2.4.2007 | 10:02 von DonAlphonso

Wirtschaftsgosse – Blogs und die WiWo

Oh oh, da hatte Lanu aber einen Volltreffer gelandet: Stefan Baron, der erste Chefredakteur Deutschlands, der 2001 in das Minenfeld von Dotcomtod geriet und durch seine miserable Form zur Berühmtheit der Site beitrug – der Mann, der einen Schnüffler mit falscher Identität auf mich und viele andere ansetzte – dieser Mann namens Stefan Baron also, der sein Bloh unter “Black Baron” führte, macht 89 Jahre nach dem roten Baron ebenfalls einen finalen Sturzflug und verlässt die Wirtschaftswoche, das seit Jahren taumelnde Devotionsblatt der deutschen Wirtschaft ohne Anspruch, Qualität und die geplante Auflagenentwicklung. Mich überrascht eigentlich nur, dass es so lange gedauert hat: Nach meinem Gefühl wäre Baron nach der Megapleite von E-Business fällig gewesen.

Neben diesem unbestreitbaren Scoop von Boocompany gegen die nachzockelnden Medien stellt sich jetzt die Frage, was der neue Leiter machen wird. Niemand kennt seinen Namen, aber wenn ich hier mal einen Tipp abgeben darf: Er wird sehr jung sein, Interneterfahrung mitbringen und gezielt eingesetzt werden, um den alten Trott bei der Wirtschaftswoche aufzubrechen. 16 Jahre Baron und dessen – nach Insidermeinung – autokratisches Regime muss ein Aufbruch folgen, denn die Wirtschaftswoche ist neben dem Handelsblatt das Sorgenkind von Holtzbrinck – sagt man bei Holtzbrinck selbst. Ich bin da anderer Meinung, das Problem bei Holtzbrinck ist der Wahnsinn, im Internet jeden Mist kaufen zu müssen, den die WiWo in der aktuellen Ausgabe hochgeschrieben hat.

Aber genau hier wird der “Neue” ansetzen. Tatsächlich ist es für die Wirtschaftswoche mit ihrer wöchentlichen Erscheinung gar nicht dumm, die Zeit bis zur nächsten Ausgabe die Leser bei der Stange zu halten. Wie das geht, macht das nicht minder grottige und devote Manager Magazin aus der Spiegel Gruppe vor: Gleiche Leistung im Print, mehr gefälligen Pseudojournalismus online. Und deshalb und weil es eh modern ist, das zu tun, wird der “Neue” in sein Konzept eine Stärkung der Onlinemarke WiWo.de hineinschreiben und die Mitarbeiter verdonnern, vernetzter zu arbeiten. Ausserdem wird er den Schink oder die Lyssa machen und wie Welt und WAZ nach tauglichen Bloggern suchen, denn die angestammte Mannschaft hat schon beim ersten Blogversuch einen ganzen Haufen tote Blogs hinterlassen, inclusive der halbherzigen Versuche von Stefan Baron himself. Das geht nur mit neuen Leuten, und die wird man suchen, casten und in den neuen Auftritt integrieren. Ist ja nicht so, dass es da draussen nicht einen Haufen Neocon-Blogs gibt, die nach einem Jahr der Desorientierung eigentlich dringend eine neue Aufgabe bräuchten.

Woher ich das alles weiss? Ich weiss es nicht. Es ist nur eine Vermutung. OK, sie ist auf ein paar Informanten gestützt, aber die wissen auch nichts Genaues. Aber es kann sicher nicht schaden, sich gleich mal meine 10 alten Gebote für Journalisten-Blogger durchzulesen.

31.3.2007 | 21:16 von DonAlphonso

Das Recht auf Anonymität vs. die Pflicht der Verantwortung

In Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema der verwendeten Sprache in der Blogosphäre und dem Versuchen, sie zu reglementieren, ein paar Gedanken zu Anonymität in den Blogs.

Es gibt meines Erachtens ein hohes, natürliches Recht, als Verfasser eines Blogs anonym zu sein und zu bleiben. Dieses Recht ergibt sich aus dem scheinbaren Widerspruch der persönlichen Erzählung und der dennoch zu wahrenden Privatsphäre. Oder, um das konkrete Horrorbeispiel zu benennen: Mama entdeckt das eigene Blog, in dem Dinge stehen, die nicht wirklich für Mama gedacht sind. Würde jeder sein Blog so schreiben, dass es potenziell mamasicher wäre, die Blogosphäre wäre arm, grau und öde.

Umgekehrt macht die persönliche Erzählung aus einem “anonymen” Blogger natürlich einen Charakter, eine Person, die in der Regel auch nicht künstlicher ist als das, was man den anderen tagein tagaus so vorgaukelt. Die Kunstfigur wird so zu einem Moment, der die Anonymität zumindest im Netz auflöst, aber dennoch viele Freiheiten lässt. Hier wegen ein paar Zwischenfällen eine Hexenjagd zu veranstalten oder verbindliche Regeln gegen die Anonymität, wie es besonders gerne vom blogüberwachenden Klügel der PR und der angeschlossenen privatwirtschaftlich-politischen Kontrollschweinen gefordert wird, geht unendlich an den realen Bedürfnissen der Nutzer vorbei. Gebloggte Texte sind in aller Regel ein Geschenk an die Leser, da hat man danke zu sagen und nicht Google anzuschmeissen, um den anderen auszuspionieren – was leider oft genug getan wird. Wenn es einen Common Sense in der Blogosphäre geben muss, dann ist es die Einwilligung, die Privatsphäre der anderen zu respektieren. Es ist nicht so, dass diese Ansicht allgemein geteilt wird, es gibt auch manche, die meinen, man müsste partout eine Art “Identität 2.0” einführen.

Das kann man machen. Es gibt genug offizielle Daten, die man in das Netz blasen kann. Aber bezeichnenderweise sind die Leute, die diese Identität auch für Blogs fordern, entweder

– keine Leute, die irgendwelche privaten Dinge erzählen oder
– so jenseits von gut und böse, dass sie sich gar keinen gedanken mehr über ihr Tun machen, wenn sie sogar massenhaft Bilder ihrer Kinder online stellen

Diese Leute können sich gern irgendwo treffen und sich ihre endgeilen Identitätsnetzwerke ausdenken. Für den Rest wäre es wirklich nett, wenn man diese Anonymität respektieren würde. Wer hier draussen länger unterwegs ist, weiss, dass man anonymen Bloggern nicht weniger trauen kann als den Psychos, die meinen, jede feuchte Ausdünstung ihres Daseins bigbrothermässig ins Netz zu blasen. Im Gegenteil, die Anonymität ist ein mögliches Anzeichen dafür, dass der Blogger sich stets ein gesund kritisches Verhältnis zum Internet bewahrt hat. Umgekehrt ist es die Anonymität, die es seit Jahrhunderten erlaubt hat, übermäsiger Kontrolle zu entgehen. Blogger sind heute nicht mehr durch die Inquisition bedroht und auch nicht durch die Gestapo, aber durch Abmahnabschaum, die Schnüffelschweine der PR-ostitution, die Blogs als Gefahrenmoment an Firmen verraten, und jeden verdammten Psychpathen hier draussen, dem es gefallen kann, sich gefundene Informationen zurecht zu lügen. Den Kopf hält man für das, was man schreibt, so oder so hin; Anonymität macht es der anderen Seite lediglich sehr schwer.

Dass es auch Momente gibt, in denen die Anonymität die nach menschlichem Ermessen Falschen schützt, ist auch klar. Dass man dagegen vorgeht, ist da nur folgerichtig. Und dass ein anonymer Kommentator oder Mailversender in einer anderen Art anonym ist als ein Blogger, der sich eine neue Identität schafft, steht ebenfalls ausser Frage. Aber diese Anonymität hat seit Jahrhunderten geholfen, andere Sichtweisen und Geschichten zu erzählen, sie hat die Aufklärer geschützt und Diktatoren getroffen, und wer daran rütteln will, sollte sich überlegen, ob er als Apparatschik in Teheran oder Peking nicht besser aufgehoben wäre, als im westlich-säkularen Wertesytem.

29.3.2007 | 21:16 von DonAlphonso

Über Sex

Kann mir mal jemand was erklären? Wieso feiern die Medien die Bloggerin Li Li alias Mu Zumei für ihr Buch über ihre gebloggten Sexaffairen in China? Und warum überschlagen sich die gleichen Medien (und auch manche Blogger) in Ablehnung wegen ein paar belanglosen Photos der bloggenden Landrätin Gabriele Pauli aus Bayern? Warum ist eine Bloggerin aus China eine Heldin, wenn sie gegen die gleichen Konventionen verstösst, die bei der Landrätin aus Bayern ein Skandal sein sollen?

27.3.2007 | 10:25 von DonAlphonso

Inhalte oder Was kommt nach der Werbung?

Nehmen wir mal an, in ein paar Monaten hat sich gezeigt, dass die Idee “hochklassige Werbung auf hochklassigen Blogs”, wie sie von Adical angedacht wird, nicht funktioniert. Nehmen wir an, dass es da draussen hunderte Blogstricher gibt, die jeden erdenklichen Scheiss für jeden ab 10 Franken tun, selbst wenn es eine Sekte ist, und die sich für ihre Kaufkumpels auch ins Zeug legen, selbst wenn das Business Model der gekauften Beiträge sie zur Zielscheibe des deutschen Wettbewerb- und Steuerrechts macht. Kurz, gehen wir davon aus, dass die Werbekunden begreifen, wie leicht man für praktisch lau mit ein paar Deppenbloggern Google spammen und begeisterten Zuspruch erhalten kann. So ist das nun mal, im Kapitalismus.

Dann stehen verdienstwillige “Premiumblogs” erneut vor der Frage, vor der auch jeder Journalist steht: Wer kauft mir meine Beiträge/mein Blog als Ganzes ab?

Die einen gehen dabei in die Richtung der PR-Blogs, oder auch Corporate Publishing. Ungeachtet des Umstandes, dass bisherige Messe– und Themenblogs eher mau waren, gibt es weiterhin Überlegungen, dergleichen professionell zu betreiben. Das kleine Problem: Mit “Bloggen” als “Schreiben wozu ich Lust habe” hat das natürlich nichts mehr zu tun. Es ist Corporate Publishing auf Blogbasis, mit einem Entgelt von einer Eintrittskarte und einem T-Shirt und gesponsortem Essen bishin zu dem, was so ein Journalist halt am Tag kostet.

Das ist insofern etwas erstaunlich, als sich damit alles an den Trögen derjenigen einfindet, die ganz klar ein Interesse haben, allein ihr Ding zu vertreten. Agenthuren und Firmen interessieren sich einen Dreck für freie Meinungsäusserung, es geht ihnen um Credibility, Coolness und nützliche Idioten, die sie vor ihren Karren spannen können. Dieser Kotau ist fraglos eine Notwendigkeit für die, die keine Qualität liefern, und ich mache keinen Hehl aus meiner Meinung, dass ein grosser Teil der sog. “Pro-Blogger” Leute sind, die als “Pro-Journalist” als Prakti an der Kaffeemaschine landen würden.

Aber es gibt auch noch andere Leute, die durchaus was können, oder deren Blogs ziehen, ohne dass es dafür aus Sicht des Journalismus nachvollziehbare Erklärungen gibt. Blogs, die einfach zur tagesroutine vieler Besucher gehören, und die als fortgeschriebener Roman eine feste Leserschaft gewinnen. Das ist gleichzeitig ihr finanzieller Fluch, weil es schwer ist, dort Texte einzeln herauszunehmen und anderweitig zu publizieren. Und Kaufangebote für komplette Blogs sind nicht gerade häufig, selbst, wenn es im Fall der Blogbar und Rebellen ohne Markt die ein oder andere Offerte gegeben hat/gibt. Derartige Überlegungen zielen darauf ab, sich vereinzelte “Edelblogger” zu halten, statt mit eigenen Versagern zu blamieren. Dennoch herrscht allgemein bei den Medien ein klaren Konkurrenzdenken vor. Blogs werden so weit wie möglich ignoriert, wenn es um inhaltliche Qualität geht.

Eine Lösung für dieses Dilemma habe ich auch nicht, und ich bin in der komfortablen Lage, es ohne Verkaufszwang auch nicht haben zu müssen. Marktwirtschaftlich betrachtet denke ich aber, dass es nur klappen kann, wenn man eine Art Kartell der inhaltlichen Blogqualität macht. Vergesst Reichweite, vergesst zuerst mal Page Impressions, die kommen von alleine, wenn die Qualität stimmt, und sie kommen von den richtigen Leuten. Den Wettlauf mit den billigen Strichern, die für einen Aufkleber alles tun würden, braucht man gar nicht erst versuchen. De facto aber halten die Blogger tatsächlich fast 100% der tollen Blogeinträge in ihrem eigenen Besitz. Hier draussen besitzen die Medien mit Ausnahme von Thomas Knüwer praktisch 0% der guten Bloginhalte und der guten Blogs. Wenn es dann noch gelingt, die Ursachen für den Erfolg der Blogs – Meinung, Persönlichkeit und kontinuierliches Schreiben – in so einem Kartell zu bewahren; zugleich vielleicht den ein oder anderen “journalistischen” Auftrag für Leitartikel zu vergeben und eine Art Nachrichtenstruktur zu integrieren, und wenn sich einer findet, der die richtige Mischung aus Leitung und Freiheit hinbekommt, kann das vielleicht was werden.

Allein, weil sich hier draussen gezeigt hat, dass wir es können. Und die es nicht können.

26.3.2007 | 22:03 von DonAlphonso

Meine zweite Meinung, betreffs Zahlen

Ich bin etwas voreingenommen. Ich halte Leute, die in der New Economy an führender Stelle in Startups auf die Schnauze gefallen sind, für nicht mehr in normale Geschäftsprozesse integrierbar. Ist nicht böse gemeint, nur ein Erfahrungswert. Wer damals ™ den Irrsinn mitgemacht hat, hat in der Regel seinen Hau weg. Die Leute haben erlebt, dass alles, auch der allerletzte Scheiss ging und dass man mit jedem Dreck irgendwie durch kommt. Sowas prägt. Und die Lehre aus der Geschichte ist für viele dieser Leute nicht, dass sie das falsche System loswerden müssen; die Lehre ist, dass sie es das nächste Mal mit der gleichen Masche, aber etwas geschickter anstellen. Die Samwers mit StudiVZ, Turi mit Medien2, es ist immer das gleiche dreiste Spiel in Neuauflage. Und mit Sascha Lobo sitzt beim Blogwerbenetzwerk adical einer an den Hebeln, der auch nicht gerade was kapiert zu haben scheint.

In meinen Augen geht es um das Mass an transprarenter Käuflichkeit, das man mit seinem Gewissen noch vereinbaren kann. Denn im Gegensatz zu der durchgelutschten Glaubwürdigkeit halte ich etwas von Gewissen und etwas, was man als Moderne Moral bezeichnen könnte.

sagte Lobo vor neun Monaten im Interview. Inzwischen hat Lobo im Verbund mit Johnny Haeusler rund 30 Blogger gefunden, die sich voin ihm transparent verkaufen lassen wollen. Zum Startschuss bekommt Adical eine nicht ganz undankbare Plattform: Thomas Knüwer vom Handelsblatt hat ihm ein paar Fragen gestellt und darüber einen Artikel verfasst – und Folgendes umkommentiert stehen lassen:

Monatlich sei ein knapp vierstelliger Euro-Betrag pro dauerhaft gebuchtem Banner realistisch, glaubt Lobo. Voraussetzung: 2000 Leser am Tag, was die meisten Weblogs mitbringen, die bei Adical mitmachen.

Mal abgesehen davon, dass die geplanten Tausenderkontaktpreise von 20 bis 60 Euro absolute Mondpreise sind: Das kommerzielle Videoblog Ehrensenf wurde mehrfach abgewatscht, weil sie geschönte Userzahlen veröffentlicht haben. Bei Riesenmaschine hatte man auch schon mal rund drei mal so hohe Besucherzahlen veröffentlicht, als tatsächlich von den üblichen Countern wie Blogscout ausgespuckt wurden. Und dann war noch die Lachnummer vom Börsen-Koch und seinen 40.000 Besuchern am Tag.

Und ich denke, dass Lobo auch genau die Zahlen von Blogscout kennt und weiss, dass von den 30 Adical-Mitgliedern höchstens 10 über 2000 Leser am Tag kommen, inclusive Googlebesucher. Die grosse Mehrheit liegt aber weit, weit darunter, in der Regel sind es bei den kleineren Blogs ein paar hundert Besucher. Soviel dann zum Thema “durchgelutschte Glaubwürdigkeit”. Ein Werbevermarkter, der in Deutschlands grösster Wirtschaftszeitung die Zahlen des Netzwerks mal eben verdoppelt, wird sicher Spass haben, wenn er später mal erklären muss, warum die Zahlen doch nicht so doll sind: Eigene Serverstatistiken wäre eine beliebte Schutzbehauptung. Immer das gleiche. Wieso versucht es nicht mal jemand mit guter, alter Ehrlichkeit? Ein paar hundert echte Besucher sind unendlich viel besser als tausend erfundene Marketingbesucher. Wenn es gut läuft, kann man die Zahlen immer noch nach oben anpassen. Aber es sind genau diese Windbeutelsprüche, die dem Geschäft mit den Blogs von vornherein den faden Beigeschmack vermittelt haben. Dass Adical da mitmacht, ist verdammt unschön.

Anyway: Wie zu einem “Premium-Angebot” ein PSP-Blog eines gewissen Mario B****** von der MimoTec Media (wer googlen kann, wird finden) gehören kann, ist erstmal das süsse Geheimnis von Adical. Oder hat da einer bei der Recherche nicht aufgepasst?

23.3.2007 | 9:35 von DonAlphonso

Private Meinung

Ich habe nichts gegen Werbung und denke, dass Johnny schon weiss, wie man die bei adical registrierten Blogs so einsetzt, dass es auch nicht anders ist als die sonstigen nomalen Werbeschaltungen. Mit Ausnahme des Blogs Riesenmaschine, die glauben, dass die Vermischung von Werbung und Inhalt was bringt, aber sei´s drum, jeder muss selbst wissen, für welchen Kunden er was schreibt.

Ich kann mir bei aller bekannten Sympathie für Johnnys Bemühungen nicht vorstellen, dass es gut läuft. Zum einem sind da Blogs dabei, deren Teilnahme allein durch persönliche Beziehungen erklärbar sind, die ansonsten aber weder Reichweiste noch attraktive Inhalte bringen. Ein paar von denen sind einfach – offen gesagt – lausig geschrieben, sowas zu vermarkten ist die Arschlochkarte auch noch im Vergleich zum Gratisblättchen in Obermanchingsdorf. Es gibt keinen Fokus, und schlimmer: Diese Blogs verdienen so viele unterschiedliche Ecken, dass es ausser dem typischen Bloggerinzest keine übergreifenden “General Interest” gibt.

Falls nächstes Jahr die Millionen verteilt werden, stelle ich mich öffentlich hin und gebe zu, dass ich mich getäuscht habe, und revidiere meine Meinung über Sascha Lobo, der damit eine Erfolgsgeschichte bewerkstelligen will. Aber momentan müsste man meines Erachtens als Werbebucher schon erheblich verstrahlt sein, um auf diesem Netzwerk grossflächig zu buchen. Da sind ein paar famose Blogs dabei, die es für manche Kunden ganz sicher wert sind, sie komplett zu sponsorn, aber auch viele, die nichts haben, was Zilliarden anderer beliebiger Blogs und Websites nicht auch hätten. Ich denke, man könnte 10 tolle Blogs als Paket anbieten. Aber diese Mischung aus guten Leuten und guten Kumpels, aus echtem Anspruch und “ich schreib mal was für meine real 400 Leser ins Internet” lässt in meinen Augen die Ambition vermissen, wirklich ein gutes Angebot auf den Tisch zu legen.

22.3.2007 | 9:16 von DonAlphonso

Datenbankprobleme und andere dicke Hunde bei StudiVZ

Man muss es vielleicht so sehen: Nachdem man in den Führungszirkeln von StudiVZ unter grösstmöglicher Verschwiegenheit das Geheimprojekt JobVZ bis zur Startreife vorangetrieben hat, blieb wenig zeit für anderes. Wie etwa die Problembehandlung bei der Datenbank. Und die hat seit ein paar Tagen massive Probleme.

So berichtet Jo über nicht funktionierende Catchpas, die das Durchsuchen von StudiVZ fast unmöglich machen – Datensicherheit durch Datenfahler, gewissermassen. Ausserdem ist mitunter der gesamte Unikrempel verschwunden, was natürlich auch ein unfreiwiliger Beitrag zum Schutze persönlicher Daten ist.

Jos Annahme, dass es jetzt deshalb nur noch ums Gruscheln geht, muss hier aber energisch widersprochen werden: Mir liegen Mails von mehreren Betroffenen vor, bei denen sich die Freundeslisten zwischenzeitlich in Luft aufgelöst haben. Parallel gibt es seit dem letzten?) bekannten Hack immer noch Probleme mit dem Login.

Der ganz dicke Hund aber ist das hier: Da hat sich einer im November bei StudiVZ abgemeldet, was eigentlich dafür sorgen sollte, dass alle seine Daten gelöscht werden. Seitdem sind 4 Monate vergangen – aber so richtig scheint das mit dem Löschen nicht zu klappen, denn jetzt hat er per Mail die neuen StudiVZ-AGB bekommen. Man kann jetzt natürlich überlegen, wieso StudiVZ seine Mail noch immer hat – und welche Daten da vielleicht sonst noch bei StudiVZ sind. Herr Vetter?

21.3.2007 | 1:36 von DonAlphonso

StudiVZ & JobVZ Roundup

Durchsage an den Bonker: Sperrt besser Eure Praktis ein, sonst macht das langsam echt keinen Spass mehr. Ich mein, ein klein wenig echte Recherche möchte ich schon noch haben, wenn es um Eure Geschäftsplanung geht. Ist ja nicht auszuhalten, das Geschnatter.

– Die ausländischen Töchter von StudiVZ in Polen, Italien, Spanien und Frankreich dümpeln vor sich hin. Wie auch SchülerVZ, das bislang auch von Testusern aus StudiVZ betrieben wird. Es gab mehreren Informanten zufolge ein paar Verstimmungen, weil Ehssan Dariani den Weg in die Schülerherzen allgemein als viel zu leicht dargestellt hatte. Ebenso wenig erfolgreich: Der Versuch, andere Player auf dem Schülermarkt gegeneinander auszuspielen. Nachdem es nichts wurde mit dem Blitzsieg auf den Schulhöfen unter Beteiligung der StudiVZ-Nutzer, und die Mitarbeiterbasis bröckelte, ist jetzt das Werbebanner für SchülerVZ bei StudiVZ verschwunden.

– Übler jedoch als die Entwicklung neuer Geschäftsfelder soll es im Bereich Advertising gelaufen sein. Die Kooperation mit Universal hat gerade mal etwas mehr als 2000 Leute dazu gebracht, sich in dieser Gruppe zu registrieren – wirklich aktiv sind nur ein paar hundert. Passend dazu: Die neueste Aktion von Universal, eine britische Band zu bebloggen, wird nicht mehr über StudiVZ vergegeben. So hat man sich die Werbung mit Gruppen wohl doch nicht vorgestellt, und wie mit den paar Leuten Geld verdient werden sollte, wusste wohl auch Dariani nicht allzu genau. Milestone verfehlt, heisst das in der Geschäftssprache, die so laut ar, dass es sogar meine bayerische Klause erreichte. Abgang Dariani, berichten informierte Kreise. Der Umstand, dass entgegen den Hoffnungen die Sache mit den Videos und der Nazistileinladung immer noch in den Medien kursierte, hat den Abschied auch nicht wirklich erschwert. (Hier bitte das Geräusch eines Messers vorstellen, das eine Kerbe in die Seitenleiste der Blogbar schnitzt)

– Inzwischen kursieren in der StudiVZ-Umfeld zwei Szenarios. Szenario 1: Jetzt wird Geld verdient. Und zwar mit Märkten, auf denen sich Holtzbrinck auskennt. Zum einem – das konnte man heute schon betrachten – gibt es jetzt normale Werbebanner, die im Gegensatz zur alten Überzeugung stehen, man könne Sponsoren für einzelne StudiVZ-Gruppen gewinnen. Momentan voll mit Angeboten von Holtzbrinck, aber diese Banner sollen zügig über den Werbevertrieb von Holtzbrinck verkauft werden. Expandiert werden soll dagegen nicht nur zur finanzschwachen Jugend, sondern im Gegenteil: Richtung Absolventen und Berufstätige. Name des Projekts: JobVZ, und dem Vernehmen nach sollen die Pläne bereits fertig sein. Die URL gehört seit November 2006 zu StudiVZ. Wenn Personalverzeichnis und StudiVZ erst mal zusammen eines der Hauptgeschäfte von Holtzbrinck, die Stellenanzeigen, bedienen sollen, würde ich allen dringenst raten, sich nochmal diesen Beitrag über die Folgen der persönlichen Daten bei StudiVZ durchzulesen. Dann ist berufliches Jobnetzwerk und haschischrauch-brustnippelleckendes StudiVZ ein und die gleiche Firma. Na? Klingelt´s?

– Und falls das alles nichts nützt, kommt mittelfristig Szenario 2 ins Spiel, das auch mehrfach als “Angedacht” vernommen wurde: Bekanntermassen hatte auch Springer Interesse an StudiVZ. Sollte sich StudiVZ als Werbeträger ähnlich schlecht vermarkten lassen wie das amerikanische Vorbild Facebook, die internationalen Töchter und SchülerVZ scheitern und JobVZ gegen die OpenBCs und LinkedIns dieser Welt nicht bestehen können, bleibt als kostensparende Massnahme immer noch der Teilverkauf an andere.

Ich sag´s mal so: Für Veteranen der New Economy nichts Besonderes. Man tauscht das Management aus, man setzt grauhaarige Geldeintreiber rein, man versucht einen Change of Business Model, und wenn alles nichts hilft, eine Exit Option für den Rückzug. Irgendwas kriegt man schon für den Laden. Sind ja genug Daten drin.