1.5.2007 | 12:02 von DonAlphonso

Bloggen und Zeitaufwand

Normalerweise schaue ich nicht auf die Uhr. Wenn ich schreibe oder kommentiere, dann mache ich das meistens zwischen anderen Sachen, als Erholung, als Spass oder zum Zeit totschlagen. Und wenn mich dann einer fragt, wie lange ich in dieses Hobby investiere, sage ich was von 1-2 Stunden täglich und dass es eben ein Hobby ist.

Momentan schaue ich auf die Uhr. Denn Internet in Italien kostet und ist in Halbstundeneinheiten erhältlich. Und allein das Onlinestellen, Überfliegen der Kommentare und ein ganz kurzer Check befreundeter Blogs dauert schon 30 Minuten. Ohne Schreiben oder Bilderbearbeitung, das sicher nochmal eine Stunde oder länger dauert. Ausgiebiges Stromern durch die Blogs und ein paar Debatten hier und dort, und ich komme schnell auf drei, vier Stunden. Was eine Menge ist.

Nun will ich nicht klagen, denn ich habe keine Glotze, und das, was für andere die Abendunterhaltung ist, ist bei mir eben das Blog. Es ist meiner Meinung nach unendlich viel sinnvoller, als irgendwelcher Käse in der Glotze. Aber dennoch ist es ein enormer Zeitfresser. Auch, wenn ich das sonst wie viele andere Blogger bestreite. Aber es muss so sein.

Das erklärt dann vielleicht auch, warum eigentlich die ganzen guten Themenblogs und PR-Blogs und sonstige professionelle Projekte ausbleiben. So ein Blog muss täglich einen guten Beitrag haben, oder auch zwei. Und das kostet enorm viel Zeit. Falls der Eintrag dann noch Abstimmung benötigt, oder auch Kommentare bei anderen Blogs erwünscht sind – ist man am Ende schnell bei einer 56-Stunden-Woche angelangt. Und das wiederum ist kaum zu refinanzieren. Es sei denn, es sind komplette PR-Projekte, bei denen es nicht um das Bloggen, sondern um das Hypen und Verkaufen von teurer Scheisse (Startups, Politikverarsche) geht.

Gleichzeitig ist das meines Erachtens auch die Erklärung dafür, warum Blogs nicht zum Massenphänomen der Firmenkommunikation werden können, egal welche gehypten Zahlen BASF, Microsoft und Sun an die Öffentlichkeit geben. Ein Manager, der mit allen Nebenkosten 100 Euro die Stunde kostet, würde für so ein halbwegs intensiv gefülltes Blog schnell 50.000 Euro pro Jahr kosten. 50.000 Euro ohne messbaren Return on Investment! Man muss bescheuert sein, um seine Mitarbeiter zu sowas anzuregen. Und nicht ganz zufällig könnte man auch darauf hinweisen, dass Deutschlnds bekanntester Business Blogger – Kleinfeld war sein Name und sein Posten der CEO von Siemens – gerade gegangen ist. Man kann nicht behaupten, dass ihm sein Blog dabei irgendwas gebracht hätte.

So, genug geblogt, ich sitze schon wieder eine halbe Stunde vor der Kiste, tschüss, ich fahr nach Verona…

27.4.2007 | 14:56 von DonAlphonso

Das “Geheim”papier von StudiVZ

Das hier ist mitsamt der Tippfehler und Deppenleerzeichen ein internes Papier aus der oberen Etage von StudiVZ für weitere Guerillaaktionen für SchülerVZ an Deutschlands Schulen. Nein, sie konnten es mal wieder nicht lassen, mit ihren Ideen anzugeben – und intern bei Leuten kursieren zu lassen, die etwas redseelig sind, und schnell mit dem Forward-Button, um zu beweisen, wie toll die Firma ist. Fast ist es so, als wäre Dariani noch da. Es ist mir egal, wenn Holtzbrinck es erlaubt, dass ein Haufen komischer Typen in Berlin den Ruf der Firma durch sowas kaputt macht, sollen sie doch vor die Hunde gehen. Aber ich finde, die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu wissen, welche Methoden eine Tochter von Holtzbrinck entwickelt hat, um an den deutschen Schulen – an sich geschützte Bereiche – unter Verletzung der Gesetze dieses Landes Minderjährige zum Abliefern ihrer Daten zu bewegen.

Mehr Power
SchuelerVZ ist die Plattform auf der Schüler und Jugendliche echtes Networking betreiben können. Ganz nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark. Deshalb sagen wir:
Mehr SchülerVZ. Mehr Power.

Die Umsetzung:
(Guerilla)
Zu Hauptzeiten wie Schulbeginn oder Schulschluss lassen wir normale Jugendliche an Schulen oder nah gelegenen U-Bahnhöfen schlendern. Aber Moment! Wirklich normal können die nicht sein, denn sie tragen mächtige 50 Kilo-Hanteln und riesige Reisetaschen unglaublich lässig durch die Gegend. Das Branding auf ihren Shirts sagt:
Mehr SchülerVZ. Mehr Power.
http://www.schuelervz.net/

(Die Gewichte sind natürlich aus Styropor und die Taschen prall mit Papier ausgestopft. Wenn die Gegenstände groß und auffällig genug sind, reichen ein oder zwei Promotoren pro Location.)

Die Umsetzung
(Promotion)
Vor Schulen und an stark frequentierten Plätzen verteilen wir unsere Promotion Teams die SchülerVZ-Power-Pakete. Mit gebrandeten Energy-Drinks, Power-Riegeln und Dextro-Energen sagen wir:
Mehr SchülerVZ. Mehr Power.
http://www.schuelervz.net/

(2er Promo-Teams mit gebrandeten Shirts und Taschen. Die Pakete sind je nach Budget variabel.)

Mehr Kontakte
Mit SchülerVZ findet man nicht nur alte Freunde, man macht auch unglaublich viele neue Bekanntschaften. Da sollte man auf alles vorbereitet sein.

Die Umsetzung:
(Promotion)
An Schulen und Jugendzentren verteilen wir kleine quadratische Pappschachteln mit dem Aufdruck: „Mehr SchülerVZ. Mehr Fun.“. Wenn die Kids das Ding öffnen, entfaltet sich ein 5er-Stripe Kondome.
(“schuelervz.net” Brandings auf den Kondom-Verpackungen. 4er Promo-Teams mit präsenten URL-Brandings plus Claim.)

Die Umsetzung:
(Guerilla)
An vereinzelten Schulen schicken wir während der Pausen jugendliche Statisten über die Schulhöfe. Die Schülerinnen und Schüler werfen ihnen neidische Blicke zu:
Jeder von ihnen hat sechs Wahnsinns-Girls bzw. -Typen an der Seite. Auf ihren Shirts steht:
Mehr SchülerVZ. Mehr Dates.
http://www.schuelervz.net/

( 2 Teams mit je einem männlichen und einem weiblichen Glückspilz pro Schule)

Mehr Action
Je mehr Leute man kennt, um so besser. Und wenn die dann noch die gleichen Interessen haben, gibt´s endlich mehr Action.

Die Umsetzung:
Wir engagieren einen Breakdancer und statten ihn mit einem Schulrucksack aus. Das Schüler-Imitat mischt sich unter die aus der Schule stürmenden Kids. Mit plötzlichen Flick-Flacks und anderen akrobatischen Einlagen sorgt er unverhofft Aufmerksamkeit. Aus seinem offenen Rucksack segeln unsere Flyer in alle Richtungen. Das Branding:
Mehr SchülerVZ. Mehr Action
http://www.schuelervz.net/

Ich habe davon auch noch eine andere Version mit etwas weniger Fehlern und weiteren Ideen. Insofern weiss ich sicher, dass dieses Papier autenthisch ist. Und jetzt schauen wir mal, was sie davon letztlich jetzt noch umzusetzen wagen.

23.4.2007 | 8:44 von DonAlphonso

Die Sache mit den Themenblogs

OK. Es gibt in Deutschland nicht wirklich viele Themenblogs.

Aber ich könnte jetzt nicht sagen, dass ich sie bislang vermisst hätte. Die Blogbar, die ein Themenblog ist, natürlich ausgenommen.

Eigentlich ist das Fehlen der Themenblogs ein Phänomen. Es gibt genug Blogger, die sehr viel Wissen in kleinen Teilbereichen haben, und es dann doch lieber beim üblichen, privaten Blog belassen. Meist hat das Thema mit dem Beruf zu tun. Kann gut sein, dass sie am Abend nach der Arbeit nicht schon wieder Lust auf das Gleiche haben.

Was ich aber sehr viel öfters als Grund höre, wenn ich sage: Hey, mach da doch ein Blog auf! – ist schlichtweg der Glaube, es nicht zu schaffen. Die Angst, dass man ein halbes Jahr Arbeit reinbuttert und es keiner liest. Ich denke, das geht in Ordnung: Wer schon zu Beginn derartige Befürchtungen hat, wird beim Bloggen mehr Zwang auf sich spüren, als es der Sache gut tut.

Andere Frage: Würden gute Themenblogs dem Ansehen des Bloggens insgesamt helfen? Ich meine: Nein. Wer die Qualität eines Themenblogs zu schätzen weiss, findet nicht zwingend all das andere gut, das sich so im Netz abspielt. Oft hört man von Journalisten: “Oh ja, Blog XY ist gut, aber sonst…” Positiv gesagt: Die nichtbloggenden Leser verstehen zu differenzieren. Übrigens haben auch Themenblogs in anderen Ländern nicht zur Anerkennung von Stickblogs geführt.

Insofern würden Themenblogs vermutlich auch nicht dabei helfen, Blogs aus ihrer marginalisierten Rolle zu befreien, wie manche das sehen. Ich bin da anderer Meinung, für mich ist die Blogosphäre so wie sie ist, das ist wie mit dem Wetter – man kann einfach nichts machen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass werauchimmer ein grosses Interesse hätte, Blogs irgendwie hochzuloben. Sei es wegen der formalen Kriterien des Journalismus, die Blogs nicht erfüllen, sei es Ablehnung, sei es Existenzangst. Ob das schlecht ist? Keine Ahnung. Die spezifische deutsche Blogosphäre ist mit der Ablehnung der Öffentlichkeit von Medien bis Oma gross geworden, sie kann damit umgehen, und ich wage zu behaupten, dass es nicht geschadet hat. Wer will, macht es trotzdem – und ansonsten verdanken wir diesem Umstand die Anwesenheit von vergleichsweise wenig Karrieristen, die Bloggen als Business sehen – und nicht als Kultur und Spass. Ich will erste damit noch nicht mal ausgrenzen; es ist halt so.

Wie das Wetter.

21.4.2007 | 23:04 von DonAlphonso

Oh! Ein Blogbuch!

Das ist doch mal eine tolle Nachricht – es gibt wieder mal Blogs in Papier und Umschlag. Mitsamt einem nicht unbekannten Herausgeber, der das Wagnis auf sich genommen hat, das allein den Hinweis hier verdient hat. Nebenbei hat er gleich den passenden Verlag gegründet. Mit 15 Euro ist “Berlin und oder so” ein Buch, das man auch in der namensgebenden Stadt erwerben und geniessen kann. Und die Autoren sind allesamt sehr fein.

Präsentation ist dann im Juni. In Berlin. Was auch schon der einzige Wermutstropfen ist.

begeisterung. keine werbung

20.4.2007 | 14:25 von DonAlphonso

Lieber Kressreport.

So, ihr bloggt jetzt also auch. Na dann sag ich euch gleich mal Bescheid: Nachdem Blogger abmahnen bei euch ja so ne lustige Pausenidee ist, die dann allen Vermittlungsversuchen zum Trotz durchgezogen wird, kommt hier eine klare Ansage. ihr habt hier kein Recht, irgendwas zu posten. Ich knalle euch für jeden Link und Kommentar, den ihr zu eurem Angebot setzen solltet, eine Rechnung wegen Werbung rein. Aus Prinzip kosten hier Kommentare für den Kressreport und sein Blog 1000 Euro pro Stück. ihr seid in meinen Augen die Aussätzigen hier draussen. Und ich hoffe, dass ihr auch genauso behandelt werdet. Das ist eine Frage des Charakters. Genauso wie Blogger abmahnen.

eure Mutter.

Don

20.4.2007 | 8:47 von DonAlphonso

d.k.d. und Coty verpatzen eingräumte Chancen

Der Brief war fertig, ich sprach die letzten Dinge mit meinem Anwalt durch – dann kam die Mail von Kai, dass d.k.d. einen Brief geschickt hat. Der Brief enthielt eine Art Verzichtserklärung, die man als Rückzug auffassen kann – aber ansonsten weder eine Entschuldigung noch ein Eingeständnis, und schon gar keine Übernahme von Verantwortung für den Versuch, hier und andernorts Schleichwerbung in den Kommentaren abzusetzen.

Ich tat dann das, von dem ich eigentlich gedacht hätte, dass sie es tun sollen, und was man gemeinhin unter zivilisierten Menschen tut, wenn etwas schlecht gelaufen ist: Ich habe dort angerufen. Und erklärt, wo das Problem meines Erachtens ist, dass sie sich überlegen sollen, wie sie die Kuh vom Eis bringen wollen und dass ich zumindest besser damit leben kann, es direkt ohne Anwälte zu machen. Ich sagte ihnen, dass ich es begrüssen würde, wenn sie sich bis Mittwoch mit ihren Auftraggebern eine Vorschlag erarbeiten und präsentieren könnten, man kann die Leute ja anschreiben, dann könne man ja mal in Ruhe reden, bis dahin würde ich erst mal abwarten und nichts weiter losschicken.

Mittwoch war vorgestern. Und nichts kam. Eigentlich war es zu erwarten, nach dieser Pressemitteilung. Keine Ahnung warum, ich habe auch keine Lust mehr, dort nochmal anzurufen und nachzufragen. Mein Anwalt hielt mich für doof, dass ich dort angerufen habe. Er meinte, das würde nie was bringen. Ich fürchte, er hatte recht. Einerseits muss ich mir aber nicht sagen lassen, dass ich es nicht versucht habe.

Und andererseits habe ich jetzt wieder was dazugelernt.

19.4.2007 | 9:51 von DonAlphonso

Grundsätzliches zur FAZ

Ich finde, dass vieles von dem, was Martin Schoeb im weiteren Zusammenhang mit der Bloggerkonferenz Re:Publica in der FAZ formulierteund in seinem Blog präzisierte, durchaus richtig ist oder zumindest wahre Punkte anspricht. Zum Beispiel seine Kritik an den paar deutschen Blogpromis (Disclosure: Der Verfasser gehört, wenngleich nicht auf der Re:Publica vertreten, auch dazu):

Was die deutschsprachige Blogosphäre nicht nur für Werbetreibende uninteressant macht, ist ihr beklagenswerter und in erster Linie selbstverschuldeter Zustand: Neben der Menge weitgehend unbekannter, nicht selten lesenswerter Blogs gibt es eine zweistellige Zahl prominenter A-Blogs. Diese drehen sich derart raumgreifend um sich selbst, dass für die anderen kein Vorbeikommen ist.

Das ähnelt jetzt erstmal dem Blödsinn, den ein gewisser Prof. Neuberger mal im ZKM auf Basis amerikanischer Studien (sic!) über die deutsche Blogosphäre von sich gegeben hat: A-Blogger würden nur A-Blogger verlinken. Völlig Gaga: Ich habe bei Rebellen ohne Markt 38 Blogs dauerhaft verlinkt, davon sind 3 inzwischen in den Toplisten: Die Blogbar (schon immer), Thomas Knüwer (von Anfang an) und Boocompany (von Anfang an). Bei den meisten anderen grossen Blogs ist das ähnlich.

Aber mal losgelöst vonm solchen Verschwörungstheoretikern: Wenn man als A-Liste den Grad der Verlinkung und in der Folge die Besucherzahlen hernimmt, erlebt man ein interessantes Phänomen. Die allerschönste Geschichte über das Leben und Darben einer geschiedenen Freundin mitsamt ihren gehässigen Bemerkungen, von der ich weiss, dass sie gerne gelesen wird, wird nie denn Grad der Verlinkung erreichen, den ein Beitrag über das Metabloggen erhält. Es gibt Themen, die gehen immer ab: Medien totreden, über das Fernsehen beschweren, A-Lister dissen, nachplappern, was ScobleRubelbeliebigerandererUSPR-olet vorgeplappert hat. Meines Erachtens ist vielen Bloggern gemein, dass die “schönen Geschichten” gern gelesen, aber ungern verlinkt werden. Das ist wohl einer der Hauptgründe, warum sich unter den sog. “Top 50” so unglaublich viel männlicher Bullshit, Egoscheisse und Gebrabbel von Typen befindet, die man angesichts ihrer Blogeinlassungen in der Bar nicht neben sich sitzen sehen möchte.

To make things worse, gibt es tatsächlich einen Awareness-Sog, den die Blogbar gerade mitmacht. Seit StudiVZ sind wir in einer Liste relativ weit vorne (der anderen verschliessen wir uns nach Absprache bewusst), und tauchen dadurch in vielen Blogrolls als Favorit auf. Das freut erst mal, aber mitunter sieht man dann, dass ein Blogger einfach die Top10 verlinkt. Sorry, aber aufgrund der Verschiedenartigkeit der Top10 mit ihrer Spannweite von Medienkritik bis purem Nonsens wage ich zu bezweifeln, dass diese Blogrolls etwas anderes sind als Herdentrieb. Das mag anderen am A-Lochist vorbeigehen, aber es nervt mich persönlich insofern, als ich seit dem Druck des Buches betone: Die paar grossen Blogs sind irrelevant. Es ist völlig gaga, diese unendliche Freiheit der Blgosphäre zu haben, die auch eine Freiheit von jedem Stargewürge, jeder Mache und aller aus den Medien bekannter Abhängigkeiten bedeuten kann – und dann an den paar bekannten Bloggern zu kleben, die eh jeder liest, als wäre es die Bildzeitung. Das Grosse am Bloggen ist die Freiheit und Selbstverwirklichung des Einzelnen in seinen Texten. Und jedes eigene Wort ist grösser als alles, was man von angeblich wichtigen Bloggern zitiert. Die Folge sind dann genau solche Geschichten:

Man sollte sich unterhalten fühlen, wenn ein bärtiger untersetzter Promi-Blogger auf einer Bloggerkonferenz einen großen schlanken Promi-Blogger mit zu kurzem Sakko filmt und dabei wiederum von einem Blogger gefilmt wird, der außerhalb der Szene genauso unbekannt ist wie seine beiden Filmpartner.

Manche finden sowas ja lustig oder ironisch, aber ich hatte auch schon mal das Vergnügen, dass mir welche am Toilettenausgang die Kamera ins Gesicht hielten, nur um ein Bild zu bekommen. Und in all den Jahren hat noch kein einziger Blogger zu mir gesagt: Ich hätte gern ein gutes Bild von Dir, nicht so einen schnell geknipsten Scheiss mit roten Augen und Schatten, setzt dich doch mal bitte hin und dann komponieren wir was. Dieses Benehmen steht exemplarisch für vieles, was sich in der Blogosphäre – ähnlich wie in den Medien – abspielt. Und es ist leider so, dass man mit genau der Sorte Crap “Erfolge” bei der Verlinkung feiern kann. HuschHusch, SchnellSchnell, kurz und billig und dann noch zwei Links, die das für Insider und nur für diese Insider belegen. So sieht das Qualitätsproblem der Blogosphäre aus. Dass die Blogbar für Aussenstehende ein wenig kryptisch sein mag, geht in meinen Augen wegen ihrer Fachblogfunktion in Ordnung.

Der Kreis jedoch schliesst sich dann wieder bei den Medien, die exakt diese Blogger rausgreifen und immer wieder zitieren. “Wir machen was über Blogger, ruf mal den Johnny, den Don und den Knüwer an”. So muss das laufen, anders kann ich mir das nicht erklären. Und dann gibt es tatsächlich noch Deppen, mit Verlaub unter den Bloggern, die sowas Relevanz zusprechen. Das kann in wenigen, berühmten Einzelfällen wie Jamba, StudiVZ und Transparency so gewesen sein, aber ich wage es zu bezweifeln, dass normale Beiträge über Blogger in den Medien grosses Interesse verursachen. Ausser bei den Bloggern, die das verlinken, als wäre die 5. Eiszeit ausgebrochen, der Säbelzahntiger hätte alle Freunde gefressen und es gäbe in der Höhle sonst nichts zu schreiben.

Es kann nicht ganz falsch sein, als Blogger im Sinne Marinettis jeden Tag auf den Altar der Autoritäten zu spucken. Medien gehören fraglos dazu. Und Blogger, die gezielt deren gossigste Mechanismen kopieren, sollte man auch nicht ausnehmen. Danach kann man mit Recht über Medien sagen:

Sie werden uns lärmend umringen, vor Angst und Bosheit keuchend, und werden sich, durch unsere stolze, unbeirrbare Kühnheit erbittert, auf uns stürzen, um uns zu töten, und der Hass, der sie treibt, wird unversöhnlich sein, weil ihre Herzen voll von Liebe und Bewunderung für uns sein werden.

Aber nicht wegen dieses FAZ-Artikels, der da hinblogt, wo es den Medienmechanismenbloggern weh tut.

18.4.2007 | 13:22 von DonAlphonso

PC Pro: Bloggend in den Hades

Auf die alte, lange Debatte um die Frage, was unengagiertes Bloggen eigentlich Printtiteln einbringt, gibt es jetzt mal wieder eine schlichte, eindeutige Antwort: Nichts.

Denn ausgerechnet der Vorreiter unter den bloggenden Zeitschriften, der Computerverlag VNU, macht seine deutschen Zeitschriften PC Professional und Internet Professional platt. Grund: man wollte die Titel verkaufen, fand aber keinen Abnehmer, und deshalb müssen jetzt 75 Mitarbeiter gehen, die Kundendatenbank geht an einen ehemaligen Konkurrenten.

Für uns ist das insofern von Interesse, als VNU wie kein zweites deutsches Medienhaus frühzeitig auf Blogs setzte. Zu diesem Zweck holte man sich 2004 den nach eigenen Angaben als Blogberater tätigen Klaus Eck an Bord, der sogar noch letzte Woche dort mit einem Beitrag aufgefallen ist. Nach einer wirren Anfangsphase recht unterschiedlich konzipierter und geschriebener Blogs gelangte man zu einer Struktur mit nicht weniger als 7 Blogs, die hier aufzuzählen die Pflicht vor deren Verlöschen ist: Pcproblog, itmuseumblog, pcproeventblog, Itfrontal, bootsektorblog, internet-pro, sowie das von Gawker Media lizensierte Gadget-Blog Gizmodo in deutscher, nicht wirklich netter Ausführung. Später kamen dann noch Podcasts und, hey hey, ein Testlabor in der vor allem bei sexuell hochaktiven Avateren beliebten Plattform “Second Life” dazu, das sich allerdings nicht mit USB-betriebenen Sexspielzeug beschäftigte.

Spass beiseite: VNU hat sich in das Thema Web2.0 mit allen Mitteln reingekniet. Leider mit den – meines Erachtens – falschen Leuten, die in der Blogosphäre kein Bein auf den Boden brachten, und auch sonst nicht wirklich substanzielles geleistet haben. Das Relaunchblog für die PC Pro war eine nette Idee, aber dabei blieb es dann auch.

Blogs sind ein Werkzeug. Wer es nicht bedienen kann, sollte nicht erwarten, dass er damit beruflich weiter kommt, alos hip gilt oder gar eine Zeitschrift rettet. Keine Qualität, keine Leser, und zugemietetes Schreibvieh bringt auch nicht viel. Egal, was sog. “Experten” behaupten.