3.9.2007 | 21:56 von DonAlphonso

Die Blogherbstmode der PRoleten

Es macht Spass, im Moment die bekannten Blogs von PR-Leuten zu lesen. Das Widerliche an dem Job ist, dass sie ums Verrecken Niederlagen nicht eingestehen können, und auch die totale Demütigung immer noch irgendwie nett umschreiben müssen. Wenn was nicht gut läuft, wird es einfach nicht erwähnt. Wie PR-Bloggen, zum Beispiel.

All die tollen deutschen Köpfe bei Media-Coffee (http://www.mediacoffee.de/) zum Beispiel: Von den fast 40 Autoren meldeten sich im letzten Monat nur zwei zu Wort. Das mit grossem Bohei gestartete Blog vom Möchtegern-Vorreiter Edelman hat scheinbar bis auf einen alle Autoren verloren – weit her kann es da mit Blogs firmenintern nicht sein. Und das bei einem Laden, der das, was er selbst offensichtlich nicht hinkriegt, den Kunden verkaufen möchte. Deren letzter Blog-Mohikaner sucht inzwischen wie viele amerikanische Kollegen den Hinterausgang Richtung “wichtig wird jetzt die Kommunikation, die Blogs eingeleitet haben”. Sprich, wenn die Jungs ihre Blogs nicht einschlafen lassen, wie es im Moment der Übervater der Szene Steve Rubel (http://steverubel.typepad.com/) macht, erklären sie einen Übergang in einen angeblich neuen, besseren und grösseren Markt.

Blogs sind damit nur noch ein Teil ihres Geschäftsfeldes, statt dessen wildern diese Herrschaften inzwischen vermehrt in den Bereichen von Marketing und Werbung. Blogs waren gestern, heute ist es Consumer generated Advertising oder viral Marketing, also Konzepte, die nicht zwingend auf Blogs laufen müssen. Auf Blogs, sollte man vielleicht dazu sagen, die in den letzten Jahren sehr wenige Erfolge in diesem Bereich möglich gemacht haben. Jedenfalls nicht genug, um die ganze Blase einer teuren Lügenindustrie zu ernähren. Was meines Erachtens der tiefere Grund ist, warum man nun neue Geschäftsfelder propagiert – wenn man nicht ohnehin gerade gefeuert wurde, was wohl bei einer gewissen Agentur einem Online Conversation Manager wiederfahren sein soll *hüstel*. Blogs waren nichts, Second Life war nichts, jetzt eben Widgets, Communities und MicroBlogging.

Viel Spass dabei. Möget Ihr dort so erfolgreich sein, wie in der Blogosphäre.

31.8.2007 | 17:50 von DonAlphonso

Die sieben Lawinen der Spassbremsen

Es gibt gewisse, na, sagen wir mal Trends in der Blogosphäre, die schwer zu fassen sind, und die dennoch zu einem gewissen Gefühl der Unlust beitragen. Nachdem sich so ein Trend jetzt gerade in der Schliessung von Blogscout etladen hat, ist es vielleicht mal angebracht, über diese Trends zu reden, die meist uterhalb der Wahrnehmungsgrenze blieben, aber doch weitgehend bei einer gewissen “Gruppe” Blogger mit, nennen wir es ruhig mal so, Ansprüchen, immer wieder für genervte Reaktionen sorgten und sorgen.

1. PR-Blogs. Gibt es seit 2003, waren fast durch die Bank erfolglos, und nervten mit mieser Schreibe und Hoppla-jetzt-komm-ich-Attitüde. Neulinge, die den anderen mit einem Sack Geld im Rücken und einer Agentur mal erklären wollten, wie das geht: Fischer Dübel, Opel Antara, um nur mal zwei zu nennen.

2. Funblogs kamen ab 2004 auf und gieren mit dem kleinen Schmutz und Schund aus dem Netz nach Cyberslackern. “Guckt mal wie blöd die Blondine einparkt” und andere Gossenklassiker zeigten, dass man auch ohne einen Funken Schreibkenntnisse ein paar tausend andere Vollidioten unterhalten kann.

3. Rechtsextreme, politische Spinner und “prowestliche” Fanatiker, relevant seit etwa 2005. Man sollte es nicht glauben, aber Figuren wie “Kewil”, der muslimfeindlichen Hass immer noch bei Myblog vertreibt, und Blogs wie Politicallyincorrect haben sich trotz – oder schlimmer, wegen – ihrer Ansprache extrem komischer Kreise gehalten. Sie und ein Haufen von Nachfolgern tauchen in den Medien glücklicherweise nicht auf, wenn es um Blogs und Politik geht. Peinlich sind sie allemal.

4. Seit 2004 gibt es auch “Hilfsdienste”, die “Verzeichnisse” und “Blogsuchdienste” über Inhalteklau via RSS erstellen, und das Ergebnis zum Schalten von Werbung nutzen. Ein Klassiker. Nichts können, einfach ziehen und kassieren.

5. Kommentarspammer. Vielleicht hätte man den als “MC Winkel” firmierenden Mathias Winks einfach einmal gscheid abmahnen und alle Nachahmer abschrecken sollen, als er ohne Sinn und Verstand bekanntere deutsche Blogs mit seiner Wetten-dass-Aktion beschmierte, dann hätte ich heute nacht hier nicht 14 sinnlosen Kommentare einer Webklitsche aus den Kommentaren kratzen müssen. In den letzten Monaten hat das derart überhand genommen, dass über eine Registierungspflicht nachgedacht wird.

6. Link- und Awarenesshändler sowie Maulvermieter, die gehäuft seit 2006 auch nur für die Chance eines Ipods Trackbacks setzen und für ein paar Euro bedenkenlos auch Sekten und rechtlich problematische Firme pushen.

7. Werbeverstrahlte Listengeillinge und SEO-Freaks, die alles manipulieren, um nach vorne zu kommen – teilweise identisch mit Punkt 5. Dazu zählen dann auch alle Linkorgienveranstalter und Blogzählakteure, die sich gegenseitig pushen, um bei Technorati und Google möglichst weit zu kommen, was dann auch gerne für Werbung genutzt wird.

Das alles grummelt irgendwo im Bodensatz oder auch in den Toplisten des Themas Blogs mit, das ist da, und es steht zu befürchten, dass es auch bleiben wird. Es versaut den Blick auf das Thema wie eine Müllkippe im Stadtpark, und wenn man sich zu lange unter solchen Blogs bewegt, stellt sich mitunter die Frage, ob die eigentlich noch der Schmutzfleck sind, oder ob diejenigen, die einfach nur schreiben und erzählen wollen, nicht inzwischen eine Minderheit sind.

Und jetzt am Besten weiter ignorieren. Denke ich.

29.8.2007 | 23:23 von DonAlphonso

Gib dem Blogger einen Textbaustein und juristischen Ärger

Die deutsche Wirtschaft wird dialogtauglich gemacht:

OnlineMarketing aktuell-Tipp: Als Abonnent stellt Ihnen die Redaktion Textbeispiele für mögliche Reaktionen kostenlos zum Download zur Verfügung.

Ich will jetzt gar nichts weiter zu dieser Art “Krisenhilfe” gegen Weblogs und “Gerüchte” sagen. Aber wer wie der Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG “anwaltlichen Beistand” auch nur als “Altbewährtes” tituliert, sollte sich schon mal fragen, ob er der richtige Tipgeber ist, wenn es um den Umgang mit Bloggern geht. Nachdem die Jungs Technorati zudem als Überwachungswerkzeug empfehlen, ist es vielleicht gar nicht so dumm mal zu überlegen, wie man Technorati aus dem eigenen Schaffen draussenhält.

28.8.2007 | 23:00 von DonAlphonso

Die Pornoindustrie und Technorati

Die bekannte Blogsuchmaschine Technorati hat vor zwei Wochen den Gründer und Chef Dave Sifry verloren, und obendrein auch noch acht Angestellte. Gute Zeichen sehen anders aus, und wer länger mit Technorati zu tun hat, ist jetzt auch nicht sonderlich überrascht: Selbstherrlich, overhyped, nutzerfeindlich und unfähig sind vier Eigenschaften, die ich dem Laden nicht zwingend absprechen würde. Sie sind fraglos Marktführer und werden bislang von Google Blogsearch nicht ernsthaft gefährdet, aber ein nachhaltiges Geschäftsmodell oder ein rettender Käufer sind bislang auch nicht in Sicht.

Und wenn man genauer hinschaut, kann man es vielleicht auch verstehen. Ich habe heute bei Technorati mal ein paar grössere deutsche Städte gesucht. Bekommt da bei Technorati einer mit, wie unglaublich viel Pornospam da inzwischen zu finden ist? Da wird in Verbindung mit Städtenamen in grossem Umfang alles genannt, was man ansonsten in den “Kontaktanzeigen” der Schmutzpostillen findet. Teilweise alle paar Minuten mit neuen, immer gleichen Texten versehen, hat sich die Sexindustrie inzwischen als Spammer sehr breit gemacht. Und Technorati scheint kein Mittel – oder Personal – dagegen zu haben. Es kann gut sein, dass Deutschland für sie nur ein kleiner Markt ist und sie die Probleme in den USA erst mal in den Griff bekommen müssen. Aber so wird der Wert von Technorati zunehmend schlecht – es sei denn, man hat einschlägige lokale Angebote und hält Blogger für sexbedürftige Freaks.

27.8.2007 | 18:04 von DonAlphonso

Schade

Dirk Olbertz schliesst leider, aber mit guten Gründen Blogscout.

23.8.2007 | 20:11 von DonAlphonso

Muss man bloggen, wenn man kann?

Ich habe hier gerade eine Interviewanfrage, die in die Frage mündet, wie das Verhalten eines professionellen Bloggers zu werten ist, der ein grösseres, ihn am Rande betreffendes Thema nicht behandelt. Normalerweise könnte ich nichts dazu sagen, ausser vielleicht, dass mich mein ganzes Leben betrifft und ich trotzdem nicht über alles schreibe. Einen erheblichen Anteil der deutschen Blogger betrifft das, was bei StudiVZ passiert, direkt als deren Mitglieder – trotzdem bringen das nur ein paar. Sind deshalb alle anderen schlechte Menschen/Blogger/Journalisten?

Ich kann da keine eindeutige Antwort darauf geben. Ich habe heute mit einem Mädchen ein Interview geführt, die bei StudiVZ wegen ein paar banalen Fragen in einer von der ZEIT finanzierten Gruppe durch eine Mitarbeiterin von StudiVZ gelöscht wurde. Es gab die Zusage der ZEIT, da nachzuhaken – passiert ist dann aber auch auf mehrfache Nachfrage nichts. Nun hatte die Zeit schon sehr früh Wind von den Problemen mit StudiVZ, und der Umgang mit dem Thema und denen, die es trotz Zugehörigkeit zum gemeinsamen Besitzer/Teilhaber Holtzbrinck machen wollten, vermittelt einen sehr guten Eindruck von der “Unabhängigkeit”, die man in dieser Redaktion hat. Ich persönlich empfinde solche amphibischen Existzenzenformen als ausgesprochen unerfreulich, aber wer den Roman “Bel Ami” kennt weiss, dass dergleichen schon früher üblich war. Maan sollte nicht glauben, dass dann einer von denen als Blogger mehr Freiheiten hätte als bei der WELT. Bei der Gelegeheit ist es mir dann auch egal, welcher Medienkonzern seine Leute gängelt.

Umgekehrt bin ich inzwischen auch mehr als skeptisch, was die Notwendigkeit angeht, sich als Trittbrettfahrer irgendwo dranzuhängen. Es ist in der Blogosphäre meines Erachtens nicht ganz so übel wie in den Medien, wo die dpa bundesweit die Portale mit dem Zeug flutet, das sie bei der BILD finden. Und natürlich können Mikromedien nur etwas erreichen, wenn sie ihren Einfluss zusammenschalten und ein Thema gemeinsam behandeln. Aber die Art, wie das bisweilen geschieht, ist mitunter mehr als problematisch. Da haben wir inzwischen durchaus finanzielle Interessen im Hintergrund, und generell ertappe ich mich inzwischen dabei, dass ich sehr genau hinschaue, wer was warum schreiben könnte.

Es ist nicht immer leicht, diese Motivation zu verstehen, aber die Spannbreite geht da eben vom Unterstützer über den Adabei und den, der seinen Trackback bei einer wichtigen Debatte haben will, über das bezahlte Mietmaul bis zum Trittbrettfahrer und zum Verbreiter von Lügen wider besseren Wissens. Die versuchte Kommerzialisierung ist sicher nicht allein dafür verantwortlich, da liegt vieles auch im Privaten begründet – aber die entscheidende Frage ist für mich eine andere:

Wieso nämlich gibt es so viele Dranhängende und nur so wenige, die den der Debatte zugrunde liegenden Inhalt schaffen?

Dieser komische Gegensatz zwischen wenigen, die aufwerfen und vielen, die mehr oder weniger qualifiziert beitragen, ist in meinen Augen das Kernproblem, warum es mit der (nicht zwingend kommerziellen) Professionalisierung nichts oder so wenig wird. Selbst die, die diesen Weg schin gehen, bringen mitunter erstaunnlich wenig Geschichten, aus denen etwas erwachsen kann. Da geht meines Erachtens die meiste Kraft verloren. Die deutsche Blogosphäre ist wie ein Muscle Car mit SO einem fetten Turbo medial sichtbarer Blogger der positiven Selbsteinschätzung auf der Kühlerhabe, einem gigantischen Motor von zigtausenden Mikromedien und so wenig Stoff im Tank, dass es allenfalls zum Aufjaulen an der Ampel reicht.

Die obige Frage ist also falsch rum gestellt. Man sollte können, wenn man bloggen will. Trittbrettfahren, nachplappern und stille Post bis der Abmahnanwalt kommt, ist was anderes. Das sollte man zumindest beherzigen, wenn man bei dem Thema antritt, um was zu bewegen – ansonsten halte ich Katzenbilder und Strickblogs für vollkommen legitim. Auch das ändert die Mediennutzung, nur eben ohne den entsprechend hohen Anspruch, den manche da im Moment formulieren.

22.8.2007 | 15:48 von DonAlphonso

Vom SS-Aufsichtskommando zu StudiVZ

StudiVZ ist ja durchaus bekannt für den – angeblich humoristischen – Umgang mit der NS-Diktatur, wie der Gründer Ehssan Dariani mit einer Einladung zu zeigen beliebte. Auch die nie offziell gestarteten Viralvideos hatten mitunter eine ziemliche Nähe zu dem, was man so von rechten Schlägerbanden kennt. Zu all dem kamen auch noch rechtsextreme Gruppen. Polarisierend oder Einzelfälle, meinte StudiVZ – andere sahen das nicht so locker. Und dennoch scheit derartiges bei StudiVZ kein Eizelfall zu sein: In den Auswahlmasken für die Schule, die man vor dem Studium besucht hat, kann man unter Deutschland -> Bayern -> Dachau als Schule im Drop-Down-Menü auch “SS-Aufsichtskommando” eingeben:

Und damit meine ich nicht selbst reinschreiben. Das ist im StudiVZ-System enthalten. Wie es da reinkam, müsste StudiVZ klären. Wenn es nicht wieder mal der bekannte, “witzige” Umgang mit Faschismus und Rechtsextemismus ist.

(via Mail)

21.8.2007 | 0:41 von DonAlphonso

Leere Tube bei Ehrensenf

Viele mögen es nicht, wenn man mit dem Trafficsuchdienst Alexa hantiert – dessen Daten sind bei deutschen Webseiten ziemlich ungenau. Dennoch gibt Alexa langfristig recht gut die Trends wieder, wie auch extreme Spitzen und bei grösserem Traffic auch die eherschwachen Wochenenden.

Having said this, möchte ich meine Meinung ausdrücken, dass das Internetvideoding “Ehrensenf”, eine Art RTL-II-News mit geklauten Inspirationen amerikanischer Vorbilder, inhaltlich totgelaufen ist und bei den “Einschaltquoten” den Bach runter geht. Da helfen auch Spiegel Online als syndizierender Partner und der Grimme Online Award als sog. “Auszeichnung” nicht weiter. Und wenn man sich die Entwicklung bei Alexa so anschaut, scheint das mehr als ein Eindruck zu sein.

Naja. Glotzenformate nutzen sich eben irgendwann ab. Warum sollte es im Internet anders sein.