1.2.2009 | 17:05 von DonAlphonso

Kundendatenverkauf bei Facebook

Ich weiss, dass im Moment viele Facebook trotz erkennbarer Schwächen nach dem ungewaschenen Maul tröten, weil sie ja so toll in Deutschland wachsen und so wunderbare Softwarespielereien integrieren und da sowieso all die coolen und lässigen Leute sind, im Gegensatz zum schimmelnden Myspace. In meinen Augen ist Facebook just another community dreck für Leute, die zu viel Zeit haben und vielleicht mal wieder ein Buch in die Hand nehmen sollten. Falls es nicht reicht, hier vielleicht etwas, das jedem halbwags klar Denkenden vermitteln könnte, dass Facebook halt auch nur eine Firma mit massiven Finanzierungsproblemen ist, die in der Krise für ihre Investoren nicht zögert, die Nutzerdaten an die Industrie für Produktforschung zu verkaufen:

it will soon allow multinational companies to selectively target its members in order to research the appeal of new products. Companies will be able to pose questions to specially selected members based on such intimate details as whether they are single or married and even whether they are gay or straight. […] Marketing experts have said the vast amount of personal information Facebook holds, together with the loyalty of its users, could be worth “untold millions” to companies engaged in market research.

Cool, was? Eine Firma, die sich auf eine derartige Verarschung ihrer Nutzer einlässt, weil sie offensichtlich keinen anderen Ansatz zur Monetarisierung hat, ist nicht die Zukunft. So eine Firma, das weiss man, wenn man in der New Economy war, pfeift aus dem letzten Loch. Was nicht weiter verwundert, weil Facebook wie blöd im Hype vollkommen überteuerte Mitarbeiter aus anderen Firmen eingekauft hat, und die reinen Betriebskosten so eines Giganten auch erst mal wieder reinkommen müssen.

Und wenn sie dann gemerkt haben, dass die Marktforscher auch nicht wirklich gut ankamen, werden wir von der Suche nach weiteren Investoren hören. Oder einem Exit an irgendjemand, der so eine Firma brauchen kann und die bisherigen, sicher schon etwas nervösen Investoren bezahlt. In den Geschichtsbüchern wird Facebook als Modeerscheinung stehen, die den richtigen Moment zum Exit verpasst hatte, dann verschleudert wurde und 2012 so cool wie Cycosmos, Geocities oder was da sonst noch war sein wird.

Und vielleicht überlegen sich dann die betreffenden Nachplapperer auch mal, ob sie wirklich jede PR-Einlassung einfach abschreiben und sich so zum Deppen für Firmen machen, die turnusgemäss alle 2 bis 10 Jahre vom Internet verdaut, verdungt und ausgeschieden werden. Danke für die Aufmersamkeit.

1.2.2009 | 2:16 von DonAlphonso

Kommentare und Trackbacks löschen für Dummheit

Ich habe gerade einen Trackback gelöscht. Nicht, weil er feindlich war, und nur partiell, weil da jemand mit Null Inhalt am Traffic partizipieren wollte. Sondern vor allem wegen der Dummheit des Autors, mir nachzusagen, ich wäre im Journalismus angekommen – den ich seit 10 Jahren beruflich betreibe. Keine Information, einfach nur Dreck labern.

Ich habe auch schon jemanden für die Dauerverwendung des Deppen´sapostroph´s gekickt, obwohl da auch noch mehr war. Aber irgendwie finde ich, dass Idioten einfach weniger Recht auf Schonung haben.

Und wenn ich Kommentare freischalten muss und irgendwelche hingerotzten Bemerkungen finde, bei denen jemand offensichtlich keine Zeit hatte “so ein” auszuschreiben und statt dessen “son” verwendet, habe ich allein deshalb keine Lust, ihn dort zu lesen. Ich gebe mir ja auch Mühe, mich sauber auszudrücken, da will ich mir nicht in den Kommentaren das Wortprolltum züchten.

Kurze Einwürfe ohne tiefere Begründung der eigenen Meinung zu komplexeren Sachverhalten haben bei mir auch keine besonders hohe Lebenserwartung. Das stört nur diejenigen, die sich intensiv mit einem Thema beschäftigen wollen.

Deppen werden überall diskriminiert, sie müssen mehr bezahlen, sie kaufen iPhones und Lebensberatungsbücher, betreiben Blogwerbung und finden selten Geschlechtspartner. Das ist Teil des Ausleseprozesses. Und ich finde, es ist legitim, diesen sinnvollen Prozess mit der Blogadministration nicht zu behindern.

26.1.2009 | 22:19 von DonAlphonso

Die real existierende Blogrevolution von derWesten

Bei derWesten.de geht es rund – aber anders, als man vielleicht nach den vollmundigen Erklärungen zum Beginn des WAZ-Internetprojekts gedacht hätte. Nach dem grossen Blogkicken folgt nun das Ausdemblogkicken, sozusagen die Fleissaufgabe, nachdem sich die WAZ-Gruppe von Nachrichten der Agentur DPA verabschiedet hat. Das hier kommt aus der Zentrale der Onlineredaktion und ist ein hübsches Beispiel, was inzwischen aus der grossen, schönen Welt des Web2.0 im Westen geworden ist:

Liebe Bloggerinnen, liebe Blogger, liebe Westropolis-Kollegen,

hiermit bitten wir Euch, dass Ihr umgehend alle dpa-Photos und alle dpa-Texte aus Euren Blogs und aus Euren Beiträgen entfernt. Dies sollte bis zum kommenden Dienstag, den 27.1.2009, geschehen sein.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr die Kenntnisnahme dieser Mail kurz bestätigen könnt. Bei Zweifelsfällen sind wir leider gezwungen, die entsprechenden Inhalte von hier aus vom Netz zu nehmen.

Ich frage mich ja immer noch, wann eigentlich die Leute, die denWesten ganz gross verkündet und als wichtiges Onlineprojekt beworben haben, den Anstand besitzen und sich jetzt auch mal mit dem Niedergang und den mehr oder weniger spassigen Verrenkungen auseinandersetzen. Und was dieser Laden eigentlich noch tun muss, um das Konzept “Solidarität” zu hinterfragen, das den Machern von derWesten nach 4 Millionen Anlaufverlusten 2008 selbst wohl doch nicht so arg wichtig ist. Die betroffenen Blogger können es nach dem langen Hinhalten und den arrogant verkündeten Hungerlöhnen jedenfalls nicht gewesen sein.

24.1.2009 | 23:06 von DonAlphonso

Pro

ist auch nicht recht viel anders als Journalismus. Es gibt beim Verfassen von Blogeinträgen zwar keine Redaktion, aber weil da keiner ist, der einem sagt, tu dies oder wir brauchen jenes, macht man es selber – und stellt vielleicht auch härter Ansprüche an sich selbst. Journalisten sind oft Schlamper und Freunde des einfachsten Weges, da fällt es leicht, strengere Kriterien zu definieren. Man überlegt, was ankommen könnte, was man für die grosse Erzählung braucht, um darauf zurück zu kommen, man ist sein eigener Herr und sein eigener Sklave. Es ist recht nahe am Dasein eines Auslandskorrespondenten, und nichts anderes bin ich eigentlich bei der FAZ: Ich habe eine bestimmte Region und in dieser Region, die als idealtypisch gelten kann, eine bestimmte Klasse. Früher war es Judentum in Deutschland, heute ist es die bessere Gesellschaft im südlichen Deutschland. Es fühlt sich, wenn der erste Beitrag drin steht, vollkommen normal und unaufgeregt an. Der Unterschied sind die Kommentare und eine grössere, inhaltliche Freiheit, aber schon früher war ich am besten, wenn ich keine aktuellen Meldungen fabrizieren musste, sondern mit Gedanken um Erscheinungen machen konnte.

Es läuft gar nicht schlecht, es gibt eine rege Leserbeteiligung, was ich auch brauche: Ich fühle mich dumm, wenn unter einem Beitrag, der mir wichtig ist, nicht mindestens die gleiche Textmenge an Kommentaren drunter steht. Der Schnitt liegt aktuell bei 28 Kommentaren pro Beitrag. Was noch fehlt, sind 20 Kommentare, die ich nicht freigeschaltet habe.

Das Freischalten ist dort Pflicht. Es ist schade, wenn gute Leute nicht einfach kommentieren dürfen. Aber es ist erleichternd, wenn man nicht jeden Kommentardeppen löschen muss, sondern sich einfach denkt: Wenn Du willst, dass ich Dich freischalte, lern erst mal die Grundzüge des Anstands. Trolle schreiben dort absolut chancenlos. Hat auch was. Trotzdem versuche ich eine Lösung zu bekommen, die manche automatisch durchlässt.

Die anderen: Was ich wieder mal gesehen habe ist, dass es drei Arten von Feinden gibt. Die einen brüllen sofort los. Das sind die Idioten. Die anderen sitzen irgendwo und warten, dass man einen Fehler macht, oder sie eine Lüge nachschreiben können. Das sind die Klügeren, aber ich glaube nicht, dass ich Marler Korruptis und Berliner Koofmichs was zu schenken habe. Und dann gibt es noch die Hinterfotzigen, die Getratsche weiterverbreiten. Was, wie man wissen sollte, ins Auge gehen kann.

Aber trotzdem, ich will mal nicht so sein, hier die grosse Frage, die man meinen Bekannten stellt: Wieviel. Tja. Ich sage es mal so: In meinem Leben ist der absolute berufliche Worst Case, wenn wirklich alle Stricke reissen und mich absolut keiner mehr für irgendwas haben will, dass ich von dem lebe, was ich habe. Und das ist nicht extrem wenig, selbst wenn ich mich dann stark beschränken müsste. Allerdings kann ich nicht klagen, was Aufträge angeht. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass ich das, was ich früher getan habe, auch weiter mache – und das hat mit Bloggen nichts zu tun. Es war schon immer genug, um zum Büro von Zoomer, derwesten, Spreeblick und adnation zu fahren, oder zur re:publica, auszusteigen und kurz und laut zu lachen. Jetzt würde ich noch etwas länger lachen. Soviel ist es. Und das reicht mir.

Aber es geht nicht darum: Es ist ein Experiment, ein Experiment über das Schreiben über eine Klasse, die das nicht möchte, von einem, der Teil dieser Klasse ist, und man wird sehen, wie es läuft und wie lange es geht. Es ist ein publizistischer Herzenswunsch, den ich habe, seit es Rich, Vanity Fair und Park Avenue mit ihren abstrusen Konstruktionen der Lebenswelt meiner Klasse gibt, und den ich in meinen Blogs nicht erfüllen konnte. Die FAZ ist der richtige Ort. Deshalb. Es ist natürlich auch ein Risiko, aber ich habe ein gutes Gefühl. Und kein Problem, darüber zu reden. Ich bin ja kein verdruckster Blogwerber, der auf links macht und rechts die Kohle von Yahoo nimmt.

21.1.2009 | 17:49 von DonAlphonso

DerWesten schasst externe Blogs

Es ist ein wenig komisch, wenn ausgerechnet ich mit Bloggernebentätigkeit bei einer Online-Offensive jetzt einen Beitrag über eine gescheiterte Online-Offensive auf Blogbasis schreibe, aber irgendwer muss es ja machen, weil es zwar manche wissen, aber keiner darüber redet, weil man es sich ja nicht mit jemandem verscherzen will:

DerWesten, das Onlineportal der WAZgruppe, hat wissen lassen, dass selbst die alten Hungerlöhne im niedrigen dreistelligen Bereich für frei angestellte Blogautoren zu viel sind. Ich glaube, wenn ich als Blogger die letzte Jahre über die WAZ verteidigt hätte, oder 2006 als eingeladener Vorzeigeblogger bei der WAZ die Ideen der Chefredakteurin begeistert beklatscht hätte, würde ich mir jetzt etwas blöd vorkommen. Ausser, ich würde eine Web-TV-Firma betreiben, die Chefin gut kennen und für den Westen den Videopodcast LostinDeutschland machen, dessen Hauptdarsteller auch nicht gerade schlechte persönliche Kontakte in die Spitze der Firma hat [Edit: Zu meiner Schande muss ich gestehen, diese Person mit den Beteiligten eines anderen Videocastprojekts verwechselt zu haben, was ich sehr bedaure]. Da soll es dem Vernehmen nach weiter gehen. Die betroffenen Blogs dagegen dürften in den kommenden Wochen zu Ruinen werden. Zur Erinnerung nochmal die schönen Worte aus dem Juli 2006 (Kommentar von Prospero ziemlich weit unten):

wir werden hoffentlich möglichst viele motivierte freie Blogger beschäftigen können, die angemessen bezahlt werden, also nicht hier mit wie in anderen, von anderen Projekten bekannten irgendwelchen lächerlichen Beträgen abgespeist werden und ich möchte einfach Lesern die Gelegenheit geben sich zu beteiligen sei es durch Kommentare oder bloggen oder Photos oder Videobloggen oder sonstwas. Aber ich glaube ich werde kein Budget kriegen Leser fürs Bloggen zu bezahlen, aber was ich zum Beispiel großartig finde wenn sich talentierte Leser finden würden, [deren Beiträge. P.] dann umgekehrt den Weg in die Printausgabe finden dass die dann natürlich angemessen bezahlt werden wie Freie zum Beispiel auch. Also ich möchte jetzt nicht damit anfangen Lesertexte in die Printausgabe zu übernehmen und dafür nicht den ganz normalen Zeilensatz zu zahlen den man auch Freien bezahlt […] Aber ich habe auch gemerkt bei dem strategischen Dialog am Montag, dass auch andere Blogger da keine Pauschalantwort für haben z.B. wie sieht eine angemessene Bezahlung für Blogger aus, ist ja nicht einfach mit Zeilensätzen abzugelten

Nun, das mit der Pauschale dürfte sich damit weitgehend erledigt haben. Als Grund werden Sparzwänge angegeben. Wer sich die ganzen alten Versprechungen von “richtig viel Geld in die Hand nehmen” nochmal anschauen möchte, kann das hier tun. Die grosse Internetrevolution der WAZ endet in einem mangels DPA-Texten mittelmässigen, billigen und unengagiert von Redakteuren zusammengebauten Webauftritt.

Aber hey – immerhin haben sie ja einen Twitteraccount! Ist ja auch viel moderner als Blogs.

18.1.2009 | 20:54 von DonAlphonso

Werte

Ich denke, man kann Robert Basic für den Verkauf von Basicthinking von ganzem Herzen gratulieren, wenn man nicht gerade im Blogvermarktungsgeschäft tätig ist. Ich lag mit meiner Schätzung von 50.000 gar nicht so schlecht. Über die Käufer, die das Ding in den letzten Tagen vor die Wand gesetzt haben, kann man nur lachen: Noch ein Gadgetblog für Techdeppen war wirklich nicht das, was die Welt gebraucht hat.

Ich hatte in den letzten Tagen ein paar Gelegenheiten, über die Frage von Blogs und Wert nachzudenken. Ich finde, was Blogs wirklich wertvoll macht, ist das Geschenk, dass sich da einer hinsetzt und etwas schreibt mit der Absicht, anderen etwas zu geben. Und sonst nichts. Es ist schwer, das zu bewerten, und ich wüsste auch nicht, wie man diese Haltung adäquat ausser mit einem “Danke” belohnen sollte, selbst wenn es wenig sein mag.

Wenn wir aber schon über Werte im Sinne von kommerziellen Absichten reden: Ich halte die Vergangenheit vieler Blogs mangels Qualität und Unabhängigkeit vom Zeitgeschehen erstmal für wertlos. Ja, auch die Blogbar. Das ist für mich kein Problem, im Gegenteil. Ich glaube auch nicht, dass die Gegenwart im Sinne von “Awareness” einen Wert hat, wenngleich die Medienwelt voll ist mit Leuten, die für Awareness sehr viel zu tun bereit sind, und immer noch eine Dimension der Sensation und des Ekels draufsetzen.

Man kann es sich vielleicht als drei Lagerfeuer vorstellen: Am ersten Lagerfeuer sitzt einer, der eine Weile was erzählt hat und gerade genervt und schweigend seine Würstchen brät.Am zweiten Lagerfeuer sitzt einer, der dauernd GELD! ERFOLG! SEX! ALLES NUR MIT MIR! SEID DABEI! brüllt. Und am dritten Lagerfeuer ist jemand, der eine Geschichte zu erzählen hat, und man weiss, dass er das wirklich kann, weil er es schon länger macht, und man ihm gerne zuhört.

Meines Erachtens sind Blogs am besten, wenn sich in ihnen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem angenehmen Strom vereinen. Ich bin sehr froh, dass es viele Lagerfeuer der dritten Art gibt, und so, wie ich Robert von Herzen gratulieren möchte, möchte ich den anderen von Herzen danken.

Und nein, als Alphajournalist sehe ich mich und viele andere Blogger auch nicht. Schon das Wort Alpha erzeugt in mir Brechreiz.

12.1.2009 | 11:36 von DonAlphonso

Die Zukunft, die nie kam: Der Profitwitterer

2009 wird ohnehin ein Jahr der Aufräumarbeiten im Bereich Web2.0-Hype, insofern ist es vielleicht gar nicht so schlecht, mit den weitgehend vergessenen Resten des Jahres 2008 anzufangen. Aus dem Bereich oft verlinkt, breit diskutiert und laut angekündigt, bleiben mir da vor allem die Betreiber des PR-Blogs 01blog im Auftrag der regionalen Computermesse CeBit in Erinnerung. Die hatten schon letztes Jahr mehr versprochen, als sie halten konnten, als sie linkträchtig versprachen, alle Blogger umsonst in die leeren Hallen zu lassen. Im Sommer ging das mit der Führung des Blogs betraute PR-Typ Sascha Lobo noch einen Schritt weiter und suchte unter grossem Bohei einen Berufstwitterer (http://01blog.de/2008/06/24/stellenanzei
ge-twitterredakteur-fur-das-01blog-gesucht/).

Gefragt waren für einen eher schlecht bezahlten Mini/Midijob zwei bis drei Beiträge pro Tag für den hauseigenen Twitteraccount, was sich nach wenig Geld für wenig Leistung anhört.

Im Ergebnis war es dann aber doch wohl gar kein Geld für gar keine Leistung, oder auch: Mal wieder eine typische Loboblase, erst etwas gross anzukündigen, und dann irgendwie doch nicht tun. Oder vergessen. Oder zu wenig Zeit haben. Oder was auch immer. Jedenfalls blieb der Profitwitterer, von vielen Blogs erhofft und von Twitterschreibern als Zeichen der Akzeptanz ihrer 140-Zeichen-Absonderungen beklatscht, in der Schublade. Nicht mal ein Minijob für das technikaffine Prekariat.

Und bevor jetzt wieder die üblichen Verdächtigen auflaufen und sagen, dass der böse Don den armen Sascha schlecht macht: Ãœberlegt Euch mal, was eigentlich den miserablen Ruf von Blogs und Co. im professionellen Bereich ausmacht – derjenige, der das PR-Geblubbere, das Versagen und die Pleiten anspricht, oder der, der sowas verursacht. Es ist wie bei den Profiblogs und Blogwerbung in Deutschland: Die sind nämlich auch nicht gescheitert, weil es nicht die Möglichkeit gab, sondern weil sie von Leuten betrieben wurden, die ausser grossem Geschrei in Blogs und Medien wenig zu bieten hatten, und die Chancen vergeigt haben.

9.1.2009 | 16:48 von DonAlphonso

Wallstrip oder wie verliere ich 5 Millionen Dollar mit einem Videoblog

Ein Beitrag, der für die diversen im Web2.0 aktiven Serienpleitiers unter den Lesern wie Peter Turi spannend sein dürfte, denn so eine kapitale Pleite geht auch ohne in Heidelberg vorsprechende, ausbleibende Zahlungen beklagende Mitarbeiter, einen weinerlich präsentierten, psychischen Defekt und teure Urheberrechtsverletzungen –

Indem man nämlich ein Videoblog für mutmasslich 5 Millionen Dollar kauft (das Geld muss man natürlich erst mal haben), es dann nicht erfolgreich ausbauen kann und das Projekt nach anderthalb Jahren praktisch einstellt. Ziemlich genau auf dem Höhepunkt des Wallstreet-Booms, im Mai 2007, kaufte der amerikanische Medienriese CBS das Videoblog Wallstrip.com, dessen Machart hinlänglich bekannt sein dürfte: Eine nur mässig geschlossene bekleidete Moderatorin liest holprig Texte zu schlecht recherchierten Einspielern vor, lächelt und versucht dabei witzig zu sein. Was machen eigentlich Ehrensenf und Frau Bauernfeind? Aber es ging bei Wallstrip um den Markt der Zukunft, um Wirtschaft, die Wallstreet, Geschäfte, Geld und die von allen so begehrte junge, männliche Zielgruppe, die ein wenig Entspannung bei ihrem Job an den Finanzmärkten suchten – und im Internet bei Wallstrip finden sollten. Zusammen mit der Idee, diese Show auf allen möglichen Video-Kanälen im Internet zu verbreiten, muss das Startup mit nichts mehr als diesem Webvideodingens CBS attraktiv vorgekommen sein.

Anderthalb Jahre später gibt es eine Finanzkrise, eine Bankenkrise, eine Werbekrise und auch eine Medienkrise, und zu guter letzt: Eine Wallstripkrise, denn das Format wurde nie der Renner, der es noch vor anderthalb Jahren zu sein schien. Seit Mitte Dezember gibt es bei Wallstrip keine Videos und Blogeinträge mehr, und wie es nun durchsickert, wird es auch so bleiben. Elemente des Projekts sollen andernorts weitergeführt werden. Klingt fast so gut wie “allerdings erhalten bleiben“, wenn man einen Lügner, dessen Verhalten teuer wurde, vor die Tür setzt.

Und jetzt mal im Ernst: Was mich bei solchen Geschichten immer wieder erstaunt, ist die Unfähigkeit von Medienmanagern, zwischen echten Geschäftsmodellen und einem schnell hingeklatschten Hype zu unterscheiden. Wallstrip wurde bereits nach ein paar Wochen von Spiegel Online (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,461257,00.html) zur “cleveren Geschäftsidee” ernannt, obwohl die Filmchen selbst nach Unternehmensangaben nur ein paar tausend Zuschauer hatten. Wallstrip tauchte wegen ein paar populärer Parodien in vielen US-Medien auf, aber gerade bei CBS hätte man erwarten können, dass sie den Unterschied zwischen dem Geblöke der Medien für ein auf Verkauf getrimmtes Startup und einer soliden Firma in einem luktrativen Markt kennen.

Der Fall ist ziemlich beispielhaft für die aktuell oft diskutierte Frage, was so ein Blog eigentlich wert ist, und was der Rummel um ein Blog letztlich über dessen Geschäftsmodell und dessen Nachhaltigkeit aussagt. Ich würde nicht bestreiten, dass Blogs und andere neue Webentwicklungen für viele Firmen geldwerte Vorteile bringen, aber auch bei genauem Nachdenken fällt mir kaum ein Projekt ein, das gekauft wurde und bislang die kommerziellen Erwartungen erfüllt hat. Es gab sehr oft Hypes im Angebot, aber egal ob StudiVZ, Flickr, Facebook, Youtube und wie sie alle heissen, keine nachhaltigen Gewinne. Der nächste Konkurrent, der das Prinzip einfach klaut und verbessert, ist immer gleich um die Ecke. Und wenn man dazu noch die eher vagen Geschäftmodelle wie Werbung nimmt, könnte selbst einer dieser naturprallen Medienmacher ins Grübeln kommen, wenn kein Koks mehr da ist oder die untere Phase des bipolaren Störung einsetzt. So wie Wallstrip, das dürfen wir jedenfalls mitnehmen, geht es offensichtlich nicht.