15.5.2007 | 13:24 von DonAlphonso

Geht doch nach drüben zu Twitter!

Lustigerweise gibt es da einen aus dem Trümmern seines Startups kommenden Werber, der die Blogs via Werbung von der Subkultur zur Kultur erheben will. Unabhängig davon, dass er das Besondere an Blogs, die soziale Dimension gegenüber den Kunden anpreist –

ist es schon lustig zu betrachten, dass dieser Typ nicht als Kulturideologe, aber als Privatmensch die Blogosphäre verlässt. Wie eine Reihe seiner Gefolgsleute, Freunde und Steigbügelhalter auch. Denn die Leute, über die man spricht, wenn man sich mit der aus den Blogs selbst kommenden Betrebungen zum kommerziellen Verwerten beschäftigt, finden sich mittlerweile fast alle als ein grosser Cluster bei Twitter. Und dort wird auch pseudo-intern tagsüber kommuniziert. Die kleine, private Veranstaltung, die Blogs einmal waren und was – meines Erachtens – immer noch Bestandteil des innersten Kerns der Bloggerei ist, ist ausgelagert. Sprich, das soziale Element im Netz läuft bei dieser Gruppe eben nicht mehr in den eigenen Blogs, die entweder zumehmend verwaisen oder nur noch die Auslage für die kommerziellen Interessen sind. Da ensteht gerade so eine Sphäre von Friends und Followern, da gibt es einen anderen Raum, aufgrund der Kürze der Texte völlig ungeeignet für alles, was man als Kultur bezeichnen könnte, aber da sind sie dann. Und machen so eine Art knappe Business Communication, was mich an das Geschnatter beim Finger Food erinnert.

Da ensteht also die neue Form der Privatsphäre der “Blogbusiness”spähre. Man ist sich im Grossen und Ganzen ohnehin einig, man kennt sich von hier und dort und macht eh alles zusammen, und das Geschäft von Person A kann schon lange nicht mehr so daneben sein, dass Person B dagegen etwas schreiben würde. Man hat zusammengefunden und hält da drinnen jetzt auch zusammen. Sehr lustig, das alles zu betrachten und zu begleiten. Eine nagelneue Welt, schwebend über den ungeliebten Untiefen der Subkultur, von der man weg will. Vielleicht, weil man ahnt, dass man als Werbegimpel vielleicht doch nicht allgemein als Heilsbringer betrachtet wird, sondern als Hanswurst. Das kann einem in einer Twittergruppe natürlich nicht passieren.

Ich fand Twitter erst grausam und würde es nie nutzen. Aber zugegeben, es funktioniert tatsächlich als Sozialtool für diejenigen, die aufgrund ihrer Aktivitäten umstritten sind und gleiche Interessen haben. Es ist deren eigene Ausgrenzung, das lustige Gatter für das eigene Umfeld, öffentlich, aber nicht offen, und nein, ich bin dafür wie andere kritische Blogger nicht verantwortlich, die machen das alles selber freiwillig und viel Vergnügen. Die Frage ist nur, warum solche Leute dann glauben, Blogs als Geschäft betreiben zu können, wenn die Seele oder was man dafür hält und die soziale Interaktion komplett ausgelagert ist. Ist das nicht angeblich das Besondere an Blogs, dass der Autor da mit seiner Persönlichkeit zu den Lesern spricht? Was bleibt dann noch in den Blogs? Texte wie im Journalismus für das Klickvieh und eine Sozialillusion, während der Veranstalter längst zu seinen Kumpels weiter gezogen ist. Irgendwo drüben, bei Twitter.

15.5.2007 | 10:43 von DonAlphonso

Der Zerfall des Rankings beginnt

Bevor ich mich hier in dieser kleinen Veranstaltung mit StudiVZ auseinandersetzte, war die Blogbar ganz ordentlich verlinkt: Nach Technorati kam sie auf rund 400 Links, wenn ich mich richtig erinnere. Ich halte diese Rankings wie deutscheblogcharts.de bekanntermassen für überflüssig, Links für vergleichsweise unwichtig und die Gier danach für hirnrissig, und wir haben hier an der Blogbar auch keinen Counter, der verraten würde, wie viele Leute das täglich lesen. Trotzdem steht die Blogbar in bei DeutscheBlogcharts.de im Moment auf Platz 5, mit 1085 Links laut Technorati. Vorgestern waren es dann 1095 – der Gipfel, dem jetzt der “Niedergang” folgen wird. Der mir ebenso egal ist, wie der Aufstieg.

Denn während der Aufstieg vor allem der enorm fehlerbehafteten Zählmethode von Technorati zu verdanken ist, die sicher ein paar Dutzend oder hundert Links mancher Blogs nicht erkannt hat, entsteht der Abstieg dadurch, dass Technorati Links nach einem halben Jahr aus der Wertung nimmt. Sprich, Technorati zeigt nur die Links an, die in den letzten 180 Tagen auf eine Seite gelegt wurden. Ein Platz in den Blogrolls wird dann erneuert, aber einmalige Links fallen aus der Wertung. Und das werden wir an der Blogbar in den nächsten Wochen beobachten können, denn drei der meistverlinkten Artikel der deutschen Blogosphäre fallen aus der Wertung: Der Hitler-Screenshot, die 700 Stalker und die Bedeutung der Daten bei StudiVZ.

Es gibt welche in diversen Bonkern, für die das ein innerer Reichsparteitag wird, aber das ist nicht der Grund, warum ich darüber schreibe. Es geht mir um eine andere Sache: Um die Frage, inwieweit eine Geschichte wie StudiVZ ein “One-Hit-Wonder” ist, nach der ein Blog wieder auf seinen alten Stand zurückfällt. Es gab beispielsweise den Fall der Klowände, den Jens Scholz aufbrachte. Jens schreibt ein gutes und fundiertes Blog, das dadurch weit nach “oben” kam und danach wieder nach unten ging. Das ändert nichts an der Qualität seiner Arbeit, es ist halt lediglich eine Besonderheit von Technorati, die aufzeigt, wie wenig sich das System an langfristiger Arbeit orientiert, und wie sehr am kurzfristigen “Erfolg”. Der mitunter mit erbärmlichsten Methoden erzeugt wird, siehe Hitflip und andere.

Theoretisch müsste jetzt die Blogbar in den nächsten drei Wochen fallen wie ein Stein. Um über 1000 Links bei Technorati zu haben, müsste man jeden Tag 6 neue Links bekommen. Nachdem die Blogbar mit weniger als einem Beitrag pro Tag das mit grossem Abstand faulste der “grossen” Blogs ist und auch keinerlei Angebote an die allfällige Linknutterei macht (“ey guckt ma was fürn goiles video“, Stöckchenwerfen, extensives Verlinken anderer Blogs), wird das über die normalen Beiträge kaum gelingen. Wenn die Blogbar etwas oben halten sollte, dann ist es die Aufnahme in Blogrolls, die in den letzten Monaten aufgrund der Debatten um StudiVZ durchaus festzustellen war. Die Frage ist also nicht der lediglich einer Zählmethode geschuldete Rang, der an der Blogbar und der Blogosphäre nichts ändert, sondern die Nachhaltigkeit solcher Debatten: Fällt ein Blog danach rapide ab, oder geht es nur langsam zurück, weil es stärker als in der Zeit vor dem Ereignis aufgrund seiner eigenen Inhalte wahrgenommen und verlinkt wird.

Diese Wahrnehmung der eigenen Inhalte ist meines Erachtens das entscheidende Kriterium, die Verlinkung dagegen ist nur eine Methode, die schwierig zu fassende Wahrnehmung – unzureichend – darzustellen. Da will ich dann tatsächlich hin: Ich will, dass die Blogbar von denen gelesen werden muss, die sich mit dem Thema beschäftigen. Ich will, da bin ich ganz offen, dass Freund, Feind und Aussenstehende nicht drum rum kommen, das hier zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin gespannt, wie das in den nächsten Monaten so läuft, und ob es auch – wie vor StudiVZ – ohne ausserordentlich hohe Verlinkung wahrgenommen wird. Wenn ein grösserer Skandal kommen sollte, den viele verlinken, ist das natürlich wieder hinfällig. Aber ich habe eigentlich nicht vor, gewisse Photos ausm Bonker zu bringen, eine Linkschleuder zu werden, oder Blogger abzumahnen.

Eigentlich.

14.5.2007 | 18:51 von DonAlphonso

Youtube, die Zukunft der Rechteinhaber und das dicke Ende für Blogs

Manche Blogs meiden Youtube und Sevenload wie die Pest. Dafür gibt es gute Gründe: Es kann mitunter furchtbar nerven, bis die Bilder der Videos geladen sind, ältere Rechner machen schon mal die Browser dicht, wenn einfach zu viele Daten kommen, und obendrein, seien wir ehrlich, sind viele manche der geposteten Videos entweder der Geilheit nach Links oder schlichtweg der Unfähigkeit, eigene Inhalte zu erstellen, geschuldet. So, wie der Journalist in der Sommerzeit froh um jede Pressemitteilung ist, giert der Youtube-Blogger nach Filmen, die in seinen Augen irgendwas ausdrücken. Positiv gesagt, remixen Blogger Videos zu einem optisch-akustischen Stream als Metaebene des eigenen Lebens.

ahem. ich denke, man merkt, dass ich nichts von der massenhaften verwendung fremder videos im eigenen blog halte

Rein rechtlich gesehen kann man jeden, der youtube-Videos in sein Blog einbindet und sich dabei nicht um die Urheberrechte schert, als Inhaber dieser Rechte kräftig scheren. Manchen wird vielleicht schon eine gewisse Unverhältnismässigkeit aufgefallen sein. Kaum ein Blogger käme auf die Idee, einen Titel bei einer Tauschbörse runterzuladen und dann als MP3 auf seine Seite zu stellen. Der gleiche Titel, jetzt aber noch mit einem Video versehen und in etwas schlechterer, aber immer noch ausreichender Küchenradioqualität findet sich aber ohne weiteres, wie selbstverständlich in den Blogs. Ist ja bei Youtube, hört man auf Nachfrage. Und Youtube bietet die Einbindung an.

Auf der anderen Seite stehen Plattenfirmen. Plattenfirmen, die ihr Heil in der DVD mit zusätzlichem Videomaterial suchen. Plattenfirmen, die Abermillionen in Konkurrenz zu Youtube stecken. Plattenfirmen, die rechtlich gegen Youtube vorgehen. Plattenfirmen, die schon bei MP3 gelernt haben, dass der effektivste Weg eine Klage gegen den Endnutzer ist, der sich kaum gegen überzogene Forderungen wehren kann. Und die auch vor Bloggern nicht halt machen, wenn sie damit eine Marketingkampagne der Plattenforma unterstützen. Die Plattenindustrie hat schon Napster nicht als Werbung begriffen, und ich denke nicht, dass sie Blogs als Werbung begreifen wird. Spätestens, wenn die Tonspur von Videos besser wird, steht die Industrie vor dem gleichen Problem wie schon 2000 mit den MP3 auf privaten Websites – mit der Ergänzung, dass diesmal der Videohoster und der Blogger eventuell auch noch mit Werbung daran verdienen.

Vielleicht täusche ich mich auch, aber meines Erachtens wird es zwei Trends geben: Irgendwo im Netz ein Gatter der Musik- und Videoindustrie, die alles tun wird, um Nutzer einzufangen und drin zu halten. Und damit der Nutzer draussen nicht selbstständig das gleiche findet, ohne mit Werbescheisse, Adressenverwertung und Marktforschung das Fell über die Ohren gezogen zu bekonmmen, muss man draussen verbrannte Erde hinterlassen. Das ist eben die Kehrseite webbasierter Sozialstrukturen mit wirtschaftlichem Hintergrund aka Web2.0: Wer will, dass sich die Nutzer bei ihm tummeln, muss einerseits drin etwas bieten und draussen eine Wüste entstehen lassen. Für den Humus, auf dem draussen diese Angebote ebenso, aber unter Verletzung der Rechte gedeiht, wird das sicher kein Spass. Es sei denn, er gehört zu denen, die man dann als animierenden Videoblogger einkauft und als Bespasser in das Gatter stellt. Da ist so einiges denkbar, was für den Betreffenden nicht negativ sein muss. Auch 9Live-Moderatoren und ihre Hintermänner werden gut schlafen.

Aber es würde mich nicht überraschen, wenn viele Blogger in ein, zwei Jahren panisch ihr Archiv durchwühlen, um sich nicht den Anwälten auf dem Präsentierteller selbst zu liefern. Nur so eine Ahnung. Wir werden sehen. Oder auch nicht.

14.5.2007 | 15:05 von DonAlphonso

Warum nicht gleich so?

Johnny sagt das über Adical, was sie meines Erachtens vom ersten Tag an hätten sagen sollen. Das Einfachste, Banalste, Verständlichste, Offenste, ohne Geklapper und Übertreibungen und Werbeblabla und Kaufbüttel.

Manchmal fühlt sich das alles so sinnlos an.

Edit: Aus aktuellem Anlass – Einlassungen des anderen Sprechers von Adical gegenüber Spiegel Online – nochmal nach oben geholt. Irgendwann wird man mal Bilanz ziehen über die Frage, was gewesen wäre, wenn nicht gerade Sascha Lobo dauernd den Medien irgendwas erzählen würde. Ein Punkt, den man sicher schon mal sagen kann: Adical hätte sich beim ein oder anderen die Meinung erspart, dass hier ein Trittbrettfahrer aus Businessgründen auch nach der 10 Pleite, die er mit seinem arroganten Gemaule verursacht, nicht klüger geworden ist. Da kann Johnny noch so beschwichtigen: Ein Lobo, der dem Spiegel nach all der Kritik mitteilt:

Unterm Strich versuchten gerade mal zehn Blogger, “einen übergroßen Wirbel” um Adical zu machen.

hat ein unterkleines Verständnis von dem, was Adical an Vorschusslorbeeren und danach an Nachsicht bekommen hat. Kann sein, dass Johnny Blogs versteht. Aber Lobo versteht offensichtlich auch nach den Versuchen, die Kuh vom Eis zu bringen, nur was vom Weg zurück:

Die Rebellion gegen Adical ist nach seiner Ansicht eine Art Wachstumsschmerz der Blogosphäre: “Eine Subkultur auf dem Weg zur Kultur bäumt sich auf.”

Irrtum. Es kotzt nur manche an, wenn einer aus dem Trümmern seines Startups gekrochenen kommt und den nächsten Versuch, den er mit Werbung für einen Helfershelfer des chinesischen Regimes durchzieht, auf Kosten des Ansehens aller Blogs Werbung als notwendigen Bestandteil von “Kultur” definiert – etwas, für das Lobo in meinen Augen steht wie Schäuble für Bürgerrechte.

13.5.2007 | 22:15 von DonAlphonso

Funktionalität im Web2.0

Etwas off Topic, ich weiss. Ich habe gestern Nacht versucht, meine nächste Reise nach Italien im Internet vorzuplanen. Genauer gesagt, mit dem beliebten Angebot Google Maps.

Und wenn ich eines weiss, dann das: Hätte ich einen Rechner und eine Netzverbindung im Auto, und dazu Google Maps, es wäre die Hölle. Das geht gar nicht. Google Maps kennt keine Höhen. Es kennt kaum deutsche Ortsnamen in Südtirol. Auer etwa heisst lediglich Ora. Die Strassennamen sind dann manchmal zweisprachig, aber auch nicht immer. In Auer jedoch kann ich, wenn ich will, Weinreben zählen, so gut ist dort das Bildmaterial aus dem Weltall. In Brixen dagegen finde ich nicht mal den Kreuzgang, so miserabel ist die Ecke aufgelöst. Genauso schlimm ist es übrigens am Gardasee.

Und nachdem ich nicht im Tal fahren werde, sondern über das Nontal nach Mezzolombardo fahre, wäre es auch nett, wenn ich erfahren würde, wie der Pass hinter Meran heisst. Und wie hoch er liegt. Gut, ich weiss das auch so, aber als normaler, unkundiger Fahrer wäre es schon von Interesse zu erfahren, dass es da erst mal gschmackige 1200 Meter hoch geht. Das Problem hat man nicht nur an Nebenstrassen, sondern auch beim, sagen wir mal einen grossen Namen, Reschenpass. Und noch übler ist es, wenn wir auf Täler zu sprechen kommen. Google Maps kennt zwar die Strassennamen, aber weder das Nontal, noch das Passeiertal, noch das Ötztal. Google Maps kennt auch keine Berge. Keine Strassensteigungen, und auch nicht die Namen der Seen. Nichts, was nachher im realen Leben ein geographischer Anhaltspunkt wäre. Wenn ich also wissen will, wie der See oberhalb des Gardassees heisst, muss ich erst mal – rumgoogeln. Zufall? Absicht? Ich kann mich rein- und rauszoomen, und ich kann mich am Weg entlangschieben, aber ich habe weder eine vernünftige Übersicht, noch irgendetwas von Details, die nicht mehr sind, als eine Spielerei.

Das Internet als solches ist zu einer echten Karte übrigens eine gute Begleitung. Keine Frage. Aber bei Google Maps bleibt das typische Web2.0-Gefühl, dass es ein Gimmick für Leute ist, die zu viel Zeit im Internet verbringen und nie raus kommen. Für die sind solche kombinierten Kartenbilder prima. Eigenes Haus, Eiffelturm und Neuschwanstein von oben angucken. Aber bitte nicht wundern, wenn das Ding bei allen anderen Leuten mit all seinen Schnittstellen nicht mehr ist, als eine missglückte Anfahrtsbeschreibung zu einem Business Model, das nicht funktioniert.

12.5.2007 | 3:20 von DonAlphonso

Mille Miglia oder professionelles Schreiben im Blog und Internet

Neben dem Blogger Don Alphonso gibt es auch noch den Journalisten. Und damit verdiene ich Geld, es ist ein Job, den ich mag. In den vielen Jobs davor habe ich auch mal für einen grossen, alten, global agierenden Autozulieferer gearbeitet und kenne da bis heute jemanden, der sich dort mit dem Intranet und Corporate Communication auseinandersetzt. In ihrem Intranet geht es auch um Automobiltradition, und weil ich nächste Woche zur Mille Miglia fahre, haben wir ausgemacht, dass ich etwas für sie schreibe. An sich eine gute Sache, denn es ist für die Mitarbeiter des Konzerns sicher nicht schlecht zu wissen, dass ein paar in dem Konzern aufgegangene Firmen Geräte geliefert haben, die auch nach 60 Jahren noch perfekt funktionieren. Aber darum geht es nur am Rande, das eigentliche Thema ist die MM, Italien und schöne, alte Autos, die bauartbedingt nicht im mindesten den Irrsinn erlauben, der heute auf Autobahnen üblich ist. Um mal die Relation zu nennen: Der stärksten Ferraris dieser Epoche kamen auf heute eher banale 240 PS, ein normaler Ferrari hatte in etwa die Leistung meiner Barchetta, einmal gewann die Economyklasse auch eine Isetta (!) mit 70 km/h, und heute geht es nicht mehr um die Geschwindigkeit. Es ist ein Traumjob. Bezahlter Urlaub, und geschrieben hätte ich sowieso. Eigentlich.

Denn ich muss diese Tage nicht bloggen. Ich muss nicht schon beim Frühstück schreiben, am Laptop Bilder bearbeiten und nach einem Internetcafe suchen, das meinen Cardreader mag. Die Firma hat Zilliarden Notebooks rumliegen, die global mit UMTS laufen – ich werde keines davon mitnehmen. Ich stehe nicht unter Zeitdruck, ich muss danach meinen zusammenfassenden Text abliefern, das ist alles.

Andererseits entspricht wenig so sehr dem Geist des Bloggens wie eine Autofahrt über mehrere Tage. Wir erinnern uns, Blog kommt von WeBLOGbuch. Mit einem Blog könnte man zeitnah das Geschehen dokumentieren, dem Leser das Gefühl geben, hautnah dabei zu sein. Man könnte die Strecke bei Google Maps aufzeigen, vorbereitete Texte über die Strecke veröffentlichen und inzwischen mit nach Rom fahren, immer im Pulk, und dabei drei Tage durcharbeiten. Nachher steht es so oder so im Netz, aber nichts wäre frischer und eindrucksvoller als ein aktuell erlebtes Blog, und ich wage zu behaupten, dass ich das auch schreiben könnte. Und wollte.

Denn ich habe das diesem Konzern als Alternative vorgeschlagen. Sie haben sich das überlegt, und gestern Abend kam die Entscheidung, dass sie es doch lieber als einen grossen Beitrag am Montag oder Dienstag haben wollen. Bitte: Globaler Konzern, arbeitet mit allen bloggenden Automobilherstellern zusammen, weiss sehr genau, was Blogs sind, hat damit schon rumexperimentiert, weiss auch, dass der Journalist es kann – und der Beitrag danach ist ihnen lieber.

OK. Ein Viertel der Arbeit zum gleichen Preis. Jeder im Beruf weiss, dass drei Tage Liveberichte von Unterwegs aus dem Auto die Hölle sind und der eine zusammenfassende Beitrag danach ausgesprochen locker ist. Dem Journalisten ist es recht. Nur der Blogger erlebt gerade zum dritten Mal, dass er angeboten hat, die Mehrarbeit für so ein Blog freiwillig zu leisten, weil es angesichts des Geschehnisses sinnvoll ist – und statt dessen zu hören bekommt: Stress Dich nicht rein, schreib uns eine normale Geschichte. Ich schreibe das dann durchaus “bloggy style”, das kommt auch gut an, aber es ist nicht das gleiche. Und diesmal, selbst wenn es nur Corporate Publishing für ein Intranet ist – ärgert es den Blogger. Einerseits.

Andererseits freut es mich auch, weil es zeigt, welchen Stellenwert Blogs in der Wirtschaft auch unter Idealbedingungen heute haben: Gar keinen. Ich finde es gut, dass Firmen “Nein danke” zu Blogs sagen. Weil es in den allermeisten Fällen wirklich nichts bringt. Weil sie die bitteren Lektionen von Siemens, Sun, General Motors, BMW und Opel verstanden haben:. Diese ganze globale Gülle, wo die falschen Leute zum falschen Thema am falschen Ort geschrieben haben, angefangen vom gekauften Testbericht über bezahlte Pseudo-Umwelt-Kunst-Aktivisten, die ihre “Überzeugung” für “Clean Energy” an einen eh schon leidenden Gletscher beamen – kein Witz, das ist BMW – bis hin zu einer selten blöden “Style Tour”, die sich bemühte, alle Vorurteile gegenüber Frauen am Steuer bayerischer N***enflitscherl zu bestätigen. Oder noch schlimmer: Auch ein Blog des Organisators oder des vielleicht am wenigsten bescheuerten Teams haben nichts geholfen, als sich die Deppenveranstaltung Gumball 2007 in einen widerlichen Alptraum aus Toten, mutmasslicher Fahrerflucht und peinlichen Ausreden verwandelt hat (Ich verlinke hier jalopnik wegen der intensiven Berichterstattung zum Thema, möchte aber darauf verweisen, dass die früher genauso dummdreiste Scheisse wie alle anderen aus dieser Szene geschrieben haben und für andere “Rennen” immer noch schreiben). Bloggen muss echt nicht sein.

Aber es könnte sein. Und diese Unfähigkeit der publizistisch Tätigen, sich auf das Thema Blogs einzulassen, die nervt mitunter etwas. Selbst, wenn es das Dasein des Journalisten massiv vereinfacht.

11.5.2007 | 14:11 von DonAlphonso

Ehssan Dariani zur Einladung im Nazistil: “…das hat auch grossartig…”

Angeblich soll der ehemalige Chef Ehssan Dariani in den Aufsichtsrat des umgegründeten “Studentennetzwerkes” StudiVZ nach einigen weniger schönen Geschichten zurückkehren – und zwar in den Aufsichtsrat. Nun wurde StudiVZ noch immer nicht beim Handelsregister neu eingetragen, denn dort ist bis heute Dariani vertretungsberechtigt. Vielleicht sollte man das alles nochmal überdenken, denn in einem öffentlichen Auftritt bezeichnet Dariani seine Partyeinladung, in der das Nazi-Zentralorgan “Völkischer Beobachter” leicht verfremdet verwendet wurde, als “grossartig”.

Das ganze Video gibt es hier bei Boocompany mit Untertiteln.

Es ist vermutlich allgemein bekannt, dass diese Einladung hier von der Blogbar ihren Ausgang zum grossen Zug durch die deutschen Medien nahm. Ich habe sie veröffentlicht. Und ich stelle hiermit fest: Ich habe mein Exemplar NICHT von einer Person erhalten, die von Ehssan im Video genannt wird, sondern von einem mir bekannten Blogger, der sich frühzeitig mit StudiVZ auseinander gesetzt hat. Zudem weiss ich, weil ich damals die Authentizität meines Exemplars geprüft habe, dass es mindestens 3 unterschiedliche Screenshots gibt: Den Blogbar-Screenshot, der von als einziger öffentlich wurde, dann noch einen weiteren in den Unterlagen eines potenziellen Investors, dessen Berater damals StudiVZ untersuchte und die Einladung entdeckt hat – dieser Screenshot liegt mir ebenfalls vor -, sowie einen Screenshot, der unmittelbar nach dem Erscheinen der Website im damaligen Investorenkreis vorlag und den Erklärungen mir gegenüber dazu führte, dass jemand auf StudiVZ einwirkte, die Einladung offline zu nehmen. Das alles ereignete sich, lange bevor ich mich mit dem Thema beschäftigte. Die Existenz der Einladung war jedoch in den einschlägigen Berliner Kreisen allgemein bekannt; Ehssan Dariani hat selbst in einem seiner damaligen Blogeinträge kurz nach der Party ihre Eistenz erwähnt und das Vorgehen verteidigt. Ich wäre übrigens auch durchaus in der Lage, eine Liste der Gäste vorzulegen, die die Einladung kennen. Und trotzdem gekommen sind. Mit Bildern. Vielleicht fanden sie das ja auch “grossartig”.

Kurz: Ich habe den Screenshot veröffentlicht, und die Medien haben diesen – und nur diesen – Screenshot von meiner Seite hier verwendet. Das ist die Geschichte. Und ich weiss nicht, ob Ehssan Dariani oder sein Umfeld Lust auf weitere Details haben.

11.5.2007 | 10:59 von DonAlphonso

Medien, Blogs und Communities

Als ich in Italien war, gab es auf einigen Blogs eine (mal wieder) Debatte darüber, ob Medien in der Lage sind, die Blogosphäre mit ihren Angeboten zu erreichen oder gar zu erobern. In meinen Augen eine Debatte, die seit 2006 gelaufen ist. Die Medien werden nicht kommen.

Der eigentliche Grund ist recht einfach. In den ersten Versuchen wie bei der Süddeutschen Zeitung haben die Medien einige Lehren gezogen: Bloggen kostet Zeit, bindet Ressourcen und ist ein riskantes Spiel mit ungewissem Ausgang. Vor allem aber bringt es die Leser nicht dazu, mehr zu clicken als bei anderen Artikeln. Und der Eintritt in die Blogosphäre erwies sich auch als wenig umsatzträchtig. Trotzdem schleppen sich manche Versuche ohne hohe Leserzahlen bei einigen Online-Portalen weiter, wie etwa Bunte/T-online und andere Vertreter des Burda-Konzerns, und auch die Süddeutsche hat heute wieder eine als “Tagebuch” bezeichnete wöchentliche Kolumne. FTD, Stern, Wirtschaftswoche und Handelsblatt schleppen ihre Blogprojekte fast durchgehend lustlos weiter. Wenn eines stirbt, juckt es keinen. Die Zeit schleimt sich nun schon seit Jahren erfolglos mit den immer gleich miesen Blogversuchen durch das Netz. Auch die Erfahrungen mit Leserblogs wie bei Opinio waren alles andere als berauschend. Auch die neuen Blogs der Welt dümpeln inzwischen arg vor sich hin, Interaktion sieht man da eher selten.

Nach meiner Beobachtung und Gesprächen mit denen, die für dergleichen zuständig sind, liegt das an mehreren Faktoren. Zum einem wird ihnen der Weg von den diversen “Beratern” als viel zu leicht verkauft. Und in den Konzernen fehlt auch heute noch das Fachwissen zum Internet im Allgemeinen. In den zuständigen Abteilungen sitzen oft auch Leute, die unter einem hohen Erfolgsdruck stehen, nachdem sie jahrelang nach der New Economy als Abschiebeposten galten. Da wird dann zwar viel Zeit darauf verschwendet, die Dinger zu planen, Software zu beschaffen und es konzeptionell mit dem Rest abzugleichen, aber das mit den Inhalten wird schon irgendwie gehen – glaubt man. Und weil es dann nicht geht, sind Internet und Blogs doof, und man macht was anderes. Sollte ein Jahr später einer kommen und Blogs vorschlagen, heisst es: Hatten wir schon, kennen wir, bringt nichts. Womit sie recht haben. Die Blogs, zu denen sie in der Lage sind, ergeben einen Textbrei ähnlich wie bei einem gehobenen “Myblog”. Weil sie alle das Altbekannte fortführen, nur eben in Blogsoftware. Für Nachwuchs aus den Journalsitenschulen sehe ich absolut schwarz. Ich habe öfters mit denen zu tun, die wollen nicht. Man könnte sie zwingen, aber das macht auch keine guten Blogger aus ihnen. Ich sitze jetzt seit drei jahren in dieser Sache in Instituten und rede mir den Mund fusslig, und in diesen drei Jahren kam kein einziger junger Blogstar aus derartigen Einrichtungen. Das geht wohl nicht nur mir so.

Das grosse Ding in den Hirnen ver Verlagsoberen sind Communities, am besten passend zu den Line Etensions, die inzwischen zu einem wichtigen Geschäftsfeld wurden. Also sprich: Zeitung X vertickt nebenbei noch Wein, also macht man eine Community dazu, bietet spezielle Vorteile, und sorgt so für die Werbegelder einspülenden Klicks. Die Idee war früher, die Leute mit Papier zu bespassen, jetzt baut man eben im Internet einen Zaun, sperrt die Leute ein und bespasst sie dort. Ich bezweifle, dass es ein erfolgreicher Weg sein kann, denn die alte “Blattbindung”, die nach einmaligem Aboabschluss für den Rest des Lebens Gewinne einbrachte, gibt es dadurch nicht. Man wird sich sehr viel direkter und rabiater mit Konkurrenz auseinandersetzen müssen, und die Leute, die das zu können vorgeben, sitzen längst in den Verlagen in den gesicherten Startlöchern. Da geht im Moment das Geld hin, das erscheint Verlagsleuten als logische Entwicklung des Printgeschäfts. Dass Medien damit den gleichen verhängnisvollen Weg beschreiten wie Tchibo, die von der Kaffeequalität zum Allerweltsschund gingen und damit inzwischen enorme Probleme haben, fällt keinem auf. Die blogbasierten Projektvorstellungen für die neue WAZ sind ein Einzelfall geblieben, keiner hat trotz all der Aufmerksamkeit nachgezogen.

Ich halte das alles zusammen für Fehlentwicklungen. Meines Erachtens gibt es nur ein Ding, in das Verlage sicher investieren können: Journalistische Qualität. Alles andere ist unverkäuflicher Tinnef, alles andere schnibbelt an den Wurzeln und sorgt dafür, dass der Nachwuchs keine Bindung haben wird, die länger hält als bis zum nächsten Sonderangebot für einen Milchshaker. Bei gewissen Themen und Ereignissen glaube ich durchaus, dass das Publizieren auf Blogsoftware diese Qualität entscheidend steigern kann. Aber um das zu erkennen und umzusetzen, sind in den Verlagen einfach nicht die richtigen Leute.