20.6.2008 | 19:28 von DonAlphonso

Vorankommen jenseits der Book-on-Demand-Mentalität

Blogs sind in Deutschland nicht richtig entwickelt, Blogs sind hier noch nicht so weit, woanders sind Blogs längst akzeptiert, Deutschland ist beim Bloggen hinten dran.

Kennt man. Wird oft betont, von Medien und Bloggern gleichermassen. Es ist eine höfliche Lüge.

Denn die Wahrheit sieht anders aus. Viele Leute bloggen, finden Gefallen daran, schreiben ihr Zeug und machen, wozu sie Lust haben. Das ist Kommunikation, das hat erst mal mit “Entwicklungen” die nach oben, vorne oder weiter gehen sollten, nichts zu tun.

Der Unterschied, den sie meinen, das Nichtankommen, das betrifft diejenigen, die mit dem Thema weiter kommen wollen, die gerne auf diesen privat gefüllten Seiten etwas aufbauen wollen. Die gerne mehr wären als – bitte nicht falsch verstehen, das Wort ist nicht im Mindesten negativ gemeint – Amateure, sondern ernst genommen werden wollen, mitspielen, dabei sein, auf Podien gehen, zitiert werden, gefragt werden, Geld verdienen, Huldigungen anderer entgegen nehmen – all das, was es in Deutschland tatsächlich nur bedingt gibt. Und schon gar nicht in einer kommerziell erfolgreichen Variante.

Mich erinnern diese Klagen an das, was man von “Autoren” hört, die Bücher als Book on Demand, früher sagte man “Im Zuschussverlag” veröffentlichten. Da gab es zu Beginn ähnliche Hoffnungen, man könnte mit dem Internet ohne den ganzen Verlagskrempel selbst einen Bestseller landen, bekannt und beliebt werden, Klagenfurt erreichen und mit Reich-Ranitzky einen heben gehen. Am Ende sieht man diese Leute dann auf der Frankfurter Buchmesse, wie sie am Stand solcher Verlage versuchen, das jeweils eigene Machwerk irgendwie im Städer nach vorne zu schieben, drin rumzublättern und anderweitig zu promoten. Beliebt ist das Abklappern anderer Stände und das Vorzeigen des Schriftungutes, sehr zur Verärgerung von Verlegern und Verschwendung der eigenen Lebenszeit.

Wie sowas dann geblogt ausschaut, kann sich der werte Leser unter diesem Link (http://sieben.alext.de/) anschauen, der die erfolglosen Bemühungen eines gewissen Alexander Trust aufzeigt, mit seinem Geschichtenwettbewerb einen Verlag zu finden. Trust nennt sich “Chefredakteur” einer Ansammlung von drei Blogs, die unter “Sajonara Blogverlag” firmieren. Grosse Worte, Titel wie in Österreich, Ergebnis nicht wirklich marktorientiert und bis vor Kurzem auch mit gekaufter PR von Trigami belastet.

Oder Roman Hanhart, ebenfalls Autor von Trigami und immer schnell dabei, wenn es um das Thema “Geld verdienen mit Blogs” geht. Zusammen mit einem anderen Blogger hat er im Dezember 2007 gleich mal was ganz Grosses verkündet: Ein World Blog Forum in Bern in Anlehnung an das World Economic Forum, gleich mit Termin und Location. Den zugrunde liegenden Beitrag im sog. Alliance-Blog von Hanhart hat es mutmasslich bei einem Relaunch des Blogs erwischt, entsprechend gehen die Links einer Vielzahl von Bloggern, die dem Thema ziemlich viel Publicity geschenkt haben, heute in Nichts. Hier nochmal die Selbstbeschreibung:

Als unabhängiges globales Forum wird das WBF als Institution die internationale Bewegung dieses Mediums fördern, unterstützen und weiterentwickeln. Dabei werden Lösungen angeboten, um die technischen Hürden zu beseitigen, die Vernetzung aktiv zu fördern und unabhängig von einseitigen globalen Machtinteressen das Medium Blog zu nutzen zu schulen und zu vermarkten. Zu diesem Zweck ist ein World Blog Forum gegründet. Das als Matrixorganisation – internationale Blognods (Barcamp etc.) unterstützt, koordiniert, zusammenfasst und in einer Dachorganisation die Umsetzung initiiert. An lokalen | regionalen| nationalen Workshops wird zu Themen rund ums Bloggen diskutiert, geschult und informiert und Ideen aufgegriffen. […] Im WBF wird, an periodisch stattfindenden Kolloquiums, vertieft und global kommuniziert. Für die Organisation des WBF ist das World Economic Forum in Davos Vorbild

Inzwischen ist das “World Blog Forum” ein kaum noch aktualisiertes Blog minderer Qualität; von einer Durchführung ist mir nichts bekannt. Man möchte – wie schon oft bei Blog-TV, Blogverlagen, Blognetzwerken und anderem gigantomanischen Weltdominanzunsinn – den Verantwortlichen zurufen, es doch zu Beginn ein paar Nummern kleiner zu versuchen. Nicht immer versuchen, Eindrücke zu erwecken, die keiner Prüfung standhalten. Nicht immer gleich nach vorne drängeln. Nicht sofort das Maul aufreissen und die globale Vision rauströten.

Es ist in der Wahrnehmung drinnen und draussen überhaupt nicht problematisch, wenn es diese ganzen Ansätze nicht gibt. Gute Themen und Ansätze werden sich durchsetzen, gute Projekte werden entstehen, wenn sie gut umgesetzt werden, aber nicht mit vielen Links auf peinliche Angebereien. Manchmal wäre es vielleicht auch gar nicht so doof, die vielen, vielen gescheiterten Ansätze von Blognation über “Spreeblick Verlag”, Shopero, Germanblogs, Mahlzeit bis zur Readers Edition endlich mal einzusargen und aus eigenem Antrieb heraus aufzuarbeiten, wie es allenfalls sporadisch gemacht wird, damit nicht alle paar Wochen wieder die nächste Version von Pinky Blog & the Brain Twitter versucht, die Weltherrschaft zu übernehmen.

Es liegt nämlich nicht an den Blogs, den bösen Medien, der Technikfeindlichkeit der Deutschen, an der schadenfreude oder der Unfähigkeit zu akzeptieren, dass man mal was probiert.

Es liegt an Book-on-Demand-Bloggern, die eine grosse Klappe haben, aber keinen Peil von dem, was sie tun und wie es geht.

18.6.2008 | 22:19 von DonAlphonso

LG und unruly media suchen nach Bloggern, die sich für Schleichwerbung kaufen lassen

Frisch aus der Inbox von einer Firma namens unruly media, die den Claim “Seeding Videos into the Social Web” hat:

Hallo,

Ich dachte der Clip passt zu Ihrer Webseite. Es ist das neuste Video für ein bekanntes Handy – es zeigt, dass nichts, aber auch wirklich nichts, das Handy zerstören kann.

http://www.youtube.c om/watch?v=govxxxxx

Wir suchen nach Tech Bloggern und Seiten, die das Video gegen Bezahlung auf Ihre Webseite stellen.

Wenn das was für Sie ist; wir geben Ihnen ein Standard Video Player, den Sie auf Ihrer Seite einbauen können, zahlen Ihnen einen guten one-off Betrag als Dankeschön und zahlen Sie für jeden Klick, dass das Video aus Deutschland erhält.

Wir haben oft größere Kampagnen für deutsche Webseiten im Unruly Media Network und glauben, dass das Video super auf Ihre Seite passt und es Ihren Webseitenbesuchern gefallen würde.

Den Player und die Kommerziellen Bedingungen finden sie auf:

[gelöscht, es gibt schliesslich genug Koofmichs, die sowas tum würden. Don]

(Nachdem Sie ein Passwort und Name gewählt haben, können Sie direkt auf das Unruly Media Network zugreifen. Schauen Sie sich doch einfach umJ)

Uns finden Sie unter:

www.unru lymedia.com

Falls Sie Fragen haben, schreiben Sie mir!

Freundliche Grüße,

Vivian W**ner

Campaigns Manager

Bleibt die Frage, was diese Form von in Deutschland illegaler Schleichwerbung einbringt: Ich habe es in Erfahrung gebracht, lumpige 50 Dollar und 18 Cent pro Klick. Das Ganze in Verbindung mit schauderhaften Geschäftsbedingungen, die in Deutschland kein Gericht akzeptieren würde, und die alle rechtlichen Probleme, soweit irgend möglich, auf den Nutzer abwälzen, und Rechte für unrulymedia zue Überprüfung des Vertrages, die ich mir nicht gefallen lassen würde.

Nachdem vor einiger Zeit ein anderer Hersteller unter Bloggerbeteiligung eine Kampagne mit angeblich unzerstörbaren Handies gemacht hat, möchte ich hier klarstellen, dass diese Firma offensichtlich nicht dafür verantwortlich war. Über die Konditionen, die der andere Hersteller den beteiligten Bloggern offeriert hat, weiss ich nichts, aber man hat schon Pferde kotzen sehen.

Ãœbrigens, meine Antwort sah so aus:

Hi,

I´m sorry, but the campaign is all fucked up right from the start:

[Link zu diesem Beitrag]

Maybe get a better tanslator, or just close down your – frankly said – ridiculous social media spam business.Your offer is what we call Schleichwerbung and nothing but illegal in Germany, and no, this ugly kind of spam has no right whatsoever not being brought to the attention of a wider audience. Anyway, our Impressum makes clear beyond any doubt that it is strictly forbidden to collect our email adresses for commercial purposes. I´m considering legal actions if there should be any other spam mail or any other action of your company.

Regards

18.6.2008 | 12:09 von DonAlphonso

Drei Dinge, die noch immer absolut nicht gehen. Und drei andere Dinge.

1. Widgets. Gestern war ich mal wieder bei Lumma.de, wo mindestens 5 dieser fremdgelieferten Kästchen ihren Dienst tun. Mindestens, weil die Seitenleiste, die sie verunschönern, noch lange nicht fertig aufgebaut war, als mein Browser festfror und mich mit zwei Meldungen erfreute, dass ein Skript nicht reagiert oder nicht ausgeführt werden kann. Sowas bei dem “Evangelisten” für Widgets ist nun nicht gerade eine Empfehlung für diese Seitenverschmutzung

2. Rivva.de. Wirklich ein netter Versuch, Relevanz anhand von Verlinkung abzubilden, aber inzwischen nur noch eine Empfehlung für die Massenansammlungen für Technikschrott, die Linknuttereien der inhaltlichen Adabeis und einiger Linkschleudern, von denen eine mal wieder nicht in der Lage zu sein scheint, ihre Schulden zu zahlen. In den klassischen Medien würde Rivva Themen um so wichtiger halten, desto öfters sie von Agenturen wie dpa oder AP übernommen werden. So nicht. Gutes muss man selbst suchen.

3. Twitter. Fand ich schon immer scheisse und das Clusterfucking der Hasimausibärlies für die 24/7 Morningshow der guten Laune auf Internet.fm. Social Grundrauschen. Wirklich hart in meinen Augen: Als es mal wieder zusammenbrach, konnte man zwar weiterschreiben, aber die Archivfunktion war abgeschaltet – man konnte nur noch die Gegenwart anschauen. Es schien keinen zu stören, dass die Vergangenheit nicht mehr zu lesen war. Sorry, aber Leute, deren Vergangenheit man einfach so ausknipsen kann, haben auch keine Gegenwart, die einen Wert hätte. Wie Twitter.

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1. Neu beginnen. Mit einem Blog für eher komplexe und lange Texte wie der Brainblogger, ex Werbeblogger Patrick Breitenbach.

2. Weniger Videos in Blogs. Ich habe mir gestern mal Youtube in Bezug auf einige Inhalte angeschaut, die früher gern eingebunden werden. Es scheint, als würden gerade diverse “Isch hab Fifs Älement mid dem goilen Song von Medalliga untalegt, schaut ma, Alda”-Amateure es zunehmend schwierig machen, Youtube als Fremdinhaltelieferant zu nutzen. Oder ist es einfach nur unschick geworden? Jedenfalls hat die Begeisterung für Youtube in meinem Umfeld nachgelassen. Und das tut Blogs gut.

3. Eigenständigkeit. Früher sah man das sehr oft: Jemand machte ein Blog auf und verlinkte “die üblichen Verdächtigen”, die man halt so kennt. Heute macht man eher ein Blog auf und verlinkt die Blogger, die man mag. Das Prinzip des “famous for being famous”, das Lebenselexier der P.Hilten-Blogger und der Relevanzmesser wird damit an der Quelle ausgetrocknet.

17.6.2008 | 14:19 von DonAlphonso

Sicko

Der lehrende Zweck der Gewalt kann niemals durch Kampfschriften, Plakate oder Veranstaltungen ersetzt werden.
Carlo Pisacane

Ich glaube aufgrund einiger Erfahrungen, dass die Zeiten, in denen Blogger keine Blogger verklagen, bald vorbei sind, und zwar unwiderruflich. Weil es die unerfreulichen Gestalten selbst sind, die mit aller Kraft an den Grenzen rütteln, die bisher selbst Lügner und Diffamierer geschützt haben. Gestern hatte ich von einem anonymen, auf meinen Blogs mehrfach gelöschten Spammer, der ein privates Hassblog gegen einige Blogger führt, zweimal nacheinander Trackbacks in der Blogbar stehen, die er bei mir auch nach der ersten Löschung generiert hat. Und danach hatte ich folgende Mail im Posteingang:

entfernen Sie bitte den oder das Trackback auf Ihrer “Blogbar”, der auf mein Blog ********** verweist.
[…]
Ich hoffe, Sie entfernen diesen Eintrag umgehend. Ansonsten werde ich meinen Rechtsanwalt einschalten müssen.

Da würde ich mich allerdings, hätte ich den unerwünschten Eintrag nicht selbst entfernt, sehr freuen, denn in diesem Fall hätte ich einen Namen und eine Adresse, mit der ich einiges anfangen könnte. Da hilft dann auch die später mit diversen Hilfsmitteln verschleierte Arcor-IP dieser Person nicht wirklich weiter. In so einem – nun wirklich krassen Fall – tendiere ich dazu, eine härtere und ausnehmend teure Gangart für eine angemessene Lösung zu halten. Man kann ja streiten, und in gewissen Grenzen halte ich sogar Trollkommentare unter falschem Namen für charakterlos, zivilrechtlich jedoch für irrelevant. Diese Grenze war erreicht, als hier ein Hamburger Jazzmusiker seine Meinung mit falschem Namen und Pornolinks verzierte. Aber banale Stalker, die nebenbei ein Blog betreiben und gezielt versuchen, durch Anstachelung von Konflikten Aufmerksamkeit zu erheischen, sind in meinem Augen genau die Typen, an deren Adresse gerichtete Rechtsmittel alles andere als eine Verschwendung sind. Vielleicht hilft so eine deutliche Reaktion, anderen Benehmen beizubringen. Wie etwa auch dem Herrn Doktor aus dem deutschen Südwesten mit seinem rechtsradikalen Hassblog, der vergeblich hofft, anonym zu sein. Oder die Schweizer Rechtsradikale unterstützenden Spammer, die versuchen, ihre Konflikte auf dem Rücken anderer auszutragen.

Das sind natürlich nur Randerscheinungen einer ansonsten wirklich wunderbaren und bereichernden Blogosphäre, aber ich denke, ohne solche Figuren, für die Kommentarspalten, Trackbacks und Blogs nur Mittel für ihre verrückten Zeitverschwendungen sind, könnte es noch erheblich wunderbarer werden. Denn Trackbacks und Kommentare wurden entwickelt, um die Kommunikation der Menschen zu fördern, und nicht als rezeptfreie Gummizelle.

14.6.2008 | 16:03 von DonAlphonso

Ein weiterer grandioser Sieg der unaufhaltsamen Professionalisierung der deutschen Blogosphäre!

Und natürlich kann jeder, der will, ernsthaft bezweifeln, dass eine Professionalisierung der deutschen Blogosphäre ins Haus steht. Es ist sogar ganz leicht. Er muss nur die Augen zumachen.
Bildblog-Autor Stefan Niggemeier am 13. April 2007 in seinem Privatblog in Erwartung eifriger Werbebuchungen über Adical

Früher konnte ich das Blogvermarktungsnetzwerk Adical nicht leiden, weil man mich erst gebeten hat, die Sache ruhig anzuschauen – was ich, erst mal positiv eingenommen von der Idee, tat – und dann ein paar widerliche kleine und grössere Kampagnen gefahren hat, wohl in einer Mischung aus persönlicher Anlehnung und Hoffnung, mit Adical sowas wie eine ungestörte Hegemonie auf dem Markt der Blogwerbung zu erreichen. Ob es nun die andauernden Debatten waren, die die vielen erhofften Werbekunden ausbleiben liessen, technische Probleme, grosskotzige Ãœbertreibungen, andere Vermarktungsansätze – ich weiss nur, dass nach einem Jahr Adical definitiv nicht dort ist, wo sich die Macher Sascha Lobo und Johnny Haeusler zu Beginn hinpromoten wollten.

Menschlich ist in diesem Konflikt keine Eskalation mehr zu erwarten, nachdem seit vorgestern die Geschichte neben den seit ein paar Monaten andauernden Spamattacken von offensichtlichen Freunden gewisser Adicalteilnehmer in meinen Blogs und der Neigung, den Konflikt über die körperlicher Erscheinung zu spielen, auch noch einen offen schwulenfeindlichen Aspekt bekommen hat. Ich bin zwar nicht schwul, habe aber lange zusammen mit Schwulen an einer Radioshow gebastelt, bin aufgrund meiner familiären Herkunft selbst Angehöriger einer früher ebenfalls diskriminierten sog. “Minderheit” und denke, dass nach “unten” nicht mehr viel nicht mehr möglich sein dürfte, selbst wenn es hier dank Spamblocker nur noch in meinem Mails aufschlägt. Wie üblich, sind es dann neben ein paar wenigen herausragenden Beispielen unter den Begünstigten doch die Fanboys, Schlachtenbummler, Partner und Bloghools, die mehr oder weniger akzeptiert oder gefördert die “Debatte” um die Kommerzialisierung auf eine Stufe bringen, die man bislang nur aus der rechtsradikalen Ecke der Blogosphäre kannte. Wer gegen Adical ist, ist fett, “schwul”, lebt von seinen Eltern, ist ein kaputter Versager, erfindet seine Freunde, hat etwas zu kompensieren oder selbst was zu verbergen, so die gängigen Thesen. Kennt man inzwischen. Dank Verhaltensmuster und IP erkennt man dann hoffentlich auch diejenigen Zeitgenossen, die Unterstützer der nichtkommerziellen Seite zu sein vorgeben und die Kommentare mit Thesen fluten, die für die “Begünstigten” rechtlich höchst problematisch sein können.

Glücklicherweise war ich eine Weile in Urlaub, und kann das Ganze mitsamt den Beteiligten eigentlich nur noch als Kommödie auffassen, und mit leichtem Herzen weiter zuschauen, wie sich das tolle Projekt aus der Hauptstadt der deutschen Topblogger entwickelt.

Deshalb das Neueste hier eine Multiple-Choice-Frage – mehrere Antworten können richtig sein.

Wenn sich das Vermarktungsnetzwerk Adical wegen eines Rechtsanspruchs einer nicht unähnlichen Firma in “Nads” umbenennt und dann nur ein paar Tage später den Namen gleich nochmal zu “Adnation” ändert, aber noch immer keinen relevanten Inhalt auf der Seite hat, dann ist das

[ ] hochprofessionell
[ ] ein weiterer Beweis, dass die Professionalisierung der Blogosphäre voranschreitet
[ ] ein kluger Entschluss, denn mit Nads hätte es schnell andere rechtliche Probleme geben können – neben dem amerikanischen Slangausdruck für bescheuert nennt sich so ähnlich auch ein bekannter Schokoriegel
[ ] endlich mal ein wenig Abwechslung
[ ] das geniale Prinzip der permanenten Revolution auf dem Niveau der Berliner digitalen Bohäme
[ ] eine konsequente Fortschreibung bisheriger Adical-Erfolge
[ ] ein toller Claim für den allumfassenden Ansatz der Betreiber, es gleich ganz, ganz gross zu machen.
[ ] ein Hinweis auf den unmittelbar bevorstehenden Durchbruch
[ ] eine peinliche Ungeschicklichkeit, die als solche zu bezeichnen allerdings mit nicht mit weniger als 100 Spameinträgen bei Rebellen ohne Markt, eine dicke Knetfigur einer Amateurbildhauerin inclusive Verlinkung dreier Adical nahestehender Blogs sowie die Diskussion in einem Berliner Keller um die Möglichkeit, vielleicht doch irgendwie meinen Arbeitgebern mal einen Hinweis zu geben, bestraft werden kann.

10.6.2008 | 23:20 von DonAlphonso

StudiVZ will nichts sagen

Ich bin morgen auf einer Podiumsdiskussion in Frankfurt, die sich mit SchuelerVZ und StudiVZ beschäftigt – ohne dass sich die StudiVZ Ltd. bemüssigt fühlen würde, einen Vertreter zu schicken. Das ist natürlich schade, denn ich wüsste gern, wie sich deren Mitarbeiter schlagen, wenn sie nicht gerade in Zusammenarbeit mit dem Gründer des Startups “Smaboo” unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten den Rausschmiss bei Kongressen riskieren, wie es schon mal in Leipzig der Fall war. Kann es sein, dass da jemand vielleicht Angst hat, vorgeführt zu werden?

Wie auch immer, StudiVZ Ltd. legt momentan einen bemerkenswerten Schweigemarathon hin. Normalerweise kommen nach der Veröffentlichung der Nutzerzahlen durch die IVW begeisterte Jubelmeldungen für die Medien, selbst wenn in den letzten Monaten das Wachstum von StudiVZ einschlief und sich langsam in ein Schrunpfen umkehrte. Es scheint, als habe die “unglaubliche Erfolgsstory” eine unerfreuliche Neigung in das Unglaubliche, jedenfalls sind jetzt die neuen Zahlen für Mai da – und StudiVZ hat über die letzten Monate den Abwärtstrend stabilisiert: Vom Rekord im Januar 2008 mit 6,3 Milliarden Page Impressions ging es mittlerweile kräftig runter auf knapp über 5,4 Milliarden. Vermutlich steht man in der PR-Abteilung nun vor dem Problem, eine gütige Formulierung für durchschnittlich 4,5% im Monat seit Jahresbeginn zu finden. Die Anzahl der Visits bleibt in etwa gleich; es gehört nicht viel Zahlenleserei dazu, um zu verstehen, dass die Neumitglieder den Schwund gerade mal ausgleichen, und allseits weniger geklickt wird.

Von MeinVZ, das intern bei StudiVZ enorm mit Hoffnung auf Wechselwillige beworben wird, hört man ebenfalls so gut wie nichts mehr. Es sieht nicht so aus, als wäre es als netzwerk für alle akzeptiert; Berufsanfänger scheinen sich doch eher bei Xing oder Linkedin zu tummeln. SchülerVZ ist momentan auch an einem Punkt angekommen, in dem das hohe Wachstumstempo einer Stagnation weicht. Auf sehr hohem Niveau. Aber:

Nachdem man bei Holtzbrinck schon zugegeben hat, dass es auch 2008 bei StudiVZ wohl nichts mit dem Erreichen der Gewinnschwelle wird, sieht es aktuell auch nicht so aus, als ob die ehrgeizigen Ziele, die im Februar von StudiVZ formuliert wurden, zu erreichen sind: 14 Millionen Mitglieder wollte man mit meinVZ, studiVZ und schülerVZ verzeichnen. Die spannende Frage ist: Wenn StudiVZ mit seinen Marken am Ende des Wachstums angelangt ist, teilweise schon wieder schrumpft und auch zum Höhepunkt kein Geld verdient, sondern Verluste schreibt –

wie soll das nochmal besser werden?

Zumal ich deutliche Anzeichen für hohes Misstrauen in die Plattformen sehe. StudiVZ ist voller Fakes, veränderter Namen und geschlossener Profile. Dazu kommen Fälle, in denen eine unvorsichtige Mitgliedschaft in Gruppen, die auch dieses Blog kritisiert hat, zu Problemen für die Beteiligten führte. Die grosse Leichtigkeit der Datenfreigabe ist vorbei, aber davon hat StudiVZ gelebt, das gegenseitige Vertrauen, der Glaube an einen Freiraum war der Antrieb hinter dem Erfolg.

Vielleicht erleben wir demnächst – wie schon mal 2001 – einen erneuten Niedergang des sozialen Netzwerke. Weil sie verschleissen, weil sie an ihre Grenzen stossen, sich gegen die Nutzer wenden und jenseits des Verkaufs an Medienunternehmen kein Geld damit zu verdienen ist. Weder mit Werbung, noch mit gesponsorten Premiumgruppen.

9.6.2008 | 11:53 von DonAlphonso

Entbloggen

Lassen wir bei diesem Beitrag mal das Wissen um eine ganze Reihe von Protagonisten beiseite, und tun wir mal so, als gäbe es eine ernstzunehmende Debatte unter Menschen, die “mitten im Leben stehen”. Verkneifen wir uns ein Lächeln, den kommerziell ausgerichteten Blogger Felix Schwenzel Seit an Seit mit der ehemaligen Blogvermarktungskritikerin Lanu marschieren zu sehen, und über die teilweise selbstdokumentierten Probleme mancher dort kommentierender Blogger in ihrem Dasein, da sagen wir auch kein Wort. Unbefriedigte Aufmerksamkeitsdefizitler gegen jemanden, der das Ganze nicht versteht und eine wenig nette Meinung zu ihrem Treiben hat, wäre zwar auch eine mögliche Interpretation, aber ich will auf etwas anderes hinaus.

Der durch die Kommentare zeternde Mob in Folge dieses Beitrags stört sich an einigen spitzen Passagen wie:

Deutsche Blogger sind für mich, wie ich sie kennen gelernt habe, im Wesentlichen ein überakademisierter Haufen linksalternativer bis linksliberaler Attac-naher Systemkritiker, die zum einen zu dem für Uni-Leute typischen Verheddern zwischen Theorien neigen und zum anderen zur für politische Extremisten typischen Gleichmacherei. Eine abenteuerliche Mischung. In jedem Fall nicht die Charaktereigenschaften, um mit jemandem ein Business aufzuziehen. Zu verknotet, zu viele Turns im Kopf, zu wenig ergebnisorientiert – zu viele Ideen im Kopf, aber keine bis zum Ende und zum Erfolg gebracht. Gibt es Gegenbeispiele? Her damit! Aber bis dato empfinde ich Blogger als Überdenker und Unterhandler, und was den Erfolgreichen vom Erfolglosen unterscheidet, ist am Ende das Handeln. Wobei die Eigenart, als Überdenker und Unterhandler publizistisch bedeutsam zu tun, eine überaus skurrile Eigenschaft einer vermuteten politischen Minderheit ist, was vielleicht ein wenig erklärt, warum deutsche Blogs einfach durch das soziale Milieu ihrer Macher so unbedeutsam sind.

Es lohnt sich, das alles zu hinterfragen – und ich denke, es ist kein Problem, Beispiele für diese Thesen zu finden. Es gibt gerade in der deutschen Blogosphäre ein paar eklatante Strukturprobleme, bloggen gehört bei, sagen wir mal, mehrfachinsolventen Berliner Medientypen zum guten Ton und existiert bei den 2000 BWL-Studenten meiner Provinz nicht mehr.Es gibt Aufmerksamkeitsmechanismen – zu denen leider auch dieses Blog hier zählt – die das genereieren, was in der linken Medienkritik als selbstreduplizierender Medienbetrieb bezeichnet wird. Es gibt einen bloginternen Mainstream, man mag Schäuble nicht und schätzt Tibet, man hält sich aufgrund vergangener Geschichten für wichtig und einen Teil der Meinungsbildung, selbst wenn “Jamba” schon ein paar Jahre her ist, diverse Projekte gescheitert sind und man bei Themen wie Ãœberwachung und Datenschnüffelei versucht, sich als PR-Agentur für eine ganz gewisse Partei an die Spitze der Bewegung zu stellen.

In einem Punkt möchte ich Thilo widersprechen: In meinen Augen ist das Politische der Blogosphäre, dass sie gerade einen Gegenentwurf zum plattmachenden Themasetting von Politik und Medien formuliert. Oder die Ansichten derer bringt, die davon betroffen sind. Man kann in der Blogosphäre sehr viel über den Staat lernen, in dem wir leben – leider sind einige Bereiche überbetont, und manche bekannten Blogs und Blogger haben sich selbst zu einem internen Medienzirkus entwickelt. Auch das, gebe ich gern zu, kann man der Blogbar vorwerfen.

Natürlich ist Thilos Analyse nicht nett. Komischerweise ist die Reaktion dann aber ein grosses Geheule derer, die meines Erachtens am eigenen Leib erlebt haben, dass es mit den Ergebnissen der Bloggerei nicht weit her ist. Zwei von denen halten ihr Gesicht für mediokre Holtzbrinckmedienversuche vor die Kamera, andere erfinden sich als “Projektmanager” neu, ich will hier gar nicht so indiskret sein und in die Details gehen, aber: Sieger sehen anders aus. Es gibt sehr viel fragmentierte Meinungsbildung in der Blogosphäre, aber kaum etwas, das es als Thema nach “draussen” schafft. Wollte man im Kakophonieorchester des Medienbetriebs mitspielen, statt dessen kleine Kopie mit allen Nachteilen zu sein – so wie das mehr oder weniger zugegeben das Ziel all derer ist, die mit dem Bloggen kommerzielle Erwartungen verbinden – müsste man irgendwie aus der heimeligen Peergroup und den Unterstützerkreisen ausbrechen. Erster unter den Bloggern ist im Moment in etwa so gut wie erster in der C-Jugund östliches Mittelfranken.

Das wird nicht gern so formuliert, aber ich denke, dass es sich im Moment in einer Absetzbewegung äussert: Manche sehen längst Twitter als das neue Ding an, und betreiben Blogs nur noch nebenher, weil sie damit bekannt sind. Andere steigen auf Layouts und Fremdinhalteverwendung um, die aus Blogs eine Art Magazin machen, deren Inhalte-Mashup das material bei Spiegel-Online, Internetfunden und leicht populistischen Einlassungen bezieht. Es gibt da ein ziemlich gutes Beispiel für diesen sanften Exit: Früher hatte die Zeitschrift De:Bug ein Blog, mit dem man sich als modern, internetaffin etc. pp. präsentieren und von der Agentur adical vermarkten lassen wollte. Das Blog ist tot, der De:Bug-Auftritt ist irgendwo zwischen Magazin-Layout und Blog. Die schreiben natürlich keinen Abschieds-Rundumschlag, die versuchen es einfach anders. Ich vermute, dass wir dergleichen noch öfters sehen werden. Ich glaube nicht, dass Blogs implodieren werden, aber die aktuelle Stagnation bekannter Blogger und die Unfähigkeit, mit dem eigenen Tun etwas zu erreichen, wird die Karten neu mischen. Was ich gar nicht so schlecht finde.

6.6.2008 | 13:25 von DonAlphonso

Tu den Obama. Oder auch nicht.

Wir hier unten schon indiskret angedeutet – die SPD ist momentan auf der Suche nach neuen Kommunikationsstrategier für den kommenden Wahlkampf, und ich erzähle sicher kein allzu grosses Geheimnis, wenn ich hier mitteile, dass sich Teile einer Berliner Blogmafia, die sich für Werbung für die Helfer der chinesischen Mörder nicht zu schade war, auch kein Problem hat, den Ãœberwachungsstaatbefürwortern der SPD für Geld was über Twitter und Youtube zu erzählen. Und nachdem ich diese Partei als Genosse nunmehr seit fast 25 Jahren kenne, bin ich mir auch sicher, dass in der neuen Baracke der ein oder andere Apparatschik sitzt, der in dieser Partei eigentlich nichts verloren hat und meint, der Partei damit etwas Gutes zu tun. Weil Obama, der macht es ja auch.

Ich weiss nicht, ob die SPD diesmal genug Geld ausgeben wird, um solche Figuren zu befriedigen. Ich weiss von der letzten Bundestagswahl allerdings, dass der Etat der Sozen für diesen Zweck eher lächerlich gering war, und die Erwartung in die von Mitgliedern auf SPD-Basis geführten Blogs jämmerlich unterboten wurden. Mal abgesehen davon, dass ich es mir sehr gut überlegen würde, so etwas mit Typen zu relaunchen, die in ihrer Vita schon zwei insolvente dotcom-Firmen stehen und damit bewiesen haben, dass sie jetzt nicht den ganz tollen Durchblick haben: Man sollte sich sehr genau anschauen, was Ursache und was Wirkung ist.

Sicher. Obama kommuniziert anders. Obama bekriecht die Huffington Post, Obama und sein Team spammen Youtube, Obama lässt twittern und bezahlt massenhaft Leute, die ihm Blogeinträge und eine Anwesenheit auf allen Kanälen fälschen. Obama ist genauso falsch und peinlich wie der Podcast der Bundeskanzlerin und die Spamaktionen der CSU. Nur bekommt Obama für diese beschissene Taktik keine in die Fresse, weil er Obama und damit der Liebling der Blogger, Journalisten und rechtsreaktionären Widerlinge der alten Medien gleichermassen ist. Obama ist die Zukunft, jeder läuft zu ihm über, er könnte beim Walzertanz mit Bin Laden photographiert werden, und man würde ihm nach diesen Vorwahlen verzeihen. Trotzdem ist es eine gezielte politische Infiltration derr neuen Netzmedien. Und sie funktioniert, sei es, dass man sich was von ihm erwartet wie die Huffington Post, sei es, dass man als Ostküstenblogger froh ist, wenn einer die Bushadministration in den Mülleimer fegt.

Nur hat die SPD keinen Obama. Die SPD hat eine Griesgram-Nahles und einen Guantanamo-Steinmeier und einen kapitalen Beck. Meine Partei bekommt oft von Boulervardmedien wie Spiegel, Focus und Bild was reingewürgt, macht es aber dieser Gosse leider auch sehr einfach. Natürlich kann man dieses Elend auch noch bei Youtube reinpacken und vertwittern. Es macht die Politik nicht besser, es macht die grosse Koalition nicht besser, es ändert nichts an der Wahlmüdigkeit. Obamas Kampagne beruht auf Politikspam und seinem guten Ruf als Erlöser. SPD – wie auch CDU, CSU, FDP und die Lehrerpartei der Grünen und übrigens auch die ewiggestrigen der Ostlinken mit Oskar, dem Immernochdaseienden – haben die Erlöserqualitäten und das Charisma eines Sachbearbeiters mit Parteibuch. Sollten die das versuchen, wird es nicht einfach hingenommen. Diese Leute müssen froh sein, wenn solche Ansätze wirkungslos verpuffen, und man sie nicht bis aufs Blut durchpeitscht. Und dafür braucht man noch nicht mal die Anhänger anderer Parteien, zu sehr ist die deutsche Bevölkerung angekotzt von dem, was in Berlin passiert.

Das Netz kennt da keine Beschränkung und kein Ventil, es ist das Ventil, aus dem der Ärger pfeift. Im Netz ist Gnade nicht zu Hause, im Netz tobt der Mob, und wer einen zum Schreiben braucht und fünf zum Kontrollieren der Kommentare, sollte es lieber erst gar nicht versuchen. Die Kanäle des Internets bieten nur die Möglichkeit, direkt an die Leute ranzukommen. Aber wenn man das in Deutschland mit dem Bullshit versucht, der momentan als Politik verkauft wird, sollte man sich über allergische Reaktionen nicht wundern. Man gewinnt Wahlen nicht mit dem Kopieren von Methoden, Powerpointgewichse, und 24/7-Streaming in jeden neumodischen Deppenkanal, sondern mit guter Politik für die Menschen.