8.6.2007 | 15:51 von DonAlphonso

Museen, Bildrechte und Blogs

Auch falls das Thema langweilt: Ich habe mir mal den Spass gemacht und auf meiner aktuellen Reise nachgefragt, wie das eigentlich mit den Bildrechten an Gegenständen ist, die in Museen aufbewahrt werden. Im Kloster Eberbach und im Domschatz zu Aachen war recht kundiges Personal anwesend, die 1.) wussten, was ein Blog ist und 2.) hausinterne Regeln zum Verwenden von Bildern kannten.

Beide Institutionen erlauben das Photographieren, wobei man in Aachen keinen Blitz verwenden darf. Dieser Umstand hat früher das Problem von selbst gelöst, denn es ist so dunkel, dass ohne Blitz nichts ging, und der Blitz an den Glaskästen reflektiert wurde. Heute ist das dank Digitalkameras etwas anders. Es geht. Und auf die Frage, ob ich die Bilder aus den Kulturdenkmälern auf meine privaten Seiten stellen dürfte, gab es in beiden Fällen ein klares Ja.

Wie es in beiden Fällen ein klares Nein zu hören gab, als ich nach der Veröffentlichung auf einer kommerziellen Website nachfragte. Auch Journalisten müssten erst mal eine Erlaubnis einholen, andere gewerbliche Zwecke stehe man grundsätzlich eher ablehnend gegenüber, und Werbung gehe gar nicht, dafür sei man absolut nicht einfach so zu haben. Auf die Frage, was eine kommerzielle Website sei, hiess es: Alles, womit irgendwie Geld verdient werde.

So richtig neu und ungewöhnlich ist das nicht, wenn man schon mal publizistisch gearbeitet hat. Aber möglicherweise neu für gewisse “Professionalisierte”, die auch schon mal Bilder von mutmasslich Ungefragten als Werbung verwenden. ich wage an dieser Stelle zu behaupten, dass wir gerade an der tieferen Problematik der Bildrechte, die nicht unkomplex sind, noch ein paar unschöne Dinge erleben werden. Banaler Bilderklau ist bei weitem nicht alles, sobald es nicht mehr ums Bloggen aus Spass an der Freude geht. Mal abgesehen davon, dass die Begrenzung der Bloggerei durch kommerzielle Ansätze auch ein Problem ist. Denn was tut man, wenn man ein Bild nicht erlaubt bekommt? Knicken? Riskieren? Meine Prognose: Desto berühmter das Abgebildete, desto eher wird es eng. Was auch für Mashups bisweilen je nach Verwendung üble Folgen haben kann. Die Veröffentlichung solcher Bilder beim GTBlog ist in Ordnung, bei anderen hingegen kann die bloginterne Bildausleiherei problematisch sein. Niemand kann in so einem Fall sagen, was nun der Rechtebesitzer als “kommerziell” ansieht, ob Google-Ads schon reichen oder das Blog voller Werbung sein muss.

Eine Spaltung in kommerziell und nichtkommerziell machen in diesem Fall nicht die Blogger, sondern die Rechteinhaber. Man kann jetzt natürlich eine Revision der Bildrechte fordern – wichtiger düfte es aber meines Erachtens sein, sich seiner jeweiligen Ausrichtung bewusst zu sein. Und einen Prozess, um solche wackligen Fragen zu klären, wird kaum ein Blogger führen wollen.

5.6.2007 | 12:32 von DonAlphonso

Suchmaschinenspammer plattmachen

Es gibt bekanntlich ein paar Blogger, denen kein Mittel, keine Effekthascherei und kein Mitmachdreck zu blöd ist, um die Zahl ihrer Verlinkung und den Traffic zu steigern. Und in den letzten Monaten hat ihre zahl erheblich zugenommen. Pseudogewinnspiele, Preise, virtuelle Kettenbriefe, die 9Live-Ecke der Blogosphäre. Eigentlich könnte man das Pack auch ignorieren – aber warum vorübergehen, wenn man sie auch treten kann? Warum genervt werden, wenn man sie auch nerven kann?

Also: Welche Möglichkeiten gibt es, solche Linkfarmkonstrukteure zu schädigen und ihre Bemühungen zu torpedieren?

5.6.2007 | 3:53 von DonAlphonso

Mille Miglia vs. Reboot 9 im Vergleich bei Flickr

Wir sind bei der letzten Debatte in etwa überein gekommen, dass für Besucher der Mille Miglia die bekannte Photoplattform Flickr praktisch keinerlei Bedeutung hat. Selbst unter freundlichster Bewertung liegt der Anteil der Photographen, die den Dienst für die Dokumantation des berühmten Oldtimerrennens nutzen, bei einem hundertstel Prozent.

Nun vergleichen wir diese Gruppe eher durchschnittlicher Menschen mit 500 Web2.0-Jüngern, die sich unter Einschluss von Startuppern, PRoleten und anderer Staffage aus den Niederungen des aktuellen Internetgeschäfts in Kopenhagen zur Reboot 9 trafen. Aktuell spuckt Flickr sage und schreibe über 3600 Bilder zur Reboot 9 aus. Auf jeden Besucher kommen innerhalb von zwei Tagen rund 7 Bilder bei Flickr. Die Hochladerei ist momentan noch am Laufen, es wird sicher nicht dabei bleiben. Bislang habe ich über 250 individuelle Knipser gezählt – möglicherweise auch manche doppelt gezählt, denn während die einen vollverblödeten Bildspammer Knipser schlichtweg ihre ganze Amateurknipserkarte ohne Rücksicht auf das Leiden der Betrachter und möglicherweise zum Schaden der so verhunzt Abgebildeten hochladen, ersaufen andere mit sporadischen Bildern in der Datenflut. Und Flickr hat nach meinem Wissen bis heute keine vernünftige Suchfunktion, die die Zählung erleichtern könnte

Lässt man mal ausser Betracht, dass die meisten anwesenden angeblichen Digitaltechnikkönner bis an ihr Lebensende wegen erwiesener Unfähigkeit am Auslöser Kameraverbot erhalten sollten, liegt der Anteil der Flickrnutzer bei der Reboot bei 50% oder höher. Was nun zwei hochinteressante Fragen aufwirft:

1. Wer ist generell die spannendere Zielgruppe für jede Art von Geschäft? Man vergleiche mal die flickrweb2.0süchtigen Leute von der Reboot mit den benzinundweinwollenden Zuschauern der Mille Miglia.

Ich mein, da ist doch klar, wo das Geld zu holen ist, und wo die Ratenzahlung mit unsicherem Ausgang, wer sich ein Hotel leisten kann und wer einen Schlafsack, wer den Wein trinkt und wer das Wasser aus der Leitung, wer der real existierenden Wirtschaft Liebling ist und wer nicht.

2. Nichtdestotrotz: Diese zweite Gruppe sieht sich als gesellschaftlicher Vorreiter und plant über weite Strecken, die grosse erste Gruppe irgendwann in das Web2.0 zu ziehen, um sie dort mit Werbung, ProfiLügen, Schleichwerbung und sonstigen Formen des nicht überall geschätzten Lebensunterhaltes zu kapitalisieren. Wenn man 2 Tage mit Leuten zusammen ist, für die es die normalste Sache der Welt ist, über 7 Bilder pro Teilnehmer in das Internet zu blasen – ist man danach überhaupt noch in der Lage, eine Welt zu begreifen, in der nur 0,01% der Photographen diesen Dienst nutzen? Ist das noch eine Kluft, oder sind das nicht doch Welten? Kann man sich überhaupt noch in die anderen reindenken, oder ist man schon vollkommen assimiliert an die Peergroup der Borgs2.0?

Was wir mit diesem vollkommenen Gegensatz der Mediennutzung erleben, ist meines Erachtens ein klassischer Ausgangspunkt für eine Katastrophe einer Ideologie, die mit den Worten begraben wird, sie sei ihrer Zeit voraus gewesen. Ja, ich weiss, das ist böse formuliert.Wenn ich mit den “practical visionaries” im Sinne der Reboot rede, gelte ich als reaktionärer Old Economist, der alles schlecht macht. Und wenn ich mit denen rede, die mit dem Internet jenseits von Mail und Pornodownload nichts anfangen können, gelte ich als der Web2.0Freak mit total seltsamen Ansichten. Die Synthese daraus lautet für mich: Solange es die anderen in derartiger Marktnichtdurchdringung gibt, solange bei 3 Millionen Anwesenden nur 300 Photos im Web2.0 landen, ist jede Theorie zur Marktentwicklung im Web2.0 Makulatur. Denn das Geld geht dahin, wo die Leute sind. Auf die Mille Miglia, und nicht zur Reboot, und all den anderen schicken werbefinanzierten Internetideen.

4.6.2007 | 3:39 von DonAlphonso

Der Einfluss von Web2.0 am Beispiel von Flickr

Alle Debatten rund um die Internetangbote des Web2.0 kranken ein wenig am Umstand, dass die Bedeutung in der realen Welt unklar ist. Ich rede seit 4 Jahren recht viel über Blogs, aber jenseits gewisser kleiner Gruppen sehe ich nur eine langsame Veränderung in der Wahrnehmung. Das ist nicht weiter schlimm, ein robustes Wachstum ist meines Erachtens meistens nachhaltiger als ein kurzer Hype, bei dem nach einem halben Jahr die Mehrheit der Nutzer weitergezogen ist – Second Life könnte da ein gutes Beispiel sein.

Aber wie schaut es nun tatsächlich mit der Nutzung aus? Ich war in Italien, um mir mit der Mille Miglia das bekannteste Oldtimerrrennen der Welt anzuschauen und darüber einen Beitrag mit Bildergalerie zu schreiben. Die MM ist dort ein Grossereignis, das angeblich von minimal 2 bis 3 Millionen Zuschauern gesehen wird; dieses Jahr waren es wegen des Jubiläums und des Wetters noch etwas mehr. Sehr, sehr konservativ geschätzt, hat jeder 10. dieser Besucher eine Kamera dabei. Am Start- und Zielort Brescia, wo die Deutschen und andere ausländische Rostlaubenfreunde in Horden einfallen, ist der Digiknipsenanteil bei angeblich 70.000 Besuchern praktisch 100%. Im es mal ganz konservativ zu berechnen: Bei der Mille Miglia sind vermutlich mindestens 50.000 ausländische und 200.000 italienische Bildaufnahmegeräte von der Profikamera bis zum Handy am Werk. 250.000 Leute machen Bilder.

Und jetzt schauen wir mal, wie viele davon bei der weltweit höchst beliebten Photoplattform Flickr ankommen. Selbst mit erweiterten Suchbegriffen wie 1000miglia und Millemiglia komme ich auf rund 25 Photographen mit insgesamt rund 350 Bildern, wobei ein einziger wohl praktisch seine ganze Arbeit hochgeladen und über die Hälfte der Bilder geliefert hat.

250.000 Knipser bei der Mille Miglia vs. 25 bei Flickr, das ist ein Anteil von 0,01%. Wenn jetzt noch die Zahl zu verdoppeln ist für die, die zu doof sind, ihre Bilder zu benennen, kommt man auf 0,02%. Aber es ist und bleibt sehr, sehr, sehr wenig. Man kann es natürlich auch positiv sehen und die restlichen 249.975 Photographen als Zukunftsmarkt begreifen. Aber ich fürchte, das ist eine Zukunft, die keiner von uns noch erleben wird.

4.6.2007 | 2:16 von DonAlphonso

Wenn ich das Grimme Institut wäre

In einem Leben vor der Existenz als Don Alphonso hatte ich viel mit beratungsresistenten Startuppern zu tun, die meinten, die Welt gehöre ihnen und sie könnten tun, was sie wollten: Bekokst mit dem Porsche einen Unfall bauen, Gelder unterschlagen, drei Wochen mit der Auswahl des PR-Betriebsbordells verplempern, Medien anlügen oder mal eben die Insolvenz verschleppen. Was man halt früher so getan hat, in der guten alten Zeit. Mein Job bestand dann darin, dass ich, von den Investoren beordert, den jungen Leuten beratend ein paar schlüssige, sinnvolle Erklärungen aufschrieb, die sie etwas besser aussehen liessen, als sie waren. Am Anfang fand ich das erbärmlich, so einer Kreatur auch noch zu helfen, aber bald merkte ich, dass es keine Rolle spielte. Die Herrschaften kümmerten sich einen Dreck um gute Ratschläge zur Kriseneindämmung.

Und nun schreibe ich das auf, was ich den Leuten beim Grimme Online Award raten würde, um möglichst schnell und ohne weitere Schäden aus dem Nominierungsdebakel rund um das Jurymitglied Mario Sixtus herauszukommen. Es ist nicht weiter schwer, es ist der einzige Weg, denn Alternativen gibt es realistisch betrachtet nicht. Wählt die Jury ein von ihr nominiertes Exmitglied zum Preisträger, wird es mehr als nur Stirnrunzeln geben: Jaja, die Freunde am Werk. Wählen sie ihn nicht, wird man sich fragen, warum die Jury jemanden zwar unter solchen besonderen Umständen nachnominiert, aber nicht wählt – hatte die Jury Angst vor einem Sturm der Entrüstung? Wenn man nächstes Jahr die Statuten ändert, um sowas zu vermeiden, wieso war es dann letztes Jahr in Ordnung? Solche Situationen sind wie die Ursünde, man entgeht ihnen nicht. Und nachdem die ganze Sache bisher schon von der Abbürstung der Kritik bis zu einem Interview mit einem früheren Grimme-PRler als Journalist gründlich schief ging, ist der Schaden jetzt schon übel genug. Denn auch in den nächsten Jahren wird man fragen, wie die Jury nachnominiert, und wieso welche Entscheidungen zustande kommen. Es bleibt immer was hängen, und was beim Bambi keinen juckt, ist bei Grimme und seinen Anspruchen ein echtes Problem.

Da hilft nur eines: Flucht nach vorn, das Unvermeidliche eingestehen und Konsequenzen ziehen! Wenn man Ärger bekommt, ob man den Sixtus nun kürt oder nicht, ob die Jury deshalb in jedem Fall als fragwürdig dasteht und man im nächsten Jahr wieder lustvoll wählen will, gibt es nur eins. Schaden minimieren. Heute beigeben “to fight another day”. Hier gibt es nichts mehr zu gewinnen, ausser einer Atempause. Und zwar mit einer Erklärung wie folgt:

Marl – In den letzten Tagen haben das Grimme Institut und die Jury des Grimme Online Award intensiv über die Bedeutung und die Folgen der Nachnominierung eines Jurymitglieds diskutiert. Beide bedauern den dadurch entstandenen Eindruck, es könnte sich dabei um eine Bevorzugung eines Jurymitglieds handeln. Das bereits mehrfach ausgezeichnete Projekt “Elektrischer Reporter” gilt in Expertenkreisen als hervorragendes Beispiel für die Möglichkeiten des Videojournalismus im Internet. Insofern steht die Jury weiterhin zu ihrer Auffassung, dass das Projekt den vom Grimme Institut vorgegebenen Kriterien für die Nominierung voll entspricht. Mario Sixtus wurde seiner Verantwortung durch den Rücktritt aus der Jury voll gerecht, der Vorgang wurde transparent und offen kommuniziert.

Damit sichert man erst mal die eigene Front, demonstriert Geschlossenheit, auch wenn schon längst die Reihen Bröckeln, behauptet das sumpfige Gelände, in dem die Knobelbecher mufflig quietschen, zeigt, dass man hier durchaus bleiben könnte – damit die jetzt folgenden heillose Flucht aussieht wie ein geordneter Rückzug, und die erzwungene Peinlichkeit wie Einsicht aus einer Position der Erkenntnis. Denn jetzt kommt:

Das Grimme Institut und Jury sehen aber ein, dass der Vorgang für erhebliche Irritationen und Missverständnisse Anlass geben konnte. Sie bedauern den dadurch entstandenen Eindruck, die Jury würde einen der Ihren begünstigen. Nichts würde der Intention des Preises und der Institution, die für die Unabhängigkeit und Qualität des Journalismus einstehen, mehr widersprechen. Um konsequent und mit allem Nachdruck jedem nur erdenklichen Anschein von Unregelmässigkeiten bei der Preisvergabe entgegenzutreten, wurde in Absprache mit Mario Sixtus folgender Entschluss gefasst:

1. Die Jury und Mario Sixtus nehmen einvernehmlich die Nominierung des “elektischen Reporters” zurück.
2. Mario Sixtus tritt sein Amt als Jurymitglied wieder an.
3. Mit einer Statutenönderung wird zukünftig ausgeschlossen, dass Projekte nominiert werden, deren unmittelbar Beteiligte Mitglieder der Jury sind.
4. Nachnominiert wird das Projekt FIXMBR, das für seine schonungslose Recherche und Einsatz für den Datenschautz

OK, man muss nicht gleich übertreiben, aber damit signalisiert man Stärke der Einsicht und gibt gleichzeitig eine Ehrenerklärung für Sixtus ab. So bleibt keiner mehr im Regen stehen, als sein muss, und alle sind wieder im gleichen Boot, das erkannt hat, welche Klippen da auf dem Weg lagen. Jetzt geht es darum, den rettenden Hafen zu erreichen. Und das geht so:

Wenngleich die Diskussionen im Internet während der letzten Tage nicht immer höflich waren, war es für das Grimme Institut und die Jury ermutigend zu sehen, wie sich Meinungspluralität und freie Partizipation im Netz als Katalysator von Entscheidungs- und Erkenntnisprozessen erweisen können. Es ist nach unserer Auffassung nur konsequent, wenn der Grimme Online Award diesmal selbst Thema einer Debattenkultur war, die auszuzeichnen und zu fördern er eigentlich angetreten ist. Deshalb bedanken sich Institut und Jury ausdrücklich bei allen Teilnehmern, denn durch ihr Engagement gibt es bereits den ersten Gewinn des Grimme Online Awards: Unsere Erkenntnis, die Schranken- und Zügellosigkeit des Netzes und seiner Kommunikation als Hilfe und Bereicherung auffassen zu können.

Na? Das wäre mal ein Schlusssatz, da fallen sich Feinde flennend in die Arme, alle reden nur noch von ihrer Bedeutung und nicht mehr von dieser Nominierung und fressen bis zum nächsten Skandal mit Glückstränen in den Augen jede PM eines Instituts –

das, da wette ich, den Teufel tun wird und sowas schreiben, egal was jetzt noch kommt. Denn die Bonker sind überall von Marl bis Mitte mit der gleichen Ignoranz betoniert. Aber es soll keiner sagen, man hätte ihnen nicht konstruktive Ratschläge gegeben.

4.6.2007 | 0:33 von DonAlphonso

Die Meldung der Woche

Uuuuuund der Blogockel 2007 geht an

“Aufbauend auf der Rechtsprechung des BGH könne dem Betreiber auch keine Vorab- Prüfungspflicht zugemutet werden.”

Meinprof.de hat in zweiter Instanz einen Sieg in Sachen Forenhaftung – genauer Haftung für die Kommentare Dritter – errungen und muss nicht wegen unsicherer Kommentare um die Existenz fürchten. Wie alle Blogger, die von einem anderslautenden Urteil mit massiven rechtlichen Problemen hätten konfrontiert werden können.

3.6.2007 | 0:36 von DonAlphonso

Bloggers Omerta

Dass Johurnaille sowas nicht komisch findet, wundert mich nicht, aber dass Blogger, die sonst stets gerne mit dem Finger auf Medien zeigen, diesmal schweigen?

Offenlegung: Mein Verhältnis zu Mario Sixtus ist alles andere als ungestört.

Wie auch immer: Da haben wir also eine Jury für den Grimmepreis, in der Sixtus ist. Das ist ok. Dann haben wir neben Sixtus Jochen Wegner vom Focus. Sixtus bezeichnet den Focus als seinen Kunden. Und wie haben Peter Glaser, der bei den Blogversuchen von Heise ein Kollege von Sixtus war. Wir haben vier weitere Jurymitglieder, die Sixtus nun schon etwas länger, sei es durch die Jurytätigkeit, sei es durch “Vernetzung” kennen. Und aus deren Kreis wird Sixtus mit seinem Projekt nun für den Preis nachnominiert, verlässt die Jury, und nun soll die Jury unabhängig entscheiden.

Und das alles geht in Ordnung. Sagt der Projektleiter, der bei seinem “lieben Mario” im Blog kommentiert (http://www.sixtus.net/entry/847_0_1_20_C/) zu einem Journalisten. Der wiederum bis letztes Jahr als PR für den Grimmepreis gearbeitet hat. Erinnert irgendwie fatal an die Berichterstattung der ARD beim “Monigate”. Und so viele der führenden Blogs, die so gern auf die unheilige Vermischung von Privatinteressen und Öffentlichkeit hinweisen – schweigen diesmal. Das war nicht immer so – siehe Kommentare.

Vielleicht, weil sie den Grimmepreis von einer ähnlichen Jury bekommen haben? Weil sie gerade nominiert sind oder werden? Weil sie mit Sixtus inzwischen zufälligerweise einer Verwertungsgesellschaft stecken, oder einfach, weil das etwas ganz anderes ist, wenn das ein Blogger tut? Oder weil es nicht relevant ist? Ich mein, es verteidigt auch keiner, es wird einfach geschwiegen. In der Familie. Egal, wie komisch die Fakten aussehen.

Eine weitere Meinung findet sich hier.

2.6.2007 | 23:36 von DonAlphonso

Die CSUisierung der Blogosphäre

Gerade, weil ich nicht mehr betroffen bin und vermutlich auch sehr, sehr lange meine Ruhe haben werde: Es gibt da zwei Arten von Mails, die ich nicht allzu gern mag. Die einen lauten in etwa:

Sag mal, was ist denn das für ein Irrer, weisst Du was über den.

Das passiert mir relativ häufig, wenn einer bei mir öfters kommentiert und woanders einem anderen sauer aufstösst. Die Frage ist noch im Rahmen, weil sie mir die Möglichkeit gibt, in etwa wie folgt und zutreffend zu antworten:

Naja, das Ding war etwas gaach, aber bei mir ist er wirklich sauber und benimmt sich, vielleicht lag er einfach daneben und dieses und jenes könnte ihm deshalb sauer aufgestossen sein.

Was mir aber auffällt, und was ich auch von anderen höre ist, dass diese Fragereien in letzter Zeit erheblich zugenommen haben. Namentlich im Zusammenhang mit der sog. Professionalisierung der Blogosphäre gab es da – ohne jetzt ins Detail zu gehen – Informationssuchende, die erheblich tiefer in die Privatsphäre eingestiegen sind. Und zwar unabhängig von der Ausrichtung. Und alle Betroffenen wissen meines Erachtens, was läuft. Und keiner redet. Es ist gar nicht so leicht zu reden, denn jeder kennt einen, der fragt. Und so richtig schlecht ist das nur, wenn der andere das tut. Und damit kommen wir zu einem Punkt, der irgendwie gar nicht mehr so nett ist. Denn manche dieser Fragereien, die mir als Mails vorliegen, ähneln inzwischen dem, was ich Ende 2004 mal mit einem Journalisten erlebt habe, der Ex-Mitarbeiter von Dotcomtod enttarnen wollte. Und auch an andere schwarze Stunden – Stichwort “Schnüffel-Sebas” (heute “Blog-Bistro”) und gewisse Outer erinnert. Nur heute eben mit einem kommerziellen oder ideologischen Background. Ganz so, als habe man die diversen Geschichten rund um Outings in den Medien zu Personen und Familien rund um die WAZ vergessen – die Erwähnung sollte hoffentlich genügen.

Das Problem mit der Schnüffelei bei Bloggern ist der Ansatz, aus dem heraus das gemacht wird. Es geht darum, ausschliesslich Belastendes aus dem Privatleben zu finden und, das ist zumindest mein Eindruck, dem anderen gründlich jede Form der persönlichen Äusserungen zu verleiden. dazu kommt oft genug die Unfähigkeit Dritter, die diese Informationen dann nochmal übersteigern, bis sie sich wirklich was einfangen. Es geht um Freundschaftsdienste durch Ausforschen, es geht um Leute, die oft nicht wissen, wie knapp sie an massivem juristischen Ärger vorbeischrammen. Blogger, die sich ein Stasi2.0-Bapperl auf die Seite kleben, kümmern sich nicht im Mindesten um den Schutz der Persönlichkeitsrechte anderer, wenn man ihnen damit eines auswischen kann.

Und dann gibt es noch eine Steigerung, die sich ebenfalls per Mail ankündigt: Das sind die, die noch nicht mal betroffen sind, sondern einfach so Munition liefern. Unter anderem bei mir. Das geht dann gerne um wirtschaftliche Probleme oder das Vorleben mancher Leute, die früher noch kein Blog hatten und etwas anderes getan haben.

Ein gewisses Mass an Indiskretion und Tratsch ist normal, und ich denke, dass jeder wie im Blog nachdenkt, wenn er etwas preis gibt. Aber wenn anonyme Mails kommen, oder Mails wie

Gegen Blabla läuft unter Nummer xy ein Verfahren bei

ist definitiv die Linie des Erträglichen überschritten.

Ich denke, die Frau- und Herrschaften, um die es hier geht, werden das hier lesen, und alle sollten das in Zukunft dringend beherzigen. Immer daran denken: Es gibt keine Garantie dafür, dass es die andere Seite anders macht. Und das, was gemacht wird, würde keiner bei sich selbst wollen. Nehme ich an. Keine Kommentare diesmal. Nachdenken.