Vergeudetes Herzblut
Weisst Du, sagt sie, beugt sich nach vorne und drückt die Zigarette aus, die Haare fallen ihr vor die Augen und verschleiern meine eigenen Gedanken, was ich nicht verstehe: Da gibt es Geschichten, die mir viel bedeuten. Da gebe ich mir wirklich Mühe, ich feile an jedem Wort, ich gebe mein Innerstes – sie schaut hoch, lächelt – nein, nicht mein Innerstes, aber etwas, das mein Innerstes sein könnte, preis. Und dann: Nichts. Kein Kommentar, die Leute kommen, lesen gehen weiter. Nicht, dass ich auf dumme Sprüche Wert lege, aber ein paar Worte der Anerkennung, oder ein kleiner Strang kluger Anmerkungen, vielleicht auch eine inspirierte Geschichte, das würde mir gefallen. Einfach um zu sehen, dass das, was ich sage, auch den anderen etwas gibt.
Sie lehnt sich zurück, stützt sich auf den Sofakissen auf, dass ihre Schlüsselbeine das Inkarnat unter dem Hals spannen, und sagt: Und dann sind da diese hingeschmierten Dinger, kurz, belanglos, dumm. Da kommen dann 20, 30 Kommentare in 2 Stunden, als hätte man einem Rudel Hunde einen Knochen hingeworfen. Verstehst Du das?
Ich löse den Blick von ihrem Körper und sage: Nein, aber ich kenne das. Manchmal glaube ich, Kommentatoren sind Gourmands, die das Feine nicht sehen, denen nur das Grobe mit zu viel Gewürz und Hautgout gefällt. Aber ich selbst habe oft eine gewisse Scheu, unter einen wirklich guten beitrag einen Kommentar zu setzen, der qualitativ nie dieses Niveau erreichen kann.
Sie zündet sich die nächste Zigarette an, ich schlage vor, das mal an der Blogbar zu thematisieren, vielleicht weiss jemand eine Antwort oder kennt dieses Phänomen, und dann reden wir von was anderem.
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Vielleicht verwandt mit dem Phänomen, dass es bei Theater oder Kino eigentlich am meisten Spaß macht, Verrisse zu lesen (und vermutlich auch zu schreiben). Lobende Artikel sind immer irgendwie fad. Und so dürfte es auch einigen gehen, die sich scheuen, nur so was wie “hey, toller Beitrag!” zu posten…
Es soll ja auch Kommentare geben, die intelligenter sind als die eigentlichen Blogeinträge. Nur mal so in den Raum geworfen. ;-)
Die meisten Kommentare kommen doch eh aus dem Dunstkreis der Verfasser(in). Es gibt nunmal nur sehr wenige, anspruchsvolle Blogs da draußen und die eher nicht-geekigen Leuten können mit Blogs halt noch nichts anfangen.
Die “hingeschmierten” Geek-Beiträge werden von Geeks auch gerne wieder kommentiert. Wer also einen großen, geekigen Bekanntenkreis hat, hat auch viele Kommentare. Das hat mit der Qualität der Beiträge rein garnichts zu tun.
Anonym gelesen zu werden finde ich auf Dauer auch nicht prickelnd. Es ist schon schön, wenn es zu einer Konversation kommt. Auch wenn es beiläufig ist. Und nicht immer den Tiefgang haben muss.
Anonym gelesen zu werden finde ich auf Dauer auch nicht prickelnd. Es ist schon schön, wenn es zu einer Konversation kommt. Auch wenn es beiläufig ist. Und nicht immer den Tiefgang haben muss. Es wärmt halt. Es menschelt ein bischen. Sonst kann man sich genauso gut auf keine Teekiste an der Ecke zum Parkeingang hinstellen und den vorbeistreunenden Hunden die Welt erklären.
viele blogger überschätzen gewaltig die wirkung ihrer worte.
wenn dann keine reaktion kommt sind natürlich die anderen schuld,
die solche perlen angeblich nicht erkennen.
dabei bietet ein blog die perfekte plattform für
eine gelungene selbstinszenierung.
und natürlich, ein blog muss ein geheimnis besitzen
und es bewahren.
Bei machen Texten fühlt man sich zu Senf berufen. Bei anderen zum zurücklehnen und genießen. Man hat eben das Gefühl, es ist alles gesagt. Man lässt den Vogel einfach trällern, und weiß, jedes Wort wäre eine Häresie.
Soll ich unter einen wunderbaren Text wirklich drunter schreiben: “Ein wunderbarer Text.”? Das wäre doch schon wieder fast zu einfach. Es gibt Themen, die reizen geradezu zum Kommentar. Doch Geschichten, die aus tiefstem Herzen kommen, die mich persönlich berühren, verlasse ich oft als schweigender Genießer. Dann ist eben schon alles gesagt.
es war in deutschland schon immer so, dass wenn keiner was sagt man recht bekommen hat. nur wenns nicht passt, dann kommen se alle schreiend angerannt.
das gerade donalphonso das thematisieren muss wundert mich insofern, als das ich ihm ab sofort wohl doch mehr dümmliches gequatsche und weniger berechnung unterstellen muss.
Aus gutem Grunde nennen sich Leute wie Du sich nicht Rechtschreibweiser. Dassss üben wir nochmal. Aber bitte nicht unbedingt hier.
Warum soll man eine gute, ernsthafte Geschichte mit einem dummen Kommentar versauen? Besonders, wenn man ums Verrecken nicht an die Qualität der Geschichte rankommt? Ebenso wirkt es für mich reichlich peinlich wenn man in einem solchen Fall mit einem Kommentar der Art “Sowas ist meiner Schiegermutter damals in den Ardennen auch passiert!” kommt.
Ist die Geschichte locker-flockig, gönnt man sich auch mal einen locker-flockigen Kommentar.
Ich sitze vor meinem Computer am Schreibtisch und surfe vor dem Schlafengehen noch einmal durch die Blogosphäre. Der Raum wird nur durch das Licht meines Monitors erhält, welches mal heller und mal dunkler aufleuchtet, je nachdem in welchem Weblog ich gerade lese. Es wir heller. Ich gelange zu einem Beitrag der mich berührt, ein Beitrag über das vermeintlich vergeudete Herzblut einer Bloggerin. Ich kenne sie nicht, habe zuvor noch keinen Beitrag von ihr gelesen, dennoch kann ich nicht glauben, dass dieses Herzblut vergeudet ist. Ich überlege lange ob ich einen Kommentar zu dem Beitrag schreiben soll, überlege wie ich meine Worte wählen werde. Es fällt mir schwer, dann irgendwann finde ich doch auf irgendeine Art und Weise eine Möglichkeit ihr zu sagen, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Ich versuche die Stimmung des Beitrags dabei nicht zu zerstören, ob es mir gelingt weiß ich nicht. Sie soll sehen, dass jemand ihre “Arbeit” schätzt. Ich schreibe die Worte nieder und sende sie ab…
Ich glaube auch nicht, dass es “Vergeudetes Herzblut ist”. Ich kenne viele Leute, die Blogeintraege sehr zu schaetzen wissen, doch meinchmal nicht die Zeit/den Nerv(nicht so gute Stimmung) haben um einen Kommentar zu verfassen. Die Leute, die dann doch etwas sinnloses / stumpfes unter eine Geschichte “klatschen”, in dem viel “Herz” steckt, haben ihn vielleicht nicht verstanden/teilen die Ansichten nicht oder sind auch einfach mal nur dumm.
Warum man als Leser trotz – oder wegen – guter Geschichte nicht kommentiert, steht schon weiter oben. Wenn man dennoch als Autor auf Feedback nicht verzichten mag, böte sich ggf. der Einbau eines Bewertungsbuttons an, über den der Leser ohne weitere Stellungnahme Bescheid geben kann, ob man das Geschriebene gut oder weniger gut fand.
Frauen möchten ja in erster Linie mit ihren Problemen verstanden werden, aber ich stell das trotzdem mal so als Vorschlag in den Raum ;-)
20 bis 30 Kommentare in zwei Stunden? Naja, wolln wir man mal nicht so genau sein.
Ich glaube, es gibt die besondere Hürde des “Erstkommentars”, die gerade unter einer guten Geschichte besonders hoch ist. An Kommentare anknüpfen ist einfacher, als einen eigenen Akzent zu setzen.
1. Blog-Gesetz: Die Zahl der Kommentare ist umgekehrt proportional zur Qualität des Beitrags.
2. Blog-Gesetz: Die Zahl der Kommentare ist direkt proportional zur Belanglosigkeit der Kommentare.
Ich kann Dir gerne jeden Tag viele Huggels schicken.
gruß
Kehrtraud
Mittlerweile komme ich zu der ßberzeugung: Kein Feedback ist zwar fürs Ego absolut frellig, aber der Beweis, dass man was richtig macht. Es ist wie mit Leserbriefen: Ich schreibe ja auch keine zu Artikeln mit denen ich zufrieden war. Ich schreibe nur dann was, wenn sie besonders toll oder besonders mies waren. Gut, es nagt natürlich am Ego wenn man auf diese Weise erkennt, dass man mittelmäßige Sendungen macht – aber so ist das halt. Solange das Publikum nicht wirklich mit Tomaten schmeißt kann ich damit leben.
Ad Astra
in der Fotocommunity (ein Internetgesellschaftsspiel ähnlich wie Blogs aber mit Fotos statt Text),
Bild bekommt man Punkte für das Kommentieren von Fotos. Der Erstkommentator bekommt extra Punkte.
Mit dem Ergebnis einer Unmenge von kurzen Statements unter den Fotos im Stil von “ganz Toll” oder “viel Schärfe im Bild”.
a) hab ich noch nicht nachgeforscht wozu die Punkte gut sind
und
b) hab ich Zweifel ob solch Feedback beim Autor/Fotografen auf Dauer erbaulich wirkt
und
c) hoffentlich machen die Blogs das nicht nach
Beitrag wird groß geschrieben.
Alles nicht so schlimm und keiner schlaflosen Nächte wert.
und: ohne Kommentar ist alles gesagt.
Hm, die Schlussfolgerung “viele Kommentare = dummer, belangloser Eintrag” kann nur von Leuten kommen, denen die Kommentartrauben aus irgendwelchen Gründen zu hoch hängen – oder?
Zugegeben: Ich bin weder Relevanzblogger noch literarisch ambitioniert – und ich kann mich über mangelnde Resonanz zu meinen Einträgen wirklich nicht beklagen. Natürlich muss auch ich mich immer wieder wundern, auf welche Themen Leute anspringen und welche mehr oder weniger ohne Feedback versanden. Dafür gibt es keine Regeln und keine Prognose-Tools.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass die Kommentare einen ganz wesentlichen Teil des Reizes beitragen, den die Bloggerei auf mich ausübt. Und mir würde wirklich was fehlen ohne. Aaaaber: Ich behaupte, wer Kommentare will, wird auch Kommentare kriegen. Vielleicht hilft es der Sache ja, auch selber mal einigermaßen ernsthaft anderswo zu kommentieren anstatt immer nur darauf zu warten, dass die Millionen Mitblogger von selber die Leseperlen auf meiner Subdomain entdecken und mir dafür das Weihrauchfass schwenken. Tatsächlich hab ich einige Zeit nur kommentiert, bevor ich selber gebloggt habe, und daher startete ich nicht ganz von Null, was die Awareness angeht. Sooo schwer ist das doch alles gar nicht…