9.8.2004 | 15:16 von DonAlphonso

Worst Summer ever

und genauso schlimm wie 2003 und 2002, sagt man mir heute am Telefon aus den Zentralen einiger Verlage, die mir Rezensionsexemplare geschicht haben. Zum einem beschweren sie sich darüber, dass kaum mehr besprochen wird, zum anderen macht das Wort vom “Käuferstreik” die Runde. Besonders böse muss es demzufolge die Debutanten erwischt haben, und auch die sogenannten “etablierten jungen Autoren” unter 45. Die jungen Leute lesen nicht mehr, sagen sie.

Wenn ich ihnen sage aber, sie sollen doch mal was Lebensnahes bringen, nicht nur so verkopftes, blutleeres, kunstwollendes Problemzeug, das ich dann auch mit Vergnügen lesen und mit Freude besprechen würde – dann sagen sie, in Zukunft wird das sowieso weniger, ne, sie wollen sich lieber konzentrieren auf internationale Titel, und so. Gerade nordeuropäische Länder werden mir oft als Fischgründe für Neues offeriert. Warten Sie mal auf Frühjahr nächstes Jahr, Herr Porcamadonna, da haben wir eine ganz junge Norwegerin…

So kann man sich natürlich auch aus dem Geschäft bomben.

7.8.2004 | 1:27 von DonAlphonso

Neue Rechtschreibung

Die wurde im Buch verwendet, mit Ausnahme der stilistischen Eigenheiten der Autoren. Klar.

Wir sind ja kein Wurmfortsatz vom Dieckmann, und keine Kampagnen-Journaille wie die FAZ oder der Spiegel.

Oder, um es mit den Worten des Dr. Michael Maier von der Netzeitung zu sagen:

“In gewisser Weise ist die Aktion der Verlage natürlich folgerichtig: Ihre Leser werden immer älter, die heute 20- bis 30-Jährigen greifen kaum noch zu bedrucktem Papier. Die Rückkehr zur Rechtschreibung von 1901 entspricht der Konzentration der Zeitungen auf den Kern-Leser.”

6.8.2004 | 18:39 von dogfood

Friendly embracing

Oder anders. Die Payola-Methode. Für Namensnennung oder Verlinkung zahlen. Schildert WIRED in “Fark Sells Out. France Surrenders“.

Fark.com ist ein Blog das täglich Links zu relevanten Themen veröffentlicht. Oder, wie nun Jason Calacanis/Weblogs Inc. meint: bezahlte Links veröffentlicht.

Es war oder ist nur eine Frage der Zeit bis der eine oder andere Blogger für sein Tun bezahlt wird. Einst hatte sogar eine Werbeagentur in einer Schnapslaune die Idee das hippe Produkt eines hippen Kunden von einigen deutschen Bloggern unauffällig featuren zu lassen. So schnell wie der Rausch verflogen ist, wurde die damals unausgereifte Idee wieder begraben. Sie liegt aber in der Logik der Dinge.

Der WIRED-Artikel schildert aber en-passant noch einen wesentlich perfideren Ansatz mit dem sich Medien und Websites in ihrer Geldgier endgültig aus jeder Glaubwürdigkeit bomben: IntelliTxt von VibrantMedia. Es ist, ganz harmlos klingend, ein “contextual keyword advertising product” und hört sich banal wie Googles AdSense an: Textwerbung die gemäß dem Inhalt der Webseite eingeblendet wird.

Die Perfidie von IntelliTxt liegt aber darin, dass die Werbung im Content erfolgt. Das System klinkt sich in der Ausgabe des Inhaltes ein und markiert mitten im Text bis zu fünf Schlüsselwörter. Fährt man mit der Maus drüber, erscheint ein kleines Textfenster (Tooltip) mit Werbung und Link. Noch scheint die Textmarkierung sich von normalen Hyperlinks zu unterscheiden. Noch. Aber die Barriere, Trennung von redaktionellen Inhalt und Werbung, ist damit durchbrochen.

Der Chef von Forbes.com, Jim Spanfeller, hat derlei Bedenken nicht. Die WIRED zitiert ihn:

We’re experimenting with this concept to gain more knowledge as to what works and what doesn’t work on the Web. We don’t think this does mix advertising with editorial, and our theory is our readers won’t think that way, either. However, we will walk away from this if feedback indicates that we’re wrong.

Besser hätten es die gefürchteten Suchmaschinenspammer auch nicht sagen können.

5.8.2004 | 17:52 von dogfood

Für den geneigten WordPress-Frickler

Um der Forderung nach mehr Praxisnähe nachzukommen:

Wer an der vordersten Front der early adaptors der Blog-Software WordPress ist, spielt mit den nightly builds (den nächtlich erstellten Vor-Beta-Versionen) WordPress 1.3 herum. Das Leid eines WordPress-Early-Adaptors ist die unzureichende Dokumentation. Dokumentation ist aus Macher-Sicht unsexy, aus Anwender-Sicht lebenswichtig. Daher ist das Suchen nach neuen oder anderen Funktion immer mit viel Raten und Suchen verbunden.

Immerhin gibt es nun eine anscheinend öfters aktualisierte und maschinell erstellte und sortierte Übersicht über eingebundene Funktionen: PHPXref zu WordPress 1.3 Alpha, eine wertvolle Ergänzung zum eher spärlichen ChangeLog.

Natürlich gilt: Vorsicht. Nicht jede Funktion ist “öffentlich” und zur Verwendung in Plug-Ins oder Templates gedacht. Die Nightly Builds sind natürlich auch nicht final, wie man unschwer an mitten im HTML-Code eingestreuten CSS-Anweisungen erkennen kann.

4.8.2004 | 1:15 von DonAlphonso

Rechtsverdrehtreter

Ich habe keinen Anwalt. Brauch ich nicht. Anwälte gibtŽs in meiner Familie mehr als genug. Unter anderem eine Anwältin, bei der in der Regel ein Schreiben reicht, dass die andere Seite Angst bekommt. Das Schreiben kommt in der Regel mit einer hohen Rechnung und ein paar formalen Dingen begleitet, die klarstellen würden, wer das ist – wenn der Briefkopf das nicht sagen würde.

Trotzdem gibt es immer wieder welche, die es probieren. Die Woche sind es zwei, unter anderem ein von einem wütenden Kunden vorgeschickter Anwalt, der wahrscheinlich weiss, dass er mit seinem Schrieb kaum durchkommen wird, und es deshalb extra-bedrohlich gemacht hat: Einschreiben mit Rückschein, und innen drin die Behauptung, man dürfe etwas Negatives über seine Mandantin nicht schreiben, auch wenn es wahr wäre, weil damit in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht eingegriffen werde. Na toll. Das wäre dann das Ende jeder Kritik an jedem Unternehmen. Ein tolles Rechtsverständnis, das da mir – dem in seinem Augen angstschlotternden Deppen – unterbreitet wird. Auch nach über drei Jahren Dotcomtod gibt es immer noch Leute, die mich überraschen. Zumal uns und ihm klar ist, dass seine Seite es kaum wagen wird, eidesstattliche Erklärungen abzugeben, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

However, wer sowas nicht kennt, kriegt wahrscheinlich erst mal Angst. Und man kann sich schon fragen, ob man das Ganze nicht besser dadurch beendet, dass man ins Nicht-EU-Ausland zieht. Was allen Begehrlichkeiten ein Ende bereiten würde. Erinnert sei hier nur an http://blogmuell.blogspot.com, der, wenn seine Identität nicht auffliegt, weit weg von jeder Verfolgung agieren kann. Wenn ich nicht meinen Clan hätte, dessen Core Asset es ist, noch eine Runde fieser mit den Gesetzen umzugehen als die anderen, ich würde es wahrscheinlich genauso machen.

Trotzdem: Vielleicht sollte man mal einen Online-Pool zum Thema Bloggen und Recht machen. Nicht hier in Deutschland natürlich, wo das gleich wieder unerlaubte Rechtsberatung wäre. Ins Buch mussten extra 2 Disclaimer rein, um das Recht-Kapitel unangreifbar zu machen. So weit sind wir hier inzwischen – Literatur wird wegen sowas versaut.

2.8.2004 | 14:22 von DonAlphonso

Embracing the Enemy

10% Wachstum im Jahr? fragte der Journalist, der wissen wollte, wie schnell sich das Bloggen ausbreitet. Man muss dazu sagen, er kommt aus der Wirtschaftsecke.

10% Wachstum pro Monat, sagte ich. Vielleicht auch mehr.

Der Journalist hat es im Moment nicht leicht. Anzeigenkrise, Auflagenschwund, interne Vertrauenskrise. Keine guten Zeiten. Alles schrumpft, alles bröckelt. 10% pro Monat sind die goldene Verheissung, in deren Augen. 10%, an denen er und sein Haus nicht beteiligt sind. Er meinte spontan, ob da auch was für die normalen Medien drin wäre, wie man in den Markt kommt.

Interessante Frage. 3 mögliche Strategien und Vermutungen, warum es kaum klappen wird.

1. Selber bloggen als Teil des Mediums (Zeit Blogs, Tagesschau)
Nachdem Heise ja kein Blog sein will – möglich ja, erfolgversprechend nein. Man bekommt zwar sicher eine Menge Awareness durch das eigene Medium, es kann gepusht werden, aber:

Wie bekommt man Journalisten dazu, ihr Handwerk über Bord zu werfen, Meinung zu haben, glaubwürdig zu werden? Auf der anderen Seite – wie hält man dabei die “Qualität” hoch, und wo sind dann ausser der Geschwindigkeit die Vorteile gegenüber der normalen Website? Bloggen ist mehr als nur Texte produzieren. Wer gelinkt, gelesen werden will, muss auch selbst rauslinken und als Person irgendwie fühlbar sein. Klar kann ein Broder bloggen. Klar kann ein Praschl bloggen. Aber ein normaler Journalist, dessen Haus nur darauf aus ist, die User so lang wie irgend möglich auf dem eigenen Angebot zu halten? Das widerspricht im Kern den Lesegewohnheiten der Heavy User, und ohne die wird es kaum gehen. Da könnte die 2. Lösung helfen.

2. Selber extern bloggen (Das gerüchteweise geplante Spiegel Netzwelt-Blog)
Das Gute daran: Man entgeht der Problematik des Mutterschiffs. Man ist zwar verlinkt, kann aber quasi frei rumwuseln. Mag in der Aussenwirkung vielleicht gut kommen, hilft auch etwas, schnell auf Kritik an der Arbeit des Mama reagieren zu können, weil man oft was nachzulegen hat – man denke an den auch hier ausgetragenen Streit zwischen FAZ und NZ. Für diese Kleinkriege, die oft erst durch das Netz entstehen, wäre ein Blog die Weapon of Choice. Print ist dafür zu langsam.

Das Problem: Ein ständiger Spagat zwischen der publizistischen Freiheit und den Ansprüchen des Mutterblatts. Eine weitere Investition. Kosten ohne erkennbaren Nutzen, denn wie misst man Credibility? Das einzige Argument, das gegenüber dem Controlling zieht, wäre das Blog quasi eine Angel, um die Blogosphäre abzufischen – aber das ist schlecht für die Glaubwürdigkeit. Und wenn so etwas gemacht werden soll, muss es auch gut = teuer sein, um im Netz bestehen zu können – da draussen sind schon genug Profis unterwegs. Kleines Beispiel: Metamac von Ben Schwan ist vorzüglich – aber gelesen wird ITW. Und da kommt die 3. methode ins Spiel:

3. Premium-Blogger kassieren (Neon, Blogsalon der Zeit(?), Spiegel mit Perlentaucher)
Warum selbst mühsam sowas aufbauen, wenn es im Netz schon vorhanden ist? Neon hat mit hunderten von Emails versucht, Blogger zu Schreiber für Neon.de zu machen – und ist damit gescheitert. Trotzdem ist es verlockend: Blogger bringen nicht nur ihre kostenlose Arbeit, sondern ghleich auch noch ihre Leser mit. Spiegel.de hat schon den Feuilletonüberblick der Perlentaucher, der so was ähnliches wie ein Blog ist.

Problem – sind die Blogger so doof, sich für lau ausbeuten zu lassen, noch dazu diejenigen, die den Job schon lange machen? Zieht bei denen das Argument, dass sie dadurch berühmt werden und mehr Leser bekommen? Vermutlich eher nicht. Bliebe noch die bezahlung – aber rechnet sich das? Und wenn ja, bis wann? Aus meiner Erfahrung mit Online-Content würde ich vermuten, dass man den Bloggern höchstens ein kleines Zubrot zugestehen würde, in Verbindung mit dem Hinweis, dass es noch Zillionen andere gibt, und sie zudem unter Schreibzwang setzt. Aber wie bewertet man das? Wer kontrolliert das? Welcher Redakteur geht da drüber?

Conclusio: Es käme auf den Versuch an. Aber welcher Blogger hat Lust, als Versuchsblogger zu krepieren? Wer will die Versuche bezahlen? Und vor allem – wird das dann noch respektiert, oder muss man sich in diesen Fällen die Blogleser erst selbst züchten? Das einzige Beispiel, das m.E. einen Weg zeigen könnte, ist das Bildblog – in die Richtung könnte das, sagen wir mal, mediennahe Bloggen klappen. Aber ob das den zwar wachsenden, aber jenseits der üblichen Medienthemen liegenden und fragmentierten Markt der Blogs abdeckt? Wohl kaum.

30.7.2004 | 14:37 von andreaffm

sogenannte, von Hobbyisten verfaßte “Web-Logs”

Und jetz stellen ma uns ma janz dumm: Watt sin eijentlisch sone Web-Logs?

Das dachte sich wohl der Mann von der NZZ, als er einen Artikel zum Thema “Online-Journalisten gewinnen politischen Einfluß” schreiben wollte oder sollte. Darin geht es um Politblogger im allgemeinen und den amerikanischen Wahlkampf im besonderen. Und damit jeder weiß, wovon der Mann da redet, hat er auch noch einen Info-Kasten verfaßt, in dem er das mit den Blogs und der Blogosphäre nochmal näher erklärt.

Um etwas Interessantes zu finden, kann man sich surfend von Verweis zu Verweis treiben lassen. Oder man kann eine Suchmaschine anwerfen. Oder man kann sich durch einen Blog – kurz für Web-Logbuch – führen lassen. Blogs sind regelmässig aktualisierte, öffentlich zugängliche, aufgrund subjektiver Kriterien zusammengestellte, kommentierte Listen mit Verweisen auf Web-Angebote.

Ich möchte sehen, wie der Mann Google “anwirft”, bis es röchelnd und knatternd startet. Abgesehen davon finde ich, daß ich keine kommentierte Liste mit Verweisen auf Web-Angebote produziere. Eben noch echter Journalismus-Content, und nun doch wieder nur Liste.

Manche beziehen die Kommentare der Leserschaft mit ein. So entsteht ein Resonanzraum – die Blogosphere -, in dem eine bestimmte Meinung oder ein bestimmtes Faktum grossen Nachhall finden kann. Es gibt spezialisierte Software für das Erstellen von Blogs, es gibt Dutzende von Büchern und eine rasch wachsende Zahl wissenschaftlicher Abhandlungen und auch regelmässige Konferenzen und Fachmessen, die sich mit diesem Phänomen befassen.

Dutzende von Büchern, und nun noch eins mehr. Aufklärung tut not, wie oben wieder zu sehen.

30.7.2004 | 12:06 von dogfood

Es ist nicht Freud.

DonComTod“. Es ist nicht Freud gewesen. Zum Glück gestern noch entdeckt und inzwischen korrigiert. Wahrscheinlich.