9.7.2007 | 23:17 von DonAlphonso

WAZ soll das bitteschön?

Manchmal liest man an sich recht harmlose Texte, bei denen einem trotz allem die Spucke wegbleibt. Heute steht bei horizont.net etwas, da höre ich ganze Almwiesen wachsen, über die Nachtigallarmeen marschieren:

Die WAZ will mit der Kampagne vor allem die Vorteile ihres Printmediums in den Fokus rücken. Online habe natürlich seine Berechtigung, wer wirklich Bescheid wissen wolle, komme um die Lokalzeitung nicht herum, so der Tenor.

Die WAZ? War das nicht die Verlagsgruppe, die vor einem Jahr noch mit grossem Bohei in die Web2.0-Zukunft starten wollte? Und dabei einen recht holprigen Start hinlegte, um heute unter Westeins.de und Westropolis.de zumindest ansatzweise versucht, von der grauenhaften alten Website wegzukommen?

Das geht jetzt nicht im Mindestes gegen die Arbeit der neuen Onlineredaktion, aber da gab es in letzter zeit wirklich einen Haufen komischer Vorzeichen aus dem Printbereich: Die Meinung des Chefredakteurs Reitz, Blogger wären “ein paar Wilde“, und “Online First” scheint er auch nicht zu bevorzugen. Und dann das absurde Gerede von Stefan Holthoff-Pförtner, eines Vertreters von WAZ-Gesellschaftern, der Blogger nicht unter dem Schutz von §5 GG sehen wollte, was dann zu dieser gewundenen Erklärung führte. Und nun auch noch eine grosse Kampagne für Print im Gegensatz zum Internet, mutmasslich in zeitlicher Nähe zum Start des neuen Internetportals der WAZ mit Blog, Podcast und Co.

Kann ja sein, dass die WAZ so eine absurde Behörde ist, dass jeder gegen jeden arbeitet. Aber angesichts der enormen Kosten für den Weg in das digitale Mediengeschäft und dem Niedergang von Print fragt man sich als aussenstehender Betrachter schon, was in den Printleuten eigentlich so abgeht. Denn eigentlich sollte das Ziel der neuen WAZ online eben sein, die Leute im Pott umfassend Bescheid wissen zu lassen.

9.7.2007 | 3:19 von DonAlphonso

Vertigo.fm – Vertikal ins Nichts bei StudiVZ

Das waren noch Zeiten im Januar 2007, als StudiVZ mit der ersten kommerziellen Gruppe bei der Studentenflirtcommunity angeben konnte – also, kommerziell im Sinne von ordnungsgemäss über StudiVZ gebucht, nicht wirklich gebuchte, jedoch zielgruppenspezifische Werbung für GangBang und Co. gab es ja schon früher. Jedenfalls hatte man mit Vertigo.FM und dem dahinter stehenden Label Universal einen dicken Fisch, der den Studenten Parties, Konzertkarten und andere Preise versprach. Zuständig war eine gewisse Vicky Butcher, die immerhin ein paar hundert von mehreren tausend Mitgliedern der Gruppe zu Aktionen animieren konnte.

Bis April. Damals nannte man die Gruppe anlässlich der neuesten beworbenen Band um in “Vertigo.fm feat. Boundzound”, und veranstaltete das nächste Gewinnspiel, das seine Sieger am 13. Mai bekannt geben sollte. Es folgten ein paar Verzögerungen, dann endlich die Bekanntgabe – und seitdem ist es still geworden. Nur noch ein paar Selbstdarsteller schreiben was, und die Website zum letzten Künstler unter http://www.studivz.net/vertigo_boundzound.php sagt:

Fehlermeldung
404 Das angegebene Dokument konnte nicht gefunden werden

Soviel also zum Vorzeigekunden. StudiVZ hat zwar viele Page Impressions, aber offensichtlich nicht allzu viel Glück, diese Masse in Einnahmen umzusetzen. Schliesslich sollten diese speziellen Gruppen eine besonders tolle Vermarktungsmöglichkeit sein. Amüsanterweise gibt es zwar noch andere Gruppen, aber die werden von einer zum StudiVZ-Besitzer Holtzbrinck gehörenden Buchcommunity und einem ostelbischen Junkerblättchen namens Zeit betrieben – ebenjene Zeit, die sich nicht um studivz-kritische Beiträge drängelt und ebenfalls zu Holtzbrinck gehört. Mal schain, wie lange diese Gruppen so laufen – und über eine nette Besonderheit wird da auch noch zu berichten sein, Stichwort Daten und wer sie nutzt.

7.7.2007 | 10:04 von DonAlphonso

Mobloggen – da war doch mal was?

Inzwischen ist die Blogbar schon so alt, dass sie so einiges hat kommen und gehen sehen: Profiblogs von bekannten Medien, PR-Blogs, Second Life, Blognetzwerke… Man müsste mal wider eine Liste aufstellen von Ideen, die eine eigene Vitrine des Museums of the Future that never happend verdienen.

Mobloggen – das Blogfüllen vom Mobiltelefon aus – ist so eine Sache. Früher, so um 2004 glaubten manche, der Durchbruch der Bloggerei käme, wenn erst mal alle Handynutzer die Gelegenheit hätten, mit ihren Multimediahandies das Leben online zu dokumentieren. Endlich das passende Gerät zum mobilen Lebensstil, vom vielreisenden Manager bis zum Partygirl in Berlin Mitte, die ihren Freunden daheim in der schwäbischen Provinz das aufregende Leben der sog. “Spreemetropole”, der grössten schwäbischen Stadt nach Stuttgart, vorführt. Und dann war da noch der Haareschneider, der das Rumschnibbeln an sog. Promis bloggen sollte. 2004 hat der Mobilfunkkonzern Nokia seine Werbekampagnen für hochpreisige Modelle weitgehend auf das Bloggen abgestellt, und ich hatte damals die Möglichkeit, das allermodernste Handy zu testen.

Mein Urteil war – völlig unbrauchbar. Angefangen von den Problemen mit dem Datenkabel über die nervige Software bis zum Handling des Mobilknochens. Ich kenne bis heute niemanden, der ein Nokia Lifeblog nutzt, das inzwischen in der zweiten Version auf dem Markt ist, oder sonstwie signifikante Teile seines Blogs über ein Handy füllt. Ein Eindruck, der sich bestätigt, wenn man sich anschaut, was denn so über diese Funktion geschrieben wird. Drei volle Jahre hatte Nokia jetzt Zeit, das Thema voranzubringen. Es ist ihnen nicht gelungen, obwohl die Handies angeblich auch mit der beliebten Blogsoftware Wodpress kooperieren. Der ganze Enticklungsschub der Blogosphäre von einem weitgehend unbekannten Randthema zu einem Thema mit erheblicher Medienpräsenz ist völlig an den Handyherstellern und den Mobilfunkkonzernen vorbeigerauscht.

Meines Erachtens liegt das nicht nur an den Dinosaurierstrukturen der Konzerne und der Überladenheit modernen Mobilfungeräte, sondern schlichtweg daran, dass Handynierer generell eine andere Zielgruppe mit anderen bedürfnissen als der Computernutzer ist. Eigentlich nichts Besonderes, aber nach einer Stunde in alten Pressemitteilungen zum Thema muss man sich das wieder in das Bewusstsein rufen. Man hat unterwegs einfach nicht die Ruhe, auf so einer Mobilkiste längere Texte zu schreiben – und die wenigen, die es doch tun, sind inzwischen bei Twitter und langweilen dort die Welt mit SMS-Belanglosigkeiten. Die grosse Revolution durch die Handynutzer ist ausgeblieben. Für mich ist das in Ordnung: Ein gut formulierter, durchdachter Text ist mir sehr viel lieber als die Moblog-Bröckchen, die einem Handienerer vorwerfen.

5.7.2007 | 20:37 von DonAlphonso

Technorati bröckelt

Es gibt erfolgreiche Startups. Die haben einen Markt, gute kunden, schreiben Gewinn und werden eher früh als spät als lohnendes Objekt für einen Kauf durch Google, Yahoo, Microsoft oder einen anderen Giganten entdeckt, der die kleine, coole Firma in einem Jahr in den Abgrund wirtschaftet.

Und dann gibt es noch die Blogsuchmaschine Technorati. Technorati treibt sich auf dem nicht wirklich attraktiven Bereich der Blogosphäre herum, hat einen umstrittenen Relaunch und eine in Peinlichkeit ersoffene Kooperation mit der bloggerschmierenden Agentur Edelman hinter sich, kein erkennbares Produkt, und die Nutzerzahlen scheinen auch nicht wirklich gigantisch zu sein. Man hört immer wieder davon, dass Technorati auf der Suche nach einem Käufer ist, was angesichts des investierten Risikokapitals nicht wirklich überrascht. Und wenn so eine Firma verkauft wird, bleiben die führenden Mitarbeiter in aller Regel an Bord. Einerseits will man sich als funktionierendes Team präsentieren, andererseits haben Manager beim Verkauf meist auch Anteile an der Firma, und bekommen gutes Geld.

Und wenn ich jetzt lese, dass bei Technorati drei führende Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, dann sieht es nicht wirklich nach einem baldigen, erfolgreichen Verkauf oder einer glanzvollen Zukunft von Technorati aus. Was die möglichen Käufer angeht: Google hat eine eigene Blogsuche, Yahoo hat sich von der grossen Idee eines blogbasierten Yahoo 360° weitgehend verabschiedet, Microsoft, Murdoch/Myspace und AOL setzen auf Binnenlösungen, und wer sich mal eine Weile mit Technorati auseinandergesetzt hat ahnt, dass die technischen Probleme sicher weitere Investitionen nach sich ziehen werden. Aber kein tragendes Geschäftsmodell.

Aber wer weiss, vielleicht wird es ja am Ende von Springer oder Holtzbrinck aufgeschlunzt.

5.7.2007 | 12:55 von DonAlphonso

Über kommerzielle Trackbacks

Ich war gestern in München, in einem Studio des Rundfunks, und deshalb offline. Als ich dann wieder an meinem Rechner sass, poppte schon das Chatfenster auf, in dem sich ein Adicalblogger beschwerte, ich würde seine Kommentare und den Trackback bei diesem Artikel als Spam blocken. Abgesehen davon, dass ich das technisch gar nicht kann, hatte unser scharf eingestelltes Spam Karma tatsächlich den Kommentar gefressen – sowas passiert immer wieder mal, das ist keine Absicht. Also habe ich den Kommentar rausgekramt und veröffentlicht, und seitdem ist das kein Problem mehr.

Beim Hinabsteigen in den Leichenkeller fand ich auch noch ein paar Trackbacks, die Adicalblogger gestern auf den gleichen Beitrag gesetzt haben. Dass denen die Debatte nicht wirklich behagt, verstehe ich, dass sie darüber reden und denken wie der notorische Frank “Dr.” H., zeigt den Weg, den diese Szene inzwischen leider gegangen ist. Besagte Person meinte sich übrigens auch mit einem Trackbakck hier “verewigen” zu müssen.

Ich habe die Trackbacks im Spam Karma belassen und den neu Hinzugekommenen ebenfalls dorthin befördert. Und beschlossen, heute etwas darüber zu schreiben.

Meines Erachtens gibt es generell bei denen, die Trackbacks auf ander Leute Blog setzen, zu wenig Zurückhaltung. Es mag ja nett sein, wenn einer mit “Johnny hat mal wieder total recht” verlinkt, aber solche in aller Regel diskussionsfreien Trackbacks stören erheblich bei den laufenden Debatten. Weil man durchaus beim Trackbacksender nachschaut, und dann eben vor diesem Textmüll steht. Dann gibt es noch den “Fall Sajonara”, möchte ich ihn nennen, dessen auch für andere typische “Ich kleiner Blogger sage der grossen Welt was ich vin dem nicht ganz so kleinen Don halte”-Trackbacks hier in einem Textumfang aufschlagen, der einen schlechten Vorgeschmack des öden Geseiere des Originalbeitrags vermittelt. Und dann auch noch den H., der demnächst vielleicht mal wieder rumschreit, weil ich seinen Trackback gelöscht habe, und wie ein ungezogenes Balg den nächsten Trackback unterzubringen versucht. Und was da an kleinen Schmuddelkindern zwischen TAZ und Bloghütte sonst noch heult, weil man nicht jeden Dreck im Sandkasten rumliegen lässt.

Mal abgesehen vom nervenden Kindergarten: Blogs basieren auf mitunter kontroversen Diskussionen. Diese Diskussionen können gerne auch auf verteilten Blogs stattfinden. Es verlangt vom Sender eines Trackbacks ein gewisses Mass an Ausformulierung und Verständnis der möglichen eigenen Debatte, um mit diesem Mittel sorgsam umzugehen. Und es sollte besonders dort vorhanden sein, wo die Diskussion mehr oder weniger Vehikel für kommerzielle Zwecke ist. Es ist nicht ausgeschlossen, auch kommerzielle Blogger können tolle Texte schreiben – warum auch nicht?

Aber da gibt es so ein paar Sachen, die gehen gar nicht. Billiges Linkbait und Anlocken der typischen Mitkommerzler etwa, wie hinter dem Trackback von Rene (Nerdcore) gestern. Oder die Leute, die zwischen Beitrag und den Kommentaren die Werbung einbauen. Ich empfinde das als eine wirklich unverschämte Missachtung der Diskussion, da wird der Beitrag der Nutzer zum Vehikel der Werbebetrachtung. Wer so etwas tut und dann von hier auch noch Leser haben will, macht es des Geldes willen, aus kommerziellen Interessen. Zumal die Leserzahlen der Blogbar durchaus signifikante Besucherzahlen bringen. Und das Ganze, ohne dass man sich an der grundlegenden Debatte beteiligen würde.

Mich erinnert das alles sehr an das Verhalten, das Mr. Burns bei den Simpsons an den Tag legt, wenn er irgendetwas haben will. Dieses Geschleime um Aufmerksamkeit, dieses Reindrängeln, von dem jeder weiss, dass es allein der Gier geschuldet ist, das Geplärre nach den Smithers oder wie diese Gestalten in der Blogosphäre auch immer heissen wollen – das nervt. Weil es so billig ist, so kurzfristig, so affektiert. Ich sehe diese Trackbacks und denke, eigentlich müssen sie mir danken, dass ich diese Gschaftlhubereien nicht öffentlich darstelle.

Macht das bitte in Eurem eigenen verstrahlten Atomkraftwerk. Hier ist nicht Springfield. Hier ist der Ort, wo man sich schon mal grundlegende Gedanken darüber macht, wieso aus einem sinnvollen Instrument der Diskussion inzwischen ein Speilplatz der Beutelschneider wurde. Und wie man dem abhelfen kann. Und zwar so, dass das sinnvolle Instrument erhalten bleibt, und ich nicht alle paar Stunden den nächsten Kommerzheini in das Spamkarma treten muss.

4.7.2007 | 11:58 von DonAlphonso

Der grosse kommende Blogverkauf

“Galubst Du wirklich, Xxxxx würde sein Blog verkaufen?”

stand heute Nacht in einer Mail. Ja. Ich glaube durchaus, dass eine grosse Zahl sog. A-Lister ihre Blogs verkaufen würden, gäbe es dafür Kunden. Was beim Thema Bloggen nicht nur mir ab und zu seltsam vorkommt, ist der Gedanke, was in 10 Jahren sein wird. Der Gedanke ist ok, wenn man einfach so vor sich hinschreibt, aber die Mehrheit der bekannten deutschen Blogs tut das längst nicht mehr. Für die ist Bloggen zumindest ein Stück Beruf und Nebenverdienst. Und die erleben momentan meist etwas sehr unerfreuliches:

Die Leserzahlen stagnieren. Auch Verlinkungen vom Spiegel und anderen Medien helfen nur noch kurzfristig. Die Folge ist, dass manche Leute inzwischen die Schlagzahl irrwitzig angehoben haben, in der Hoffnung, dass die Leute täglich 10, 20 mal reinschauen und es dafür fünf Verlinkungen gibt. Das führt zu taktischen Postings entsprechend der üblichen Lesephasen der typischen Cyberslacker und der Neigung, sich an den umsatzschwachen Wochenenden eher zurückzuhalten. Insofern funktionieren diese Blogs schon wie ein Medienbetrieb. Dann gibt es noch die Neigung, innerhalb der Werbenetzwerke zu verlinken, um da nochmal das Maximum an Besucherzahlen rauszukitzeln, und dann… vielleicht noch ein bisschen hier und da eine Idee bei denen klauen, die sich kritisch mit dem auseinandersetzen, was man als Adical mit Yahoo beworben hat, dann…

dann ist irgendwann Schluss.

Irgendwann erreichen Blogs nicht in ihrer Gesamtzahl und thematischen Breite, sehr wohl jedoch bei den Leserzahlen eine Obergrenze, durch die man nur sehr schwer stösst. Was für normale Blogger völlig wurscht ist, kann für Problogger schnell grauslig werden. Und damit kann man sich dann die nächsten Jahre rumschlagen, wenn man Glück hat und nicht andere an einem vorbeiziehen. Und das wird der Moment sein, wo die kommerziellen Blogger verkaufen werden. Es hat sich zwischenzeitlich beim Hype um Second Life schon mal sowas angedeutet, und es wird für diesen Kreis irgendwann in naher Zukunft marktwirtschaftlich sinnvoll sein, zu verkaufen, bevor es zu stressig wird, das erreichte Niveau zu halten.

Wenn es soweit ist, wird man hier davon lesen.

3.7.2007 | 23:19 von DonAlphonso

Die Erneuerung der Blogbar

hat ihren Grund vor allem darin, dass die Grundidee der Buchbegleitung inzwischen weitgehend obsolet ist. Der im Buch behandelte Konflikt Blogger vs. Journalsiten wurde schon bei der Vorstellung Anfang 2004 totgesagt und ist heute lebendiger denn je, manche Aussage hat sich bewahrheitet, und das Nischenthema ist in das Zentrum eines nicht immer positiven Interesses gerückt, mit allen Risiken und Nebenwirkungen, die man vor drei Jahren nicht erwarten konnte – im Guten wie im Schlechten. Die Softwareempfehlungen von 2004 entsprechen nicht mehr dem heutigen Stand, ein Pressebereich für das Buch ist mittlerweile überflüssig.

Insofern ist es nur logisch, diverse alte Funktionen ins Archiv zu packen. Alle alten Beiträge bis zum 1. Juli werden deshalb immer noch im alten Layout angezeigt, die neuen hingegen erhalten die nicht ganz unumstrittene Art-Deco-Optik. Dennoch bleibt die Blogbar eine weiterführende Arbeit an den Thesen des Buches, eine Art Service für die Käufer und darüberhinaus – nun, ich denke, man muss nicht gross erklären, was die Blogbar wurde und wofür sie steht. Ich weiss noch immer nicht genau, wieviele Leute das hier lesen, Verlinkungen sind mir weitgehend egal, solange es keine störende Trafficsaugerei ist, und eine Blogroll gibt es hier auch nicht. Auch keine Werbung. Und –

auch keine Kooperation mit einem Medienunternehmen. Das stand Anfang des Jahres mehrfach zur Debatte, denn neben den üblichen Scharlatanen, die hier auf ihre Projekte hinweisen wollen, hatten sich auch ein paar seriöse Medien gemeldet, die Interesse an einer journalistischen Zusammenarbeit mit der, wie es einmal hiess, “Marke Blogbar” hatten. Wenn ich schreibe “journalistische Zusammenarbeit”, dann ist genau das und nur das gemeint, keine Werbepartnerschaft, keine Vermarktung, keine Promotion irgendwelcher Medien. Meine Prämissen bei den Gesprächen waren: Journalistische Unabhängigkeit, wenn es inhaltlich sein muss auch gegen den Partner, verlässliche, langfristige Zusammenarbeit, im Gegenzug dafür eine inhaltlich erweiterte Plattform im Netz und Beratung für Heranführen alter Medienkolosse an das, was gerade im Netz geschieht.

Die Gespräche waren äusserst interessant und haben in mir ein paar Erkenntnisse reifen lassen:

1. Es gibt kein Interesse an der Menge journalistischer Freiheiten, die ein Blog meines Erachtens braucht.

2. Die Branche ist komplett durchgeknallt und denkt nicht in Jahren, sondern allenfalls in Monaten.

3. Aber der Irrsinn hält sie nicht davon ab, Entscheidungen auf die ganz lange Bank zu schieben und rumzuwackeln.

4. Bis Medien dort ankommen, wo Blogs heute sind, werden Jahre vergehen – wenn das überhaupt reicht.

5. Die Kontrollfreaks sitzen nicht bei denen, die die Sache wirtschaftlich leiten, sondern in den Redaktionen.

6. Und solange mein Konto im Plus ist, ist es angenehmer, dem Niedergang der Medien von aussen zuzuschauen, denn zu versuchen, im Inneren bei beratungsresistenten Leuten etwas zu ändern, die im tiefsten Inneren das Internet der Blogs, Wikis und Communities hassen und verabscheuen.

Was bedeutet: Die Blogbar bleibt komplett unabhängig und dockt nirgendwo an. Ich persönlich wüsste nach den Gesprächen ohnehin nicht mehr viele Konzerne, bei denen mich so etwas interessieren würde, und ich glaube, dass diese Ignoranz überall zu finden ist. Bildlich gesprochen: Ich gehe lieber weiter wellenreiten, statt die Planken von Ozeanriesen zu schrubben, die unter der Wasserlinie komplett durchrostet und verfault sind. Den Job werden in Zukunft andere Blogger übernehmen, man sucht ja weiter, nur eben nach Leuten, die sich unterordnen und den bloggenden Grüssaugust im 2.0-Medienmix von der Spannergemeinschaft bis zur Wirtschaftszeitung machen. Dass es zu einer Art “Huffington Post Deutsch” kommt, halte ich inzwischen für ausgeschlossen. Und ich finde das noch nicht mal schlimm.

Also, lasst uns wellenreiten gehn – den Spass leisten wir uns, wenn wir die 60.000* Jahresgage dafür in den Wind schiessen.

* vollzeit, fest, knallharter arbeitsbeginn und branchenübliche überstunden für weitaus mehr gerödel als nur die blogbar füllen

3.7.2007 | 14:24 von DonAlphonso

Wieder Widerliches bei Trigami

Schön langsam bekomme ich einen milden Hass auf die Leute, die für ein paar Euro ihr Blog für billige und möglicherweise in Deutschland steuerlich problematische PR-Schreiberei an die Schweizer Firma Trigami und deren sogenannte “Tests” zur Verfügung stellen. Und ab heute überlege ich mir, ob ich nicht jeden Trigamiautoren nicht einfach automatisch in den Spamordner kippe, denn manche derer Kunden sind nicht nur penetrant, sondern wirklich die Pest. Wer von sowas Geld nimmt, sollte sich mal nach der publizistischen Verantwortung fragen, und solange denke ich schon mal drüber nach, wie Überweisungen ohne Rechnung an den eigentlichen Kunden über die Schweiz und einen Mittelsmann hierzulande rechtlich zu bewerten sind.

Zur Sache, Freunde der Blasmusik: Zu Beginn war da die Sache mit dem “Hilfswerk”, hinter dem eine evangelikale Sekte mit Wunderheilern und Kreuzzüglern steckte. Damals machte man bei Trigami ein schönfärberisches Interview mit einem Vertreter ihres Kunden, und hier schlugen die Freunde der Firma als Trolle auf. Dann kam die “Pokerschule” mit angeschlossener Pokerplattform, die schon mal über Blogscout.de Spam absetzen wollte. Als das Thema bei Robert diskutiert wurde., meldete sich ein Gründer von Trigami mit folgendem Gejammer zu Wort:

“Es ist nicht die Aufgabe von trigami, Kunden und ihre Vergangenheit vollständig zu überprüfen.”[…] Kann es wirklich unsere Aufgabe sein, Ethikkommission zu spielen? Jeder Blogger hat andere Wertvorstellungen. Jeder Blogger legt Sachverhalte anders aus. Wir sind nicht Papa der Blogosphäre. Die Blogosphäre ist alt genug, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Und jetzt? Jetzt ist Yourcha an der Reihe, ein angebliches Recruitungportal, das ungefragt Post verschickt und personell sehr eng mit der Adresss- und Datensammelfirma GlobalGroup verknüpft ist, und sehr seltsame Geschäftspraktiken an den Tag legt:

laut allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen registrierte Arbeitnehmer die kompletten Rechte an ihren Daten Yourcha zur Nutzung übertragen.[…] Ärger gibt es auch mit den angeblichen Kundenunternehmen. Knapp 280 Firmen suchten über Yourcha nach Mitarbeitern, behauptet Sven Reuter. Doch offenbar schmückt sich die Plattform mit falschen Referenzen: „Da sind wir definitiv nicht Kunde“, versichert Doreen Haase von der Kommunikationsagentur TC Gruppe, deren Logo noch kürzlich auf der Yourcha-Homepage durchlief. Dem kann sich Daniela Denninger vom Museum für Moderne Kunst (MMK) Frankfurt nur anschließen: „Von Yourcha höre ich heute zum ersten Mal.“ Die Werbeagentur Publicis, die Großbank UBS – sie alle haben nach eigenen Aussagen nichts mit Yourcha zu schaffen, obwohl das Unternehmen sie als Kunden nennt. Immerhin: Kurz nach den karriere-Recherchen verschwanden die Logos sämtlicher Unternehmen – darunter auch Konzerne wie Audi und VW – von der Homepage.

Und prompt finden sich wieder Trigamiautoren, die das ganze toll finden und keine Sekunde Zeit für eine Recherche investieren, bevor sie diese Firma hochjubeln – siehe letzten Abschnitt dieser Besprechung. Dort findet man dann gekauftes Lob wie “Wer auf der Suche nach einem Job ist, hat hiermit sicher eine große Chance!” oder “Innovative Jobsuche”.

Mal schaun, womit sich Trigami diesmal rausredet. Vielleicht dient der letzte Abschnitt ja als Beleg dafür, dass es tatsächlich Tests sein sollen, und keine bezahlte, hierzulande zumindest problematische PR. Die Alternative, das “Wir können uns nicht als Moralwächter aufspielen”, ist dank Johnny Häusler von Adical inzwischen schon sowas wie der Persilscheinklassiker einer Blogwerbebranche, die spielend alles unterbietet, was die klassische Weisspulverbranche so bietet. Eventuell empfiehlt sich auch ein Zusammenschluss mit zafikal (immer in ultra-hipper Kleinschreibung und fett bitte) ;), die sagen wenigstens, was andere nur denken.