12.3.2007 | 14:01 von DonAlphonso

StudiVZ – das mit dem Einloggen kann dauern.

Ich kenne ja Holtzbrinck Networx, den Vorgänger von Holtzbrinck Ventures, ein wenig aus der schlechten, alten Zeit der New Economy. Die schickten 2001 ihre Leute auf das Kick-off-Meeting des Münchner Business Plan Wettbewerbs, wo sich Teams vorstellten, die nichts hatten als eine Idee, die Marketing-Frau und einen CFO, die anderen Leute suchten sie gerade. Da wuselten dann schon die Talentscouts rum und wollten Firmen, die man in 6 Monaten an der Börse verkaufen wollte, sobald sich der Nemax gefangen hat. Seit der Zeit ist meine Meinung über “Corporate Venture” (CVC), Risikokapital von Firmen, nicht wirklich vorteilhaft. Aber vermutlich macht genau dieser Approach den Vorteil für Gründer aus, wenn sie sich darauf einlassen: CVCs betreiben das alles als Hobby und setzen Firmen nicht die Knarre ins Genick, wie das echte VCs tun, die nur vom Verkauf solcher Klitschen leben.

Vermutlich hat sich da nicht viel geändert, und der Topzukauf von Holtzbrinck, das dank Geldknappheit, anstehender Finanzierungsrunde und diversen Krisen übernommene Studentenportal StudiVZ hat immer noch leichtes Spiel. Auf den Kongressen wichtelt Holtzbrinck mit den geplanten Megagewinnen rum, währen innen auf den Servern die Kacke am Dampfen ist. Denn nach dem mutmasslich letzten (merken die das überhaupt?) erfolgreichen Hackerangriff hat sich bei StudiVZ noch nichts wirklich normalisiert: Nicht nur, dass man nach aussen hin die Probleme kleiner darstellte, als sie innen waren: Mehrere tausend Nutzer und darunter auch ein Account, den ich näher kenne, können sich nach Angaben mehrerer von einander unabhängiger Quellen noch immer kein neues Passwort verschaffen, das nötig wäre, um den Dienst zu nutzen. Heute nun wurde mir eine Mail eines Servicemenschen von StudiVZ zugespielt, der auf eine Anfrage eines Nutzers folgende Weisheiten aus dem Maschinenraum des Bonkers zum Besten gab:

Ich fürchte du musst dich einfach noch ein bischen gedulden. Ich weiss, dass es keinen großen Spass macht herumzuwarten, allerdings hat genau das bei mir geholfen,sodass ich nun nach 2 Wochen wieder auf meine Seite komme.

Und, noch schöner:

Es kann manchmal Wunder wirken Firefox (Version 2.0) in Verbindung mit unserer Seite zu benutzen.

In einem internen Forum bei StudiVZ hat der Pressesprecher übrigens verlauten lassen, dass der Hack auch darauf zurückzuführen sei, dass StudiVZ der “Staatsfeind No. 1” der Hackerszene sei. Wobei ich mich schon frage, ob da nicht jemand einfach aus Versehen was Falsches in die URL-Zeile eingegeben hat. Oder was auch immer man machen muss, um einen StudiVZ-Server zum Ausspucken aller Daten zu animieren.

Vielleicht reicht ja auch schräg anschauen. Unter Firefox 2.0.

10.3.2007 | 20:40 von DonAlphonso

Next2Years oder schauen wir in die Zukunft

In den nächsten Monaten wird sich zeigen, dass es mit dem Geldverdienen in der Blogosphäre und den angeschlossenen Kommunikationskanälen kein leichtes Spiel wird. Man müsste das mal genauer begründen, aber meines Erachtens hat das so gut wie alles mit der Natur der Leser zu tun. Blogleser sind nicht medienkritisch, aber sie sind genauso zynisch wie die Käuflinge, die sich für Beiträge schmieren lassen, bezahlte TV-Trashformate in ihre Blogs aufnehmen oder sonstwie das tun, was die einschlägigen Weisspulverbranchen wollen. Was dann auch unmittelbare Folgen auf diese Branche haben wird. Erste Anzeichen wurden vor kurzem an die fabelhafte Strumpette geleaked: Demzufolge ist die entsprechende Unit beim Vorreiter Edelman, einer hier wohlbekannten Truppe von Fakebloggern, aktiven Schmierern , Powerpointakrobaten und anderen Feinden der Meinungsfreiheit, kurz vor dem Ende eines glücklicherweise nicht allzu langen Weges ins wohlverdiente Nichts angekommen.

Projection: The venture can survive for less than 16 months (or 4 months after their 1 year anniversary February 16, 2007). We predict that without additional funding, the practice will be shuttered sometime the end of June, likely sooner.

Auch auf grandiose Business Blogs der deutschen Niederlassung warten wir vergeblich, und wie lange das Aufbauschen der Blogosphäre als Krisenmoment oder Chance für die Firmenkommunikation noch gut geht, weiss keiner. Nach der CeBit werden dann ein paar Konzerne auf die Clickraten ihrer mit sog. “Pro-Bloggern” bestückten Blogs schauen und feststellen, dass es der langen Geschichte von PR-Pleiten ein weiteres schillerndes Kapitel hinzugefügt hat. [Disclosure: Mit lagen Angebote vor, ich habe aber abgesagt, weil ich Eventbloggen für sinnlos halte, wenn es nicht verdammt gut gemacht ist. Und wir reden hier über die ödeste Veranstaltung seit Erfindung des Privatfernsehens] Und jünger werden auch die nicht, die glauben, ein grösseres Blog mit seinen maximal 2-10.000 taglichen Visits wäre eine scharfe Sache, auf die Werber stehen.

Das stellt uns vor ein Problem. Wohin mit diesen Leuten? Es gibt welche, die auch weiter bloggen, weil es ihnen um das bloggen geht, aber was tun mit denen, die der Goldrausch anschwemmte? Irgendwann sind die finanziellen Reserven aufgebraucht, die Agenturen werden sich der eingekauften Mitesser entledigen, die unsichere Einkommenssituation lässt sich auch nicht immer bei Muttern aufbessern, und Kolonien, in die man in bester britischer Tradition missratene Schleichwerber, Pleitiers und moralisch fragwürdige Leute schicken könnte, gibt es im Internet nicht. Statt dessen

– Second Life: Hat den Vorteil, dass es jeder machen kann und genauso billig wie bloggen ist. Bei 1/1.000 der potenziellen Reichweite, und wer Geld verdienen will, sollte sich schnell mit den bei xxxsupafreaggynudehardcore.com üblichen Verhaltensmustern vertraut machen. Prima besonders für Männer, deren Stimme nicht wirklich zu klassischem Telefonsex passt.

– Johurnaille: Blöderweise ist es auch beim Bloggen schon so, dass man ohne Schreibfähigkeiten nicht wirklich bekannt wird. Auch die durchschnittliche Podcast-Qualität reicht nicht aus, um mittelfristig für Medien etwas anderes zu werden, als ein Kostenfaktor. Auch eventuell mögliche Bestechungssummen helfen da allenfalls dem Verfasser, nicht aber dem Medium weiter. Insofern ist das allenfalls etwas für Leute, die wirklich gut sind – aber die haben es eigentlich nicht nötig.

– Beratung: Kurzfristig vielleicht möglich, bis jemand auffällt, dass die anderen, die einen toll finden, nur andere Arbeitslose sind, die ebenfalls Berater sein und empfohlen werden wollen (der sog. “OpenBC-Effekt”). Auch Berater müssen mehr können als Powerpoint, solange sie nicht den einschlägigen Powerpointkönnerfirmen wie SinnerSchrader, Edelman oder KemperTrautmann angehören.

– Werbung: Wo ist das der Blogosphäre entsprungene Werbergenie? Hm? Ist hier jemand? Ein wenig mehr als Adsense und Googlespam sollte schon sein.

– The Next Big Thing: Jeder kann mitmachen, alle sind dabei, es ist das ganze neue Internet X.o1beta hoch 2. Rumor has it, dass es sehr viel mit Communities zu tun haben wird, Identität im Netz, always on, virtual Citizenship, Interaktion, spielerischer Durchdringung des datenschutzes durch Buzz Opportunities und das Netz als Mainframe der Existenz. Nix mehr von Kultur und Flames, sondern brand driven 24/7-Bespassung on all Channels feat. local based E-Commerce und Advertising powered, damit alle ihr Word of Mouth aufmachen und Consumer driven Media branden. Die werden dann mitleidig zurückblicken auf die Geschichtenerzähler in ihren Blogs, das hatten sie auch mal, aber das ist so was von 2003.

Hm.

Kann bitte jemand das Next Big Thing bitte schnell erfind …. Was? Gibt´s schon? Und Edelman-Posterboy Robert Scoble Steve Rubel findet das auch ganz doll? Twitter? Ah, Robert hat die Fakten. Sowas wird es werden. Oder die neuen Communities der Medien. Was auch immer. Solange es keine Blogs sind.

9.3.2007 | 1:57 von DonAlphonso

Schlamm sinkt nach unten

Im Fall des VW-Werbeblogs mit einer Figur, die man in Deutschland als “Humor” auffasst, gibt es abschliessend bei Robert Basic eine leicht ernüchternde Umfrage sowie einen Link zu einem selbstlobenden Interview der Macher, das Ende letzten Monats entstanden ist. Darin feiern sie die Nutzerzahlen des Blogs. Ein klein wenig zu früh.

Denn die Geschichte hat in der letzten Woche zahlenmässig einen Haken bekommen. Die Klamotte um den Fahrschüler in einem trostlosen Kaff Westdeutschlands lief natürlich auf zwei Höhepunkte zu: Die Fahrprüfung am 2. Mai sowie die Überleitung zur Fortsetzung, die heute zu sehen war. Hätte die Viralkampagne voll eingeschlagen, müsste in dieser Woche eigentlich der Höhepunkt der mitfiebernden Zuschauermassen erreicht sein. Besonders, nachdem zwischen 22. und 26. Februar grosse Onlinemedien wie Spiegel Online und die Süddeutsche das Thema hatten – am Rande, es sagt viel über Journalismus aus, wenn sie Blogs nur dann umfassend wahrnehmen, wenn es sich um eine Marketingkampagne handelt. Aber: Auch der Schub durch die Medien half nicht, nach dem 26. Februar ging das Blog in einen steilen Sturzflug:

Nur noch rund 15.000 Besucher wollten das Blog während der letzten Tage sehen – viel für die Blogosphäre, aber nur noch die Hälfte der Besucherzahlen des Hohepunktes, ein Viertel weniger als zu den normalen guten Zeiten, und durchwegs weniger als nach dem 12. Februar. Auch die Zahlen bei Alexa, die man mit Vorsicht behandeln muss, zeigen Aufstieg und Fall recht schön auf:

Dazu kommt, dass in der letzten Woche auch der Anstieg der Verlinkung in der Blogosphäre stark gebremst wurde: Von über 90 neuen Blogs runter auf 37. Ich würde mal gewissen Grinsen im Gesicht sagen: Da ist nach meinem Gefühl die Luft draussen. Einen Haufen ehemaliger Fans scheint die Geschichte, der Typ oder am Ende sogar der VW Opel nicht mehr zu interessieren, der Rest dürften die Hardcorefans der Figur sein.

Muss es auch geben, wa, Freunde.

8.3.2007 | 20:56 von DonAlphonso

Sueddeutsche.de und die Internetkriminalität

“Diebstahl” – so bezeichnete der stellvertretende Chefredakteur Bernd Graff von Sueddeutsche.de, der Onlinetochter der Süddeutschen Zeitung, den Download von urheberechtlich geschützter Musik im Internet. Nicht nur, weil es angesichts von eher banaler Urheberrechtsverletzung eine dummdreiste Übertreibung ist, sondern auch wegen der gesamten einseitigen Haltung wie aus den PR-Anweisungen der Musikindustrie war der Artikel für mich im Januar der Tiefpunkt im Angebot der äusserlich renovierten, inhaltlich aber zunehmend peinlich agierenden Website. Man entblödete sich nicht, dieses nun wahrlich nicht seltene Verhalten mutmasslich vieler Sueddeutsche.de-Leser in ein Dossier zum Thema “Internetkriminalität” zu packen.

Der gleiche stellvertretende Chefredakteur wird möglicherweise demnächst Post bekommen. Unerfreuliche Post. Denn inzwischen versucht sich Sueddeutsche.de mit Videos, das sie ausgabenschonend aus dem gigantischen Youtube-Archiv fischen und mit grossem Zuspruch der Leserschaft präsentieren. “Das Internetvideo der Woche” heisst die Rubrik, in der ander Leute Filmmaterial gezeigt und damit auch verwertet wird. Bislang hielt sich Sueddeutsche.de vor allem an Amateurmaterial, wenngleich mitunter auch ein Logo einer TV-Station zu sehen war, die das Material offensichtlich ausgestrahlt hat. Dass Sueddeutsche.de damit über Werbung als kommerzielles Angebot Geld verdient, störte niemand.

Aber das kann sich jetzt ändern. Unter dem Titel “Der Kiezklatscher und sein Double” veröffentlicht man ein Youtubevideo der vor kurzem verstorbenen Kiezgrösse Stefan Hentschel. Bei genauerer Betrachtung – und das ist auch dem Autor der SZ klar – ist es ein Ausschnitt aus einem kommerziellen Film:

Stefan Hentschels Handausrutscher stammt aus dem Dokumentarfilm “Der Boxprinz”, der vom Boxer Norbert Grupe handelt.

Und das Posten dieses Videos, ja, genau, dieses ganz bestimmten Videos ist nach Erfahrungen der Blogosphäre Urheberrechtsverletzung. Oder Diebstahl, um es mit Graff zu sagen. Denn der Hamburger Blogger Matt Wagner hat das Video beim Tod von Hentschel ohne kommerzielle Hintergründe ebenfalls gepostet und daraufhin enorme Probleme erst mit dem Rechteinhaber und dann [edit: mit Hinweis auf dessen] Anwalt bekommen. Wie gesagt: Ohne dass er damit Geld verdienen würde, wie es Sueddeutsche.de macht. Wie heisst es nicht so schön in dem Beitrag über den Zuhälter?

Witzig ist das, weil Hentschel keinerlei Begriff von der strafrechtlichen Relevanz seiner Handlungen zu haben scheint

Gilt wohl auch in der Sendlinger Strasse in München. Dort wird man vielleicht bald merken, dass auch das AAL-Prinzip (Andere Arbeiten Lassen) nicht immer die billigste Form der Contentgenerierung ist.

7.3.2007 | 19:26 von DonAlphonso

Die Geschäfte der A-Lister. Oder so.

Es ist immer so eine Sache mit Gerüchten. Gerade momentan. Bei einigen bekannteren Bloggern gibt es Kommentare, die besagen, sie wüssten, dass einige “Moralapostel” selbst auch schon schmutzige Dinge gemacht haben, im Graubereich zwischen PR und freier Meinungsäusserung. Was dann zur Folge hat, dass andere daraus sehr kurze Schlüsse ziehen und dann gerade noch rechtzeitig informiert werden, bevor sie etwas schreiben, das weder klug ist, noch den Tatsachen entspricht. Der kurze Gedankengang geht so: Käuflicher Blogger A. ist vor allem mit nicht käuflichem Blogger B. zusammengerauscht, also meint er mit dem Gemunkel offensichtlich B., gegen den Blogstricher C. auch was hat – und der schreibt das dann so, wie er meint, dass es A. gemeint haben könnte. Es wird immer nur getuschelt, nie sagt mal einer, wie es wirklich ist. Gut, ändern wir es. Reden wir darüber.

++++ DER MARKT ++++

Es ist so in diesem Grüppchen, das man als “A-List” bezeichnet und vielleicht 50 bis 80 Personen umfasst: Es gibt viele Angebote für alle Arten von Werbung und PR, von den verständlichen bis zu den gesetzlich nicht zulässigen Varianten. Die meisten Angebote sind – nach meinem Verständnis von publizistischer Verantwortung, andere sehen das anders – bei der unschöneren Seite angesiedelt, namentlich geht es den Auftraggebern meist um das Einbinden des eigenen Blogs und die restlose Vermischung von Werbung und eigenen Inhalten. Es gäbe weitaus mehr Angebote, wenn die bisherigen Reaktionen freundlicher ausgefallen wären (manche werden wissen, dass dieses kleine Blog hier mitunter einen gewissen Beitrag leisten durfte), und Agenturen wüssten, wie man sich an welche Charaktere ranmacht. Das Problem der Agenturen ist, dass sie ohne vorhandene Blogger Kunden nicht sinnvoll ansprechen können, und ohne Kunden keine Blogger. Die halbgaren Lösungen sind unterhalb der A-List die Gestalten, die sich an Firmen wie Trigami und Trnd mittelfristig als Teil einer Testcommunity vermieten. Oder eben Fälle wie der aktuellen Bloggergeschichte rund um die Sony Playstation, bei der der Impuls dem Bernehmen nach von einem Blogger kam. Es ist sehr schwer, so etwas nicht mit dem Rotlichtmillieu zu umschreiben; ich bitte aber die Leser, sich statt billigem Laufhaus und teurem Callgirl bei Ersteren lieber einen Haufen Sachbearbeiter in süditalienischen Beamtenstuben vorzustellen, dem alles egal ist, solange am Monatsende das Geld woher auch immer auf dem Konto ist. Und im zweiten Fall eher die bekannten Gestalten der Politikberatungsszene, die die grossen Geschäfte ohne Zuhäl Mittelsmänner selbst in den Hinterzimmern der Macht ausbaldowern.

++++ DAS GESCHÄFT ++++

Ich weiss aus vertraulichen Gesprächen natürlich viel, worüber man munkeln könnte. Weil es aber gerade passt, kann ich mal davon erzählen, was mir so alles angeboten wurde.

Journalismus:

Da sind erst mal die rein journalistischen Angebote. Die liegen für normale Artikel so in etwa beim zwei- bis dreifachen, was ein normaler freier Journalist verdient. Das ist gerechtfertigt, weil ich zum Spezialthema Blogs eine bessere Leistung zu bringen in der Lage bin, als irgendein dahergelaufener Prakti. Manchmal – aber das ist wirklich die Ausnahme – geht es explizit darum, den Torpedo an Bord denn irgendwo im Wasser zu wissen. Die meisten dieser Anfragen finden in Verbindung mit der Blogbar statt. Wenn ich den Eindruck habe, dass es passt und dass ich absolut freie Hand habe, gehe ich darauf ein. Es gab und gibt auch Versuche, mich komplett einzukaufen. Als Journalist würde ich nicht nein sagen, wenn ich den Eindruck hätte, dass ich hier so weiter machen könnte, wie bisher, und der Medienkonzern eine langfristige Kooperation will. Genau das ist aber das Problem: Meines Erachtens wollen Medienkonzerne schnell was aufreissen – und wieder einstampfen, wenn es nicht den Wünschen entspricht. So kann man nicht bloggen. Abgesehen davon haben sie meist kein Verständnis von der Welt hier draussen. Damit bin ich aber in einer durch dieses Blog und meinen Beruf bedingten Sondersituation innerhalb der A-Lister.

Das Klüngeln:

Was normalerweise sehr viel häufiger ist, sind Angebote für Produkt- und Firmenvorstellungen. Ich weiss von den anderen Kollegen, dass sie auch ziemlich viele Anfragen bekommen; die meisten hätten das gern umsonst. Gleiches gilt auch für Beratungsleistungen. Es gibt da aber eine Gruppe, die durchaus zu zahlen bereit ist. Das geht vom geldwerten Vorteil der Reise, Unterbringung und kostenlosem Testzugang bishin zu etwas, das ich als Bestechung bezeichnen würde. Während der Hochphase der Auseinandersetzungen von StudiVZ klopfte bei mir eine neu gegründete Firma im Stealth Mode an, die mich dringend als Berater haben für einen Bereich haben wollte, für den ich wahrlich nicht kompetent bin. Die Macher: Hochgradig holtzbricknah. Die schönste Mail dieser Zeit kam von jemand, der sein Geld in Auflösung sah, und enthielt nur einen Satz: “Was muss ich tun, damit Du aufhörst.” Ich habe einen Angebot gemacht: Ein Silbertablett – mit einem gewissen Kopf drauf. Wurde aber abgelehnt ;-) Auch das sind wieder Extremsituationen.

Die Beratung:

Man darf aber davon ausgehen, dass eine Reihe von A-Listern um Rat gefragt werden und dafür auch Geld nehmen. Soweit ich das beurteilen kann, ist den Anfragenden die Beratung weitaus wichtiger als ein netter Testbericht zu ihrem Dienst – bedauerliche Ausnahmen bestätigen die Regel. Zu meiner Person: ich habe während der New Economy als Berater meine Zeit in der Hölle gedient, ich mache das nie mehr. Die Bezahlung ist da aber nicht schlecht und kann durchaus vierstellige Beträge am Tag erreichen. Was immer noch billig ist, sieht man sich die diversen teuren und peinlichen Blogpleiten an, die durch gute Beratung hätten verhindert werden können.

Rotlicht:

Was nun Marketing- und PR-Aktionen angeht, gibt es ein Problem, das uns alle sicher noch lange beschäftigen wird: Der Unterschied zwischen dem, was sich A-Lister als “Meister des Faches” vorstellen und dem, was sie aus Sicht der Kunden sind – irgendwelche komischen Internethansel mit ein paar tausend Lesern, die genauso schräg drauf sind. Im besten Fall also entweder etwas für eine Kleinstkampagne (siehe etwa Zippo bei Spreeblick und IT&W oder die Toten Hosen), etwas Kleines bei einer grösseren Kampagne, das auch mal schief gehen wird kann (Die Killercoke-WG oder die Sony Playstation), oder ein Versuchsballon (Opel oder VW und Schlämmer, dessen Quoten gerade stark nach unten gehen). Aber nichts wirklich Grosses. Meist wird dann noch mit eigenen Mitteln ein Projekt wie das Reiseblog vor die Wand gefahren –

statt das zu tun, womit in der A-List unverhohlen gerechnet wird: Dass jemand mal richtig Geld in die Hand nimmt, um mal was richtig Grosses zu machen. Man verstehe mich nicht falsch, ich halte es für durchaus angemessen, gute Leute für gute, langfristige Jobs anzustellen, von mir aus auch in PR und Marketing. Aber genau das passiert nicht. Im Vergleich zu den Budgets, die Konzerne heute schon in Second Life versenken, sind die Deals mit den deutschen Bloggern echte Hungerlöhne. Ich kenne zufällig die Kosten der Evaluation, Beratung und Entscheidungsprozesse eines grossen Konzerns, der bei Second Life nach diversen Pornoerkenntnissen jetzt doch nicht will – dafür hätte man eine Redaktion mit 10 Leuten ein Jahr lang ein Blog schreiben lassen können, das alle Aspekte der Firma nach draussen ordentlich vertreten hätte. Ich bin mehrfach gefragt worden, ob ich nicht Lust hätte, bei einem PR-Blog mitzuschreiben – die Antwort war stets Nein. Nicht, weil ich niemals PR machen würde – die Blogbar selbst war zu Beginn ohne jede Frage das PR-Blog für das zugrunde liegende Buch. Sondern weil weder das gegenseitige Verständnis noch das nötige Vertrauen und Budget da war. Vor allem aber: Man hätte sich mit Leuten und Produkten identifizieren müssen, für die ich nicht brain dead genug bin. Der Glaube, man könne in solchen Situationen wirklich schreiben, was man wolle, ist entweder falsch, oder eine wissentliche Lüge.

Und das wiederum ist nichts blogspezifisches. Das passiert in den Medien genau so. Wer nicht kuscht, bekommt zwar sein Geld, aber danach macht es die Runde, dass er nicht kontrollierbar ist. Wer sich auf so etwas einlässt, gilt am Ende beiden Welten als beschädigt oder unbrauchbar, und die PR ist da weitaus härter als die Blogosphäre. Das ist Kapitalismus: Wer einem Geld gibt, erwartet, dass er nach Steuern und Abgeben mehr dadurch bekommt. Beim PR-Bloggen bedeutet das, dass man entweder als – und jetzt mag ich nicht mehr anders, ich sage es einfach: ZUHÄLTER seine Leser verscheuert, was manche toll und andere weniger gut finden. Oder man ist so gut, dass man unabhängig von der eigenen Leserschaft die publizistische Kraft so umsetzen kann, dass es sich mit einem neuen, klar als PR gekennzeichneten Blog lohnt. Aber da ist den allermeisten Agenturen das Risiko eines Fehlschlags zu gross. PR, die meinen Anforderungen entsprechen würde, wäre letztlich wieder unabhängiger Journalismus. Und den kauft keiner aus der PR, wenn er da draussen Kohorten Johurnaille für ein schlechteres Mittagsessen bekommt, oder einen Haufen verstrahlter RTLII-Bloggerclones, oder Zillionen anderer käuflicher Deppen. Der Umstand, dass bei den Torah-Whoras PRlern bei SinnerSchrader von “Mavens” gejiddelt wird, die sicher keine Blogger sein werden, zeigt das jenseits der philosemitichen Verpackung recht schön auf. Wenn ich das als ethnisch Betroffener mal so deutlich sagen darf.

Veranstaltungen:

Bleiben noch die Auftritte auf Kongressen. Da beginnt die Preisspanne bei 0 Euro selbst bezahlten Fahrtkosten und endet bei einem vierstelligen Betrag für Firmen, die sich mal so einen Blogwauwau halten wollen. Für manche ist es auch einfach eine gute Gelegenheit , auf den Stri mögliche Neukunden kennen zu lernen, oder sich mit dem Veranstalter gut zu stellen. Aber dadurch wird keiner Millionär. Und es ist auch nicht jeden Woche ein Kongress, der genug zahlen würde, um ein sicheres Einkommen zu garantieren

++++ SCHLUSSFOLGERUNG ++++

Die meisten A-Blogger werden, ohne dass ich hier jemandem zu nahe treten will, irgendwann wieder in geregelte Arbeitsverhältnisse der Kommunikationsbranche eintreten. Denn die digitale Boheme verliert ganz schnell ihren Reiz, wenn die Nachzahlung der Bewag kommt, und keine Reserven da sind. Insofern ist das deutsche A-List-Business nichts, worauf man irgendwie neidisch sein müsste. Es ist auch nichts, wo man unbedingt sein sollte. Man lernt viel über Menschen, was man gar nicht wissen wollte, es ist ein gotterbärmlicher Zickenhaufen mit massenhaft Filz und falschen Rücksichtnahmen (ausser natürlich für die Gegner, wo jedes Mittel recht ist, solange es dem eigenen Zwecken und der Freude des

Genug geschrieben. Kurz: Die Luft ist dünn hier oben und dick zugleich, es liegt massenhaft Müll auf dem Gipfel rum, die Fernsicht geht nur bis zum nächsten Arschloch, die Himmelsleiter ist eine Legende, das Essen ist mies und die Drinks sind billig, und für alle tollen Menschen, die man sonst so hier draussen kennenlernt, für alle Kultur, die man hier erschaffen kann, für alles Grosse und Wunderbare, das die Blogosphäre so riesig gemacht hat, dass sich jetzt ein paar Deppen aufgrund irgendwelcher dummen Listen “oben” wähnen – für alles das Schöne muss man kein A-Lister sein.

Echt nicht.

Inspiriert von den Klagen der Chefin

6.3.2007 | 19:58 von DonAlphonso

Kommentarboykott bei den Blogs der Medien

Vielleicht täusche ich mich. Vielleicht ist das alles auch noch im Werden, und die grossen Debatten stehen uns noch bevor. Aber da ist eine Sache, die ich partout nicht begreife: Inzwischen sind bei Westropolis und der Welt durchaus bekannte Blogger am Start. Vielleicht nicht durchgehend die allerbekanntesten Blogger, nicht immer ist das die erste Sahne, was dort geboten wird, aber zumindest sitzen da Blogger, die eine ganze Menge schreiben. Zu Themen, von denen sie Ahnung haben. Und, soweit man hört, auch nicht viel unfreier als im normalen Blog. Sprich: Ein Teil ganz normaler Bloginhalte sind jetzt auf Medienseiten abrufbar.

Und dann passiert es: Es geschieht so gut wie nichts. Kaum einer setzt sich hin und gibt dort einen Kommentar ab. Und das, obwohl hinter der Einstellung von Bloggern ganz sicher auch der Gedanke an Kommentatoren, Debatten und dadurch hohe Klickzahlen eine massgebliche Rolle gespielt haben dürfte. Mit der Fähigkeit, eine Online-Konversation anzufangen, steht und fällt jedes Blogprojekt; ohne Kommentare kann man auch gleich Journalismus betreiben. Bei der Welt könnte es daran liegen, dass die Blogger gut versteckt sind und manche Springer nicht mögen. Aber auch dafür ist zu wenig los. Und das, obwohl man sich nicht registrieren muss. Wie auch bei Westropolis, wo man mitunter hausintern kommentiert, aber die Mehrheit der Beiträge enden mit 0 Kommentaren.

Wo sind die Fans der Beteiligten hin verschwunden? Wieso geht man nicht den einen Klick rüber? Warum kommentieren sich die Freunde nicht die Finger wund, um den Verlagsmenschen zu zeigen, dass Blogs prima funktionieren, auch wenn ein erzreaktionärer Mistladen oder eine verschnarchte Lokalzeitung ihr Bapperl drauf hat? Was sonst könnte denen da oben beweisen, dass es mit der Bindung jüngerer Leute im Internet funktioniert? Wieso ist die Resonanz kaum besser al weiland bei den eingesargten Blogs der Süddeutschen Zeitung und der ungepflegten Kadavern der Freundin?

Ich verstehe ja, dass man dort nicht kommentieren will. Mich berühren dort einfach die Themen und ihre Aufbereitung nicht. Aber das wäre mir egal, wenn es ein Freund schreiben würde, den ich gerne lese. Versteht jemand, warum das nicht geschieht? Das ist jetzt keine Absage oder ein Angriff auf die dortigen Blogs, die an und für sich eine ordentliche Leistung bringen. Es ist nur eine Frage, denn ich verstehe es einfach nicht.

5.3.2007 | 22:14 von DonAlphonso

Googlespam, Schleichwerbung & PR abschreiben

oder: Ein hochspannender Feldversuch in Frage “Medienkompetenz und Blogger”.

Wenn es mal wieder um die Frage von Vermischung von Werbung, PR und echten Inhalten in Blogs geht, und um die Ziele der Firmen, die so etwas bezahlen, kommt sehr oft das Argument: Es sei nicht weiter schlimm, das würde die Medienkompetenz der Nutzer schon regeln. Egal, was ein Blogger letztlich zu tun bereit ist, am Ende steht immer noch der Konsument, der die freie Entscheidung habe, ob er das lesen will oder nicht.

Nun müsste man demzufolge davon ausgehen, dass der Leser wirklich ein Interesse hat, sich zu überlegen, was und warum er an Information, PR und Lügen vorgesetzt bekommt. Würde das idealistische Weltbild stimmen – nun, dann wäre die Nigeria-Connection längst verhungert, Viagraversender müssten sich von ihren gefälschten Pillen ernähren, das Springer-Hochhaus wäre eine Ruine und manch Blogger müsste sich fragen lassen, ob sein Engagenent in mancher Sache nicht ein klein wenig mit erfickten Umfeldern zu tun hat. Ich persönlich gestehe es jedem Leser zu, ein struktureller Analphabet zu sein, das hat sich stets als wirksamer Schutz gegen Enttäuschungen erwiesen.

Darüber könnte man jetzt trefflich streiten, aber um des lieben Friedens willen hat ein freundliches Geschick unsere Debatte mit der Existenz von Ecato gesegnet, einer Marketingfirma aus Berlin mit Ideen, die hier normalerweise nicht mit freundlichen Worten begleitet werden.

Ecato unterbreitet uns Bloggern ein Angebot: Es gibt da die Firma Medion, und die baut ein Navigationsgerät. Zu diesem Navigationsgerät gibt es eine Website. Die soll man sich anschauen, und dann durch die dabei gewonnenen Erkenntnisse einen Beitrag über das Navigationsgerät schreiben. Man muss das nicht als gesponsorten Beitrag kennzeichnen, aber: Man muss in dem Beitrag ein anderes Blog zum gleichen Thema Medion und die Werbeseite des Projekts verlinken und (wenn nötig manuell) trackbacken. Dann schaltet man einen nicht ganz kleinen Werbebanner, und bekommt für jeden getätigten Click 15 Cent. Und am Ende gibt es auch ein Gewinnspiel. Ecato schreibt (von ein paar kleinen Änderungen abgesehen) unter der aussagekräftigen URL http://www.ecato.com/de/64/bloggen-verdienen-gewinnen/):

Informieren Sie sich unter [Link zur Seite] über die Vorzüge der neuen MEDION “G*Pal”-Serie. Schreiben Sie darüber (!, Anm. d. Red.) einen ehrlichen Beitrag in Ihrem Weblog, der im Titel möglichst “Medion GoPal” enthält. Dabei sind Sie selbstverständlich in Ihrer Meinung frei. Es ist also auch Kritik erwünscht, solange diese nicht rufschädigend oder nicht den Tatsachen entsprechend ist. Der Beitrag kann, aber muss nicht als “Sponsored” gekennzeichnet werden, da wir Sie nicht für das Posting bezahlen. Verweisen Sie dabei auf ein anderes Weblog, das über das gleiche Thema schreibt, und setzen dort einen Trackback. Außerdem verlinken Sie bitte auch “Bloggen, Verdienen, Gewinnen”, womit auch hier bis einschließlich spätestens 30.04.07 ein Trackback gesetzt wird (ggf. auch manuell als Kommentar).

Wenn auch nur ansatzweise was dran ist an der sog. Medienkompetenz, dann dürfte eigentlich völlig klar sein, was das ist: Das Abschreiben von PR ist kein Test oder eine Rezension, es ist lediglich PR. Keiner hat die Möglichkeit, sich in der Realität mit dem Gerät auseinanderzusetzen. Die Verlinkungen dürften lediglich der Googleoptimierung und dem Viral Marketing dienen. Und dass man das Gerät kaum runtermachen wird, wenn man das Geld nur durch Clicks auf das dazugehörende Werbebanner erhält, sollte auch klar sein. Aber nicht lange überlegen, wer zuerst Clicks bringt, bekommt 30 statt 15 Cent. Die aber bei einem Minimum an Medienkompetenz der Leser niemals bezahlt werden dürften. Weil da keiner clickt.

Kurz: Dieses Ding ist alles andere als ein Apell zur Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und publizistischer Verantwortung. Oder noch deutlicher: Nach journalistischen Kriterien wäre es ein eindeutiger Fall für den Presserat. Sowas passiert abzüglich des Googlespams zwar auch im Journalismus, aber es ist zum Glück die negative Ausnahme. Wer auch nur einen Funken Medienkompetenz hat, tut so etwas nicht. Und wer als Leser auch nur einen Funken Medienkompetenz mitbringt, sagt, dass sowas gar nicht geht. Sollte man meinen.

Und was schreibt dann der Blogbote darüber?

Wer auf seinem persönlichen Blog eine Rezension (!) über Medion “G*Pal” (mobile Navigationsgeräte) schreibt

Hm. Etwas verkürzt. Nicht ganz richtig. Zumindest etwas missverständlich. Vorsichtig gesagt. Und jetzt schauen wir hier einfach mal vier Wochen zu. Und reden dann über die Medienkomptenz und Ekelgrenzen in der Blogosphäre.

Edit: Offensichtlich sollte man nie jemandem trauen. Immer den Autor und die Firma googeln. Und dabei stets damit rechnen, dass der Verfasser PRler ist und das Unternehmen generell nicht gerade kritisch sieht.

5.3.2007 | 11:07 von DonAlphonso

Major Deals & minor Chances

In der momentan wieder aufflackernden Debatte rund um Blogs, Werbedeals und den Versuchen von Unternehmen, sich über das Einkaufen von Bloggern eine Art interaktives Standbein “hier draussen” zu sichern, wird gerne mit dem Musikgeschäft verglichen. Abgesehen davon, dass es die ganze Fallhöhe aufzeigt, wenn Blogger ihre Werbepartner ausgerechnet mit den abmahnwütigen und verhassten Major Labeln vergleichen – gibt es doch dramatische Unterschiede, was das Wegkaufen der Avantgarde durch den Mainstream angeht.

Normalerweise ist es bei der Musik so: Da tourt eine Band durch die Lande, verkauft selbst gedruckte CDs, schläft ab und an mit einer Bekanntschaft, übernachtet im VW Bus und bekommt dafür jede Menge Glaubwürdigkeit. Abgesehen davon, dass Blogger in der Regel keine CDs verkaufen – Verkauf von Inhalten ist im Netz eine hoffnungslose Sache – verhalten sich Blogger nicht unähnlich: Allüren, billige Drogen, und eine eingeschworene Gemeinschaft von Lesern, die glauben, dass ihr Held an der Gitarrentastatur es voll drauf hat. Kurz, da bildet sich so eine Art direkte Beziehung zwischen Sender und Empfänger heraus, und die ist für Vermarkter nicht unatraktiv.

Die Idee der Majors ist, mit diesem subkulturellen Gitarrenzupfer eine Skalierung hinzubekommen: 100.000 Konzertbesucher statt 1.000, 500.000 CDs statt 500, Medienrummel jenseits des Stadtmagazins und des ungehörten Jugendfunks, wo sich Journalistenschüler die Elite raushängen lassen. Für den Mann an der Gitarre bedeutet es bessere Drogen, Goupies bis zum Abwinken und, allein für die Credibility, Hotelzimmer in einem Zustand beim Verlassen fast halb so schlimm wie der alte Tourbus.

Und da sind wir bei den beiden Unterschieden zur bezahlten Bloggerei:

1. Firmen sind keine Major Labels. Major Labels glauben zu wissen, wie man Bands bei Musikinteressierten gross macht. Es gibt eine riesige Maschinerie für den Hype. Man besticht Radiosender und Clip-TV, man kauft Johurnaille und organisiert Fernsehauftritte. Um die Musik und die Band an Leute zu bringen, die sich für Musik und Bands interessieren. Es gibt einen Markt, ein Angebot und eine Nachfrage, und System zur Befeuerung desselben. Was

2. ein Problem in dem Moment wird, wenn man die Nachfrage mit etwas beantwortet, was kein Angebot ist. Ein paar Blogger, die in der Gamerwelt keine alte Sau kennt, selbst wenn einer eine ehemalige Sub-Dschungelcamp-Prominenz ist, sind kein Angebot für grössere Mengen von Kunden. Ein Blogger ist halt nur ein Blogger, der eine gewisse Reichweite hat, aber auch nicht mehr. Und dessen Reichweite sich nicht in einer Art und Weise pushen lässt, dass die Beziehung der neuen Leser für die eingekauften Werbebeiträge auch nur ansatzweise dem entspräche, was der Blogger früher hatte.

Kurz: Hier – besonders im aktuellen Fall einer Sony-Spielekonsole – treffen mehr oder weniger erfolgreiche Amateure des Textkleinkunst auf Kunden, die ein optisch-emotionales Rammsteinbühnengewitter verlangen. Natürlich bleibt den werbenden Firmen wenig anderes übrig, denn Texte von bekannten Profigamern sind nichts, was man ernsthaft zur Werbung einsetzen könnte (ROFL, LOL, ACK). Aber nur, weil das nicht funktioniert, heisst es nicht, dass umgekehrt irgendwelche aufgesammelten Blogger die Zielgruppe auch nur ansatzweise ansprechen können. Was teilweise funktioniert, ist natürlich die Vermarktung der eigenen Leserschaft. Weshalb die meisten werbenden Firmen Wert darauf legen, dass es innerhalb der Blogs der Käuflinge passiert.

Womit wir wieder am Ausgangspunkt sind und die Frage stellen müssen: Was hat das mit einem Major Deal zwischen Label und Band zu tun, der die Band und ihre Lieder gross und berühmt machen soll?

Nichts.

Es ist ein Werbedeal. Man drückt der Band in ihrem kleinen Saal einen Fuffi und eine Tüte Dope in die Hand, damit sie zwischen allen Liedern durchsagen, dass das von ihnen benutzte Dope beim Gitarrespielen ganz super kommt, und der Dealer ist der coole Typ dahinten – der beim näheren Hinsehen wie ein Funktionsarschloch ausschaut, das es nie zu drei Akkorden bringen wird. So endet man nicht mal im Mainstream, sondern beim bloggenden Äquivalent zum Home Shopping Channel.