Das verschollene Häuserprojekt von Jens Best
Erinnert sich noch jemand an Jens Best?
Das war der Typ, der sich Im Sommer 2010 im Zusammenhang mit Google Streetview bei diversen Medien vorsprach, und sowas wie eine crowdgesourcte STASI zum Ablichten von verpixelten Häusern gründen wollte. Die sollten dann gegen den Willen der Verpixler zwangsonline gestellt werden, weil, was so ein Jens Best ist, lässt sich doch nicht vom Willen anderer Leute aufhalten. Besonders nicht, wenn es mit Matthias Kremp von Spiegel Online auch noch jemanden gibt, der so einen als “Deutschlands größter Street-View-Fan” ganz gross in dieser Gosse herausbringt. Es war die Zeit der grossen Hysterie, wenn ich nochmal an die schönsten Zitate erinnern darf.
Naja.
Und dann gründete Jens Best eben seine Aktion, schuf Regionalgruppen, die die Drecksarbeit aus dem Anonymen heraus vor Ort erledigen sollten, aufgestellt nach Bundesländern, baute ein Forum auf, bei dem man sich über Streetviewgegner aufregen und absprechen konnte, und alle wollten sie losziehen, gleich nach der nächsten Clubmate, und etwas dafür tun, dass dieses rückständige, paraniode Land endlkich keines mehr ist, für das man sich schämen muss, wenn man abgefuckte Clubmatetrinker aus dem Easyjetset anderer Länder traf. Die tun was gegen Verpixelung und “digitale Stadtverschandelung”.
Und es gab dann für jene, die vielleicht noch eine zweite Clubmate tranken, auch noch die Agentur Compuccino. Die brachte für Sesselantiprivacykrieger eine Seite ins Netz, auf der man schon mal verpixelte Häuser markieren konnte, damit die Einsatzgrüppchen von Jens Best im Internet die Ziele ihrer Tätigkeit einfach nur abholen mussten. Die einen suchten und markierten, die anderen marschierten und schossen.
Naja.
Aber irgendwie machen sie nicht mehr Deutsche wie früher. Ja, früher, da zitterten die morschen Knochen, wenn sie kamen, aber heute muss erst mal Clubmate sein und dann sehen wir weiter, wenn kein neues Projekt kommt.
Oder die Berliner haben, wie es ja ab und zu auch bei einem anderen Protagonisten des damaligen Aktionismus (huhu MSPRO!) anklingt, auch zu wenig Geld für eine Fahrkarte.
Ausserdem kam dann der Winter. Das ist nicht die beste Zeit zum Photographieren.
Ja, alo, diese Ortsgruppen, also, nach dem ersten, durch die Medien verursachten Ãœberschwang… da blieb dann irgendwie die Crowd aus.
Und die Bilder, da hatte man schon welche, aber nicht so viele, naja, vielleicht noch eine Clubmate.
Und irgendwann knipste dann jemand das Zwangsforum von Jens Best aus – vielleicht er selbst?
http://streetview.mixxt.de/
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Dafür ist der Jens Best aber nicht zu seinen Freunden bei SPONschleim gerannt und hat ihnen gesagt, dass das alles nix richtiges wurde. Ja warum nur? Das wäre doch auch mal eine Geschichte gewesen: Der grösste Streetview-Fan gibt allerkleinst bei! Und die Leute von Compuccino sind auch nicht mehr da:
http://findedaspixel.de/
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This site is not longer available
Aber keine Pressemitteilung dazu. Wie kann das passieren? Vielleicht überlegen sich die ehemaligen Mitläufer beim nächsten derartigen PR-Stunt aus Berlin, vor wessen Karren sie sich da spannen lassen. Sowas macht das Internet nicht schöner und Streetview nicht besser und Deutschland nicht offener.
Man merkt nur, wie laut, mediengeil und inkompetent Teile der sog. Internetszene sind.
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Hatte das Projekt denn jemals das Ziel, verwirklicht zu werden?
15 Minuten Ruhm hat es gebracht.
Und es war so sinnlos, all diese Aufregung, all dieses Theater. Bings Maps hat dann keine Sau mehr interessiert, Frau Aigner hatte (seltsamerweise) keinen Bock mehr auf Profilierung und die Presse keinen Anlaß mehr für hysterische Schlagzeilen.
@hm555: Die Aussagen des Initiators dazu ließen durchaus Spielraum für unterschiedliche Interpretationen. Mal wurde die Aktion mehr als Happening und Kunstprojekt verkauft, bei anderer Gelegenheit klang es, als gäbe es ernsthaftere Ambitionen, breite Schneisen ins Pixeldickicht zu schlagen.
Auf das Aufmerksamkeitskonto hat die Aktion auf alle Fälle eingezahlt.
Ich denke, das war einfach opportunistisch, hätten sich da welche Monatelang den Arsch abgefroren, hätte sich der Initiator auf die Brust geklöpft und die Medien eingeladen, aber so hat er halt still den Stecker gezogen und sich davon gemacht. Merkt doch fast keiner.
Es ist doch wie immer: Da wird eine Mediensau durch Deutschdorf getrieben, der heimische Spießbürger schreit “igitt, das Internet sieht mich nackt” und zack zack werden Anträge gestellt, damit der Bürger sich amtlich sicher fühlt, weil Heim und Jägerzaun ja “verpixelt” sind. Währenddessen sind dann schon die anderen Firmen durch die Straßen gezogen, haben kartografiert und der arme deutsche Michel weiß nicht mehr, welches Formular er ausfüllen muss, damit auch weiter alles so bleibt wie es immer war – wenn er es denn überhaupt mitbekommt.
Hast du mal mit Jens Best gesprochen? Dich über den Verlauf des Projektes und die ganzen Aspekte, die da mit reinspielen, informiert (Privatsphäre/Öffentlicher Raum)?
Dein Versuch hier ein (schlechtes) Resümeé zu ziehen sind doch sehr oberflächlich.
jemand anders, Jens Best wollte es nach Eigenaussage unbedingt durchziehen. Auch gegen Widerstände.
Hat er es getan?
Nein.
Hat das Projekt noch eine Grundlage?
Nein.
Ich brauche den Typen nicht, um mir eventuell zu erklären, warum rot vielleicht doch eventuell gelb hätte werden können.
Es ist, wie es ist.
Ich wusste doch, dass ich zu Street View und die „Digital Naives“ schon einmal etwas geschrieben hatte, also flugs im Blog nachgeschaut und dabei dieses herrliche Zitat eines der oben genannten Postprifaschisten wieder gefunden:
So nachhaltig und konsequent sind wir also dann doch. Club Mate für alle!
[…] Eingestellt am 08. März 2012 um 23:29 Uhr » Netz-Notizen Wer braucht so etwas? Gesellschaft Medien und Informationen Fotos Im Sommer 2010 machten einige „Digital Naives“ mit der Zwangsveröffentlichung der Privatsphäre in sozialen Netzen und vor allem bei Google Streetview von sich reden. Nun erfahren wir an der Blogbar, dass sie meinem Aufruf des Abschaltens wohl gefolgt sind: Das In-die-Öffentlichkeit-zerren „verschleierter“ Häuser (Verpixelung als „digitaler Vandalismus“) ist ins Stocken geraten, die Community ist derzeit deaktiviert. […]
donalphonso. Ich denke du verwechselst da die offensichtliche Absicht des Projektes mit der faktischen Durchführung wirklich diese 100.000 Häuser zu fotografieren.
Soweit ich die Statements von Best gelesen hatte, ging es ihm um die Abwägung zwischen öffentlichem Raum und Privatsphäre. Und so habe ich ihn auch erst kürzlich auf einer Veranstaltung dazu reden gehört.
Der Typ war nie Postprifaschist, sondern wollte darauf hinweisen, dass “neben dem digitalen Wohnzimmer auch die digitale Strasse verteidigt werden muss”. Und zwar sowohl vor ihrer Kommerzialisierung (er propagiert bei jeder Gelegenheit, bei der ich ihn erlebt habe u.a. Openstreetmap) als aber auch vor zuviel Datensparsamkeit im öffentlichen Raum. Gegen die Privatsphäre habe ich Best nie reden gehört, aber ich habe auch nicht alles von ihm gelesen.
Vielleicht solltest du ihn einfach nach den Gründen fragen, warum die Website abgeschaltet wurde. Sorry, du spekulierst im Dunkeln und dein allwissender Tonfall macht deine Vorwürfe nicht glaubwürdiger.
Der Best hat in der Sache etliche erbitterte Streitereien geführt, ich kann das gerne nochmal herauskramen, und dann entsteht vielleicht eher der Eindruck, dass er mit seinen Gruppen (die es ja tatsächlich gegeben hat) und seinem schnelkl verhingerten Versuch einfach auf die Schnauze gefallen ist.
Dass nachher alles metaironisch gewesen ist, ist die Standardausrede solcher Leute. Ich billige natürlich jedem zu, in ihm etwas anderes als einen billigen Selbstdarsteller mit Dauerprovotour zu sehen, aber ich war damals dabei, habe ihn und seine Drecksbande aus den Kommentaren geschaufelt, und weiss, was damals war. Definitiv nicht “wir machen mal so ne Site und verpissen uns wenn es nicht läuft”.
donalphonso
Ich hab’ keine Ahnung wie viele Fotos über diese Gruppe hochgeladen wurden, aber einem bin ich mir sicher: Der Best meinte das nicht “metaironisch”.
Deine Wortwahl “Drecksbande” “verpissen” “Schnauze gefallen” zeigt eher, dass du dich da emotional zu sehr in die Person statt in deren Message verbissen hast.
Ich hab’, wie gesagt, den Best ein paar Mal in sehr unterschiedlichen Diskussion erlebt. Leidenschaftlich, sicher das ist er, aber seine Argumente, dass man neben dem Privaten auch das Öffentliche verteidigen muss, kommen klar rüber.
Echt, lieber Don, ich mag das ja, dass du direkt bist, aber hier liegst du einfach daneben.
Ja klar, und deshalb verwendest Du auch eine falsche Emailadresse. Schleim bitte woanders.
Es fehlt mir nicht an Erfahrungen mit Flamewars von dieser Person, die damsls Bier für den ersten ausgesetzt hat, der das erste verpixelte Haus augelichtet hat. Das ist seine Art. Das beschreibt schön den Horizont: Scheiss auf die Haltung anderer, ich zahle mit Suff für meine Leute. Alles weitere erübrigt sich da.
Du kannst das natürlich anders sehen. Er hatte ja auch ein Talent, einen Haufen nützloicher Idioten um sich zu sammeln, die für ohn die Drecksarbeit machen wollten, warum sollte sich das geändert haben?
Die Aktion war von Anfang an ne dumme Idee und am Ende findet sich bei sowas dann halt niemand, der ernsthaft verschollene Häuser fotografiert. Es geht im Netz leider viel zu oft um Geplärr und Aufmerksamkeit, sobald etwas nicht mehr öffentlichkeitswirksam ist oder mit “vom Computer weggehen” zu tun h at, wird es still und heimlich fallengelassen. Eigentlich echt schade und deswegen finde ich es gut, wenn jemand auf sowas hinweist und nochmal die großen Ankündigungen rauskramt, die gesagt wurden.
danke fuer den artikel @ da!
das genannte subjekt samt seines unsaeglichen ansatzes war im www fuer mich in seiner widerwaertigkeit der sockel der negativen singularitaet der letzten 5 netzjahre. habe schon damals nicht verstanden, warum dieses wesen auch nur ansatzweise anklang oder spuren in den breiten medien hinterliess.
Der “dummen Idee” wurde aber – wenn ich recht erinnere – damals von den (ahäm) “Qualitätsmedien” (inkl. TV) eine große Plattform bereitet und Herr Best wurde als eine Art Weltverbesserer dargestellt, resp. er stellte sich selbst so dar.
Seit jeher meinen alle Windmacher, mit dem Aufblasen der Backen sei ein Projekt schon realisiert. Das ist nichts Netzspezifisches …
Viel wirkungsvoller als das Stellen von Lösch- oder Verpixelungsanträgen ist übrigens die von mir gewählte Strategie: Einfach zuspammen. Man stelle in den 4, 5 grossen Portalen unter seiner eigenen Adresse einfach 5 bis 10 andere Häuserfotos ein und schon geht das eigene im Spam unter. Da kann dann gerne irgendein Streetview-Aktivist noch hinzufügen, was er will…
Streetview hatte eh nur einen wirklichen praktischen Taug: Mapcrunch!
Das ist ein kleines Mashup, das einem an einem beliebigen Ort der streetviewtechnisch erfaßten Welt absetzt, und dann sucht man sich den Weg zum nächsten Flughafen, möglichst ohne externe Hilfe durch Google Maps. Das mit dem Flughafen war nicht der Sinn der Übung (ursprünglich), das ist das Spiel, das irgendwelche gelangweilten Hipster auf tumblr erfunden haben.
Wer aber in den Häusern auf dem Weg zum Flughafen wohnt, das ist grad wurscht.-