18.4.2007 | 9:39 von DonAlphonso

Linkwertlosigkeit oder die 1-Euro-Stricher

Angefangen beim Googleranking hängt im Internet momentan vieles an der Art und Beschaffenheit der Links, die auf eine Website verweisen. Dazu gehören auch die typischen Werkzeuge der Blogerfassung wie Technorati, Google Blogsearch, Deutscheblogcharts.de oder Blogscout. Sie besieren auf der theoretischen Annahme, dass verlinkt wird, weil die Verlinker den Inhalt der Verlinkten als richtig, wertvoll, wichtig, lesenswert oder zumindest fragwürdig halten. Linkfarmen und andere Versuche, sich bei Google nach oben zu spammen, sind dabei bislang noch nicht nach oben gekommen. Aber das ändert sich gerade.

Weil einige mehr oder weniger windige Figuren gerade merken, wie billig es ist, Blogger zum Verlinken für sie völlig irrelevanter Scheisse ist, solange sich da irgendwas herausholen lässt. Und da gab es in den letzten Wochen eine ganze Menge Geschichten in unterschiedlicher Verkleidung, beginnend mit diesem exemplarischen Fall, der alles an Widerlichkeit zu bieten hatte, was ich mir bislang vorstellen kann. Der gleiche Anbieter hat gerade einen “Superblog”-Wettbewerb im Programm, der für ein paar Euro Gewinnchancen ebenfalls auf Links aus ist. Bei den Kaufbloggern von Trigami sind derartige Links eher ein freiwillig geliefertes Zuckerl für die Bezahler, die Konferenz “Re:Publica” in Berlin erschleimte sich ihre Links zusammen mit Werbung für 20 Euro verbilligten Einlass. Jüngste Beispiele sind etwa ein Googlespammer, der Verlinkenden einen Link einer Uniwebsite verspricht, oder ein angeblicher Herr “von Stusinski” aus Leipzig, den man im Telefonbuch und auch sonst bei Google nicht findet (allerdings dann mit einem leicht anders geschriebenen Namen als Internetdienstleister unter der gleichen Adresse) und der gerade 250 Blogger sucht, die sein neues, in Samoa registriertes Blog verlinken – für jeden Link gibt es einen Euro, und die Gesamtsumme wird dann verlost. Ob da jemals Geld fliessen wird, weiss ich nicht, aber 26 Leute haben sich schon gefunden, die da kein Problem mit haben.

Dass der Erfolg solcher Methoden zeigt, wie gering Medienkompetenz unter Blogger tatsächlich ausgeprrägt ist – geschenkt. Mit ein paar hundert Euro scheint es also möglich zu sein, sich als halbwegs bekanntes Blog in die 100 meistverlinkten deutschen Blogs einzukaufen. Einfach, weil es da draussen genug Leute gibt, die für einen Rabatt, ein paar Euro oder auch nur die Chance auf einen Gewinn linken. Man kann über Blogcarnivals, die letztlich auch grosse Linkorgien sind und der gegenseitigen Stärkung gewisser Gruppen diesen, geteilter Meinung sein, aber das hat zumindest noch etwas mit der alten Idee des verlinkten Inhalts zu tun. Die neuen Ansätze – weitere Beispiele findet man mit etwas suchen – werfen die Frage auf, ob es dann überhaupt noch so etwas wie Linkrelevanz geben kann. Und ob man nicht andere Kriterien entwickeln muss, um die Bedeutung von Blogs festzulegen. Das Vorgehen an sich muss übrigens nicht mal schlecht sein – wenn sich andere in den einschlägigen Listen nach vorne schmieren, ist es gut möglich, dass sie auch mehr Probleme mit Abmahnungen und Schleichwerbern bekommen. Dennoch dürften mit diesen neuen Formen des Linkkaufs alle, die sich mit der Bewertung vin Links beschäftigen, vor neuen Problemen stehen. Und dann stellt sich eben erneut die Frage, ob es nicht irgendwo eine Art Liste, Pranger, wie auch immer für derartige Geschichten und ihre Teilnehmer geben sollte. Einfach, weil sie mittelfristig das Potenzial haben, Projekte und Firmen nach vorne zu spülen, die dann wiederum einen misarablen Ruf auf alle anderen zur Folge haben.

17.4.2007 | 15:30 von DonAlphonso

Grosse allgemeine Rechnungsdebatte

In meinen Augen geht es beim Bloggen um den Spass und nur um den Spass. Geld kann ich anderweitig verdienen. Dennoch ist die Blogbar angesichts ihres offenen Kommentarsystems und ihrer mitunter unvorsichtigen bis gezielt schleichwerbenden kommerziellen Nutzer inzwischen dabei, ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu werden. Zumindest auf dieser Seite ist es möglich, die kommerziellen Anbieter auf der Suche nach Awareness, Links, Clicks und einem besseren Googleranking dort zu erwischen, wo es ihnen weh tut: Beim ihrem Geld. Und da tendiere ich inzwischen dazu – nachdem es von denen Richtung Blogbar fliessen wird – grosszügig zu sein.

Dieses Blog ist keine Werbefläche für jedermann. Dieses Blog ist ein nicht ganz schlecht laufendes Medienangebot im Internet, und wer es missbraucht, muss mit nicht ganz schlechten Tarifen für den Missbrauch rechnen. Stellt sich nur (mit Thomas Knüwer) die Frage: Ab wann?

Einerseits könnte ich jetzt sagen: Learning by doing & paying! Wer zwei Wochen nach dem Absetzen eines Kommentars keinerlei Abmahnung und Rechnung in seinem Briefkasten findet, kann erst mal etwas aufatmen. Und mein Interesse an “professionellen Bloggern” ist ohnehin recht niedrig. ;-)

Spass beiseite. Was gar nicht geht, sind Kommentare und Trackbacks von kommerziellen Angebote, die ausschliesslich PR oder Werbung als Hintergrund haben, oder versuchen, das versteckt zu betreiben. Es sei denn, dass es hier gerade um ihre Belange geht. Beispiel: ich schreibe über PR-Agentur Unedelman, dass ihr deutscher Chief Blogging Assistent mutig Astroturfing entgegentritt. Dann ist es ok, wenn besagter Herr hier mit seiner Firmenseite aufläuft, und nicht mit seiner privaten Seite – denn es ist für die Leser gut, wenn sie erkennen, woher der Betreffende im angesprochenen Kontext kommt. Ebenso nichts einzuwenden ist gegen Profis, die hier inhaltlich tiefgehend mitdebattieren wollen. In dem Fall erwarte ich aber substanzielle Beiträge, anhand derer klar wird, dass es ihnen um die Debatte geht, und nicht nur um das Promoten ihrer Site. Dazu sollten sie ihren vollen Namen oder zumindest ein anerkanntes Pseudonym verwenden, das sich auch auf ihrem Blog findet. Wenn also “Spiesser Alfons” vom Medienblog off-the-records hier etwas schreibt, ist es ok. Wenn aber ein “Tinbox” einer drittklassigen Marketinplattform für Handies hier aufläuft, sollte er schon mal überlegen, ob es nicht besser ist, seinen Namen anzugeben, den Link wegzulassen oder ein eigenes Blog zu führen, das nichtkommerziell ist. Gleiches gilt für Jünger von Marketingblödsinn, die woanders Geld dafür kassieren und dann hier den scheinbar nichtkommerziellen Diskutanden geben. Was auch negativ auffällt, sind Leute, die mit wenig hochwertigen Dauerkommentaren bei den bekanntesten deutschen Blogs hausieren gehen.

Die Kurzregel: Wer hier als kommerzieller Anbieter einen Link oder Trackback setzt, sollte dazu schreiben, was bei einem Interessenskonflikt seine kommerziellen Interessen sind, wirklich etwas substanzielles Interesse bie dieser Debatte beizutragen haben, im Zweifelsfall eher auf einen Link verzichten und für jeden erkennbar deutlich machen, wer er und in wessen Auftrag er unterwegs ist. Alles andere gerät schnell in den Verdacht, werblich zu sein. Das fliegt in den harmlosen Fällen raus, oder bekommt bei Widerholung oder gröberen Verstössen die frische Rechnung von der Blogbar-Tageskarte.

Wir bieten unseren Kommentatoren eine ganze Menge an: Die Blogbar ist ein vorzügliches Podium, weithin bekannt und von vielen gelesen, die in diesem Bereich Ahnung haben. Sie ist das bekannteste Metablog des deutschen Sprachraums. Und es steckt eine Menge Arbeit darin, die wir kostenlos aufbringen. Jeder, der meint, damit einen geldwerten Vorteil ergattern zu müssen, sollte es bleiben lassen, hier zu schreiben. Jeder, der sich unsicher ist, kann gerne bei mir anfragen, donalphonso | ät | gmail dot com. Ansonsten kann in diesem speziellen Fall hier unten jeder, aber auch wirklich jeder nichtkommerzielle und kommerzielle Anbieter (ausgenommen Trolle und andere Turis) mitreden und – so es ihm nötig erscheint – erklären, wo ich meine Meinung nachbessern und ändern sollte.

17.4.2007 | 12:21 von DonAlphonso

Burda will ne Rechnung.

Nehme ich zumindest an. Momentan marodiert ein gewisser “Tinbox” hier und andernorts durch die Kommentare und macht dabei per Link Werbung für das Blog einer drittklassigen Handyseite, die zum Konzern von Hubert Burda gehört. Laut IP kommt “Tinbox” auch von dort, wenngleich er als Email eine gmx.de-Adresse angibt. Mit jedem weiteren Eintrag willigt der Veröffentlichende ein, dass Linkschaltung Werbung für eine kommerzielle Website ist, und erklärt sich mit Kosten von 1200 Euro pro Eintrag zzgl Mwst. sowie 100 Euro Bearbeitungsgebühr zzgl. Mwst. für das Entfernen einverstanden.

Nicht bei mir. Kapiert?

16.4.2007 | 18:14 von DonAlphonso

Welt: Untergang der Page Impressions trotz Online First

Beim momentan ausgetragenen Konflikt Online vs. Print gibt es sehr unterschiedliche Annahmen über dessen Ausgang. Da sind die – oft jungen – Manager der Medienkonzerne, die Erfolge wollen und deshalb mit aller Macht in das Internet drängen. Hier liegt ihres Erachtens die Zukunft, hier sind die jungen Leser, hier kann man ohne grosse Vertriebskosten vom anziehenden Werbemarkt profitieren. Auf der anderen Seite sind die – oft älteren – Kollegen des Print, die auf die Pleite der New Economy verweisen und meinen, Print zu neuer Grösse führen zu können, wenn sie so viel Geld wie die Onliner hätten.

Ich persönlich bin Kulturhistoriker und weiss deshalb, dass es beim Wandel erst mal nie perfekte Siege gibt; beide Kontrahenden müssen Blut lassen, und nirgendwo steht geschrieben, dass es nachher besser ist als vorher. Und die, die unten sind, sind dabei immer die Blöden, die den Scheiss und die Propaganda der Kommandozentralen ertragen müssen.

Aber um mich geht es nicht, sondern um die Gegnergruppen, die einander bekämpfen. Der Mittelweg, der beide Gruppen in ein gemeinsames Ziel mit einbindet, nennt sich “Online First”. Dazu werden grosse Redaktionen geformt, die aktuell im Internet publizieren und am Ende die Entwicklung für das Printorgan zusammenfassen. Das soll schneller sein, effizienter, dem Print Qualität sichern und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Nutzerströme des Netzes nicht an einem vorbeischwimmen. Steigerungsraten von manchmal bis zu 500% erwarten sich Deutschlands Papiermedien in den nächsten Jahren in der Onlinereichweite, und denken dabei an Videoportale, Communities und was sonst noch modern ist.

Mit der reaktionären “Welt” aus dem alles andere als feinen Hause “Springer” hat im Januar eine grössere Zeitung versucht, sich auf dieses neue Web einzustellen. Neben der modischen Grossredaktion gibt es Videos, Blogs, enorm viele Beiträge und auch viel Startgetön, das die Einladung von Bloggern umfasste, die Interesse für diesen Versuch wecken sollten. Mitunter war das Anschmeicheln aber dann doch nicht so erfolgreich. Dennoch soll dann schon im Januar noch vor dem Relaunch der Welt die Luft gebrannt haben: Stolze 40% Zuwachs bei den Page Impressions vermeldete man aus einem der hässlichsten Gebäude Berlins.

Inzwischen gibt es neuere Zahlen aus der Zeit nach dem Relaunch. Und die dürften Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die nichts vom Onlinegeschäft halten: Trotz des Boheis um die neue Seite blieben von den laut IVW 8.287.555 Besuchern im Januar nur 6.934.721 für Februar übrig, und im März waren es nur noch 5.878.785; ziemlich nah am Ergebnis vom März 2006 mit 5.813.282 Visits. Ähnlich mittelprächtig sieht es bei den Page Impressions aus: Waren es im November 2006 noch 35.809.529 PIs und im Januar die Rekordmarke von 49.105.642, ging die Zahl im Februar auf 40.991.920 und im Januar 36.242.105 zurück. Trotz Relaunch und erweitertem Angebot. Die ganzen Zahlen der IVW finden sich hier – langfristig wächst die Welt, aber der als Start in eine neue Epoche angekündigte Relaunch selbst ist erst mal trotz Interesse und Besuch vieler Kollegen und neuer Angebote verpufft. Dass einzelne Besucher mehr klicken, kann meiner Erachtens auch eine Menge mit der wenig sinnvollen Navigation und manchen Aussetzern bei Werbeschaltung zu tun haben.

Ein Relaunch ohne Anhebung der Qualität ist eben auch nur “painting lipstick on a pig”. Wie man aber bei einem Verlustbringer wie der Welt und ihren Autoren das Wunder schaffen will, qualitativ auch nur ansatzweise an die Süddeutsche, die FAZ, Sat1 online oder Knuddels.de heranzukommen, ist eine Frage, die zu beantworten mir nicht obliegt. Ich kann nur sagen: Wenn sich das als Ergebnis von Online First verfestigt, dann ist diesem Trend ein Platz in der Mediengeschichte sicher. Als weiteres Versagen der Medienhäuser im grossen digitalen Wandel. Es gibt nur fünf Dinge, die Journalismus im Internet stark machen können: Qualität, Recherche, Meinung, Exklusivität, Glaubwürdigkeit. An allen anderen fachfremden Systemen von der Community bishin zum Videoportal werden sich die Medienhäuser nur blutige Nasen holen – und Geld verschwenden, das sie besser mal in ihre Kernkompetenzen gesteckt hätten.

15.4.2007 | 23:13 von DonAlphonso

Wozu (Meta-)Metabloggen?

Man kann durchaus der Meinung sein, dass Bloggen über das Bloggen hübsch sinnlos und alles andere als zielführend ist. Ich verstehe, dass es mitunter an piefigste Vereinsmeierei erinnert, und es kann gut sein, dass die Selbstreferenzialität abschreckend ist. Oder sogar in Form eines selbstreduplizierenden Blogbetriebs funktional ähnlich widerlich wirkt wie das Dschungelcamp. Es gibt so Tage, da kommt es mir selbst zumindest so vor.

Und bitte, das ist jetzt kein Luxusproblemchen von einem, dessen Blog Freund und Feind lesen, sei es, weil sie es mögen, oder weil sie süchtig nach Prügel sind. Natürlich hängt daran die gesamte Fragestellung der Sucht der Blogger nach eben dieser Unterhaltung. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Metabloggen eine Platte mit Sprung ist, etwas, das sich ständig frisst, ausscheidet und aus dem Ekrement zu neuem Leben erwacht, ohne dass es besser würde.

Es ist ein wenig so, wie mit dem jüdischen Journalismus. Man hängt jedes mal auf dem Purimfest des jüdischen Kindergartens rum und quält sich am immer gleichen Beitrag zur immer gleichen Schändung der Friedhöfe. Sowas kann die Faszination schneller ruinieren als …

und jetzt kommt ein gewisses Grinsen …

als die Antrufe von Leuten, die wollen, dass man es anders macht. Konsensorientierter etwa. Unauffälliger. Bitte nicht so laut. Man glaubt gar nicht, wie viele Leute glauben, ihre Sicht des Judentums den Juden aufdrücken zu müssen, die eine eigene Meinung dazu haben. Da gibt es dann die Pfaffen, die anrufen und sagen, sie würden es ja so gern ihren Schülern empfehlen, wenn es nur ein wenig versöhnlicher wäre.

Kein Kinderpurim kann jemals so öde sein, als dass diese Reaktionen einen nicht wieder dazu bringen würden, weiterzumachen. Denn da ist das eigentliche Problem. Solange man weiter arbeitet, wird da immer eine Stimme sein, die anders ist. Da wird es immer etwas geben, was zur Reflexion zwingt. Was dann die anderen von mir halten, was sie gestern küssen und heute schlagen – scheissegal. Ich muss mit denen zum Glück nicht ins Bett, ich habe ein umfangreiches Privatleben, und ich habe, gradraus gsagt, das nötige Gewicht, um den periodischen “Das kannst Du doch nicht so sagen” Ansturm auszuhalten. Warum? Weil ich kann.

Und deshalb gibt es auch keinen Grund, mit dem Metabloggen aufzuhören. Wen es nicht interessiert, der kann weiter gehen und woanders spielen. Die Erfahrung, die hier gerade mal wieder in Form eines Trackbacks von Stefan Niggemeier einschlug, Thema “Ich pack das nicht mehr”, lehrt nun mal, dass sie es eben schon packen. Wie heisst es nicht so schön:

A Guada hoids aus und um an Schlechdn is ned schod.

14.4.2007 | 19:10 von DonAlphonso

Noch ein Fazit

Wenngleich die Blogbar nicht wirklich als das feinste aller Blogrestaurants bekannt ist, die Bierkrüge daselbst mitunter Flügel bekommen und der Diskurs manchmal in Bierpfützen badet, um sich dann wieder in lichte Höhen zu schwingen und so vieles widerspiegelt, was mit dem Thema Blog als solchem zu tun hat – scheint es mir doch geraten, den recht deutlich kulturellen Teil einer Definition von Werbung und Blogs auf meinem der Kultur gewidmeten Re:Privata:Blog “Rebellen ohne Markt” einzustellen.

13.4.2007 | 7:32 von DonAlphonso

Die Qualität, der Long Tail, die Werbung und die Unabhängigkeit von derselben

Da schreiben manche also ein paar Jahre ins Netz, wollen irgendwann auch Geld dafür, und am Ende steht da ein Banner für eine rührend anmenschelnde Kampagne eines Netzwerkausrüsters, der auch ziemlich unmenschlich kann, und dann kommt der Boss von das Ganze daher und versucht es mit einem Denkverbot, das Kritiker gleich mal in einen Totalitarismus schiebt, für den sein Werbekunde arbeitet. Das nennen er und seine Freunde dann “Professionalisierung”. Dabei immer schön die Augen zu und durch, selbst wenn man vor zwei Jahren noch gerade bei so einem Kunden ganz andere Sachen gesagt hätte.Wollte man jetzt auf die Schnelle 20 Links anderer Blogs und eine Generaldebatte einsammeln, müsste man sich nur noch anschauen, wie die Campagne von Cisco mit ihren klar gekauften/gefakeden Testimonials und “Stories” aussieht, und den Vergleich zu Pleiten wie Wal-Mart/Edelman und Coty/technosexual ziehen. Dass das noch keiner gemacht hat, zeigt meines Erachtens recht deutlich, wie die Werbung auf den dafür völlig unpassenden Blogs ankommt: Überhaupt nicht. Es hat keiner gemerkt. Hier Geld und Firma, da Plattform und Blogger, das mit Tausenderkontaktpreis verrechnet und schon stehen wir im drögesten aller altbekannten Werbegeschäfte, dumm, sinnlos und nicht wirklich schön für alle Beteiligten. Ausser Cisco, die sicher sein dürften, dass sich immer einer des Pro-Werbe-Mobs finden würde, denen die Helfer der chinesischen Mörder näher sind als Blogger, die das nicht so toll finden. Schliesslich geht es um das Geld, und man liest bei denen oft, dass erst das Fressen kommt, und dann die Moral.

Es ist meines Erachtens grundfalsch, hier von “Professionalisierung” zu reden. Werbung auf Blogs wird nie derartig professionell sein können wie – theoretisch (!) – und manchmal auch praktisch in Qualitätsmedien, die personell zwischen Werbeverkauf und Redaktion trennen. Blogger sind nun mal Autoren und Verkäufer ihrer Werbeflächen in einer Person, dazu kommt dann noch die faktische Privatklüngelei dieser Netzwerke, die schon lange da ist, nur jetzt eben auch noch eine wichtige monetäre Facette erhält. Geschichten darüber, dass Bloggen dennoch komplett unabhängig stattfindet, bitte der Grossmutter erzählen, den wahren Rest findet man hier in den Trackbacks, Stichwort Nibelungentreue.

Für mich stellt sich aber eine ganz andere – erst mal theoretische – Frage: Gibt es nicht doch eine Möglichkeit, das eigene Schreiben zuerst komplett von der Vermarktung der Leser an den Werbetreibenden zu entkoppeln, und diese Vermarktung dann so zu gestalten, dass der Leser von der Werbung so wenig wie möglich verarscht und genervt wird, sondern davon einen Nutzen hat. Es gibt genug Beispiele, wo sich Menschen Werbung gerne und mit Freuden antun – man gehe einfach mal zu den eigenen Eltern und schaue nach, wie viele Reiseprospekte die so im Jahr einsammeln. Und auch ich selbst suche mir vor einem Trip ins halbwegs Unbekannte ein paar Informationen zusammen, und bin dabei dankbar über Werbung für Hotels im Internet. Vergleichen kann ich dann schon.

Wenn die Werbeinformation wichtig ist – beispielsweise im Auktionskatalog – dann zahlen manche auch dafür enorm hohe Preise. Weil sie dafür einen ordentlichen Gegenwert bekommen. Wie machen das die grossen Versteigerer? Die gehen in Vorlage, sie publizieren erst mal ein Buch mit qualitativ hochwertigen Bildern und Texten, die zur Orientierung dienen, das Angebot erklären und falsche Entscheidungen verhindern helfen. Die Ersteller haben eine klar definierte Zielgruppe, und Gegenstände im Angebot, deren Verkauf die Erstellung der Texte und das Auktionshaus refinanziert. Und keiner kommt sich verarscht vor. Sage keiner, dass Werbung mies sein muss und nicht allen Beteiligten Gewinn bringen könnte. In diesem Fall ist Werbung schlichtweg ein faires Geschäft, nicht mehr und nicht weniger.

Nun sind diese obigen, meines Erachtens wenig schönen Vermarktungsideen nicht gerade neu, und vor einem Jahr habe ich mir schon mal überlegt, ob es nicht bessere Alternativen gibt. Ich kam zufällig drauf, weil es in meinem Blog oft um Restaurierung alter Gebäude geht, und dazu oft Fragen und Sucher über Google reinkommen. Das ist der sog. “Long Tail”, da suchen Leute gezielt nach Informationen und finden sie auch. Und das nächste, was dann kommt, ist die immer gleiche Frage: Wo bekomme ich sowas her. Und hier könnte dann wirklich schmerzfrei die Werbung ins Spiel kommen. Denn mein Beitrag hat einen Nutzwert, er ist immer noch aktuell, er ist ehrlich und unbeeinflusst von Werbern, und wenn ich diesen Archivartikel mit Werbung versehe, erreicht die Werbung genau die Zielgruppe, ohne dass es tausende anderer Leser jeden Tag auf der Startseite nervt.

Es gibt da einen Haufen Marktlücken. Um mal ein Beispiel aus meinem Alltag zuu bringen: Cabriotouren. Man suche mal im Internet nach Cabriotouren rund um München. Oder Düsseldorf. Oder den schönsten Weg zwischen Ingolstadt und Frankfurt. Oder einen Strassenplan der Mille Miglia. Man findet zwei, drei komplett abgelutschte Strecken. Man fände die Strecken auch in Printprodukten, aber wer hat schon 5 Jahrgänge Autozeitschriften rumliegen oder wartet einen Monat, bis die nächste Nummer mit der ersehnten Tour kommt? Hier hat das Internet sagenhafte Vorteile gegenüber jedem anderen Medium, angefangen bei der ständigen Verfügbarkeit bishin zur Verknüpfung mit Google Maps. Und bitte: Diese “Marktlücke” ist ein Multimillionenmarkt mit genau der Zielgruppe, die auch im Internet ist.

Und hier könnte man meines Erachtens alles zusammenbringen: Das Bloggen, denn mit einem Blog kann man Reisen genauso erzählen, wie es passiert. Schliesslich ist ein Blog ein Web-Logbuch. Es kann den gleichen Informationsanspruch wie ein Auktionskatalog haben. Man kann die Kultur erklären, die Augen öffnen, die geschichtlichen Zusammenhänge aufzeigen und die geheimen Schönheiten offenbaren. Das alles ist beim Reisen kostenlos. Sonne, Kurven, Pinienduft, Vergangenheit, das ist einfach da. Es gibt keinen Grund, Schönheit zu verschweigen. Es gibt aber auch keine Möglichkeit, alle 14,583 Hotels Umbriens zu testen. Und genau diese finanzielle Dimension, angefangen von den Betten über das Essen bishin zur Kurtaxe und den Liegestuhlpreisen am Strand – diese Dimension kann man den Werbetreibenden überlassen. Ist auch nichts anderes als ein Reisekatalog, dann aber im Kontext mit einer Reise und per Internet leichter zugänglich. Und wer schon mal eine italienische Fremdenverkehrswebsite gesehen hat, versteht auch instinktiv, warum für Reisende aus Deutschland ein deutsches Blog sicher besser ist.

Das ist die Idee, die mir kam, als ich andere kommerzielle Reiseblogs gesehen habe, das ist das, worauf in diesem Kommentar eine feige anonyme Sau anspielt, weil einer, mit dem ich darüber gesprochen habe, offensichtlich das Maul nicht halten konnte und bei der Gelegenheit gleich diese komplexe Überlegung zu “der sucht nen Sponsor” umgelogen hat. Es bleiben bei solchen Spezialblogs natürlich Unwägbarkeiten. Es ist sicher alles andere als einfach, für solche Pläne Werbekunden zu finden. Ausserdem muss man dafür echte Qualität liefern, erst mal unbezahlt und mit persönlichem Risiko. Dazu kommt, dass Reisejournalismus gewohnheitsmässig das kommerzverstrahlte Mediengebiet No. 1 ist. Man muss klar machen, dass man etwas Besonderes liefert, was es nur hier gibt: Qualität, Vertrauen, unabhängige Information, Zielgruppe. Ich denke, es ist ein höllisch schwerer Job, so etwas einer Branche zu verkaufen, die davon lebt, Johurnaille zu schmieren und Unabhängigkeit als ähnlich real wie das Einhorn betrachtet. Und natürlich ist es ein Weg, den die Tonnenraussteller, die jetzt einfach Geld für das gleiche Zeug wie früher wollen, nicht gehen können. Kurz: Es ist eine steinige Strecke, man muss sich da, wo sich klassische Werbeschalter moralisch verbiegen, auf die Besucherzahlen schielen und sich deshalb einen abbloggen, gewissen inhaltlichen Zwängen unterwerfen. Man könnte es deshalb wirklich “Professionalisierung” nennen, und nicht nur Bloggerschlussverkauf. Ich persönlich finde die Idee immer noch prima, habe jedoch keine Lust und auch nicht den Zwang, so etwas umsetzen zu müssen. Aber es erscheint mir immer noch sinnvoller und bloggerechter als das Schielen auf möglichst hohe Tausenderkontaktpreise, die nun mal nichts anderes sind als der Direktverkauf der Blogbesucher. Was mich einfach, pardon, ankotzt. Denn ich bin nicht ein Stück Clickvieh, ich bin jemand, der sich für einen Blogger interessiert, und es widert mich wegen der persönlichen Dimension an, wenn dieses Interesse en gros an den nächsten Werbezuhälter verkloppt wird.

So nicht, Freunde der Blasmusik. Entweder sind Blogger besser und anders als normale Medien, dann haben sie auch andere, bessere Werbeideen. Oder sie machen den gleichen Scheiss wie alle anderen. Dann brauche ich sie aber nicht mehr.

12.4.2007 | 15:38 von DonAlphonso

Ernsthaft bezweifeln

Dass ich von Sascha Lobo wenig halte, ist kein Geheimnis. Dass ich Anzeigen von Cisco, die sich bei der Zusammenarbeit mit dem chinesischen Regime als wenig erfreuliche Firma bewiesen haben, nicht sehen will, ist hoffentlich auch irgendwo verständlich. Aber wenn dann der Typ, der diese Firma in die paar werbeinteressierten Blogs bei Adical schleift und sich dann noch, vergleichend mit einer miesen Schleichwerbenummer, so einem Bastaschwachsinn los wird:

Dass eine Professionalisierung der deutschen Blogosphäre ins Haus steht, kann niemand ernsthaft bezweifeln.

http://adical.de/2007/04/10/werbung-in-blogs-und-adical/

Doch. Ich kann das ernsthaft bezweifeln. Sogar bei so einem Mittehanswursten wie Lobo, der dann rückwärts immer mit seiner Ironisierung den Feigling Unernsten gibt. Ich bezweifle das ernsthaft, weil Kommerzialisierung ganz sicher nichts ist, was mit derartigem Tschackkkka-Bullshit machbar wäre. Ich bezweifle das, weil Sascha Lobo schon bei den diversen Einlassungen gegenüber den Medien mit falschen Zahlen aufgewartet hat und dann von “Missverständnissen” sprach. Ich bezweifle, dass Leute, die sich auf so jemand einlassen und dann auch noch solchen Schmarrn als allgemeine Behauptung erlauben – liest sich mal jemand diese arrogante Ex-Kathedra-Scheisse von Herrn Lobo durch, bevor das online geht? – auch nur die Chance haben werden, sich ernsthaft vermarkten zu lassen. Ich bezweifle, dass Professionalität gerade bei Blogs im Einklang sein kann mit solchen Claims aus der Mottenkiste des in das Dekret abgleitende Politikersprechs. Kann niemand? jeder kann. Das hier sind Blogs. Bloggen heisst können.

Was ins Haus steht, sind ein paar Leute, die Kohle wollen und dabei eine Führungsgestalt abbekommen, die in den Blogs gelandet ist, weil es anderswo nicht geklappt hat. Zusammen bepinseln sich diese Leute gegenseitig die Bäuche. Zusammengenommen haben sie keine Sicherung im Kasten, um so einen Blödsinn wie oben zu verhindern. Das ist nicht professionell, noch nicht mal im Koksnasengeschäft der Werbung. Das ist – meines Erachtens – arm, peinlich, dumm und vor allen Dingen unprofessionell. Ernsthaft. Und ich glaube durchaus, dass es auch andere gibt, die meine Meinung ernsthaft bezweifeln.