29.7.2007 | 14:04 von DonAlphonso

Extreme-AAL: Kölner Stadtanzeiger saugt für alle Zukunft Inhalte

Seit ein paar Monaten haben viele Printkonzerne die Meinung, man könne die Leser nicht nur als Werbeanschauer ausnutzen, sondern sie als Schreiber im Internet zusätzlich einspannen. Internet kostet Geld, Redakteure sind teuer, also sollen die Leser doch bitte selbst dafür sorgen, dass der Rubel rollt. Der Kölner Stadtanzeiger hat jetzt ebenfalls so ein Portal ins Netz gestellt, mit dem Namen NetzStadtmenschen.de (http://ocs.zgk2.de/). Gewünscht werden dort Bilder, Ausgehtips und Blogeinträge. Und zwar von leuten, die besser nicht in die AGB schauen.

Denn dort stellt der Kölner Stadtanzeiger nach Eltern.de einen neuen Rekord beim Thema “Internetinhalte für lau kassieren”. Und ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie man sich auf sowas einlassen kann. Konkret fordert das Portal alle nicht exklusiven, aber zeitlich und räumlich unbegrenzten Verwertungs- und Verbreitungsrechte. Was immer man dort einstellt: Laut der AGB kann man bei allen mit der Zeitung verbandelten Firmen damit anstellen, wozu immer man lustig ist. Werbung, verkaufen, selbst abdrucken. Wie hochproblematisch das werden kann, wird deutlich, wenn der Kölner Stadtanzeiger Bilder von Personen für Werbezwecke verwendet: Laut AGB stimmt der Nutzer zu, dass er die Rechte an seinen Arbeiten hat. Vermutlich keiner fragt jedoch Personen auf seinen Bildern, ob sie damit einverstanden sind, eventuell auch in der Werbung verwendet zu werden. Falls jetzt aber jemand ein Problem hat und gegen die Zeitung oder ihre Partner, die das Material übernommen haben, vorgeht – ist rechtlich der Nutzer dran, der das Bild online gestellt hat. Denn in den AGB stellt er die Zeitung von allen Kosten frei, die in solchen Fällen entstehen.

Und damit das auch für immer so bleibt, findet sich eine Klausel, die eventuell die Rettung bedeuten kann. Unter § 6 heisst es nämlich:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Nutzer dem KSTA im oben genannten Umfang auch die Rechte für unbekannte Nutzungsarten einräumt, falls und sobald dies gesetzlich zulässig ist. Für die Rechteeinräumung über unbekannte Nutzungsarten gelten dann im Übrigen die jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen.

Völlig gaga und meines Erachtens mutmasslich sittenwidrig: Kein Autor soltte automatisch Rechte für Nutzungsarten einräumen, die zum Zeitpunkt der Entstehung der Werke noch nicht existierten, oder per Gesetz neu geregelt werden. Ausserdem hat der Nutzer einen Anspruch auf angemessene Vergütung gemäss §32 UrhG, von der in der Regel nichts zu lesen ist. Natürlich scheint in diesem Passus eine Zukunftshoffnung auf weitere Verwertungsgeschenke an die Verleger im Web2.0 durch – von denen ich aber ernsthaft hoffe, dass sie kein Verantwortlicher dieser AGB sie je im Berufsleben erleben wird. Solche Medienfirmen mit derartigenn Rechtsauffassungen gegenüber ihren Lesern braucht meines Erachtens kein Mensch. (Der Hinweis auf das “Angebot” kam von Maternus)

26.7.2007 | 22:22 von DonAlphonso

Lack abical bei adical – PR-Selbstvermarktung vs. Werbeagentur

ACHTUNG SPOILER! Wer überrascht werden will, welche Adicalteilnehmer sich demnächst zusätzlich als kommerziell textende PR-Figuren vor den Karren einer grossen Internetfirma spannen lassen, sollte nicht weiterlesen!

Dass eine Professionalisierung der deutschen Blogosphäre ins Haus steht, kann niemand ernsthaft bezweifeln. Die Frage ist nur, nach welchen Spielregeln sie stattfinden wird – und ob sie die Blogkultur stärkt.
Sascha Lobo, Adical-Geschäftsführer (http://adical.de/2007/04/10/werbung-in-blogs-und-adical/)

Alle zusammen haben ebenfalls beschlossen, Blog-Werbung in dem Sinne eher “klassisch” zu halten, in dem sie klar gekennzeichnet ist und sich nicht mit den Inhalten vermischt.
Johnny Haeusler, Adical-Gründer (http://adical.de/2007/05/10/antworten/)

Die Grundidee des Anfangs dieses Jahres gegründeten Netzwerks Adical ist es, gute, bekannte Blogger zu bündeln und über eine Vermarktung anzubieten. Wie die Vorgeschichte mit einem Haufen PR-Stunts wie der Killerbrause-WG, Opel-Tests und Hausbootbesäufnissen von einem Spielehersteller zeigte, tendieren aber eine Reihe von Teilnehmern dazu, auch selbst den ein oder andere Deal aufzutun. Während Johnny allgegenwärtig darauf verweist, dass es bei Adical eine strikte Trennung zwischen Werbung und Inhalt gibt, war durch das Blog Riesenmaschine von Mitgründer Sascha Lobo und deren bezahlte Beiträge von Anfang an eine Ausnahme im System. Als sich der PR-Dienstleistungs- und Linkhändler Trigami aber damit angab, man hätte ebenfalls Adicalteilnehmer in den eigenen Reihen, schritt Johnny aus Gründen der Unvereinbarkeit ein. So weit, so gut.

Am der generellen Trennung zwischen Inhalt der Blogger und Werbung wurde dann während einer Kamerakampagne gekratzt, als Blogger die Bilder für die Kampagne selbst schossen. Prompt “vergass” (so nennt man das, glaub ich) einer die fällige Kennzeichnung, und musste daran “erinnert” werden (http://adical.de/2007/05/22/zur-aktuellen-casio-kampagne/#comment-212). Eine “vergessene” Kennzeichnung zeichnete bald darauf auch das vom Videohoster gesponsorte Gewinnspiel beim als “MC Winkel” firmierenden Mathias Winks aus, und wurde erst nach einigen überdeutluchen Hinweisen auf Schleichwerbung und unlauteren Wettbewerb nachgetragen. Und dann wurde der gleiche Herr von einem Immobilienvermieter auf eine PR-Urlaubsreise eingeladen, bei der unter anderem ein angeblich volluriniertes Waschbecken gezeigt wurde – kleiner Exkurs: Demnächst bin ich mit Herrn Winks auf einer Tagung am ZKM Karlsruhe und freue mich schon auf seine Erläuterungen, wie er ein Video mit einem vollgepinkelten Becken als Instrument der “Marke MC Winkel”, so sein Vortrag, erklären will. In Schlössern wurde vor Einführung der Toilette die Notdurft wenigstens in Potschamperln verrichtet, aber so weit scheint man in Kieler Blogvermarkterkreisen noch nicht zu sein ;) . Exkurs Ende.

Sprich: Die Trennung zwischen Werbung und Inhalt, zwischen Blogger und Werber ist zumindest in diesem Fall als erledigt anzusehen. Und jetzt, TÄTÄRÄTÄTÄ, folgen drei andere von Adical vertretene Blogger in Richtung PR-Bloggen für eine Firma. Es handelt sich dabei um den Bloggercontest von Ebay, an dem neben MC Winkel auch Jojo von Beetlebum, Malcolm Bunge von eyesaiditbefore und Nilz Bokelberg von Bloggen für Kohle äh den Weltfrieden (http://bloggercontest.de/?page_id=4) teilnehmen. Technische Durchführung: Die Firma eines Kieler Kommentators bei MC Winkel. Und damit es nicht so einsam bleibt, sollen die Vorreiter vermutlich auch andere dafür gewinnen, sich für Ebay als Mitbieter herzugeben. Dann allerdings, darf vermutet werden, nicht bezahlt. Bei dem “Contest” geht es darum, möglichst öffentlichwirksam Krempel bei Ebay zu verticken (http://bloggercontest.de/?page_id=3):

Ab dem 1. August werden verschiedene Persönlichkeiten aus der deutschen Bloggerszene sechs Wochen lang Dinge auf eBay ersteigern und versteigern. Ziel der Blogger ist es den Wert der ersteigerten Waren stetig zu erhöhen. Über diese Transaktionen berichten die Blogger mit Texten, Videos, Zeichnungen und Fotos auf dem Aktionsblog unter ww w.blogg ercontest.de.

Dass das “erwirtschaftete” Geld (und nicht etwaige bei diesem Umfeld nicht atypischen “Aufwandsentschädigungen”) am Ende einem guten Zweck zukommt: Mei. PR ist und bleibt PR, und in dem Fall wird auch überdeutlich auf die Ebay-Blogs hingewiesen. Und es überrascht mich auch nicht, dass einige für Ebay als Imageträger mitspielen (wobei ich sehr vorsichtig wäre, würde MC Winkel ein Waschbecken anbieten ;) ).

Das aber führt uns zur Kernfrage: Warum sollte man eigentlich noch bei Adical werben? Was bringt so ein mit Tausenderkontaktpreis abgerechneter Kasten, den ohnehin kaum einer wahrnimmt, und der jeden Tag von den gleichen tausend Nasen gesehen wird – wenn man gleich den ganzen Blogger kaufen kann? Und der dann direkt für das eigene Image sechs Wochen schreibt? Über die Vermischung von Werbung und Inhalt muss man dann nicht mehr gross nachdenken, man spart sich auf beiden Seiten die Anteile für Adical, und wie man sieht, ist die Bereitschaft dazu durchaus vorhanden. Mit der Blogkultur nach Lobogusto, die gestärkt werden soll, hat 6 Wochen PR-schreiben vermutlich genauso wenig zu tun wie mit der alten Johnny-Tugend, unabhängig zu bleiben. Hier gehen vier Adicalblogger eben den ganzen Weg und halten sich nicht lang mit Kulturdebatten auf. Dass mit dieser Aktion der von Adical reklamierte Ruf, etwas Besonderes, etwas Anderes, etwas “Besseres” als der korrupte Medienbetrieb zu sein, auf der Strecke bleibt, wird sicher nicht der Schaden der Ebay-PRler sein. Das System der Exclusivvertretung kann Adical allenfalls für Werbung reklamieren; bei PR ist der Dammbruch jedenfalls da.

Wer Work in Progress sehen will – die haben noch unter einer anderen URL was rumliegen lassen:
(http://ebay.markenwerk.net/?cat=6) (http://ebay.markenwerk.net/?p=11) (http://ebay.markenwerk.net/?cat=5) – und um das Bekanntmachen des Ebay-Widget Ebay ToGo scheint es auch zu gehen (http://ebay.markenwerk.net/?p=12)

Ach ja, noch ein kleiner Hinweis an die Teilnehmenden (Männlein wie Weiblein): Lautes Rumnörgeln im Vorfeld an meiner Person weckt nur meinen Verdacht und meinen Sportsgeist.

26.7.2007 | 10:38 von DonAlphonso

Gruner + Jahr: Die Eltern.de können es einfach nicht lassen.

Gruner + Jahr setzt voll aufs Internet, wie sich andere auf die Tretminen setzen. Letzte Woche war voller Überraschungen, die Journalisten zu denken geben sollten: Da wurde die Einrichtungszeitschrift “Decoration” abgedeckt, und die Mitarbeiter müssen jetzt buchstäblich vor die Hunde gehen. Geld fliesst gleichzeitig nicht in klassische Medien, sondern in Mitmachprojekte im Internet. Und ausserdem wollte man aus der zeitschriftenbegleitenden Website Eltern.de die “größte Informations-, Kommunikations- und Shoppingplattform für Familien in Deutschland” machen. Und griff dabei in Frage der AGB und der Verwertung aller von den Usern erstellten Inhalte massiv daneben, und provozierte so einen hübschen Aufstand.

Nach diesem gescheiterten Inhalteraubzug hat da wohl jemand begriffen, dass sie AGB, wie sie geplant waren, vermutlich vor Gericht wenig Chancen gehabt hätten. Aber statt nun eine akzeptable Lösung zu präsentieren – wurde der Hunnensturm neu verpackt und erneut vorgelegt. Der fragliche Abschnitt liest sich jetzt so:

13. Nutzungsrechtseinräumung
13.1 Sämtliche Rechte an Beiträgen von Nutzern, zum Beispiel in Foren und im Familiennetz, verbleiben beim jeweiligen Nutzer mit der Maßgabe, dass der Nutzer dem Betreiber mit dem Einstellen seines Beitrags das Recht gibt, (1) den Beitrag dauerhaft auf der Plattform öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG) und (2) den Beitrag, soweit es sich um einen Textbeitrag handelt, in den Zeitschriften der ELTERN-Gruppe zu vervielfältigen (§ 16 UrhG) und zu verbreiten (§ 17 UrhG) oder bei Werbung aller Art für die Plattform auf jede Weise zu nutzen.

Aber hallo! Da pfeift mein Schwein aber die Raubmörderpolka! Die §§ 16 und 17 der Urhebergesetzes haben es in sich. Wer demzufolge seine Rechte “einräumt”, gibt sie weitestgehendst ab. Und zwar zeitlich und räumlich unbeschränkt:

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

(2) Eine Vervielfältigung ist auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt.

Umfassender als §§ 16 und 17 geht es nach deutschem Recht schlichtweg nicht. Und so weitreichende Abtretungen sind gemeinhin auch bei journalistischen Arbeiten ungewöhnlich. Aber mit so einem Internetnutzer meint man das bei Eltern.de machen zu können. Eine andere Frage wurde, nun, mutmasslich übersehen. Wer sich auf die §§ 16 und 17 beruft, also Rechte derartig absaugt, muss sich auch mit dem dann folgenden § 32 auseinandersetzen, in dem steht:

(1) 1Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. 2Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. 3Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) 1Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. 2Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

Dazu sehen die neuen Eltern.de-AGB natürlich nichts vor. Keine Vergütung, nirgends. Statt dessen muss er damit rechnen, im Gegenteil an Eltern.de Geld abzuführen, wenn es rechtliche Probleme geben sollte. Die AGB führen nämlich weiter aus:

13.3 Der Nutzer stellt den Betreiber und mit dem Betreiber gem. §§ 14 ff. Aktiengesetz verbundene Unternehmen, seine bzw. ihre gesetzlichenVertreter und/oder Erfüllungsgehilfen von berechtigten Ansprüchen Dritter frei, die gegen den Betreiber und mit dem Betreiber gem. §§ 14 ff. Aktiengesetz verbundene Unternehmen, seine bzw. ihre gesetzlichen Vertreter und/oder Erfüllungsgehilfen aufgrund der Nutzung der in diesen Nutzungsbedingungen eingeräumten Rechte geltend gemacht werden. Der Nutzer übernimmt die dadurch beim Betreiber, mit dem Betreiber gem. §§ 14 ff. Aktiengesetz verbundenen Unternehmen oder seinen bzw. ihren gesetzlichen Vertretern und/oder Erfüllungsgehilfen entstehenden gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Rechtsverteidigung.

Sprich: Wenn geklagt wird – ist der Nutzer dran. Wenn er dieses Ding da unterschreibt. Es wird keinen überraschen, wenn ich da dringenst abrate.

25.7.2007 | 15:23 von DonAlphonso

Die Toplistenwichsereien der Quotengeilen

Vorletzte Woche schlug hier eine pampige Mail einer Zeitschrift aus dem Hause Burda auf, wir sollten doch mal eben ein druckreifes Logo rüberschicken, weil sie eine Topliste der Blogosphäre veröffentlichen wollten. Nach dem Motto, wenn sie schon für uns Werbung machen, könnten wir ihnen ja auch etwas die Arbeit erleichtern. Hätte ich ein Abo der Tomorrow gehabt, ich hätte es daraufhinh gekündigt.

Letzte Woche durfte ich dann allerorten kurze, wenig besagende Kommentare von Roman Libbertz (siehe Besprechung hier) aus München lesen. Klang wie der übliche “Nice site”-Spam, und irgendwann wurde es mir zu blöd, ich sprach ihn genervt an, und ich habe meine Ruhe. Trotzdem hat er es mit diesem Ausnützen der Berechnung der Topliste von Blogscout so weit gebracht, dass Dirk Olbertz jetzt den Algorithmus geändert hat. Super Aktion, echt. Und weil die Mutter der Idioten immer schwanger ist, versucht es ein Macher eines Suppenblogs diese Woche mit Linkspam in den Kommentaren.

Und danh meldete sich heute ausgerechnet noch die PR-Firma GlobalCom in Person eines André Puchta, die von den Menschenrechtsbeschränern von Cisco über die Pleitefirma Lernout & Hauspie bis zu einer Tochter der Atmosphärenschädlinge von Lufthansa für alles und jeden zu haben ist – und wollte, dass ich jetzt für sie und eine Wissenschaftlerin kostenlos als Helferlein den Arsch hinhalte, um das mal deutlich zu übersetzen:

gemeinsam mit der renommierten Wissenschaftlerin Dr. Maiken Winter von der Cornell University (USA) möchte die GlobalCom PR-Network GmbH als internationale PR-Agentur eine Klimaschutz-Offensive der “Top 100 Blogger” in Deutschland starten.

Ja ne is klar, immer nur die besten Aabsichten, um an Blogger ranzukommen. Gemeinsame Aktionen in Zusammenarbeit mit GlobalCom, die, wie erwähnt, Lufthansa Systems in den Referenzen führt. Zur Untermalung ihrer angeblichen guten Mission folgt nich dieser Satz aus dem Grundkurs “Blogger verarschen für Anfänger”:

In einem Zusammenschluss der “Top 100 Blooger” möchten wir der gezielten Manipulation von Klimaschutz-Informationen durch Klimakritiker den Kampf ansagen.

Eine PR-Agentur, die Manipulation bekämpfen will – klar, und morgen erzählen die Neonazis, dass sie nur vor die Asylunterkunft gezogen sind, um Flüchtlinge zu beschützen.

Was das Ganze aber besonders widerlich macht: Dieses erbärmliche Schielen auf die Topliste. Und “Topblogger”. Dieses widerliche Ranschleimen. Dieses komplett fehlende Rückgrat. Und umgekehrt, diese völlig Missachtung derer, die nicht in den Toplisten sind. Dem Don Alphonso der Blogbar kommen sie von hinten, der Don Alphonso des GTBlogs, der sich wirklich Mühe gibt und Stunden über der Auswahl von Bildern verbringt, ist ihnen egal. Qualität, Anspruch, oder auch einfach miese Linkwichser, die es über Linkspammereien “nach vorne” schaffen, das alles ist ihnen egal. Nur die Tops interessieren sie, und nur die bekommen den Schleim. Alle andere 1543.827 anderen deutschen Blogger sind egal. Die sollen dann bitte die doofen Topblogger informieren, die sich auf so eine

DUMME TOPLISTENWICHSEREI

einlassen.

Herrschaften: Kein Zweck ist so gut, dass ihn miese PR nicht kaputt machen könnte. Denn entweder ist man gut – oder man braucht PR, Manipulationen und Tricks.

24.7.2007 | 12:14 von DonAlphonso

Blogs abschreiben bei Spiegel Online

Nehmen wir mal an, da ist irgendwo im Netz eine Website, auf der in zwei Monaten exakt drei Beiträge verfasst wurden. Es gibt kein Impressum, keinen erkennbaren Autor, nur die Behauptung, man habe Spitzenkonbtakte und bekäme all die tollen Gadgets dieser Welt als Erste zu sehen. Blöderweise hat sich schon beim ersten Testobjekt, dem iPhone, herausgestellt, dass die Macher der Website nicht wirklich das Ding in der Hand hielten, das ausgeliefert wurde. Offen gesagt, mir scheint es nach insgesamt sechs Berichtigungen im Stil von “Oh, die SIM-Karte ist doch nicht im Telefon eingeschweisst”(!) eher eine Hoax-Site zu sein. Ihr Name: Beforereview.info. Und von einem gewissen “B.G. Lei”, von dem keiner weiss, wer das sein soll, findet sich dort jetzt ein spektakulärer Beitrag über den MP3-Player Zune von Microsoft und Ideen zu Tauschstationen überall in den USA – Dinge, die man normalerweise als Betriebsgeheimnisse nicht auf irgendwelchen anonymen Seiten liegen lässt.

Dann gibt noch ein bislang kaum bekanntes Gadgetblog namens Whizbyte. Auch bei Whizbyte ist völlig unklar, wer es betreibt. Man sucht zwar Mitarbeiter auf freiwilliger Basis, und macht auch sonst einiges, um ins Gespräch zu kommen:

I contacted one of the Microsoft Spokesman, about confirmation on the next gen zune, and they gave me a nice bit of information.

Und gegenüber diesem Blog soll ein ungenannter (!) PR (!) Mitarbeiter von Microsoft mal eben ausgeplaudert haben, was von Zune demnächst zu erwarten ist – ein Haufen schwammiger Absichtserklärungen.

Und aus diesem Haufen Informationsmüll komplett ungesicherter Gerüchte macht Autor Matthias Kremp von Spiegel Online diese Geschichte. In der er – sicher nicht ganz dumm – beide Quellen nicht verlinkt, und sich ansonsten für jede Recherche zu schade ist. Also, liebe Blogger, falls Ihr vom SPON verlinkt werden wollt: Einfach mal losbehaupten, krude Ideen verbreiten, Quellen als ungenannt bezeichnen und schon bald dürft Ihr könnt Ihr guten Mutes sein, dass die grimmepreisträger des Qulitätsmediums Spiegel Online bei Euch abschreiben.

22.7.2007 | 21:17 von DonAlphonso

Trackback und die Kritik

Marius hat hier eine Art Generalabrechnung mit der Sendung Trackback auf dem Jugendsender Fritz des RBB geschrieben. Nachdem vermutlich einige Beteiligte aus nachvollziehbaren Gründen dazu tendieren, nicht weiter auf die darin aufgeworfenen Fragen nach Sinn, Zweck, Ausrichtung und Zukunft der Sendung einzugehen, möchte ich als mehrmaliger Gast der Sendung sowohl unter Johnny Häusler, als auch Holger Klein und einem weiteren Moderator (an den ich mich wegen meines damaligen Asthmaanfalls nur noch schemenhaft erinnere), ein paar Worte sagen.

Generell glaube ich, dass es höllisch schwer ist, Blogs in ein anderes Medium zu hieven. Blogs als PR sind eine glatte Fehlentwicklung. Blogs bei Onlineportalen sind fast immer grottig. Und selbst, wenn sie als gepodcastete Sendung nachher im Netz stehen, ist die Entfernung nohmal erheblich grösser. Will sagen: Der Rezeptionsspagat zwischen versendetem Audio und niedergeschriebenen, kommentierbarem Blog, in dem jeder Teil eines Textes zugreifbar ist, ist sehr, sehr schwer zu bewerkstelligen. Es ist einfach ein anderes Medium, wie ein Spielfilm eben auch nicht darin besteht, dass drei radiosprecher an einem Mikrophon zu sehen sind und das Drehbuch vorlesen.

Was die Moderatoren angeht: Eine Talksendung lebt davon, dass der Moderator Farbe und Persönlichkeit hat. Man muss das mögen, oder man kann es nicht leiden: Es ist darauf abgestellt, dass es nicht einfach durchrauscht. Ein Moderator darf alles sein, nur eines nicht: Auswechselbar. Dass sich bei Trakback inzwischen zwei Moderatoren aus welchen Gründen auch immer verabschiedet haben, ist dann natürlich das grössere Problem. Keine Katastrophe, wenn man bekannt bloggenden Ersatz findet, aber mit Holger und Johnny sind die bloggenden RBB-Moderatoren eben durch.

Das eigentliche Kernproblem ist meines Erachtens aber eines der Thematik. Radio lebt davon, dass etwas relevant ist. sei es witzig, wichtig, ein aktuelles Ereignis, eine durch das Dorf getriebene Sau, eine Debatte, die über das Normale hinausragt. das bringt zwei Probleme mit sich. Einerseits laufen diese angeblich “relevanten” Dinge meist auf ein paar bekannte Nasen hinaus. Was bei mir die Folge hatte, dass ich die vierte (oder war es die fünfte) Anfrage von Trackback abgebogen habe und bat, mal einen anderen zu nehmen. weil, und das ist in meinen Augen das absolute Kernproblem, die Blogoisphäre als Ganzes weder wirklich relevante Themen kennt, noch unumstrittene Meinungsführer. Es kann durchaus sein, dass ein Blogger mal ein gesellschaftlich wirklich wichtiges Thema aufreisst. Aber das geschieht nicht jede Woche, und ist angesichts der Vielfalt der Ereignisse vom niedlichen Katzenblog bis zum islamophoben Blognazi relativ gesehen irrelevant. Im Prinzip bildet die Blogosphäre hunderttausende Parallelwelten allein in Deutschland ab. Und das Problem bei jeder Aussenbetrachtung ist, welche dieser Welten man warum herausgreift. Man kann es sich einfach machen und zu den üblichen Verdächtigen greifen. Aber das wird der Sache an sich nicht gerecht. Und die Begründung, warum Katzenbloggerin Resi genauso wichtig und darstellbar und relevant wie jeder andere ist, warum es eben kein Starsystem gibt, das es zu promoten gälte – das ist in einem auf Relevanz abgestellten Sendemeduíum, das die Relevanz allein zum Dranhalten der Hörer braucht, schwer umzusetzen.

Das ist kein Vorwurf an die Moderatoren, die sich durchaus in einer breiten Aufstellung versucht haben. Aber inzwischen habe ich Zweifel, wie das überhaupt funktionieren könnte. Beantworten müsste das letztlich derjenige, der das Konzept beim RBB durchgebracht hat – aber die “Show mit Spreeblick”, so der Untertitel, hat inzwischen nichts mehr damit zu tun.

22.7.2007 | 0:27 von DonAlphonso

Blogs am Ende der Entwicklung

Vor sieben Jahren hatte ich eine Eingabemaske, einen Sendeknopf, ein Einstellungskasterl der Themen, eine Kommentarfunktion ebenfalls mit Eingabemaske und Sendeknopf.

Heute kann ich einen Haufen Knöpfe mehr haben, und ich brauche keinen mehr, der mir so ein Ding in php programmiert. Was ich aber letztendlich für das eigentliche Bloggen nutze, ist immer noch das gleiche wie vor 7 Jahren. In der Zeit kam und ging sehr viel, da verschwand eine ganze Neue Wirtschaft, und erst tauchte das Wort Weblog auf, aus dem dann Blog wurde. Es gab Modeerscheinungen wie Tag Clouds (nutzt die eigentlich noch jemand?) und diese lächerlichen Snap-Vorschauen, bei denen man keinerlei Inhalte der verlinkten Seite erkannte, und noch so ein paar Effekthaschereien, die vom eigentlichen Text ablenken.

Aber seit 7 Jahren hat sich ansonsten für mich nichts mehr getan. Und ich bin zufrieden damit. Irgendwo werden Antville und WordPress weitergeschrieben, und es gibt auch welche, die Livejournal, Myblog oder angeblich gar MSN Spaces nutzen. Aber auch dort ist die Software äusserst rudimentär, auf das Wesentliche beschränkt, und wer inhaltlich nichts bringt, kommt nicht weiter.

Das erklärt meines Erachtens einerseits den Erfolg von Nichtblognetzwerken und Twitter, die in Sachen zielgerichteter Kommunikation und Kontext klare Rückschritte sind. Es gibt eben Leute, sie ein paar Brocken abschmarren oder lieber 100 Besäufnisbilder hochladen, statt eine Geschichte zu erzählen. Aber die Mittel derer, die erzählen wollen, haben sich zumindest für die Benutzung nicht mehr entwickelt, in all der nun wirklich langen Zeit. Weil es reicht, und weil es keine Notwendigkeit für ein wie auch immer geartetes “Mehr” gibt. Inofern sind Blogs als Prinzip ein äusserst langlebiges Erfolgsmodell wie Alligatoren, und damit dürfte auch die Frage beantwortet sein, ob Blogs eine verübergehende Modererscheinung sind: Sie sind es ohne jeden Zweifel, genauso eine vorübergehende Modeerscheinung wie die menschliche Kommunikation. Und weil die nun mal nicht husch-Hush geht, ohne Zuhören und Argumentieren, wird es vermutlich auch beim altbekannten Interface der Eingabemaske und der Tastatur bleiben. Unsinn in ein Mikrophon oder eine Kamera quasseln geht natürlich schneller, aber das, was Bloggen ausmacht, wird auch noch in 7 Jahren aus einer Eingabemaske und einem Sendeknopf bestehen. Es geht da nicht weiter. Warum auch. Alles ist gut so.

(Dieser beitrag ist eine Art Diskussionsbeitrag zu einer Anregung von Robert Basic, die ich nicht mehr finde. Hm, wie wäre es vielleicht ein intelligentes Suchsystem ;) ?)

Edit: Robert war freundlicherweise so nett, die fragliche Geschichte herauszusuchen. Vielen Dank.

19.7.2007 | 14:16 von DonAlphonso

Who the FCUK is Rupert Murdoch?

Jetzt hat er es fast geschafft. Rupert “der Mann, den sie Gosse nannten” Murdoch, Medienunternehmer wie Silvio Berlusconi und Hoflieferant des globalen Trailertrashs, ist am Ziel seiner Wünsche: Der Dow Jones Konzern mit dem Wall Street Journal gehen wahrscheinlich für fünf Milliarden Dollar an eine Person, in deren Hand man so eine Medienmacht nicht zwingend sehen will. Gewissermassen im Vorgriff auf diese Übernahme von Oben durch Ganz Unten teilte er dem Time Magazine schon mal mit, welche Ideen er so hat:

“What if, at the Journal, we spent $100 million a year hiring all the best business journalists in the world? Say 200 of them. And spent some money on establishing the brand but went global–a great, great newspaper with big, iconic names, outstanding writers, reporters, experts. And then you make it free, online only. No printing plants, no paper, no trucks. How long would it take for the advertising to come? It would be successful, it would work and you’d make … a little bit of money. Then again, the Journal and the Times make very little money now.”

What if…. ja, was wäre eigentlich, wenn nicht nur die Druckereien überflüssig wären, das Papier und die Auslieferer – sondern auch Gestalten wie Murdoch? Gibt es im Internet einen Grund, warum sich herausragende Journalisten nicht ohne eine Figur wie diese Person da zusammentun könnten? Leute wie Murdoch haben sich seit jeher einen Dreck um Qualität gekümmert, denen ging es ausschliesslich um den Profit, und das ist der einzige Grund, warum sie die Infrastruktur weg haben wollen. Gleichzeitig aber ist deren Organisation aber auch der Grund, warum es sie überhaupt gibt.

Qualität ist nur der Vorwand. Aber was ist, wenn, sagen wir mal, sich in Deutschland nur 70 wirklich gute Journalisten zusammentun, hervorragende Leute mit einzigartigen Geschichten, und jeden Tag was anderes bringen als dpa-Tickermüll, wenn es einen schlanken Werbedienstleister gibt, der den Journalisten gehört, und wenn man dafür sorgt, dass das Ding bekannt wird – wozu zum Teufel braucht man dann noch Medienmogule im Internet? Wenn die Aufgaben des Vertriebs, die Journalisten nicht übernehmen können, wegfallen, wozu dann noch die ganzen politisch verstrahlten Gierhälse und ihre Blutsaugerfreunde von den Lobbyisten? Wozu dann noch Controller, die die Ausbeutung forcieren? Wieso soll man nicht alles, was den Journalismus allein durch seine Existenz beeinflust, vergiftet und unterdrückt, mitsamt den Druckereien auf die Müllhalde der Geschichte kippen?

Weil Journalisten Besitzstandswahrer sind, weil sie nach den gleichen zynischen Massstäben wie Murdoch arbeiten, mit minimalem Einsatz ein Maximum an Gewinn wollen, weil es unter ihnen zynische Dreckschweine gibt, die zufrieden sind, wenn sie bei der Pressekonferenz eines Pharmakonzerns in einem Luxushotel einen Blankoscheck über ihre Spesen ausfüllen können, sich anschliessend vollfressen und dann einen lobenden Artikel über ein teures Medikament für chronisch Kranke schreiben (He, Stefan Niggemeier, das ist übrigens der in Leipzig erwähnte Kontext des von Dir verfälschten Zitates), weil sie jeder Veränderung hassen, solange es keinen anderen betrifft, und zu guter Letzt: Weil sie lieber einem Murdoch aus der Hand fressen, als selbst etwas zu wagen.

Und wenn mecom zur Berliner Zeitung und Netzeitung demnächst auch noch die Süddeutsche Zeitung kauft, werden wir vermutlich sehen, wie wenig Eigeninitiative in Journalisten steckt. Das Internet könnte die Schinder, Ausbeuter und Beeinflusser massiv unter Druck setzen, wenn sich mit seinen Mitteln die richtigen Leute zusammentun, nie war es leichter und billiger, und nie waren die Murdochs dieser Welt so ersetzbar wie heute. Wenn diese Personen als Sieger aus den Umwälzungen hervorgehen, liegt das nicht nur an ihrem Können, sondern auch am Versagen derer, die längst nicht mehr ihre Contentsklaven sein müssten.