanzieller Fluch, weil es schwer ist, dort Texte einzeln herauszunehmen und anderweitig zu publizieren. Und Kaufangebote für komplette Blogs sind nicht gerade häufig, selbst, wenn es im Fall der Blogbar und Rebellen ohne Markt die ein oder andere Offerte gegeben hat/gibt. Derartige Ãœberlegungen zielen darauf ab, sich vereinzelte “Edelblogger” zu halten, statt mit eigenen Versagern zu blamieren. Dennoch herrscht allgemein bei den Medien ein klaren Konkurrenzdenken vor. Blogs werden so weit wie möglich ignoriert, wenn es um inhaltliche Qualität geht.

Eine Lösung für dieses Dilemma habe ich auch nicht, und ich bin in der komfortablen Lage, es ohne Verkaufszwang auch nicht haben zu müssen. Marktwirtschaftlich betrachtet denke ich aber, dass es nur klappen kann, wenn man eine Art Kartell der inhaltlichen Blogqualität macht. Vergesst Reichweite, vergesst zuerst mal Page Impressions, die kommen von alleine, wenn die Qualität stimmt, und sie kommen von den richtigen Leuten. Den Wettlauf mit den billigen Strichern, die für einen Aufkleber alles tun würden, braucht man gar nicht erst versuchen. De facto aber halten die Blogger tatsächlich fast 100% der tollen Blogeinträge in ihrem eigenen Besitz. Hier draussen besitzen die Medien mit Ausnahme von Thomas Knüwer praktisch 0% der guten Bloginhalte und der guten Blogs. Wenn es dann noch gelingt, die Ursachen für den Erfolg der Blogs – Meinung, Persönlichkeit und kontinuierliches Schreiben – in so einem Kartell zu bewahren; zugleich vielleicht den ein oder anderen “journalistischen” Auftrag für Leitartikel zu vergeben und eine Art Nachrichtenstruktur zu integrieren, und wenn sich einer findet, der die richtige Mischung aus Leitung und Freiheit hinbekommt, kann das vielleicht was werden.

Allein, weil sich hier draussen gezeigt hat, dass wir es können. Und die es nicht können.