18.2.2010 | 0:25 von DonAlphonso

Schelme wie Ihr

Vielleicht noch ein paar Ergänzungen zu meinem FAZ-Text. Man ist ja in der FAZ, da kann man gewisse Dinge amüsant und diplomatisch sagen. Hat auch seinen Reiz. Hier ist die Blogbar. Hier ist es anders. Und nachdem jetzt ein
paar Stinker rumlaufen und winseln, ich wäre doch auch ein Berater oder bräuchte das, um mich abzureagieren – abreagieren, Ihr Versager, ist was das hier:

Ich habe 2003 aufgehört, Firmen was zu erzählen. Ich habe mir damals wirklich viel Mühe gegeben, ziemlich viele Gründer der New Economy waren und sind Freunde, man versucht, was man kann, man sieht nicht gerne seine Freunde auf der Strasse stehen, es macht keinen Spass, wenn die, die man ausgebildet hat, Nachts um Drei mit einem Tablettenproblem klingeln, weil sie nicht mehr heim können und nicht wissen, wie sie ihre Schulden loswerden. Ich habe das in einer wirklich üblen Zeit in einem schweren persönlichen Umfeld gemacht, und ich war kein windelweiches Haschipopperl wie all die Freaks und Lachnummern, die jetzt social media machen. Ich weiss, wie Beratungsprozesse vor sich gehen, ich kenne sie von die Tücken von der Evaluation aufgrund unvollständiger Daten und Lügen über besserwisserische Gründer und VCs, die einfach ein wenig Geld verbrennen können, um sich nachher rauszuwinden, sie hätten ja auch einen Berater bezahlt, bishin zu Implementierungen, die zu jenem Zeitpunkt als Erfolg verkauft werden, da noch niemand die neu geschaffenen Probleme erkennt, die durch die fehlende Harmonisierung mit dem Rest des Betriebes entstehen.

Vom 1999-2003er Standpunkt aus ist social media Beratung ein feuchter Dreck. Weder geht es um einen Wirtschaftszweig, noch um dauerhafte Strukturen für Börsengänge, noch um komplexe Wachstumsprozesse, die für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung waren. Nochmal, wer damals nicht dabei war, sollte besser sein Maul halten, wenn es um Beratung geht.

Social Medie Beratung ist ein feuchter Dreck, weil es um nichts anderes mehr geht, als das weiterwursteln. Das Hangeln von Auftrag zu Auftrag, das Anbieten kleiner Lösungen, das Bohren von kleinen Löchern in Geldtanks, um kleine Bereiche grosser Konzerne. Beratung war früher mitschuften in den Bereichen, in denen es brannte, social media Beratung ist das Daherreden cooler Sprüche vor Ahnungslosen, die irgendwo gelesen haben, wie cool das alles sein soll. Social Media Beratung ist ohne grosse Strukturen möglich, man muss nichts gross durchrechnen oder Hand in Hand mit Juristen arbeiten, man ist nicht eingebunden, sondern macht sein neues Eckerl in der Firmenstrategie und sagt, dass es schon irgendwie laufen wird. Diese bescheuerte, mit Verlaub, Tweetacademy ist das beste Beispiel für diese peinliche Grütze, ich sass im November mit Nicole Simon auf dem Podium, drückte dem allgemeinen Beraterklüngel ein Ding nach dem nächsten rein und kam damit kaum durch die wolkigen Sphären des Beratersprechs Strategie Englisch Scheissdreck Blabla. Da muss man erheblich gröber werden, als es auf einem Podium möglich ist, auf dem man nur eingesprungen ist.

Ich hätte in meinem Beitrag auch noch andere Namen aus anderen Regionen als non best practice reinschreiben können. Es gibt da einen gewissen “Mirko Lange” aus München, der sich in diesem Umfeld kräftig nach vorne drängelte und im Fall der gescheiterten Vodafone-Kampagne seinen Namen oft in den Kommentaren als Verteidiger der Sache lesen wollte. Keine Ahnung, was der im Bereich social media machen will, aber nach seiner Interneterscheinung fehlt mir jede Erkenntnis, was der mit “social” zu tun haben will. Brrrr. Klaus Eck of Brokat Infame ist auch so eine bestimmte Nummer, um mal in München zu bleiben, oder Alex Wunschel mit seiner eher indezenten Zukunftspodcastversprecherei, oder der neuerdings wieder über Twitter auftauchende Michael Praetorius, den man mal zum Thema Nettuner befragen kann, wenn man ihm die Röte ins Gesicht treiben will. Wobei ich keine Ahnung habe, ob es das bei diesen Leuten überhaupt gibt.

Wie gesagt: Ich berate keine Firmen mehr. Würde ich Firmen beraten, würde ich ihnen vor allem erst mal sagen, was von den anbrandenden Experten oder was sich dafür hält definitiv nicht brauchen. Ich würde mir das wirklich kompetent nur im Bereich von Blogs anmassen, und das auch nur, weil ich selbst bewiesen habe, wie man ein erfolgreiches Profiblog mit Leserbindung und Diskursangebot umsetzt, und was man besser heute als gestern dicht macht. Ich denke, ein Berater sollte bewiesen haben, dass er selbst die Ziele erreicht, die er anderen verkauft. Und nicht andere zu etwas beraten, was er nicht auf die Reihe bekommt.

Generell, und das ist nun mal meine gelebte Erfahrung jenseits solcher Kreise, glaube ich einfach nicht, dass Menschen Lust darauf haben, sich von Firmen anfaseln zu lassen. Oder bekehrt werden wollen. Oder sich zu Agenten machen lassen möchten. Das mag bei den Kreisen, in denen sich die Gschaftlhuber formieren, anders sein, aber Kokaindealerstammtische und Callcenterbetreiber sehen in ihrem Treiben auch kein Problem. Ich bin einfach der Meinung, dass dieser ganze Krempel nur sehr begrenzt was im Zwischenmenschlichen verloren hat:

1. Die Menschen wollen das nicht in ihrer Kommunikation, und was für ein ungehobelter Cretin muss man eigentlich sein, um das nicht zu akzeptieren? Würde ich einer von denen auf die Strasse stellen und zwei Menschen, die sich unterhalten, für einen Kunden anfaseln? Und müssten sie sich wundern, wenn sie am Abend mit eigeschlagenem Maul im Krankenhaus lägen?

2. ist die Welt in den letzten Jahren ohnehin viel zu voll von den Würmern geworden, die uns bis in die letzten Bereiche des Lebens nachkriechen. Und das betrifft bitte auch jene Herrschaften, die davon reden, dass man nur zuhören will. Es geht Euch Würmer einen Scheissdreck an, geht von mir aus nach Syrien.

3. ist es fein, eine Firma so zu gestalten, dass die Menschen mit ihr reden wollen, In Kreuth zum Beispiel hockt ein fanatischer Rodelbauer, der tolle Produkte herstellt und für diesen Beruf lebt. Mit dem möchte ich gerne mal reden. Ich. Mit ihm. Wegen der Produkte. Aber nicht, weil es ein paar Asoziale bezahlt, die morgen für Slipeinlagen sprechen.

Wenn man also Firmen beraten will im Bereich social media, muss man ihnen nahebringen, dass das Wort “sozial” bedeutet, kein widerliches, stinkendes Arschloch zu sein, auch kein kleines, widerliches, stinkenden Arschloch, nicht mal nur ein wenig fies und hinterfotzig, sondern etwas, das man rundum mögen kann. Eine widerliche Veranstaltung wie Coca Cola braucht keinen social Newsroom oder einen gekauften Spammer, der mich mit diesem Dreck belästigt. Aber um genau das Firmen zu erklären, bräuchte es Berater, die selbst nicht dem Idealbild des kleinen, widerlichen, stinkenden Arschlochs entsprechen. Keine Lügenmäuler, Unsympathen, gierige Hungerleider, Internetpropheten und Beweihräucher ihrer Kumpels auf Gegenseitigkeit, keine Twitternetzwerke zum Ablästern über Andersdenkende und Absprachen zum Trollen. Das alles aber existiert, weil sie in Strukturen agieren, die das nicht unter Strafe stellen, sondern verstärken und fördern. Jeder verarscht jemanden, alle spielen mit, jeder sagt, wie toll und wie wichtig das ist, alle hyperventilieren und sind möglichst gleich vorne mit dabei. Echtzeit, augumented reality, Always-on, Internet als Durchdringung der Realität, ausgelagerte Denkprozesse, das alles wird gerade als nächster Hype verbreitet und bietet massenhaft Beratungsbedarf. Der Lobo schreibt davon was bei seinem Projekt der CeBit, sein Freund Seemann verlinkt das lobend von der FAZ aus, in ein paar Wochen heisst es dann von jemand aus dem Kreis, es stünde ja auch in der FAZ, aber niemand redet darüber, dass sich hier ein paar Kumpels und Geschäftspartner ihre Bälle zuwerfen.

Jetzt steht halt mal etwas anderes in der FAZ. Ist halt nicht jeder rektal in einem anderen, wer hätte das gedacht. Ein paar Leute werden es vielleicht schwerer haben, ein paar Leute werden Fragen stellen, gerade weil es nicht im Internet, sondern im Print war. Heisse Sache, das. Social Media Experten wurschteln ganz vorne rum, aber im Kommendostand bevorzugt man Print, so ein Pech aber auch, nix Medien- und Bewusstseinswandel, Ihr armen Hascherl. Und ziemlich viele aus dem Bereich bemühen sich deshalb zu sagen, dass an meinem Beitrag schon was dran ist, um damit im ohnehin schweren Marktumfeld dieser Spinnereien zu signalisieren, dass sie nicht gemeint sind.

Habt Ihr schon mal über Kloputzen nachgedacht? Das ist eine tolle Arbeit in einem social media channel, die Ihr vielleicht sogar beherrschen werdet.

16.2.2010 | 21:05 von DonAlphonso

Kleiner Hinweis

Das hier bleibt die Blogbar, und sie wird in nächster Zeit auch wieder häufiger gefüllt – davor war ich privat ziemlich verhindert, auf eine durchaus nette Art, aber eben doch auch sehr lange offline – aber das heisst nicht, dass die Themen nun woanders stattfinden. Auch wenn eine Art Blogbar-Text (zu meiner eigenen Ãœberraschung) es heute zu FAZ.net geschafft hat. Als die Zeitung rauskam, war ich rodeln. So ist das, in meinem Leben.

16.2.2010 | 3:20 von DonAlphonso

Diskursmächtigkeit von Facebook

Ich traf vor ein paar Monaten mal einen Mann, der ein Webprojekt ohne Kommentare betrieb. Er hätte gern Diskurs haben wollen, aber der fand bei ihm einfach nicht statt. Allerdings sagte es, dass seine Themen ja bei Facebook diskutiert werden.

Ich habe dann mal nachgeschaut und das Ganze als ziemlich, sagen wir mal, optimistisch eingestuft. Da war nicht wirklich was los. Und auch, wenn momentan bei mir ein paar Beiträge ziemlich grosse Resonanz haben, ist die Anzahl der Leser, die über Facebook-Verlinkungen kommen, allenfalls mau. Mag sein, dass es nicht an den spannendsten Stellen debattiert wird, aber nach über einem Jahr mit einem sehr gut besuchten Blog bei der FAZ hätte eigentlich was passieren können. Das mag bei den ganz grossen Themen vielleicht anders sein, aber bislang habe ich den Eindruck, dass normal relevante Themen da keine grosse Rolle spielen. Das “Beste” war mal ein studienrelevantes Thema, das bei einer relativ grossen Gruppe mit ein paar 10.000 Mitgliedern angebracht wurde, aber selbst da war der Traffic um die 0,5% des gesamten Aufkommens bei mir. Also praktisch vernachlässigbar. Sehr viel schlechter als Blogverlinkungen, wenn man es in Relation zu den theoretischen Nutzerzahlen setzt.

Hat da jemand andere Erfahrungen gemacht? Ich frage, weil mir in einem ganz anderen Zusammenhang wahre Wunderdinge erzählt wurden, die ich absolut nicht nachvollziehen kann. Über die Intensität einer Nutzerbindung kann man bei Kontakten ja noch diskutieren, aber gerade die Sache mit den zu Facebook verlagerten Diskursen leuchtet mir beim besten Willen nicht ein.

10.2.2010 | 13:02 von DonAlphonso

Das Deutsche Feuilleton entschuldigt sich (ansatzweise) beim Internet

(Irgendeiner muss ja anfangen von dem elenden Haufen, warum also nicht ich)

Liebe Blogger und andere Nutzer des Internets,

wir bedauern zutiefst unser komplettes Versagen im Fall der von der Kulturschickeria lancierten Plagiatorin, notorischen Abschreiberin und arroganten Textdiebin Helene Hegemann, der wir praktisch umfassend aufgesessen sind, von den grossen Zeitungen, die sich etwas auf ihre Textkompetenz einbilden, bis zu den Regionalblättern, die dumm das abschreiben, was in der FAS und der Zeit an Textbausteinen versagender Mitarbeiter geliefert wurde. Der ganze Fall ist ein Armutszeugnis für unsere Branche unter besonderer Berücksichtigung einzelner Vertreter, die auch nach Bekanntwerden der ersten Lügen der angeblichen Autorin noch immer versucht haben und versuchen, dieses Vorgehen als Folge des Internets zu rechtfertigen und zu entschuldigen.

Dieser Fall hat uns drastisch vor Augen geführt, dass wir gerade nicht der Hort des reinen Kulturbewusstseins sind, und dass unsere Ansprüche, zwischen gut und schlecht, richtig und falsch differenzieren zu können, nicht der Realität der heutigen Medien entsprechen. Wir haben uns von Verlag, Autorin, der Story und gewissenlosen Vorschreibern und Nachplapperern als sensationsgeiles Starsystem vorführen lassen, wir haben unsere Standards massiv verletzt, und, noch schlimmer, uns auch noch peinlich gewunden, als längst klar war, wie falsch wir lagen. Nicht nur Frau Hegemann hat gelogen und gefälscht und sich herauszuwinden versucht – wir waren ihre Komplizen und Mittäter. Wir waren es, weil wir unser Versagen nicht eingestehen wollten, wir waren es aber auch, weil uns der Verlag, das Fressen, die geschaltete Anzeige und unsere Kontakte wichtiger als diese Blogger und das Internet waren.

Kurz, wir waren hochmütig und überheblich noch im Versagen. Weder haben wir den Vater der Autorin in die Mangel genommen, noch den Besprecher Maxim Biller, der ihn nicht kennen möchte, noch die Autorin und auch nicht den Verlag. Man hat uns, im Stil der Autorin brutal gesagt, die Lügen ins Gesicht geschissen, und wir haben auch noch “Danke” gesagt. Wir haben unseren neuen Fall “Tom Kummer” produziert, weil wir dachten, ein originäres Werk zu erkennen, wo dreist zusammengestohlen wurde. Wir unterstellten Kunst, wo Lüge war. Wir waren zu faul, um kritische Fragen zu stellen, weil wir solche Arschfick schreibenden Prinzessinnen brauchen, weil die Prinzessinnen von Gestern heute nicht mehr taugen. Wir fanden aus dem Netz stammenden Texte erst toll, als sie uns in einem uns passenden Medium als dreiste Fälschung von einer der Unseren aus dem Kulturbetrieb serviert wurden, während wir das Internet und seine Aktivisten immer noch verachteten.

Es ist eine sehr schlimme Sache, was da passiert ist. Wir deutsche Feuilletonisten möchten uns deshalb beim Internet in aller Form entschuldigen, selbst wenn wir nicht direkt Teil dieses Skandals waren.

Entschuldigt bitte unser Fehlverhalten.

Don Alphonso

5.2.2010 | 11:45 von DonAlphonso

Was ich gerne mal lesen würde

(Man verziehe die Pause an der Blogbar, aber momentan nimmt mich mein Privatleben deutlich mehr als üblich in Beschlag, und irgendwo muss man Abstriche machen)

Es gibt einen Nachtrag zu diesem Überblick über das Versagen von 2009: Mich würde wirklich, allein aus fachlichem Interesse heraus eine Antwort erfreuen. Eine Antwort einer in der Blogosphäre weitherumgereichten Person, die als Spezialist für Bewegtbild im Internet gilt, was ich nicht ganz verstehe, weil seine Produkte meines Erachtens lediglich Bauchpinselei seiner Zielgruppe sind: Mario Sixtus.

Mario Sixtus betreibt bekanntlich “Blinkenlichten”, eine Firma für Internetvideos. Er hat auch oft eine nicht ganz kleine Klappe, wenn es darum geht, anderen Strategien – am besten mit Internetvideos – für das Netz zu empfehlen. Dafür gab und gibt es – teils gebührenfinanzierte – Kundschaft, aber eben auch einen Kunden aus der Privatwirtschaft: Die WAZ. Dafür machte Blinkenlichten die Reihe “Lostindeutschland“. Eine Serie, die der mauen Kommentarbeteiligung zufolge ähnlich gut ankam wie die üblichen WAZ-Blogs, nämlich eher schlecht. Das ist jetzt vorbei, bei Blinkenlichten steht:

Schön war’s, und wenn der Volksmund Recht hat, soll man dann ja bekanntlich aufhören. Das haben wir getan.

Wäre das Projekt rasend gut angekommen, oder so wichtig geworden, wie es gerne von Videos im Netz behauptet wird – dann hätte man es wohl kaum eingestellt. Insofern wäre eine Fehleranalyse vielleicht mal ganz nett, ein paar öffentliche Gedanken darüber, warum das Projekt weder inhaltlich noch ökonomisch so toll gelaufen ist, dass man da von “Zukunft” sprechen könnte – statt den dürren Worten vom Aufhören, wenn es am Schönsten ist. Das würde eigentlich dazu gehören, wenn man als ernsthafter Vertreter der Zunft gelten will, und nicht nur als Hypefigur, die plötzlich wortkarg wird, wenn es nicht so läuft, wie man das blumig andernorts behauptet.

28.12.2009 | 23:08 von DonAlphonso

Was 2009 nicht gekommen oder aber gegangen ist

Erstaunlich viele von Bloggern o. ä. mehr oder weniger gut angeschobene Projekte:

Wirtschaft2 – der geplante Wirtschaftsableger des “Medienbranchendienstes” Turi2 des Mehrfachpleitiers Peter Turi ist am 30.6.2009 mit dem letzten Beitrag vorstellig geworden. Seitdem schweigt das Projekt. Auch aus der am 9.11.2008 gross angekündigten internationalen Expansion und Mitarbeitersuche für einen internationalen Mediendienst ist nichts erkennbares geworden. Neue Produkte lassen noch auf sich auf sich warten. Ich vermute mal, dass meedia.de – das manche als Abschreibedienst bezeichnen, was aber meines Erachtens viel zu hart ist – den Markt inzwischen hübsch dicht gemacht hat.

Buzzriders – war für mich sowas wie die Ãœberraschung des Jahres, denn ich hätte nicht gedacht, dass Robert Basic nach einem Jahr nicht mehr als den geplanten Verkauf seines Twitteraccounts zu vermelden hat. Für Internetgeschwindigkeit ist das ziemlich mau. Ein Jahr ist eine verdammt lange Zeit im Netz und für Robert – allerdings versucht AOL in den USA gerade was ähnliches, und ich bin mal gespannt, welchen Bullshit die Telekom im Netz versucht: Das sind die grossen Kaliber 2010.

Blogjournalisten – Disclosure: Ich habe mit den Betreibern Dotcomtod zu dem gemacht, was es war – es macht nicht gerade Spass, Projekte von Leuten verschwinden zu sehen, von denen man weiss, dass sie es eigentlich können.

Zoomer.de – kommt man darauf zu sprechen, geht es mir gleich wieder besser: Der Versuch von Holtzbrinck, sich an das vermutete Subniveau von StudiVZ-Nutzern ranzuschleimen, setzte zu tief unten an und wurde eingestellt.

Die Vorgänger dieser Pleite waren auf Papier und auch nicht erfolgreich – Holtzbrinck vertraute bei Business News und News Frankfurt auf einen gewissen Klaus Madzia. Der lässt seit ein paar Monaten nun durchsickern, mit seinem next247 “The online magazine about the future. all about the next big thing.” machen zu wollen. Man darf gespannt sein, ob das kommt, oder nicht, oder so wie andere Versuche. Für den madziatypischen Anspruch ist das bisherige Ergebnis eher, naja, auch irgendwo typisch.

Habe ich was vergessen?

Ach so, Adnation gibt es immer noch irgendwie, hört man. Aber nicht mehr viel. Kein Lobo, kein Haeusler und kein Niggemeier mag da noch gross was zu sagen, Professionalisierung und so.

Für 2010 habe ich übrigens mit der Onlineplattform der Zeitung Freitag einen klaren Kandidaten für wenigstens ein Ende vieler Bloghoffnungen. Ebenfalls wenig Chancen würde ich mir für die dümpelnden Web2.0-Projekte von derwesten ausrechnen.

14.12.2009 | 16:24 von DonAlphonso

Blog-PR das Maul stopfen

ist ganz einfach:

Hallo Herr xxxxxx,

mein Name ist Nicole K. und ich arbeite für eine Online T-Shirt Druckerei (Eine Klitsche namens shitway oder so ähnlich, Anm. d. Red.).
Im Zuge miner Öffentlichkeitsarbeit bin ich auf Ihren Blog gestoßen.
Ich finde Ihren Blog sehr interessant und wollte daher fragen, ob es möglich wäre ein Link oder ein Gastbeitrag zu positionieren, in dem wir unsere Druckerei vorstellen!

Viele Grüße

Antwort:

Guten Tag,

an welche Gegenleistung haben Sie dabei gedacht? Und welches meiner
Blogs meinen Sie?

Mit besten Grüssen

Danach keine Raktion mehr. Die Kommerzbloggerei muss ja echt abgefuckt sein, wenn nicht mal mehr Werbe-T-Shirts für Schleichwerbung angeboten werden. Kein Wunder, wenn käufliche Blogger alle so abgerissen aussehen.

12.12.2009 | 22:08 von DonAlphonso

Dieser Tage, da derWesten endlich rasiert wird

Ich muss Thomas Knüwer deutlich widersprechen: Bei DerWesten, dem Onlineportal der WAZ, stirbt keine Kultur. Bei DerWesten wird demnächst vermutlich ein misslungenes Projekt plattgemacht, weil dieser Versuch nicht mal ansatzweise in der Lage war, etwas zu werden, was man als Kultur bezeichnen könnte.

Es ist halt auch immer die Frage, wie man Projekte erlebt – ich persönlich wurde unter lächerlichen Umständen angesprochen, ob ich für die arbeiten wollte, anders sollten sich für 300 lunmpige Euro abspeisen lassen, und wem das zu wenig war, der durfte sich von der Chefin Sprüche anhören, dass sie trotzdem mehr als andere bezahlen würden – und wer nicht wollte, sollte es bleiben lassen. Und wer es doch wollte, wurde mitunter bald wieder gefeuert. Zur Erinnerung, die Chefin sagte noch vor Beginn des Projekts, als es das führende Web2.0-Angebot und das modernste aller Nachrichtenportale werden sollte:

wir werden hoffentlich möglichst viele motivierte freie Blogger beschäftigen können, die angemessen bezahlt werden, also nicht hier mit wie in anderen, von anderen Projekten bekannten irgendwelchen lächerlichen Beträgen abgespeist werden und ich möchte einfach Lesern die Gelegenheit geben sich zu beteiligen sei es durch Kommentare oder bloggen oder Photos oder Videobloggen oder sonstwas.

Super! Wobei es im Oktober 2006 auch hiess:

Das Ganze genieße, so Reitz, bis in die beiden Eigner-Familien höchste Priorität und es werde (ungewohnt für die als knauserig bekannte Gruppe) „richtig viel Geld“ in die Hand genommen.

Egal, womit die bei Thomas erwähnten, hohen Verluste des Portals entstanden: Ganz sicher sind sie nicht bei der Bezahlung jener Leute entstanden, die die rausgepusteten hohen Qualitätsansprüche liefern sollten. Die wurden bei derWesten nicht erfüllt, und schon gar nicht in den Blogs. Die Abrufzahlen des Ladens sind sicher nicht so schlecht, weil die Inhalte so gut sind. Wenn Thomas die teuren Berater beklagt, die jetzt an Bord kommen: Auch schon früher waren bei derWesten Berater nicht umsonst unterwegs. Das, was man jetzt vorfindet, von den laschen Blogs über die nicht funktionierende Communitybildung und das ungebrauchte Geotagging bishin zum Versagen, eine Dachmarke für eine Region zu schaffen – das ganze Desaster hatte drei Jahre Zeit, sich zu entwickeln, es hatte viele Möglichkeiten und viel Geld, und das, was es momentan ist, ist das Ergebnis: Von Anfang bis Ende durchgezogen, bis heute kaum verändert, nicht attraktiver, und immer noch Sammelstelle banaler Nachrichtentexte, die man so überall findet. Ein klein wenig Web2.0-Fassade. Und ganz sicher nicht die digitale Heimat einer Region, in der, weil man angeblich sparen musste, die Journalistenstellen massiv zusammengestrichen wurden.

Insofern ist derWesten ein typisches Medienprodukt unserer Zeit: Riesenklappe, Riesenansprüche, innovationsgeil bis zum Anschlag und bis in die Knochen minderwertig, banal und öde. Jetzt kommt mit Ulrich Reitz (siehe das “richtig viel Geld” oben) ein anderer Chef: Ich sass bei den Medientagen neben ihm, als er die Kündigungsorgie als Zeotungsrettung verkaufte. Der wird das Ding ohne jeden Zweifel massiv beeinträchtigen und verändern. Es wird, zumindest ist meiner Erwartung, eine miese Zeit werden, exekutiert an einem miesen Produkt. Hätte es bei derWesten nur ein paar der selbst formulierten Zielen erreicht, wäre es vielleicht besser. Ist es aber nicht. Es ist ein prima Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Aber vermutlich kratzen gerade in diesem Augenblick schon die nächsten vollmundigen Berater an den Verlagstüren bei inkompetenten Managern, um zu erzählen, dass Twitter der neue Journalismus ist, und Inhalt nicht mehr zählt.